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MAGAZIN ZUM 24. RHEINGAU GOURMET & WEIN FESTIVAL
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IM ZEICHEN DES<br />
SONNENKÖNIGS<br />
LAURENT-PERRIER UND SEIN GRAND SIÈCLE<br />
Als das Champagnerhaus Laurent-Perrier 1959 den Grundstein für seine Prestige-Cuvée Grand<br />
Siècle legte, schuf es mit einem neuen Konzept ein veritables Zugpferd für seine Marke: Jeweils<br />
drei Jahrgänge sollten in einer Assemblage den idealen Champagner bilden. Sechzig Jahre später<br />
schärft die neue Besitzergeneration das Profil dieses außergewöhnlichen Weins.<br />
Von STEFAN PEGATZKY<br />
Fotos MARC VOLK<br />
Als Huldigung an das 17. Jahrhundert,<br />
die glanzvolle Zeit Ludwigs XIV., versteht<br />
die Maison Laurent-Perrier den<br />
Champagne Grand Siècle. Der will sorgsam<br />
behandelt werden: Die dünne Öffnung<br />
der Schwanenhalsflasche soll wenig Luftkontakt<br />
zulassen.<br />
Bernard de Nonancourt hatte viel erreicht,<br />
seit er 1949 mit achtundzwanzig Jahren<br />
die Leitung von Laurent-Perrier übernommen<br />
hatte. Unmittelbar nach Kriegsende war<br />
das Champagnerhaus mit achtzigtausend verkauften<br />
Flaschen in einer prekären Lage – zehn<br />
Jahre später waren es schon zweieinhalbmal so<br />
viele, die den Keller im beschaulichen Tours-sur-<br />
Marne verließen. Doch das war längst nicht genug.<br />
Bernard de Nonancourt wollte mehr verkaufen, er<br />
wollte bessere Weine verkaufen – und an der Spitze<br />
sollte das »Beste vom Besten« stehen. Nachdem<br />
er nach Jahren des Experimentierens mit Kellermeister<br />
Edouard »Père« Leclerc 1959 den Durchbruch<br />
geschaff hatte, versandte der ehemalige<br />
Résistance-Kämpfer und Panzerkommandant eine<br />
Liste möglicher Namen für den neuen Champagner<br />
an renommierte Freunde, darunter einen einstigen<br />
Kampfgefährten. Der antwortete postwendend:<br />
»Grand Siècle natürlich, Nonancourt. In Freundschaft,<br />
Charles de Gaulle.« Im Jahr darauf wurde<br />
der Champagner der Öffentlichkeit vorgestellt –<br />
anlässlich des 300. Jubiläums der Hochzeit von<br />
Sonnenkönig Ludwig XIV. mit Maria Theresia von<br />
Spanien, eines der glanzvollsten Ereignisse eben<br />
dieses Grand Siècle, wie die Franzosen ihr 17. Jahrhundert<br />
bezeichnen. Klein zu denken konnte man<br />
Bernard de Nonancourt wahrlich nicht vorwerfen.<br />
Tatsächlich ist die Geschichte des Grand<br />
Siècle ohne ihn ebenso wenig denkbar wie die des<br />
Champagnerhauses Laurent-Perrier insgesamt.<br />
Wenn Stéphane Dalyac, der derzeitige Vorstandsvorsitzende<br />
der Maison, heute sagt, Laurent-Perrier<br />
sei »eigentlich 1938, mit der Übernahme durch die<br />
Familie de Nonancourt, gegründet worden«, so<br />
möchte man das noch weiter zuspitzen und das<br />
Gründungsdatum auf den 1. Januar 1949 legen,<br />
den Tag, an dem Bernard de Nonancourt die Verantwortung<br />
in Tours-sur-Marne übertragen wurde.<br />
Denn von da an folgten Wachstum und Innovationen<br />
in atemraubender Geschwindigkeit. Und es entstand<br />
das Haus, wie wir es heute kennen: der viertgrößte<br />
Erzeuger und größte Familienbetrieb der<br />
Champagne, der trotz Börsennotierung in erster<br />
Linie qualitätsgetrieben agiert und ein breites<br />
Portfolio an ausgezeichneten, in der Spitze sogar<br />
herausragenden Produkten aufweist.<br />
Und doch sind weder das Haus noch seine<br />
Champagner ohne die Vorgeschichte zu begreifen.<br />
Die begann 1812, als der Küfer André Michel Pierlot<br />
aus Chigny-Les-Roses ins gut zwanzig Kilometer südlich<br />
gelegene Tours-sur-Marne umzog, weil der Ort<br />
für den Versand von Fässern nach Belgien strategisch<br />
günstiger lag. Sein in diesem Jahr geborener Sohn<br />
Alphonse erwarb bereits mit zwanzig Jahren seine<br />
erste Weinbergsparzelle in Mutigny nördlich von<br />
Aÿ, und gemeinsam mit Emile Le Roy gründete er<br />
1842 das Champagnerhaus Le Roy Fils et Pierlot<br />
und, nachdem die Partnerschaft zerbrach, schließlich<br />
A. Pierlot & Cie. In diesen Jahren trat Aurélie<br />
Zénaïde Laurent in die Dienste des Junggesellen,<br />
ebenso einige Jahre später ihr 1843 geborener Sohn<br />
Eugène, der schließlich zum Prokuristen und Kellermeister<br />
des expandierenden Betriebs aufstieg. 1858<br />
kaufte Alphonse Pierlot in Tours-sur-Marne ein Haus<br />
mit Weinkeller nahe der Parzelle Les Plaisances –<br />
den heutigen Sitz der Maison Laurent-Perrier. Nach<br />
seinem Tod 1881 erbte Ziehsohn Eugène Laurent<br />
das Unternehmen.<br />
Der nutzte die Chance und erwarb mit dem<br />
Vermögen seiner Frau Mathilde Emilie Perrier in<br />
Tours-sur-Marne zahlreiche Gebäude und weitere<br />
Weinbergsflächen. Er ließ die Keller vergrößern und<br />
formte das nun Eugène Laurent & Cie. benannte<br />
Weingut in seiner heutigen Gestalt. Doch schon sechs<br />
Jahre später starb er durch einen Unfall – und wie<br />
so häufig in der Champagne übernahm die Witwe.<br />
Noch im selben Jahr benannte sie das Unternehmen<br />
in Veuve Laurent-Perrier & Cie. um und hatte dank<br />
enormer Energie und bester Kontakte bald Erfolg:<br />
Sie schuf ein Netz aus besten Traubenlieferanten<br />
und positionierte die Marke vor allem in Frankreich<br />
und in Großbritannien in vorderster Linie.<br />
Mit dem Grand Vin Sans Sucre (Gold Label) – ein<br />
Champagner ohne Dosage – der Jahrgänge 1889,<br />
1892 und 1893 lancierte sie eine puristische Cuvée<br />
zu einer Zeit, als süß noch in Mode war. 1914 verkaufte<br />
das Haus sechshunderttausend Flaschen,<br />
und als Mathilde Emilie Perrier 1925 starb, hatte<br />
sie achtunddreißig Jahre erfolgreich an der Spitze<br />
von Laurent-Perrier gestanden. Unter ihrer Tochter<br />
Eugénie Hortense Laurent und deren Ehemann aber<br />
versank Laurent-Perrier – nicht zuletzt durch die<br />
Weltwirtschaftskrise – in der Bedeutungslosigkeit.<br />
1939 wurde der ganze Besitz samt Weinkeller mit<br />
nur noch zehntausend Flaschen verkauft.<br />
Die neue Besitzerin war Marie-Louise Lanson<br />
aus der gleichnamigen Champagnerdynastie, auch sie<br />
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