MAGNIFICAT Dezember 2020

363 thema des Monats
Aufbruch Gottes
Einen neuen Aufbruch wagen, so lautete das Motto des Katholikentages
2012 in Mannheim. Lang, lang ist’s her. Aus
und vorbei? Diese Tage und ihr Motto haben manches bewegt,
auch manch bewegendes Gebet inspiriert. Du Gott des Aufbruchs,
so der Tenor, du bist der Gott, der mich, der uns, wie
einst den Abraham, wie einst das bedrückte Volk aus dem Sklavenhaus
Ägypten, zum Aufbruch ruft, aus falschen Sicherheiten
und lähmenden Abhängigkeiten. Du lockst hinaus ins Weite.
Du inspirierst mich, du bist es, der durch die Fährnisse dieses
Aufbruchs trägt, der meinen und unseren Aufbruch begleitet
und behütet, der unterwegs ist mit mir zu mir, mit mir zu dir.
– Andere Gebete an den „Gott des Aufbruchs“ heben hervor,
dass Gott selbst aufgebrochen ist, in der Schöpfung, in der Sendung
des Sohnes, in unsere Sehnsucht. Bei Lichte betrachtet,
gehören beide Gottes-Erfahrungen zusammen wie zwei Seiten
einer Medaille.
Gott selbst bricht auf
Gott ruft zum Aufbruch, ermöglicht Aufbruch, trägt unseren
Aufbruch, trägt uns im Umbruch, das nennen wir „Gnade“.
Und: Gott selbst bricht auf; beides zusammen ist die Urerfahrung
des Volkes Israel, an der wir teilhaben. Der Gott, der das
All ins Leben ruft, bricht sein Ein-und-Alles-Sein auf, ohne sein
Gottsein aufzugeben: Gerade so will er Gott sein! Die Theologen
sprechen von „Creatio ex nihilo“, der Schöpfung aus dem
Nichts, der Schöpfung ohne Vorbedingungen; tief in „das Geheimnis,
das wir Gott nennen“ (Karl Rahner), führt auch der
Begriff der „Creatio ex amore“, der Schöpfung aus Liebe allein.
Der Gott, der den Menschen, Mann und Frau, als sein Bild erschafft
und zum Hüter der von ihm geliebten und wohlgeordneten
Schöpfung einsetzt (Gen 1, 27–28), der traut sich was,