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inhaltsverzeichnis - Gymnase Auguste Piccard

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INHALTSVERZEICHNIS<br />

A. Einführung S. 1<br />

B. Historischer Überblick S. 2<br />

C. Die 30er Jahre - Das Filmschaffen im 3. Reich S. 4 - 22<br />

1. Zusammenfassung S. 4<br />

2. Markante Regisseure S. 7<br />

3. Markante Schauspieler S. 11<br />

4. Zu den fünf Filmen, die ich mir angeschaut habe S. 15<br />

D. Fazit S. 22<br />

E. Bibliographie S. 24


A. Einführung - (Warum ich dieses Thema gewählt habe)<br />

Dieses Thema hat mich besonders angesprochen, weil ich mich einerseits für Kino sehr<br />

interessiere, sowohl für ältere als auch für aktuellere Filme, und andererseits wollte ich<br />

mich mit der Geschichte des Filmschaffens auseinandersetzen.<br />

Da ich zweisprachig aufgewachsen bin (deutsch und französisch), habe ich nicht lange<br />

gezögert, mich mit diesem Thema zu beschäftigen. Dazu bin ich Ende des 1.<br />

Gymnasiumsjahres drei Monate in Deutschland gewesen und habe dort auch viel über<br />

die Periode 1933-1945 gelernt. Als “halb-Deutscher” kann ich zu dieser Zeit kein neutrales<br />

Verhältnis haben. Es war natürlich spannend, den Text auf Deutsch zu schreiben und<br />

das Filmschaffen im Zusammenhang mit den historischen Ereignissen zu beobachten und<br />

daraus Konsequenzen zu ziehen. In der Familie reden wir oft über dieses Thema und ich<br />

versuche mich damit auseinanderzusetzen.<br />

Weil es nicht möglich war, die ganze Geschichte der Balbelsberg Studios in Berlin gründlich<br />

zu studieren, habe ich mich mehr auf das 3. Reich fokalisiert und das, weil diese<br />

Periode Deutschland und die ganze Welt sehr beeinflusst hat und natürlich auch das<br />

Kino. Ich werde zuerst einen kurzen historischen Überblick über die ganze Geschichte<br />

der Babelsberg Studios machen. Dann konzentriere ich mich auf die Periode von 1933<br />

bis 1945, in dem ich eine Zusammenfassung dieser Zeit mache, markante Regisseure<br />

und Schauspieler erwähne, die geblieben sind oder ins Auslang gegangen sind, und über<br />

die fünf Filme, die ich mir angeschaut habe. Zum Schluss kommt das Fazit: eine<br />

Synthese meiner Arbeit und meine persönliche Meinung zu dieser Maturaarbeit. Ich<br />

werde versuchen, eine Arbeit zu schreiben, die sowohl informativ wie persönlich ist. Dazu<br />

ist es wichtig, den Text in seine eigenen Worte zu fassen.<br />

Um die Maturaarbeit besser illustrieren zu können, habe ich auch einen Ausschnitt aus<br />

jedem Film gewählt und werde ihn auch kommentieren. Ich habe natürlich auch Bilder<br />

über Regisseure, Darsteller und Filme hinzugefügt, die das Filmgeschehen der<br />

Babelsberg Studios in Berlin über 90 Jahre geprägt haben.<br />

- 1 -


B. Historischer Überblick - (90 Jahre Geschichte 1912-2002)<br />

Die Geschichte der Babelsberg Studios fängt 1911 an, als Guido Seeber, ein<br />

Kameramann und Erfinder aus Berlin, mit seiner Bioscop-Filmgesellschaft aus einem kleinen<br />

Berliner Fotoatelier nach Babelsberg zieht, um Filme zu drehen. Die Babelsberger<br />

Studios befinden sich in Potsdam, im Süd-Westen von Berlin:<br />

Dort wird ein lichtdurchflutetes Atelierhaus aus Glas gebaut. Ab Februar 1912 beginnen<br />

die Dreharbeiten. Daraus entsteht der erste Film Der Totentanz von Urban Gad mit der<br />

dänischen Schauspielerin Asta Nielsen in der Hauptrolle. Während des ersten Weltkrieges<br />

versucht Seeber, seine Filmfabrik, die er Stück für Stück ausbaut, zu retten. 1920 fusioniert<br />

die Deutsche Bioscop Gesellschaft mit dem Filmkonzern Eclair “Decla” in<br />

Babelsberg zur “Decla Bioscop”. Ein Jahr später geht die Decla Bioscop in der 1917<br />

gegründeten Ufa (Universum Film AG) auf. Die Ufa übernimmt damit die Führung in<br />

Babelsberg und entwickelt das Studio zum Standort der deutschen Filmindustrie. Es<br />

entstehen Meisterwerke des Stummfilms wie Die Nibelungen (Fritz Lang, 1922/1924) oder<br />

Faust (Friedrich Wilhelm Murnau, 1926). Mit Metropolis (Fritz Lang, 1926) wird das<br />

grösste Filmstudio Europas, die Mittelhalle (heute “Marlene Dietrich Halle” genannt), eröffnet.<br />

Danach beginnt ein neues Kapitel der Filmgeschichte: in Babelsberg wird im Jahre 1929<br />

das modernste Tonstudio seiner Zeit mit vier kreuzförmig angeordneten Ateliers<br />

(Tonkreuz) gebaut. Melodie des Herzens (Hanns Schwarz, 1929) mit Willy Fritsch ist der<br />

erste deutsche Tonfilm. Der Film wurde als Stummfilm konzipiert und erst nachträglich mit<br />

Ton unterlegt. Musiker und Artisten, die in den Vorprogrammen der damaligen grossen<br />

Stummfilmkinos auftraten, wurden arbeitslos. Es folgen andere sehr erfolgreiche Filme:<br />

Der blaue Engel (Josef von Sternberg, 1930) mit Marlene Dietrich und Emil Jannings in<br />

den Hauptrollen, Berlin Alexanderplatz (Phil Jutzi, 1931) oder Der Kongress tanzt (Erik<br />

Charell, 1931). Schauspieler, die bis dahin unbekannt waren, stehen plötzlich im<br />

Rampenlicht: Hans Albers, Willy Fritsch, Greta Garbo, Hans Moser, Jenny Jugo, Heinz<br />

Rühmann, Lilian Harvey, Heinrich George, Werner Krauss und natürlich Marlene Dietrich.<br />

Doch der deutsche Film hat nur einige Jahre diesen grossen Erfolg.<br />

1935 werden die Filmbetriebe verstaatlicht. Von 1933 bis 1945 werden ungefähr 1’000<br />

Spielfilme in den Hallen und auf dem Gelände gedreht. (Ich werde die Zeit von 1933 bis<br />

1945 ausführlicher im Hauptkapitel studieren).<br />

Der erste deutsche Nachkriegsfilm Die Mörder sind unter uns (Wolfgang Staudte,1946)<br />

mit Hildegard Knef und Ernst Wilhelm Borchert wird in Babelsberg gedreht. Am 17. Mai<br />

1946 wird die “DEFA Film AG” gegründet, aber erst ab 1948 erlaubt die sowjetische<br />

Armee der DEFA, auf dem Studiogelände zu drehen. Es entsteht der erste Film unter der<br />

DEFA-Ära, ein Zirkusfilm: 1-2-3 Corona (Hans Müller, 1948). Vier Jahre später wird die<br />

DEFA volkseigener Betrieb und zum Hauptproduzenten von Spiel- und Fernsehfilmen der<br />

DDR. Staat und Politiker haben Einfluss auf die Produktion. Bald arbeiten mehr als 2’000<br />

Künstler, Techniker, Erfinder, Handwerker und Verwaltungsangestellte in der Filmstadt, die<br />

sich auf 460’000 qm ausdehnt. Mehr als 700 Spielfilme und 540 Fernsehfilme entstehen<br />

- 2 -


in 45 Jahren, darunter ungefähr 160 Kinderfilme. Zu den bemerkenswertesten Werken<br />

der DEFA gehören antifaschistische Filme wie Die Mörder sind unter uns (Wolfgang<br />

Staudte, 1946), Ich war neunzehn (Konrad Wolf, 1968) und Publikumslieblinge wie Die<br />

Legende von Paul und Paula (Heiner Carow, 1972).<br />

Nach dem Fall der Mauer wird die DEFA am 1. Juli 1990 Kapitalgesellschaft. Im August<br />

1992 übernimmt der französische Konzern Compagnie Générale des Eaux (heute Vivendi<br />

Universal), die ehemeligen DEFA-Filmstudios in Babelsberg. Mehr als 1’000 feste<br />

Mitarbeiter arbeiten überwiegend an Fernsehproduktionen und im Filmpark Babelsberg.<br />

Studio Babelsberg etabliert sich als Filmproduzent und wird bekannt unter dem Moto “The<br />

studio where Fritz Lang shot Metropolis and where Marlene Dietrich crossed her lovely<br />

legs”. Das Unternehmen investiert mehrere Millionen Euro in das Filmstudio und seine<br />

Hallen. Dadurch wird die Infrastruktur geschaffen, um sich erfolgreich am Markt zu beteiligen.<br />

Mit Enemy at the Gates (Jean-Jacques Annaud, 2000) entsteht der bislang teuerste<br />

europäische Film. Es folgen sehr erfolgreiche Filme wie Taking Sides (Istvàn Szabò,<br />

2001) mit Stellan Skarsgård und Harvey Keitel in den Hauptrollen oder The Pianist<br />

(Roman Polanski, 2001). Dieser Film gewann im Jahre 2002 die Goldene Palme in<br />

Cannes.<br />

Im Jahre 2002 gründet Vivendi-Deutschland die Firma Studio Babelsberg Motion Pictures<br />

GmbH. Im Jahre 2003 fangen die Dreharbeiten zur Neuverfilmung In 80 Tagen um die<br />

Welt (Frank Coraci, 2003) an. In diesem Film übernimmt der weltberühmte Schauspieler<br />

Jackie Chan eine der Hauptrollen.<br />

Heutzutage verfügt Studio Babelsberg über eines der modernsten digitalen Mischateliers<br />

der Welt. Dies beweist, dass die Babelsberg Studios, nach dem Fall der Mauer, eine<br />

Wiedergeburt erlebt haben und heute zu den grössten europäischen oder vielleicht sogar<br />

weltweit grössten Filmproduzenten gehören.<br />

Die Firma Studio Babelsberg Motion Pictures GmbH besteht aus dem Mediana Haus (1),<br />

Fernsehzentrum Babelsberg (2), Film Casino (3), Tonkreuz (4), aus der Marlene Dietrich<br />

Halle (5), aus den neuen West-neuen Ost Mischstudios-Synchronproduktion (6), aus dem<br />

Sound Department (7), aus der Vorbau Halle (8), aus dem Plaster (9), aus den Requisiten<br />

(10), aus dem Kostümstudio (11), Filmpark Babelsberg (12), FX Center Babelsberg (13),<br />

aus der HFF Hochschule für Film und Fernsehen (14), aus dem ORB (15), aus der<br />

Caligaris Halle (16) und aus dem Stuntshow “Vulkan”(17). Siehe Plan, umstehende Seite.<br />

- 3 -


C. Die 30er Jahre (bis zum Ende des 2. Weltkrieges) - Das<br />

Filmschaffen im 3. Reich<br />

1. Zusammenfassung<br />

Im Jahre 1933 kommen die Nationalsozialisten an die Macht und Hitler wird im Januar<br />

zum Reichskanzler ernannt. Joseph Goebbels wird zum Minister für Volksaufklärung und<br />

Propaganda ernannt. Der NS-Staat bzw. Goebbels betrachtet den Film als geistige Waffe,<br />

als Mittel, um Politik zu verschönern und das Bewusstsein der Menschen zu beeinflussen.<br />

Er selbst nennt sich auch “Schirmherr des deutschen Films”. Er dirigiert das Filmwesen<br />

und plant die Filmproduktion. Er versucht auch, über die Führung der deutschen<br />

Filmgesellschaften hinweg Entscheidungen zu treffen und die Gagengestaltung der<br />

Künstler zu ändern. Von 1933 bis 1945 werden rund 90% von den 1’100 Spielfilmen als<br />

Unterhaltungsfilme gedreht.<br />

Juden, Kommunisten, Sozialdemokraten, Freimaurer, Andersgläubige, Andersdenkende<br />

und politisch “Missliebige” werden entlassen und verfolgt. Wer nicht “arisch” ist, wird nicht<br />

in die Filmstadt Babelsberg aufgenommen und wer nicht schon im Filmgeschäft ist, kann<br />

auch keinen Filmberuf ausüben. Manche Jüdische Schauspieler ändern ihren Vor- und<br />

Nachnamen, damit sie weiterhin im Filmgeschäft arbeiten können. Die Ausschliessung<br />

der Juden ergibt ein Ungleichgewicht im Film. Die freien Plätze (sowohl im administrativen<br />

wie künstlerischen Bereich) werden nicht unbedingt von überzeugten Nazis besetzt.<br />

Unter der Herrschaft der NSDAP muss auch das Privatleben der jeweiligen Regisseure<br />

und Schauspieler “rein” sein. Man muss einen Arier als Ehepartner haben, aber viele<br />

Filmstars verstossen gegen diese Regel und müssen die Konsequenzen dafür tragen: die<br />

Freundin von Hans Albers muss fliehen und Henny Porten weigert sich, sich von ihrem<br />

Mann zu trennen. Während sich Heinz Rühmann sich von seiner Frau trennt, denn er<br />

unterstützt die NSDAP; Andere festgenommene Juden werden extra aus den Ghettos<br />

geholt, um in Filmen mitzuspielen. Regisseure und Schauspieler wie Fritz Lang, Lilian<br />

Harvey, Peter Lorre, Marlene Dietrich, Erich Pommer, Erik Charell oder Detlef Sierck verlassen<br />

Deutschland und versuchen ihr Glück in Hollywood.<br />

Nach dem Wahlsieg der NSDAP wird zunächst im Namen des Regimes gedreht; das<br />

Haupthema ist die nationale Revolution gegen Kommunismus und die linken Parteien. So<br />

entstehen in der ersten Hälfte der dreissiger Jahren Filme im nationalsozialistischen Sinn.<br />

Gleich zu Beginn, d.h. im Jahre 1933 werden drei “nationale Grossfilme” gedreht:<br />

Morgenrot (Gustav Ucicky, 1933), Flüchtlinge (Gustav Ucicky, 1933) und Hitlerjunge Quex<br />

(Hans Steinhoff, 1933). Morgenrot (Gustav Ucicky, 1933) ist von Todessehnsucht geprägt;<br />

als sich im havarierten U-Boot zwei Bestazungsmitglieder erschiessen, weil es nur acht<br />

Rettungsanzüge für zehn Überlebende gibt, führt der Kapitän einen Monolog: wozu noch<br />

leben, wo geschafft ist, was zu schaffen war; doch dann sagt er sich, das Opfer müsse<br />

angenommen werden, denn “unser Leben gehört ja gar nicht mehr uns”, nun müssten sie<br />

wieder und wieder hinausfahren in den Kampf, “bis uns der liebe Gott beurlaubt”. Das<br />

Sterben für das Vaterland wird also zu einer Art Lebenseinstellung.<br />

- 4 -


Der deutsche Film wird von Jahr zu Jahr immer mehr zu einem wichtigen Mittel der<br />

Massenbeeinflussung. Goebbels ist einer der ersten, der die Massenkommunikation<br />

benutzt. Er engagiert sich sehr für den Film: er verfolgt die amerikanische Produktion,<br />

sieht alle Filme und trifft alle wichtigen Entscheidungen. Die Unterhaltung ist ein wichtiger<br />

Stützpunkt für die Propagandafilme, die sich in der Minderheit befinden. Die Filme werden<br />

in sogenannte Genres aufgeteilt: Komödie und Musical (Hälfte der Filme), Abenteuer und<br />

Action, vor den “seriösen” Filmen und Themenfilme.<br />

Nach 1933, ist im Film endlich Unterhaltung angesagt. Es wird viel gedreht, unter anderem:<br />

Gold (Karl Hartl, 1934), Zu neuen Ufern (Detlef Sierck, 1937) oder Eine Nacht im<br />

Mai (Georg Jacoby, 1938). Gold (Kral Hartl, 1934) wird in der Presse als “der grösste und<br />

teuerste Film der Ufa-Produktion” bezeichnet. 1935 wird die Filmindustrie verstaatlicht<br />

und ein Jahr später verbietet Goebbels sogar die Kunstkritik. Auch der Sport wird in die<br />

Propaganda im Dritten Reich integriert, wobei Leni Riefenstahl eine wesentliche Rolle mit<br />

den Filmen rund um die Olympiade 1936 einnimmt. Andererseits entstehen auch eine<br />

Reihe “national-patriotischer” Filme, wie Ein Mann will nach Deutschland (Paul Wegener,<br />

1934), Patrioten (Karl Ritter, 1937) oder Urlaub auf Ehrenwort (Karl Ritter, 1937). Diese<br />

Zeit dauert ungefähr bis 1938. Dann verlangt Goebbels, dass die Filmthemen aus dem<br />

Alltag der Menschen genommen werden müssen. Es entstehen z.B. das Melodrama<br />

Heimat oder Pour le mérite (Karl Ritter).<br />

Der Krieg rückt langsam aber sicher näher und Goebbels versucht, sich den<br />

Erfordernissen diser Zeit anzupassen, um mit unterschiedlichen und wechselnden<br />

Reglementierungen sowohl die geistige Mobilmachung zu fördern als auch das Volk mit<br />

Unterhaltung bei guter Laune zu halten. Der wirtschaftliche Erfolg der Filme ist auf europäischer<br />

Ebene gigantisch. Goebbels meint dazu: “Wir werden richtige Kriegsprofiteure”<br />

(21. Oktober 1939). Ab November 1939 verlangt Goebbels, dass alle Filme durch das<br />

Propagandaministerium vor Produktionsbeginn überprüft werden. Verarbeitung,<br />

Drehbücher sowie Rohschnittfassungen müssen vor der endgültigen Fertigstellung vorgelegt<br />

werden. Goebbels warnt davor, Filme “weltanschaulich zu übersättigen”, denn seiner<br />

Erfahrung nach ist Propaganda unwirksam, wenn sie als solche erkannt wird. (Zitate von<br />

Goebbels aus: GEISS Axel, Filmstadt Babelsberg, Berlin, Nicolai, 1994).<br />

Von Januar bis März 1940 ist es in Deutschland eisig kalt. Dadurch werden die Ufa-<br />

Ateliers für einige Zeit geschlossen, aber dies hält den Propagandaminister nicht davon<br />

ab, Manuskripte und Filme täglich auf ihre Tauglichkeit zu prüfen, denn psychologisch<br />

müssen sie für die Masse zugeschnitten sein. Im Dezember 1940 kommt der Film<br />

Wunschkonzert (Eduard von Borsody, 1940) raus und hat ebenfalls einen grossen Erfolg.<br />

Höhepunkte in diesem Film sind Lieder, die zu Schlagern werden. Sie sollen Optimismus<br />

und Zuversicht in den Sieg deutscher Waffen vermitteln. Mitte 1941 sagt Goebbels in<br />

einer Rede, dass die breiten Massen des Volkes an Deutschlands Schicksalskampf beteiligt<br />

seien, und die Propaganda “zu einer Art geistiger Weltmacht” geworden sei. Er will,<br />

dass die “Gedankengänge so einfach wie möglich auf die Masse übertragen werden, so<br />

dass der letzte Mann von der Strasse in der Lage sei, sie zu beurteilen. Der Film sei eine<br />

Kunst “für das Volk bis zu seinen primitivsten Regungen. Er appelliert nicht an den<br />

Verstand, nicht an die Vernunft, sondern an den Instinkt.” (Zitate von Goebbels aus:<br />

- 5 -


GEISS Axel, Filmstadt Babelsberg, Berlin, Nicolai, 1994). Die Erhebung zu nationaler<br />

Grösse, NS-Patriotismus und blinder Kriegsbegeisterung wird im Film Über alles in der<br />

Welt (Karl Ritter, 1941) zuerst gezeigt. Der Film wird bereits 1939 in Babelsberg gedreht,<br />

wegen des deutsch-russischen Nichtangriffspakts zurückgehalten und erst im Dezember<br />

1941 aufgeführt. Dies ist noch gerade rechtzeitig, um die Jugend für den Kampf gegen<br />

den “jüdisch-bolschewistischen Weltfeind” zu mobilisieren. Vom Film U-Boote westwärts<br />

(Günther Rittau, 1941) verspricht man sich noch die nötige propagandistische<br />

Begleitmusik im U-Boot-Krieg gegen England. Zum Überfall auf die Sowjetunion im Juni<br />

1941 kommt der Film Stukas (Karl Ritter, 1941) in die Kinos. Er zeigt den<br />

Kriegsaktivismus und die Übermacht der deutschen Armee ohne ein kritisches<br />

Nachdenken aufkommen zu lassen. Obwohl Karl Ritter ein wichtiger Regisseur für die<br />

Propaganda ist (neben Harlan, Steinhoff, Ucicky, ...) und immer versucht, sich der aktuellen<br />

Kriegslage anzupassen, kommt er meistens zu spät. Germanin (Max W. Kimmich,<br />

1943), der vorläufig letzte “wertvolle” deutsche Propagandafilm, wird von Goebbels’<br />

Schwager gedreht.<br />

Nach der Mobilmachung konzentriert sich die Produktion an erster Stelle auf musikalische<br />

Komödien, die sich meistens in der Vergangenheit oder im Ausland abspielen, um eine<br />

gewisse Freiheit der Sitten zu erlauben. Die Filme Hallo Janine! (Carl Boese, 1939) oder<br />

Frauen sind doch bessere Diplomaten (Georg Jacoby, 1941) werden in dieser Zeit<br />

gedreht. Frauen sind doch bessere Diplomaten (Georg Jacoby, 1941) ist der erste deutsche<br />

Farbfilm. Ab 1941 gibt es keine private Produktion mehr. Die grössten Erfolge sind<br />

die sogenannten weiblichen Melodramen: meistenes warten Mütter und Frauen auf ihre<br />

Männer in Uniform. Die Filme, die diesem Genre entsprechen, sind z.B. Wunschkonzert<br />

(Eduard von Borsody, 1940) mit 26 Millionen Besuchern oder Die grosse Liebe (Hansen,<br />

1942) mit 27,4 Millionen Besuchern. Hitler beklagt sich bei Goebbels, dass es viele patriotische<br />

Filme gibt, aber dass noch mehr nationalsozialistische Filme gedreht werden müssen.<br />

Die Action-Filme - die kriegerisch, historisch oder auch nicht sind - produzieren einen<br />

Sous-Genre, der über die verfolgten Volksdeutschen handelt. Filme wie Feinde<br />

(Tourjansky, 1940), Heimkehr (Gustav Ucicky, 1941) oder Menschen im Sturm (Fritz Peter<br />

Busch, 1941) gehören dazu. Vor der Endlösung der Juden kommt die Zeit der antisemitischen<br />

Filme. In den drei nächsten Jahren werden folgende Filme gedreht: Robert und<br />

Bertram (Hans Heinz Zerlett), Leinen aus Irland (Heinz Helbig, 1939), Die Rothschilds<br />

(Waschneck), Über alles in der Welt (Karl Ritter, 1941), Carl Peters (Selpin, 1941), G.P.U.<br />

(Karl Ritter, 1942) und natürlich die zwei bekanntesten Filme: Jud Süss (Veit Harlan,<br />

1940) und Der Ewige Jude (Fritz Hippler, 1940). Goebbels holt sich auch gerne beliebte<br />

Komiker wie beispielsweise Hans Moser, der z.B. im Film Karneval der Liebe (Paul<br />

Martin, 1943) mitgespielt hat. Paradox ist, dass der teuerste Film des Nazi-Regimes einer<br />

von denen ist, die am wenigsten die Ideologie der NSDAP zeigt: Münchhausen (Josef von<br />

Baky, 1944) erhält nicht den erwarteten Erfolg; die Deutschen glauben schon nicht mehr<br />

an Illusionen. Er wird gedreht während die deutschen Truppen in Stalingrad kämpfen<br />

(später verlieren sie dort). Der Film entspricht also nicht mehr der politischen Lage und<br />

der nationalen Stimmung.<br />

Zum Schluss sammelt Goebbels nochmal alle Kräfte zusammen, damit die Bilder auch<br />

der Realität entsprechen. Es werden Durchhaltefilme gedreht. Diese Art von Filmen soll<br />

- 6 -


dazu dienen, dass die Bevölkerung die Zähne zusammenbeisst während die deutschen<br />

Truppen eine Niederlage nach der anderen akzeptieren müssen und das ganze Land<br />

unter den Bomben liegt. Der bekannteste Film in dieser Zeit ist wohl Kolberg (Veit Harlan,<br />

1943/45). In diesem Film spielen die berühmtesten Schauspieler dieser Zeit mit: Kristina<br />

Söderbaum, Heinrich George, Paul Wegener und Gustav Diessl. Letzter Beweis für den<br />

grossen Willen und Einsatz des Propagandaministers: die Premiere des Films findet in La<br />

Rochelle (Frankreich) statt, von den allierten Armeen umzingelt, und die Kopie wird mit<br />

einem Fallschirm gebracht! Ende des Jahres 1944 wird vom Propagandaministerium eine<br />

Anzahl Filme für den verstärkten Einsatz in den Kinos empfohlen und diese Filme sollen<br />

das Volk noch einmal mobilisieren. Die Liste von den Babelsberger Produktionen enthält<br />

unter anderem Jud Süss (Veit Harlan, 1940), Stukas (Karl Ritter, 1941) und U-Boote westwärts<br />

(Günther Rittau, 1941), weil sie scheinbar gut für die Propaganda und die<br />

Massenbeeinflussung sind. Doch diese Filme haben nicht mehr viel gebracht: im Mai<br />

1945 kapituliert Deutschland, nachdem die sowjetische Armee in Berlin angekommen ist.<br />

2. Markante Regisseure<br />

Die folgenden Regisseure haben von 1933 bis 1945 die Geschichte der Babelsberg<br />

Studios am stärksten beeinflusst und geprägt. Man darf nicht vergessen, dass Hitler und<br />

Goebbels sehr grosse Kinofreunde sind. Hitler liebt es, ins Kino zu gehen; er mag<br />

Unterhaltung. Aber der Film ist auch ein sehr wichtiges Mittel - neben den zahlreichen<br />

Reden - und sonstigem, um seine Ideen zu vermitteln und Propaganda auszuüben.<br />

Goebbels, der als Autor keinen Erfolg hatte, versucht mit Filmen Erfolg zu haben und die<br />

Massen zu beeinflussen. Da ihn dieses Thema auch interessiert, kommen die Filme auch<br />

besser bei den Leuten an, die Bilder wirken überzeugender. Aber er benutzt diese Bilder<br />

zu einem schlechten Zweck: Manipulation der Masse durch Propaganda.<br />

Der Regisseur Carl Froelich (1875-1953) ist zuerst Ingenieur für Elektronik. Ab 1902 produziert<br />

er mit dem Erfinder Oskar Eduard Messter die ersten Filmzeitungen. Während des<br />

ersten Weltkrieges ist er Kameramann. 1920 gründet er seine eigene<br />

Produktionsgesellschaft. Er widmet sich der Realisierung von kommerziellen Filmen in der<br />

erfolgreichen Periode des deutschen Films. Inspiriert wird er von Expressionisten und<br />

vom bürgerlichen deutschen Theater (z.B. von Hermann Sudermann). Nach der<br />

Machtergreifung der Nazis bleibt der Regisseur in Deutschland und akzeptiert den Posten<br />

als President der Reichsfilmkammer, den Professortitel und andere Auszeichnungen (u.a.<br />

die Goethemedaille für Kunst und Naturwissenschaft) aus Goebbels Händen.<br />

Der Regisseur Hans Steinhoff (1882-1945) studiert zuerst Medizin bevor er sich für das<br />

Theater interessiert, wo er als Schauspieler und Spielleiter arbeitet. 1922 entdeckt er den<br />

Film. Er dreht ungefähr vierzig Filme in seiner Regisseurkarriere und ist ein sehr opportunistischer<br />

Mensch. Der erwähnenswertesten Filme, die ihn auch bekannt macht, sind<br />

Nachtgestalten (1929), Hitlerjunge Quex (1933) sowie einige Biographien wie Robert<br />

Koch (1939), der Bekämpfer des Todes (1939), Ohm Kroger (1941) und Rembrandt<br />

(1942). Er stirbt im letzten Jahr des Krieges in einem Flugzeugunglück.<br />

- 7 -


Der Regisseur Karl Ritter (1888-1977), ehemaliger Flieger-Major, kommt 1925 zum Film,<br />

als Werbegrafiker engagiert er sich u.a. für Mickey-Mouse-Filme. Er wird schliesslich<br />

Produktionschef der “Reichsliga-Film”, die jedoch in finanzielle Probleme gerät.<br />

Unmittelbar nach der Machtergreiffung der Nazis nimmt die Ufa den Regisseur unter<br />

Vertrag, denn sie weiss, dass Ritter zu den Nazis hält. Der Film Hitlerjunge Quex (Hans<br />

Steinhoff, 1933) ist unter seiner Aufsicht gedreht und findet auch bei Goebbels hohes<br />

Lob. Dazu sind der Regisseur Hans Steinhoff und Karl Ritter Mitglieder der NSDAP. Der<br />

Durchbruch gelingt ihm mit dem Film Verräter (1936) und gewinnt in Venedig eine<br />

Medaille. Er dreht viele Propagandafilme, darunter Patrioten (1937). Danach wagt er sich<br />

in die komödiantische Welt mit einem Film wie Capriccio (1938), aber Goebbels bleibt<br />

sehr skeptisch. Dazu kommt, dass Ritter immer wieder Filme dreht, die der politischen<br />

Lage bzw. der Kriegslage nicht angepasst sind. D.h. dass die Bevölkerung in Kriegszeiten<br />

andere Filme (z.B. Unterhaltungsfilme oder Durchhaltefilme) anschauen will als vor dem<br />

Krieg (z.B. patriotische Filme). Nach Kriegsende wird er entnazifiziert und denkt trotzdem<br />

noch im nazionalsozialistischen Sinn, aber er darf es natürlich nicht mehr zum Ausdruck<br />

bringen.<br />

Der Regisseur Fritz Lang (1890-1976) studiert zunächst Architektur und Zeichnen, stellt<br />

aber bald fest, dass beide Gebiete nicht seine Berufung sind. Nachdem er eine lange<br />

Reise durch Afrika, Europa und Asien gemacht hat, wohnt er in Paris. Dann kommt der<br />

erste Weltkrieg und Lang kehrt nach Wien zurück, um sich als Kriegsfreiwilliger zu melden.<br />

Er wird danach zweimal im Krieg verletzt und für kriegsuntauglich erklärt. Er wird<br />

nach dieser Periode von einem Mitglied der Decla entdeckt und fängt an, Drehbücher zu<br />

schreiben, doch er ist mit dieser Arbeit nicht zufrieden. Darum wird er selber Regisseur:<br />

sein erster Film heisst Halb Blut (Fritz Lang, 1919). Seine ersten Jahre als Regisseur, d.h.<br />

bis 1921, sind nicht bemerkenswert. Dann integriert er sich in den expressionistischen<br />

Einfluss mit dem Film Der müde Tod (Fritz Lang). Mit diesem Film zeigt Lang, dass er ein<br />

grosser Regisseur für die Zukunft ist und sein Produzent, Erich Pommer, kann mit dieser<br />

Wahl nur zufrieden sein. Lang muss bis 1923 warten, um den grossen Erfolg zu erleben:<br />

mit dem Film Die Nibelungen (Fritz Lang, 1923). Die Deutschen sind sehr enthusiastisch,<br />

denn der Regisseur zeigt in seinen Filmen den deutschen Nationalismus. Andererseits<br />

zeigt er das Bürgertum, das bereit ist, sich in die Arme des Nazionalsozialismus zu werfen;<br />

z.b. in Metropolis (Fritz Lang, 1926). Nach der Machtergreifung der Nazis wollen<br />

Hitler und Goebbels, dass Lang der offizielle Regisseur des Nazifilms wird, aber Lang ist<br />

dagegen, denn er hat israelische Wurzeln. Er flieht auf der Stelle nach Frankreich und<br />

geht dann nach Amerika. Dort macht er ebenfalls eine grosse Karriere und ist einer der<br />

wenigen mit Ernst Lubitsch, die sich dort am besten integrieren konnten.<br />

Der Regisseur Veit Harlan (1899-1964) macht im Dritten Reich Karriere. Doch Ende der<br />

20er Jahre spielt er erst Theater und ist Schauspieler in verschiedenen Filmen, aber er<br />

hat damit keinen Erfolg. Er ist am Anfang seiner Karriere politisch eher links orientiert.<br />

Erst im Film Yorck (Gustav Ucicky,1931) sieht man, dass er wechselt und zu rechten<br />

Parteien hält. Als Schauspieler hat Veit Harlan trotzdem keinen Erfolg und wird Regisseur.<br />

Mit dem Film Der Herrscher (Veit Harlan, 1937) von der Tobis-Produktion rückt er zu den<br />

ersten Regisseuren des NS-Regimes auf. Dann schliesst er mit der Ufa einen Vertrag. Er<br />

- 8 -


wird durch den antisemitischen Hetzfilm Jud Süss (Veit Harlan, 1940) berühmt. Von 1941<br />

bis 1944 entstehen drei Farbfilme: Die goldene Stadt (Veit Harlan, 1941), Immensee (Veit<br />

Harlan, 1943) und Opfergang (Veit Harlan, 1942-44). Anschliessend dreht er den berüchtigten<br />

Durchhaltefilm Kolberg (Veit Harlan, 1943-45). Dieser Film ist bis dahin der teuerste<br />

der deutschen Filmgeschichte. Kristina Söderbaum ist seine Frau und Hauptdarstellerin.<br />

Harlan beweist durch seine Filme, dass er den NS-Staat unterstützt. Er wird nach<br />

Kriegsende verhaftet und vor Gericht gestellt, schliesslich aber als “Entlasteter” eingestuft.<br />

In drei weiteren Prozessen vor dem Hamburger Schwurgericht muß sich Harlan aufgrund<br />

seiner Propagandaunterstützung für das NS-Regime verantworten. Für Jud Süss (Veit<br />

Harlan, 1940) wird er wegen Verbrechen an der Menschlichkeit angeklagt. Harlan wird<br />

vorgeworfen, durch den Film eine Mitschuld an der Judenvernichtung zu tragen. Er streitet<br />

sowohl seinen Antisemitismus als auch seine Unterstützung der NS-Propaganda ab<br />

und behauptet, diese hätten seine Kunst “mißbraucht” und ihn zur Regie von Jud Süss<br />

(Veit Harlan, 1940) gezwungen. Harlan wird schliesslich in allen drei Prozessen freigesprochen.<br />

Mit seinem ersten Nachkriegsfilm Unsterbliche Geliebte (Veit Harlan, 1951)<br />

schafft er ein Comeback als Regisseur. Dies löst aber auch Gegendemonstrationen und<br />

Boycott aus. Er dreht noch acht andere Filme mit seiner Frau in der jeweiligen Hauptrolle.<br />

Der Regisseur Gustav Ucicky (1899-1961) arbeitet von 1929 bis 1936 für die Ufa. Er inszeniert<br />

in dieser Zeit dreizehn Filme, dazu vier fremdsprachige Versionen. Die Filme<br />

Morgenrot (Gustav Ucicky, 1932), der zum nationalen Film der Saison 1932/33 wird, und<br />

Flüchtlinge (Gustav Ucicky, 1933), der erstmals den neu geschaffenen Staatspreis der<br />

nationalsozialistischen Partei erhält, prägen das Bild des Regisseurs. Mit den Erfolgen<br />

steigt sein Honorar als Regisseur. Er gehört zu den Spitzenregisseuren und -verdienern.<br />

Neben den Propagandafilmen dreht Ucicky auch Literaturverfilmungen, Abenteuerfilme<br />

und Melodramen. Anders als Karl Ritter, dem zweiten Propaganda-Regisseur der ersten<br />

Jahre des Nationalsozialismus, ist Ucicky weder Mitglied der NSDAP noch scheint er der<br />

NS-Ideologie privat nahezustehen. Da er aber leicht bessere Leistungen als Ritter bringt,<br />

entsprechen seine Filme auch mehr den nationalsozialistischen<br />

Propagandavorstellungen. Dazu haben seine Komödien am meisten Erfolg.<br />

Der Regisseur Detlef Sierck (1900-1987) interessiert sich am Anfang für das Theater,<br />

doch im Jahre 1934 nimmt ihn die Ufa unter Vertrag. Der Film Schlussakord (Detlef<br />

Sierck, 1936) wird ein grosser Erfolg. Es ist das erste Melodrama von Sierck und ein<br />

Genre, in dem er von nun an immer wieder arbeiten wird. Im Jahre 1937 dreht der<br />

Regisseur zwei Filme mit dem neuen weiblichen Star Zarah Leander: Zu neuen Ufern<br />

(Detlef Sierck, 1937) und La Habanera (Detlef Sierck, 1937). Im Dezember 1937 kehrt<br />

Detlef Sierck von einer Auslandsreise nicht zurück. Mit seiner jüdischen Frau verlässt er<br />

Deutschland und macht in Hollywood Karriere. Aus Detlef Sierck wird Douglas Sirk.<br />

Zwischen 1940 und 1959 arbeitet er dort, ab 1950 für die Universal. Er entdeckt Rock<br />

Hudson und macht ihn zum Star. Er arbeitet auch mit anderen Schauspielern wie Robert<br />

Stack oder Jane Wyman.<br />

- 9 -


Die Regisseurin und Schauspielerin Leni Riefenstahl (1902-2003) wurde durch die Nazis<br />

weltberühmt. Sie beginnt zuerst eine Karriere als Tänzerin, aber verletzt sich so schwer,<br />

dass sie im Alter von 21 Jahren aufhören muss. Am Anfang ist sie Schauspielerin. Sehr<br />

schnell interessiert sie sich auch für die Regie und der erste Film unter ihrer Leitung ist<br />

Das blaue Licht (Leni Riefenstahl, 1932 ) in dem sie auch die Hauptrolle spielt. Der Film<br />

hat europaweit Erfolg und wird in Venedig mit einem Filmpreis ausgezeichnet. Leni<br />

Riefenstahl lernt schon 1932 Hitler kennen und 1933 dreht sie für die NSDAP den ersten<br />

Dokumentarfilm Sieg des Glaubens (Leni Riefenstahl, 1933). Sie ist aber vom ästhetischen<br />

Aspekt nicht überzeugt. Danach soll sie aus den langweiligen Aufmärschen, Reden<br />

und Jubelszenen des Nürnberger Reichsparteitages ein Kunstwerk machen. Tatsächlich<br />

schafft sie es, unter dem Titel Triumph des Willens (Leni Riefenstahl, 1934) mit den<br />

damaligen neuen Spezialeffekten, ein revolutionäres Werk herzustellen. Es ist natürlich<br />

nicht die Rede von Spezialeffekten wie heute, aber die Ästhetik der Bilder ist für damalige<br />

und heutige Verhältnisse überwältigend; der Effekt einer Glorifizierung des<br />

Nationalsozialismus ist umso stärker. Der Film erhält internationale Auszeichnungen und<br />

macht Riefenstahl zur Lieblingsregisseurin des Regimes. Er wird auch oft als der vielleicht<br />

“beste” Propagandafilm der Geschichte bezeichnet. Die Filme Fest der Völker und Fest<br />

der Schönheit (Leni Riefenstahl, 1936) über die olympischen Spiele in Berlin erhalten die<br />

höchsten Auszeichnungen, werden heute aber sehr kritisiert, denn die Sportler verkörpern<br />

das Naziideal: gesunde, kraftvolle und durchtrainierte Körper. Die Jahre danach wird<br />

Riefenstahl immer mehr als Mitarbeiterin der NSDAP betrachtet und nicht mehr als freie<br />

Künstlerin. Mit Beginn des Zweiten Weltkrieges folgt sie 1939 als Kriegsberichterstatterin<br />

den deutschen Truppen nach Osten und setzt den Einzug der Truppen in Danzig in<br />

Szene. Geschockt von der Grausamkeit des Krieges verlässt sie die Front. Danach dreht<br />

sie den Film Tiefland (Leni Riefenstahl, 1940-1953), wozu sie Sinti und Roma aus dem<br />

Internierungslager Maxglan bei Salzburg aussucht und zu den Drehorten bringen lässt.<br />

Nach dem Abschluss der entsprechenden Szenen finden einige der Darsteller in<br />

Auschwitz den Tod. Nach Kriegsende wird Riefenstahl 1945 in Kitzbühel von Amerikanern<br />

verhaftet. In drei Prozessen wird das Verhältnis Riefenstahl zum Nazionalsozialismus<br />

untersucht. Zweimal lautet das Urteil “nichtbetroffen” und einmal wird sie als “Mitläufer”<br />

eingestuft. Sie führt noch weitere fünfzig Prozesse wegen Verleumdung, die sie fast alle<br />

gewinnt, schafft es aber nicht mehr, als Regisseurin Erfolg zu haben. 1962 macht sie<br />

einen Neuanfang als Fotografin mit einer Fotoreihe über einen sudanesischen Stamm<br />

“Die Nuba”. Aber auch hier kritisiert man die Überbetonung der heroïschen Stärke der<br />

Nubakrieger und das in Szenesetzen der nackten Körper. Dennoch wird das Werk zu<br />

einem grossen Erfolg, ebenso wie ihre folgenden Arbeiten. Sie stirbt im hohen Alter von<br />

101 Jahren.<br />

- 10 -


3. Markante Schauspieler<br />

Die folgenden Schauspieler haben, ebenso wie die oben erwähnten Regisseure, die<br />

Filmgeschichte der Babelsberg Studios massgeblich beeinflusst.<br />

Der Schauspieler Emil Jannings (1884-1950) besetzt fast ausschliesslich (mit Paul<br />

Wegener) die Spitzenpositionen im künstlerischen deutschen Stummfilm. Der Film Faust<br />

(Friedrich Wilhelm Murnau, 1926) öffnet ihm die Studios von Hollywood. 1929 gewinnt er<br />

dort als einziger deutscher Schauspieler bis heute einen Oscar mit den Filmen The Way<br />

of all Flesh (1927) und The last Command (Joseph von Sternberg). Weitere sechs<br />

Stummfilme machen ihn in den USA weltberühmt. Dann kommt der Tonfilm, und da Emil<br />

Jannings nur schlecht englisch spricht, ist er gezwungen, nach Berlin zurückzukehren, wo<br />

er erneut triumphiert: dieses Mal mit Der blaue Engel (Josef von Sternberg, 1929). Nach<br />

der Machtübernahme der Nazis dreht er weiterhin in Deutschland. Obwohl er selbst nicht<br />

Mitglied der NSDAP wird, ist er mit der NS-Ideologie einverstanden. Er ist einer der<br />

Lieblingsschauspieler von Hitler. 1938 verleiht ihm Goebbels den “Adlerschild”, eine der<br />

höchsten kulturellen Auszeichnungen des NS-Regimes. 1941 wird er zum<br />

Staatsschauspieler. Mit jeder Rolle im deutschen Tonfilm schreibt er<br />

Schauspielergeschichte. Nach der deutschen Kapitulation im Zweiten Weltkrieg gibt es für<br />

Jannings ein Berufsverbot aufgrund seiner Arbeit mit dem Nazionalsozialismus. Dann<br />

setzt er sich intensiv mit dem katholischen Glauben auseinander und konvertiert vom<br />

Protestantismus zum Katholizismus.<br />

Die Schauspielerin Henny Porten (1888-1960) ist der erste grosse Filmstar in<br />

Deutschland. Ihr Anfang macht sie 1906 im Film Apachentanz (Franz Porten, 1906). Sie<br />

ist eine blonde schöne Frau, die am Anfang - bis zur Entdeckung des Tonkreuzes - viel<br />

Erfolg hat. Zu den vielen Filmen, in denen sie mitgewirkt hat, zählen Rose Bernd (Alfred<br />

Halm, 1919), Anne Boleyn (Ernst Lubitsch, 1920) und Komödianten (G.W. Pabst,<br />

1940/41). Während des Nazionalsozialismus dreht sie sehr wenige Filme, denn sie will<br />

sich nicht von ihrem jüdischen Mann, Dr. von Kauffmann, trennen. Sie spielt bis in die<br />

50er Jahre mit: z.B. in Mademoiselle de Scuderi (Eugen York, 1954) und Carola Lamberti<br />

(Hans Müller, 1955).<br />

Der Schauspieler Hans Albers (1892-1960) wird in den 30er Jahren in Deutschland zum<br />

Publikumsliebling. Er spielt auch Theater. In den Filmen der Erich Pommer-Produktion<br />

Anfang der 30er Jahre kann Albers seine Qualitäten beweisen; in Stummfilmen wie Der<br />

blaue Engel (Josef von Sternberg, 1929) oder Bomben auf Monte Carlo (Hanns Schwarz,<br />

1931). Er gibt seine Bühnenkarriere auf und wendet sich ganz dem Film zu. Nach der<br />

Machtergreifung der Nazis spielt er im Film Flüchtlinge (Gustav Ucicky, 1933) mit. Mit<br />

dem Erfolg steigert Albers seine Honoraransprüche. Da die Ufa Angst hat, dass Albers<br />

abwandert, nimmt sie ihn unter Vertrag mit Gagenerhöhung. Während des Zweiten<br />

Weltkrieges ist Albers der beliebteste und bestbezahlte männliche Star, obwohl er sich mit<br />

den Nazis schlecht versteht. Seine grössten Erfolge sind unter anderem Münchhausen<br />

(Josef von Baky, 1944). Er hat auch einen grossen Einfluss auf das, was sich neben den<br />

Dreharbeiten abspielt. Albers dreht gleichzeitig bei der Bavaria. Nach dem Krieg und im<br />

Gegensatz zu vielen Kollegen bleibt ihm ein Berufsverbot erspart. Da er sich zwischen<br />

- 11 -


1933 und 1945 politisch äusserst zurückhaltend verhielt, ist seine Entnazifizierung schnell<br />

abgeschlossen. Er dreht auch noch in der Nachkriegszeit erfolgreiche Filme.<br />

Der Schauspieler Heinrich George (1893-1946) ist der bedeutendste deutsche<br />

Schauspieler zwischen 1930 und 1945. Auf der Bühne wie im Film hat er eine unglaubliche<br />

Ausstrahlung und Vielseitigkeit. Er spielt z.B. im Film Metropolis (Fritz Lang, 1925)<br />

mit. Bis 1932 mimt er Kriminelle, Verbrechertypen oder spielt Charaktere in kleinbürgerlichen<br />

Milieus. Diese Filme sind reine Unterhaltungsfilme. Politisch gesehen ist er links eingestellt,<br />

also gegen Hitler. Nach der Machtergreifung der Nazis, wird George aufgrund<br />

seiner politischen Einstellung kurzzeitig vom Spielbetrieb des Staatstheaters ausgeschlossen.<br />

Er arrangiert sich mit dem NS-Regime und stellt sich als populäres Leinwandidol in<br />

den Dienst der NS-Propaganda. Er spielt im Film Hitlerjunge Quex (Hans Steinhoff,<br />

1933), einen Kommunisten, der sich zu einem überzeugten Anhänger des<br />

Nationalsozialismus wandelt. Im Januar 1937 wird Heinrich George von Hitler zum<br />

Staatsschauspieler ernannt und damit Teil des nationalsozialstischen Systems. Mit der<br />

Literaturverfilmung Der Postmeister (1940) des russischen Dichters Alexander Puschkin<br />

(1799-1837) erreicht George einen großen Publikumserfolg. Während des Krieges und<br />

als Leiter des Schillertheaters hat er sich für jüdische Ensemblemitglieder eingesetzt. Dies<br />

ist natürlich sehr paradox, da er auch für die Nazis arbeitet. Doch anderthalb Jahre nach<br />

Kriegsende und im Alter von 53 Jahren stirbt er als einziger deutscher Schauspieler im<br />

KZ von Sachsenhausen in sowjetischer Haft.<br />

Der Schauspieler Gustav Gründgens (1899-1963) ist ein grosser Schauspieler im deutschen<br />

Theater. 1923 kommt er zum Film: er spielt in Danton (Dimitri Buchowetski, 1923)<br />

mit. In diesem Film spielen bekannte Schauspiler wie Emil Jannings, Conrad Veidt oder<br />

Werner Krauss mit. Weil er mit dem Theater viel beschäftigt ist, dreht er nur wenige<br />

Filme: Die Frau im Mond (Fritz Lang, 1929), Brand in der Oper (Carl Froelich, 1930), York<br />

(Gustav Ucicky, 1931). Aber im selben Jahr spielt er im berühmten Film M-Eine Stadt<br />

sucht einen Mörder (Fritz Lang, 1931) und Die Gräfin von Monte-Cristo (Karl Hartl, 1931)<br />

mit Brigitte Helm. Doch den ersenhten Erfolg hat er im Theater. Die Nazis bemerken ihn<br />

schon nach kürzerster Zeit und so wird 1933 er zum Staatsschaupieler ernannt und 1934<br />

Intendant des preussischen dramatischen Theaters. Nach dem zweiten Weltkrieg interessiert<br />

er sich für das lyrische Theater (er hat sogar eine Zeit lang bei der Scala in Mailand<br />

gearbeitet). Gründgens hat auch einige Filme als Regisseur gedreht: Capriolen (Gustav<br />

Gründgens, 1937), Der Schritt vom Wege (Gustav Gründgens, 1939), Zwei Welten<br />

(Gustav Gründgens,1940) und Faust (Gustav Gründgens, 1960). Ausserdem wird nach<br />

seinem Tod ein Film über seine Nazi-Kompromisse gedreht: Mephisto (Istvàn Szabò,<br />

1981)<br />

Der Schauspieler Willy Fritsch (1901-1973) ist seit Mitte der 20er Jahre Ufa-Darsteller.<br />

Im Jahre 1926 spielt er im Film Die keusche Susanne (Richard Eichberg, 1926) mit und<br />

kommt erstmals in Kontakt mit der englischen Schauspielerin Lilian Harvey. Von 1926 bis<br />

1939 drehen sie zwölf Filme zusammen, davon elf für die Ufa: ein Film erfolgreicher als<br />

der andere. Auch ausserhalb der Dreharbeiten verstehen sich die beiden gut. Mit der<br />

Komödie Frau am Steuer (Paul Martin, 1939) drehen die beiden ihren letzten gemeinsamen<br />

Film. Danach trennen sich ihre Wege, denn Lilian Harvey emigriert nach Frankreich,<br />

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um dann in Amerika zu landen. 1941 ist er an der Seite von Marika Rökk im Film Frauen<br />

sind doch bessere Diplomaten (Georg Jacoby, 1941) zu sehen. Er ist von 1933 bis 1945<br />

einer der bestbezahlten Schauspieler und obwohl er MiItglied der NSDAP ist, versucht er,<br />

sich nicht für offizielle Propagandazwecke missbrauchen zu lassen. Nach dem Krieg ist er<br />

noch erfolgreich und spielt meistens in Unterhaltungs- und Heimatfilmen mit. 1965 wird er<br />

mit dem Deutschen Filmpreis ausgezeichnet. Sein Lachen hat ihn berühmt gemacht.<br />

Der Schauspieler Heinz Rühmann (1902-1994) ist in seinem Filmdebut noch<br />

Spassmacher, er braucht Jahrzehnte, bis er in grossen ernsten Filmen mitspielen darf.<br />

Erich Pommer holt Rühmann von der Bühne des Deutschen Theaters in Berlin nach<br />

Babelsberg. Der Tonfilm wird entdeckt und Rühmann spielt im ersten Ufa-Musical Die drei<br />

von der Tankstelle (Wilhelm Thiele, 1930) neben Willy Fritsch mit und wird damit zum<br />

Star. Nach der Machtübernahme der Nationalsozialisten nimmt Rühmann eine politisch<br />

neutrale Haltung ein und versucht, sich mit dem NS-Regime zu arrangieren. Im Zweiten<br />

Weltkrieg wird Rühmann als Pilot in die Wehrmacht eingezogen. Seine Hauptaufgabe<br />

besteht aber weiterhin darin, die Bevölkerung mit Filmen wie Quax, der Bruchpilot (Kurt<br />

Hoffmann, 1941) zu unterhalten und vom Kriegsalltag abzulenken. Für die Wochenschau<br />

lässt er sich als Kurierflieger ein einziges Mal aktiv für die NS-Propaganda einspannen.<br />

Nach dem Zweiten Weltkrieg wird Rühmann während der Entnazifizierung als nicht<br />

belastet eingestuft, das alliierte Spielverbot wird aufgehoben. Mit dem Stück Der<br />

Mustergatte begibt er sich auf Theatertournee durch Deutschland. Er spielt in ungefähr<br />

100 anderen Filmen mit und wird zum Liebling der Nation. Er hat auch eine grosse<br />

Regisseurkarriere mit dem Film Der Herr vom andern Stern (Heinz Rühmann, 1948) starten<br />

wollen, leider ohne Erfolg. Er bleibt bis zu seinem Tode eine grosse<br />

Künstlerpersönlichkeit in Deutschland.<br />

Die englische Schauspielerin Lilian Harvey (1906-1968) ist zwischen 1930 und 1940 die<br />

populärste Schauspielerin in Deutschland. Der deutsche Schauspieler Willy Fritsch ist ihr<br />

Partner sowohl im Film als auch im Privatleben. Beide werden zum berühmtesten<br />

Liebespaar auf der europaïschen Kinoleinwand. Sie beherrscht drei Sprachen sehr gut:<br />

Englisch, Deutsch und Französisch. Dadurch dreht sie auch in den jeweiligen Sprachen<br />

mit anderen Schauspielern. Sie dreht z.B. drei verschiedene Versionen von Schwarze<br />

Rosen (Paul Martin, 1935-1937) mit drei verschiedenen Schauspielern. Sie spielt meistens<br />

in Unterhaltungsfilmen. Lilian Harvey verliebt sich dann in den Regisseur Paul Martin<br />

und beide versuchen in den USA eine neue Karriere zu starten, doch scheitert der<br />

Regisseur und seinetwegen kehrt sie nach Deutschland zurück. Im Frühjahr 1939 flieht<br />

die englische Schauspielerin vor der Gestapo nach Frankreich (sie wurde nach<br />

Kriegsbeginn aus Deutschland ausgebürgert). Sie ist erst 32 Jahre alt und hat eine ungewisse<br />

Zukunft vor sich. Wegen der drohenden Besetzung Südfrankreichs durch die<br />

Deutschen geht sie in die USA, wo sie wieder auf Bühnen zu sehen ist. 1943 wird ihr die<br />

deutsche Staatsbürgerschaft aberkannt. Nach 1946 kehrt sie nach Frankreich zurück und<br />

unternimmt Gastspielreisen. 1965 erhält sie das Filmband in Gold des Deutschen<br />

Filmpreis und 1967 den goldenen Bambi.<br />

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Die schwedische Schauspielerin Zarah Leander (1907-1981) fängt ihre Karriere in ihrem<br />

Heimatland Schweden an, wo sie viel Erfolg hat. Dann kommt sie nach Österreich und<br />

dreht zwischen 1937 und 1942 zehn Filme bei der Ufa. Sie wird von der Ufa in Wien<br />

entdeckt und zum renommiertesten weiblichen Kinostar. Sie ist für den Film der Nazizeit<br />

ein Glücksfall und die Nachfolgerin von Greta Garbo (schwedische Schauspielerin, die in<br />

Deutschland gespielt hat und die Anfang der 30er Jahre in die USA geht. Später macht<br />

sie in Hollywood Karriere, aber kann sich dort der Lebensweise nie ganz anpassen). Sie<br />

spielt in sogenannten Gesellschaftsdramen. Ihre besten Rollen spielt sie in La Habanera<br />

(Detlef Sierck, 1937), Zu neuen Ufern (Detlef Sierck, 1937), Es war eine rauschende<br />

Ballnacht (Carl Fröhlich, 1939), Der Weg ins Freie (Rolf Hansen, 1940/41) und Die grosse<br />

Liebe (Rolf Hansen, 1941/42). Sie hat eine herbwarme Altstimme, die zu einem neuen<br />

Gesangsstil führt, sogar zur Mode wird (eine ganze Generation von “Girl-Singers” in den<br />

deutschen Bigbands der 30er und 40er Jahre wurde von ihr beeinflusst). Nach dem Krieg<br />

geht sie nach Schweden zurück und wird dort oft mit den Nazionalsozialisten in<br />

Verbindung gebracht. Dann geht sie nach Wien zurück und dreht noch einige Filme wie<br />

Gabriella (Gezah von Cziffra, 1950), Ave Maria (Alfred Braun, 1953) oder Der blaue<br />

Nachtfalter (Wolfgang Scleif, 1959). Nach sieben Jahren erscheint sie wieder im italienischen<br />

Film Come imparai ad amare le donne (Luciano Salce, 1966). Dies ist ihre letzte<br />

Erscheinung auf der Leinwand. Sie spielt bis 1978 auf der Bühne. Leander war der bestbezahlte<br />

Filmstar überhaupt. Auch nach ihrem Tod im Jahre 1981 bleibt die Schwedin<br />

eine Kultfigur des Films.<br />

Die österreichische Schauspielerin Paula Wessely (1907-2000) erhält ihre erste Rolle am<br />

Deutschen Volkstheater Wien im Jahre 1924. Später spielt sie auch am Neuen Deutschen<br />

Theater Prag grössere und ernste Rollen. Danach fängt sie an, im Film zu spielen. Ihr<br />

erfolgreiches Film-Debüt findet auch im Ausland Beachtung. Sie überzeugt durch ihren<br />

natürlichen Charme, ihre Menschlichkeit und ihre Schlichtheit. Sie ist einer der höchstbezahlten<br />

Film-Darstellerin des Dritten Reichs und spielt meistens in Melodramen mit, die<br />

oft unter der Regie von Geza von Bolvary oder Gustav Ucicky sind: Die Julika (Geza von<br />

Bolvary, 1936), Spiegel des Lebens (Geza von Bolvary, 1938), Späte Liebe (Gustav<br />

Ucicky, 1943) und Das Herz muss schweigen (Gustav Ucicky, 1944). 1941 spielt sie im<br />

Propagandafilm Heimkehr (Gustav Ucicky) mit. Nach 1945 erhält sie wegen diesem Film<br />

ein vorübergehendes Berufsverbot. Trotzdem gelingt ihr in der Nachkriegszeit ein<br />

Comeback mit dem Film Der Engel mit der Posaune (Karl Hartl, 1948). Sie drehte noch<br />

einige andere Filme und hatte 1961 ihren letzten Leinwandauftritt. Anschliessend arbeitete<br />

sie noch für das Fernsehen und setzte seit den 20er Jahren ihre Bühnenkarriere kontinuierlich<br />

fort. Mit ihren zahlreichen Auszeichnungen ist sie die vielleicht populärste<br />

Schauspielerin Österreichs gewesen.<br />

Die schwedische Schauspielerin Kristina Söderbaum (1912-2001) zieht nach dem Tod<br />

beider Eltern nach Berlin, um Kunstgeschichte zu studieren, bricht aber nach wenigen<br />

Semestern ab und nimmt Schauspielunterricht. Dann holt sie die Ufa und ihr erster Film<br />

heisst Onkel Bräsig (Erich Waschneck, 1936). Die entscheidende Begegnung in ihrem<br />

Leben ist der Regisseur Veit Harlan, der sie entdeckt. Ihr erster Film unter Veit Harlan ist<br />

Jugend (Veit Harlan) und seit den Dreharbeiten sind sie ein Paar. Zusammen drehen sie<br />

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auch Verwehte Spuren (Veit Harlan, 1938) und Das unsterbliche Herz (Veit Harlan, 1939).<br />

1939 heiraten sie. Die schwedische Schauspielerin wirkt in vielen Filmen mit: Jud Süss<br />

(Veit Harlan, 1941), Die Goldene Stadt (1942), Immensee (1943), Opfergang (1944) und<br />

Kolberg (1945). Die Nazis haben sie schon immer als Prototyp des arischen Weibchens<br />

betrachtet: flachsblond, blauäugig und den Männern unterlegen. Kurz nach Kriegsende<br />

zieht die Schauspielerin nach Hamburg, wo Veit Harlan gleich nach der Kapitulation verhaftet<br />

und mit Berufsverbot belegt wird. Es folgten jahrelange Prozesse und öffentliche<br />

Kampagnen gegen das Ehepaar Harlan. Ein Comeback nach dem Krieg schaffte sie nicht<br />

mehr, die Filme waren Flops. Nach dem Tod ihres Mannes in Jahre 1964 nahm sie<br />

Abschied von der Schauspielerei und wurde Fotografin.<br />

Die tschechische Schauspielerin Lida Baarova (1914-2000) ist schon sehr früh im Film<br />

tätig. 1934 wird sie von der Ufa verpflichtet; ihr erster Film in Deutschland war Barcarole<br />

(1935) mit Gustav Fröhlich, mit dem sie eine Zeit lang liiert ist. Sie spielt am Deutschen<br />

Theater und an der Volksbühne. Aus einer heftigen Liebesaffäre mit Nazi-<br />

Propagandaminister Dr. Joseph Goebbels, der sich ihretwegen scheiden lassen will, wird<br />

eine Staatsaffäre; Hitler greift ein. Von da an gilt Baarova als Unperson und bekommt<br />

keine Filmangebote mehr. 1938 wird Baarova ausgewiesen, geht in die Tschechoslowakei<br />

und filmt dort, hat aber grosse Schwierigkeiten und geht nach Italien. Nach Kriegsende<br />

sitzt sie in Prag 18 Monate in Haft (Vorwurf: Spionage) und flieht dann mit ihrem<br />

Ehemann, Jan Kopecky, nach Österreich. Ab 1950 geht sie wieder nach Italien und dreht<br />

dort Filme. 1956 lässt sie sich scheiden und übersiedelt wieder nach Österreich, wo sie<br />

Theater spielt (auch in Deutschland). 1958 heiratet sie in Salzburg den schwedischen<br />

Professor Kurt Lundwall, mit dem sie 22 glückliche Ehejahre verbringt. Als er 1980 stirbt,<br />

wenden sich alle von ihr ab. Was Baarova bleibt, ist die Einsamkeit und die Erinnerung:<br />

“Ich habe Goebbels geliebt. Nur der Preis, den ich dafür gezahlt habe, der war zu hoch.”<br />

4. Zu den fünf Filmen, die ich mir angeschaut habe<br />

Ich habe natürlich versucht, Filme auszusuchen, die verschiedene Themen ansprechen,<br />

und mich z.B. nicht nur auf die Propagandafilme fokalisiert. Ich habe die fünf Filme in der<br />

Mediathek von Dorigny gefunden und sie mir angeschaut. Es gibt für jeden Film eine<br />

Verbindung zur damaligen politischen Lage, Inhaltsangaben, und meinen eigenen<br />

Kommentar dazu. Ich hätte auch die Möglichkeit gehabt, Filme von einem revisionistischen<br />

amerikanischen Filmkonzern über Internet zu bestellen. Aber moralisch gesehen,<br />

habe ich es nicht mit meinem Gewissen vereinbaren können; ausserdem waren die Filme<br />

relativ teuer.<br />

Hitlerjunge Quex (Hans Steinhoff, 1933): Als Josef Goebbels durch Hitler zum<br />

Propagandaminister wird, beginnt er mit einem Programm von Nazifilmen und Hitlerjunge<br />

Quex (Hans Steinhoff, 1933) ist der erste Film dieser Serie. In diesem Film gilt das wahre<br />

Leben eines Mörders als Vorlage: ein zwölf Jahre alter Junge, der zur Hitlerjugend gehören<br />

will, tötet einen Kommunisten. Im Film spielen Heinrich George (Vater von Heini) und<br />

Jürgen Olsen (Heini) die Hauptrollen. Heinrich George übernimmt im Film nicht ungern<br />

die Rolle des Kommunisten, weil er darin als Nazifeind Dinge aussprechen kann, die zum<br />

Teil auch seine eigene Meinung sind. Der Regisseur Hans Steinhoff und sein Produzent<br />

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Karl Ritter waren Mitglieder der NSDAP. Goebbels erklärt sich mit dem Film sehr zufrieden,<br />

sowohl mit der Propaganda als auch mit der künstlerischen Seite des Films.<br />

Der Film beginnt mit einem Hitlerjugendlied. Heini ist ein frecher blonder Junge mit blauen<br />

Augen. Sein Vater ist ein agressiver Alkoholiker, und er ist arbeitslos. Seine Mutter ist<br />

Hausfrau. Heini arbeitet in einer Druckerei und kann dadurch seine Familie ernähren. Ein<br />

Freund des Vaters fragt Heini, ob er zur kommunistischen Jugend beitreten will, doch er<br />

ist nicht davon überzeugt. Der Vater möchte auf gar keinen Fall, dass sein Sohn zur<br />

Hitlerjugend geht, die Familie ist nämlich kommunistisch. Eines Tages fährt Heini dann<br />

doch (unter Druck) mit der kommunistischen Jugend mit. Als die jungen Kommunisten im<br />

Grünen angekommen sind, bauen sie ein Lager. Heini fühlt sich dort nicht wohl, und findet<br />

das Lager der Hitlerjugend. Er wird aber von der Hitlerjugend festgenommen und als<br />

Kommunist erkannt. Schlussendlich wird er wieder freigelassen, und bleibt in der Nähe<br />

der Hitlerjugend (er versteckt sich). Er ist fasziniert und beeindruckt (durch die Musik, die<br />

Märsche, das Sporttraining, ...). Danach geht er nach Hause und sagt seinen Eltern, dass<br />

er bei der Hitlerjugend war; er sagt sogar: “es war kolossal!” Stolz singt er ein Nazilied vor<br />

seinem kommunistischen arbeitslosen Vater. Dieser ärgert sich und wird wütend, er<br />

schlägt seinen Sohn. Am nächsten Tag verteilen Jugendliche der Hitlerjugend Flugblätter<br />

vor der Schule, die Heini besucht. Die meisten Schüler sind Kommunisten und werfen das<br />

Blatt weg, doch Heini liest es durch; und wird sogar von einem Nazi-Jungen zum Essen<br />

eingeladen. Heini will nun zur Hitlerjugend gehören. Am selben Abend gibt es ein Treffen<br />

der Hitlerjugend und Heini darf kommen. Später geht Heini zur Hitlerjugend, aber die jungen<br />

Kommunisten bewachen die Nazijungen und Heini wird von den Kommunisten<br />

zurückgehalten. Es kommt zu einem Kampf zwischen Kommunisten und Nazis. Die<br />

Polizei nimmt Jugendliche fest, unter ihnen Heini. Er beteuert seine Unschuld und wird<br />

freigelassen. Die Nazis glauben jedoch, dass er sie bei den Kommunisten verraten hat.<br />

Die Kommunisten haben noch eine “Überraschung” für die Nazijungen bereit: sie wollen<br />

eine Fabrik mit Dynamit explodieren lassen, wenn sich die Hitlerjugend dort aufhält. Heini<br />

warnt die Nazis.Als der ganze Sprengstoff hochgeht, wird niemand verletzt. Die<br />

Kommunisten wollen den Verräter finden. Heini kommt nach Hause und sagt seiner<br />

Mutter, dass er die Nazijungen gewarnt hat. Die Mutter ist aber verzweifelt, sie will, dass<br />

ihr Sohn zu den jungen Kommunisten geht. Die Kommunisten finden heraus, dass Heini<br />

sie verraten hat, er soll umgebracht werden. Am selben Abend lässt die verzweifelte<br />

Mutter das Leuchtgas an, sie will ihren Sohn und sich selbst töten. Doch überlebt er und<br />

wird ins Krankenhaus geliefert. Nazi-Jungen kommen und entschuldigen sich bei ihm. Sie<br />

schenken ihm eine Nazi-Uniform: Heini ist glücklich. Heini erfährt, dass seine Mutter beim<br />

Vergasen gestorben ist. Heini wohnt bald bei der Hitlerjugend, denn der Vater hat ihn vor<br />

die Tür gesetzt. Heini glaubt an seinen Führer und folgt seinen Nazi-Kameraden. Bald<br />

gibt es Wahlen, beide Parteien, d.h. die Nazis und die Kommunisten, verteilen Flugblätter<br />

(Heini verteilt sie für die Nazis). Die Kommunisten erkennen Heini als Nazi und verfolgen<br />

ihn: er wird von den Kommunisten umgebracht, aber er stirbt für das Vaterland, für seinen<br />

Führer. Das letzte Bild des Films ist ein Hakenkreuz.<br />

In diesem Film ist Heini ist der Prototyp des Ariers: er ist blond, blauäugig und geht schon<br />

arbeiten. Er ist der Ideenträger der Nazis. Andere Gestalten im Film entsprechen auch<br />

dem Naziideal: die Mutter von Heini ist eine folgsame Hausfrau und ist ihrem Mann immer<br />

- 16 -


unterlegen. Beim Hitlerjungen isst Heini Eierkuchen, ein typisches deutsches<br />

Nationalgericht. Das Lied , das man am Anfang hören kann heisst “Unsere Fahne flattert<br />

uns voran”; es war zur offiziellen Hymne der Hitlerjugend geworden. Im Film gibt es einen<br />

ständigen Konflikt zwischen Nazis und Kommunisten, der durch visuelle Kontraste<br />

gestärkt wird: als Heini und die Kommunisten z.B. am Bahnhof auf den Zug warten, gibt<br />

es auch eine Gruppe der Hilterjugend. Die Hitlerjugend ist streng diszipliniert, alle<br />

Jugendlichen stehen schon in Reihen, wie bei der Armee; dagegen bewegen sich die jungen<br />

Kommunisten viel lockerer. Vor allem sind Nazis freundlich und generös, während<br />

Kommunisten nur zerstörerisch und menschenfeindlich wirken. Im Nazi-Lager ist die<br />

Musik feierlich, aber im kommunistischen Lager ist die Musik eher fröhlich. Die beiden<br />

Parteien unterscheiden sich auch durch ihre Kleidung: die Nazis tragen Uniformen, während<br />

die Kommunisten weite, breite Hosen und Hüte tragen. Heini ist während des ganzen<br />

Films hin- und hergerissen, er glaubt immer mehr an das Naziideal. Dies ist eine perfekte<br />

und subtile Propaganda für die Nazis, die durch diesen Film zeigen wollen, dass<br />

man schon im jungen Alter der Nazionalsozialistischen Gruppe beitreten kann, um später<br />

dann im Krieg zu kämpfen und es ist für einen guten Zweck, nämlich für Hitler, für das<br />

Vaterland, auch wenn man am Ende sterben muss<br />

Olympia 1.Teil-Fest der Völker (Leni Riefenstahl, 1936): Die olympischen Spiele 1936 in<br />

Berlin werden durch eine eindrucksvolle Verfilmung von Leni Riefenstahl dokumentiert.<br />

Ziel ist es, die olympische Idee zum Ausdruck zu bringen.<br />

Der Film ist Baron Pierre de Coubertin, dem Erfinder der modernen olympischen Spiele,<br />

gewidmet. Die Musik erinnert an ein Fest (viele Trompeten). Am Anfang gibt es einen<br />

Fackellauf von Griechenland nach Berlin mit verschiedenen Athleten, die die Flamme weitergeben,<br />

denn die Wiege des Olympismus ist Athen und die Flamme ist die Verbindung<br />

dazu. Danach werden eine Chronologie und eine Zusammenfassung der wichtigsten<br />

Wettkämpfe zusammengestellt. Im Olympiastadion von Berlin ist die Stimmung sehr<br />

gross: viele Zuschauer nehmen Platz, Fahnen werden hochgeseilt, und es wird Trompete<br />

gespielt. Sowohl Zuschauer als auch Athleten machen den Hitlergruss. Dann laufen<br />

Athleten mit ihrer jeweiligen Flagge durch das Stadion. Viele Nationen machen mit gestrecktem<br />

Arm und Blick zum Führer den Hitlergruss, wie Griechenland, Österreich, Italien<br />

und Deutschland; aber nicht alle: z.B. Schweden, England und Japan. Vielleicht bedeutet<br />

das, dass die drei letzten erwähnten Nationen die Ideen des Nazionalsozialismus nicht<br />

nachvollziehen, aber Japan schliesst später mit Deutschland ein Bündnis im Zweiten<br />

Weltkrieg? Die Franzosen und Amerikaner laufen grusslos durch das Stadion.<br />

Dokumentiert Leni Riefenstahl nur, was sie sieht oder ist es schon Propaganda? Die deutsche<br />

Nationalmannschaft trägt Uniform mit Hakenkreuz. Alle Athleten laufen diszipliniert in<br />

Reihen. Danach eröffnet Hitler offiziell die olympischen Spiele. Die Flamme im Stadion<br />

wird angezündet. Viele Journalisten und Kommentatoren sind gekommen. Zu den bemerkenswertesten<br />

Leistungen gehören die des Afro-Amerikaners Jesse Owens, der vier<br />

Wettkämpfe gewinnt, darunter den 100 Meter-Lauf und den Weitsprung. Im 10’000 Meter-<br />

Lauf sind die drei Finnen Salininen, Askolo und Iso-Hollo auf den ersten drei Plätzen.<br />

Ansonsten gewinnen Amerika, Deutschland, Italien, Japan und England die meisten<br />

Medaillen, sie sind also sehr dominant. Dazu gibt es eindrucksvolle Bilder des<br />

Stabhochsprungs, der Staffelläufe bis hin zum Marathonlauf. Am Ende gibt es eine<br />

- 17 -


Schlussfeier, die Fahnen werden runtergeseilt, die Athleten und die Zuschauer verlassen<br />

das Stadion. Das Hakenkreuz wird auch nochmal gezeigt. Das letzte Bild des Films ist die<br />

olympische Fahne.<br />

Der Fackellauf vom antiken Grienchenland soll zeigen wo der Ursprung der olympischen<br />

Spiele herkommt. Man kann auch einen Vergleich mit dem Nazi-Regime ziehen: die<br />

Griechischen Athleten sind muskulös und sehen gut aus, so stellen sich die Nazis die<br />

Rasse der Arier auch vor. Die Art, wie gefilmt wird, und auch die Spezialeffekte sind innovativ<br />

für diese Zeit: am Anfang wird aus einer Griechischen Skulptur ein Athlet, d.h. dass<br />

die olympischen Spiele im modernen Zeitalter einen Neuanfang erleben. Die<br />

Körperbewegungen sind auch bemerkenswert, sowohl bei Streckübungen als bei den<br />

Wettkämpfen. Oft werden die Athleten auch in der Zeitlupe gefilmt. Die ganze<br />

Inszienierung der olympischen Spiele ist im Sinn der Nazionalsozialisten: die Zuschauer<br />

im Stadion machen den Hitlergruss; nach jedem Sieg macht auch der jeweilige Athlet den<br />

Hitlergruss, die Musik ist patriotisch, die Athleten auf dem Podest kriegen einen Kranz auf<br />

den Kopf gesetzt (dies erinnert an die Zeit der Römer). Alles wirkt grossartig, gigantisch,<br />

grandios; die Nazis wollen die Deutsche Bevölkerung und den Rest der Welt dadurch<br />

beeindrucken. Der Kommentator spricht sehr pathetisch, er sagt nur das Nötigste. Er ist<br />

aber auch rassenfeindlich, indem er z.B. vor einem Wettlauf sagt: “zwei schwarze Läufer<br />

gegen die stärksten der weissen Rasse”, aber so wollen es die Nazis. Auch die<br />

Zuschauer sind rassistisch: sie pfeifen nämlich, wenn ein Amerikaner gewinnt. Leni<br />

Riefenstahl musste nach diesem Film immer mit dem Vorwurf leben, dass sie ihre Ästhetik<br />

und ihr grosses filmisches Können einem terroristischen Regime dienstbar gemacht<br />

hat. Aber aus der Distanz sollte ein kritischer Zuschauer die faszinierenden sportlichen<br />

Ereignisse und die hohe Kunst ihrer Verfilmung betrachten, auch wenn sie in einer Zeit<br />

des Wahnsinns gelebt hat.<br />

Olympia 2.Teil-Fest der Schönheit (Leni Riefenstahl, 1936): Leni Riefenstahl konzentriert<br />

sich in ihrem zweiten Werk über die Berliner Olympiade auf die “reine” Schönheit von<br />

Körpern und Bewegungen. Grosse künslerische Ambitionen in Fotografie und Montage<br />

zeigen effektvoll den Geist der damaligen Zeit.<br />

Dieser Film zeigt die olympischen Wettkämpfe an verschiedenen Austragungsorten. Am<br />

Anfang trainieren Athleten in der Natur oder ruhen sich im olympischen Dorf aus. Dann<br />

kommt der Tag, an dem die Wettkämpfe beginnen. Im zweiten Teil zeigt die Regisseurin<br />

andere Sportarten als im ersten Teil: Zehnkampf, Segeln, Gymnastik, Turnen,<br />

Schwimmen, Polo und Reiten. Schwerpunkt in diesem Film ist die Bewegung des<br />

Körpers in Zusammenhang mit dem Sport und weniger die sportliche Leistung. Am Ende<br />

der Wettkämpfe entfernt sich die Kamera vom Olympiastadion, die Glocken leuten und<br />

Lichter strahlen in der Nacht auf das Olympiastadion. Ein Feuer geht aus und der Rauch<br />

bewegt sich in Richtung Himmel. Das letzte Bild ist das helle Licht im Himmel.<br />

Leni Riefenstahl setzt für ihre Produktion alle Filmmöglichkeiten ein. 45 Kameraleute und<br />

ein Heer technischen Personals sind ständig im Einsatz. Dafür braucht es 800’000 Meter<br />

Negativmaterial, das für ungefähr 500 Stunden Film gereicht hätte. 6000 Meter bleiben<br />

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am Ende für die filmische Realisation. Es werden raffinierte technische Einrichtungen installiert,<br />

Schienen für Kamerafahrten verlegt, um Läufer und Speerwerfer zu verfolgen. Die<br />

sportlichen Ergebnisse sind im Film eigentlich nur nebensächlich. Die Art wie gefilmt wird<br />

ist viel interessanter, denn Riefenstahl filmt mit vielen innovativen Möglichkeiten. Im zweiten<br />

Teil spielt die Ästhetik bzw. die Harmonie der verschiedenen Körper und Sportarten<br />

eine sehr wichtige Rolle. Die Propaganda ist meines Erachtens nicht sehr auffällig, man<br />

sieht nicht, wie die Nazis geehrt werden. Es wird von Aufnahmewagen, Fesselballons und<br />

Kränen, vom Zeppelin “Hindenburg” und von Flugzeugen aus gefilmt. Das ganze olympische<br />

Geschehen wird also ständig vom Kameraauge überwacht. Die Kamera ist überall<br />

dabei: zwischen den Beinen der Pferde, unter Wasser und am Himmel. Sie scheint die<br />

spektakulärste aller olympsichen Leistungen zu bestätigen. Lange Panorama-Bilder wechseln<br />

mit Grossaufnahmen von den angespannten Gesichtern der Wettkämpfer. Selbst die<br />

Geräuschkulisse wechselt ständig: das Summen der Menschenmenge, der Hufschlag der<br />

Pferde, die Stimmen der Stadionsprecher und Kommentatoren. Die Musik zum Film ist<br />

die neoromantische Musik von Richard Strauss oder zeitgenössischer Jazz. Aus diesem<br />

zweiteiligen Film entsteht ein cineastisches Meisterwerk. Wegen der souveränen<br />

Beherrschung von allen filmischen Mitteln, des straken Gefühls für den Rythmus, der<br />

absoluten Sensibilität für die Wirkung des Lichts. Der zweite Teil des Olympiafilms Fest<br />

der Schönheit (Leni Riefensthal, 1936) spricht wegen seiner Vielseitigkeit vielleicht noch<br />

stärker an als der erste, der die Leichtathletik würdigt.<br />

Jud Süss (Veit Harlan, 1940): Das ganze Jahr über beschäftigt sich Goebbels mit einem<br />

Projekt von allerhöchstem Staatsinteresse, wie bei keinem anderen Film, ausser Kolberg<br />

(Veit Harlan, 1945): der Film Jud Süss (Veit Harlan, 1940). Nachdem nämlich die deutschen<br />

Truppen Gebiete im Osten erobert haben und Tausende von Juden von der SS<br />

verfolgt und vernichtet worden sind, will Goebbels auch den deutschen Spielfilm verstärkt<br />

für die antisemitische Propaganda einsetzen. Veit Harlan wird von Goebbels gezwungen,<br />

diesen Film zu drehen. Durch Jud Süss (Veit Harlan, 1940) wird Harlan berühmt, aber<br />

auch berüchtigt, denn er hat für das Nazi-Regime gearbeitet. Im Film spielen Ferdinand<br />

Marian (Josef Oppenheimer), der diese Rolle gar nicht spielen wollte, aber von Goebbels<br />

dazu gezwungen wurde und Heinrich George (Herzog Karl Alexander von Württemberg)<br />

die Hauptrollen. Werner Krauss spilet eine Nebenrolle als Jude; Kristina Söderbaum spielt<br />

ebenfalls mit.<br />

Dieser Film spielt sich im Jahre 1733 in der Stadt Stuttgart ab, im Land Württemberg.<br />

Der Herzog Karl Alexander von Württemberg übernimmt die Regierung, nachdem sein<br />

Vater gestorben ist. Der Herzog braucht Schmuck für seine Familie und sich selbst. Er<br />

lässt ausnahmsweise einen Juden, Josef Oppenheimer, in die Stadt kommen, denn es<br />

gibt eigentlich eine Judensperre. Dieser kommt verkleidet aus Frankfurt und verkauft dem<br />

Herzog Schmuck. Doch kann der Herzog es nicht bezahlen. Der Jude kommt auf die<br />

Idee, Strassen- und Brückengelder einzukassiern, und dem Herzog einen kleinen<br />

Prozentsatz abzugeben. Dadurch würde Herr Oppenheimer sein Geld kriegen. Der<br />

Herzog ist damit einverstanden. Die Leute erkennen Oppenheimer als Juden und sind<br />

empört. Die Bevölkerung beschwert sich, dass das Leben nach und nach teurer wird. Der<br />

Jude, der zum Verwalter des Herzogs geworden ist, wird als Ausbeuter beschimpft. Der<br />

Jude wird immer einflussreicher und kann mitbestimmen. Er wird sogar zum<br />

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Finanzminister des Herzogs ernannt und schafft es, die Judensperre aufzuheben. Die<br />

Schwaben beschweren sich, dass es zu viele Juden in der Stadt gibt und wollen, dass<br />

der Herzog zu ihnen hält. Doch ist dieser nicht einverstanden dem Juden das Handwerk<br />

zu legen. Der Jude überzeugt den Herzog, ein neues Ministerium zu gründen und alle<br />

Gegner auszurotten. Das eigentliche Ziel von Josef Oppenheimer besteht darin, in<br />

Württemberg das neue Israël zu gründen. Der Herzog hört nur auf den Juden und wird<br />

von ihm manipuliert. Er sieht beim Juden nur die guten Seiten: er bringt ihm Geld, Macht<br />

und Rat. Doch langsam wird der Herzog misstrauisch: er merkt, dass der Jude ihm<br />

Widerstand leistet und sich zu sicher fühlt. Das Volk will einen Aufstand durchführen und<br />

die Juden, die durch die Aufhebung der Judensperre in die Stadt eingedrungen sind, werden<br />

als Armee den Aufstand unterdrücken, denn sie sind dem Herzog etwas schuldig. Die<br />

Leute schaffen es nicht, den Herzog vor den Plänen des Juden zu warnen. Er verreist<br />

einige Tage und unterdessen vergewaltigt der Jude eine Frau, die er in den Selbstmord<br />

treibt, weil sie nicht mit ihm schlafen will. Als der Herzog zurückkommt, stirbt er an<br />

Herzversagen. Der Jude wird vom Volk erhängt und alle Juden sollen die Stadt innerhalb<br />

von drei Tagen verlassen.<br />

In diesem Film wird der Jude als geldgierig, hinterhältig, skrupellos, geizig, intrigant, brutal,<br />

rücksichtslos, pervers und schlau dargestellt. Dies sind die typischen antisemitischen<br />

Klischees. Am Anfang ist er wie ein Jude angezogen, er trägt ein langes, schwarzes Kleid<br />

(Kaftan) mit Hut und einem Bart. Doch danach sieht er wie irgendein Schwabe aus, denn<br />

er muss sich anders anziehen, um sich in Stuttgart aufhalten zu können. Die Kleidung<br />

spielt also eine sehr wichtige Rolle in der öffentlichen Meinung. Dazu sieht man, dass der<br />

Jude sich in Geschäften auskennt: am Anfang des Films handelt er um den Verkaufspreis<br />

eines Schmuckstücks und beweist bei dieser Gelegenheit, dass er sehr schlau in diesem<br />

Geschäft ist. Am Ende siegt doch der stärkere: in diesem Fall sind es die Bewohner<br />

Stuttgarts und der Jude wird, bevor er stirbt, richtig blamiert. Dieser Film sollte dazu dienen,<br />

bei der Bevölkerung Hass und Misstrauen gegenüber den Juden aufkommen zu lassen.<br />

Der Antisemitismus wird auf subtile Weise gezeigt ohne aufgebaut oder kunstlich zu<br />

wirken. Die Person Joseph Süss Oppenheimer wurde schon in mehreren Büchern wie<br />

z.B. im Roman Jud Süss (Lion Feuchtwanger, 1925) oder im antirassistischen und antinazi-Film<br />

Jew Süss (Lothar Mendes, 1934) benutzt. In Jud Süss (Veit Harlan, 1940) wird<br />

also die Vergangenheit geändert, in dem man eine bekannte Figur wie Joseph Süss<br />

Oppenheimer benutzt, um den Juden unbeliebt zu machen. Die Musik im Film spielt auch<br />

eine wichtige Rolle: am Anfang gibt es ein Fest für den Herzog, Musiker spielen<br />

Trompete. Es erinnert an die Reden von Hitler: es gab auch immer ein Fest mit Musik,<br />

alles sah grandios aus, man wollte die Leute dadurch beeindrucken. Man kann es auch<br />

mit den Olympiaden vergleichen: am Anfang eine feierliche Zeremonie und dann die<br />

Spiele. Als Propagandafilm wirkte dieser Film natürlich sehr überzeugend. Man stellt fest,<br />

dass es immer Antisemitismus und Antisemisten gab. Die Hitler-Periode ist im Grunde<br />

genommen nur der letzte Höhepunkt des Judenhasses. Das zeigt einmal mehr, dass dieses<br />

Problem schon immer bestand und dass Hitler mit seiner “Endlösung” einen besonders<br />

furchtbaren Höhepunkt erreicht! Der Film von Veit Harlan hat auch im Ausland<br />

(Frankreich oder Italien) viel Erfolg. Dieser Propagandafilm ist neben den propagandistischen<br />

Werken von Leni Riefenstahl, der einzige Nazi-Film, der lange Zeit im Gedächtnis<br />

der Leute geblieben ist.<br />

- 20 -


Der polnische Filmhistoriker Jerzy Toeplitz schreibt über Jud Süss (Veit Harlan, 1940)<br />

u.a.:<br />

“Sein Ziel war, dem deutschen Volk die tödliche Gefahr zu zeigen, die ihm drohe, und es<br />

gleichzeitig zum Hass gegen die Juden zu mobilisieren; man kann einfach ohne dem<br />

menschlichen Vorstellungsvermögen Grenzen zu setzen, sagen: zur Ermordung der<br />

Juden.” Toeplitz zitiert Günter Netzeband: “Allgemein bekannt ist, dass Jud Süss (Veit<br />

Harlan, 1940), dieser offene Aufruf zu Pogromhetze und Massenvernichtung, in den okkupierten<br />

Gebieten immer dann verstärkt eingesetzt wurde, wenn Deportationen bevorstanden.”<br />

Nicht umsonst ordnet der Reichsführer SS Himmler an, dass die gesamte SS sowie<br />

die Polizei den Film Jud Süss (Veit Harlan, 1940) anzuschauen habe. “Die<br />

Familienangehörigen können an den Vorstellungen teilnehmen.” In diesem Film wird “nur”<br />

über die Vertreibung der Juden gesprochen.<br />

Tiefland (Leni Riefenstahl, 1940-1953): Der Film ist eine optisch und musikalisch stimmungsvolle<br />

Verfilmung des Melodramas “Tiefland” nach der gleichnamigen Oper von<br />

Eugen d’Albert. Leni Riefenstahl spielt im Film eine Zigeunertänzerin. Leni Riefenstahl<br />

wollte lieber “Tiefland” verfilmen, ohne einen Propaganda- oder Kriegsfilm machen zu<br />

müssen. Es dauert mehr als zwanzig Jahre bis Tiefland (Leni Riefenstahl, 1940-1953)<br />

endlich herauskommt. Krieg, Krankheit und eine fast zehnjährige Beschlagnahmung des<br />

Materials waren die Ursache. Im Jahre 1940 war Deutschland im Westen einmarschiert,<br />

hatte die Benelux-Länder eingenommen und war bis nach Frankreich eingedrungen. Da<br />

die Regisseurin den Film ursprünglich in den spanischen Pyrenäen drehen wollte, wurde<br />

nach änhlichen Motiven gesucht: es wurde schliesslich in Deutschland und in den<br />

Dolomiten gedreht. Goebbels kam es während dieser Zeit in erster Linie auf patriotische<br />

Stoffe und Unterhaltung in jeder Form an, um die Zuschauer einerseits auf das Ziel des<br />

Krieges auszurichten, andererseits von ihren Sorgen abzulenken. Im Film spielt Leni<br />

Riefenstahl (Martha) eine der Hauptrollen.<br />

Die Musik des Films wird von den Wiener Symphonikern gespielt, es ist klassische Musik<br />

von Eugen d’Albert. Der Film spielt sich in den spanischen Pyrenäen ab. Dort lebt der<br />

Grossgrundbesitzer Don Sebastian, ihm gehört u.a. eine Stierherde. Er ist unbarmherzig<br />

und herrisch. Die Bauern beklagen sich, dass sie nicht genug Wasser für sich haben,<br />

denn Don Sebastian benutzt es für die Stiere. Don Sebastian hat Schulden und, um sie<br />

loszuwerden, hat er der Tochter des wolhabenden Bürgermeisters, Amelia, die Ehe versprochen.<br />

Sie ist damit jedoch nicht einverstanden, denn sie weiss dass Don Sebastian<br />

nur an ihrem Geld interessiert ist. Eines Abends lernt der Grossgrundbesitzer die<br />

Zigeunerin Martha in einem Wirtshaus kennen. Sie tanzt dort. Don Sebastian nimmt<br />

Martha zu sich nach Hause mit und küsst sie: sie wird seine Geliebte. Die Tochter des<br />

Bürgermeisters ist auf die Beziehung zwischen Don Sebastian und Martha eifersüchtig,<br />

doch Amelia will ihn durch das Zahlen seiner Schulden für sich gewinnen. Im Dorf muss<br />

unterdessen die Bevölkerung das Wasser schon aus den Brunnen holen. Die Bauern sind<br />

gereitzt und wollen mit Don Sebastian sprechen, aber dieser ist nicht bereit, ihnen das<br />

nötige Wasser zu geben. Martha verlässt Don Sebastian, ohne dass er es merkt, und die<br />

Tochter des Bürgermeisters ist schliesslich einverstanden, die Schulden des<br />

Grossgrundbesitzers zu bezahlen, aber unter einer Bedingung: Martha soll nicht zurückkommen.<br />

Ein Hirte, der Pedro heisst, findet Martha verletzt auf und bringt sie zu sich in<br />

- 21 -


die Hütte. Die Leute von Don Sebastian holen Martha bei ihm ab und bringen sie zum<br />

Grossgrundbesitzer zurück, denn er will sie unter seiner Aufsicht behalten. Don Sebastian<br />

will Martha mit einem Mann verheiraten, damit seine Schulden bezahlt werden. Der Hirte<br />

ist einverstanden, Martha zu heiraten, da er sich in sie verliebt hat. Martha verliebt sich<br />

ebenfalls in Pedro. Am selben Tag heiraten Pedro und Martha sowie Don Sebastian und<br />

die Tochter des Bürgermeisters. Der Grossgrundbesitzer trifft Martha wieder und will sie<br />

umarmen, aber sie wehrt sich. Pedro erscheint, es kommt zu einem schrecklichen<br />

Messerduell zwischen Pedro und Don Sebastian, bei dem der Bösewicht schliesslich den<br />

verdienten Tod findet. Nach dem Tod Don Sebastians kommt der erlösende Regen, die<br />

monatelange Dürre ist beendet, die Bauern haben wieder Wasser, und Pedro und Martha<br />

verlassen das “Tiefland”, um in die Berge zu gehen. Ende gut, alles gut.<br />

In diesem Film gibt es einen ständigen Konflikt zwischen den armen Bauern, die Wasser<br />

brauchen, und dem korrupten, skrupellosen und verschuldeten Grossgrundbesitzer Don<br />

Sebastian. Pedro und Don Sebastian lieben beide Martha, dadurch entsteht auch eine<br />

Rivalität zwischen den beiden Männern, die mit dem Tod des Grossgrundbesitzers endet.<br />

Die Bergwelt mit dem Hirten Pedro verkörpert das Gute, das Tiefland mit Don Sebastian<br />

das Böse. Die beiden weiblichen Gestalten, Martha und Amelia, verkörpern zwei verschiedene<br />

Rollen: Martha ist die arme erliche Zigeunerin und Amelia ist die reiche berechnende<br />

Tochter eines Bürgermeisters. Dieser Film ist ein Melodrama, das zur Unterhaltung<br />

dient. Es ist aber kein reiner Unterhaltungsfilm. Don Sebastian verkörpert den<br />

Kapitalismus, den Machtbesitz und die Bauern sind die Armen. Es gibt also nur wenig<br />

Propaganda, anders als in Hitlerjunge Quex (Hans Steinhoff, 1933). Tiefland (Leni<br />

Riefenstahl, 1940-1953) ist aber bedrückend, wenn man bedenkt, dass Zigeuner aus KZs<br />

für den Film benutzt wurden und dann trotzdem umkamen. Leni Riefenstahl streitet bis<br />

heute ab, dass sie Zigeuner aus KZs geholt hat, um sie in ihrem Film als Komparsen einzusetzen.<br />

Wenn es aber stimmen würde, dann würde es bestätigen, dass sie skrupellos<br />

diese Zigeuner benutzt hat, ohne sich Sorgen über ihre Zukunft zu machen. Sie hat im<br />

richtigen Zeitpunkt mit dem NS-Staat kollaboriert und wurde dadurch erfolgreich. Sie ist<br />

also kein Opfer des NS-Staates, denn sie hat den Kontakt mit Hilter gesucht und ausgenutzt.<br />

D. Fazit<br />

Das Filmschaffen im Dritten Reich wurde durch die Nazis sehr beeinflusst, sowohl die<br />

Regisseure und Darsteller wie die Filme selbst. Einige Regisseure wie Veit Harlan, Karl<br />

Ritter oder Leni Riefenstahl machten während dieser Zeit Karriere, aber ihre Einstellung<br />

zur NSDAP wird im Nachhinein oft kritisiert und ihre künstlerische Begabung wird unterschätzt.<br />

Ich denke, dass man jedoch beides in Betracht ziehen muss. Einige jedoch<br />

haben den Mut oder die Intelligenz gehabt sich gegen das System durchzusetzen, in dem<br />

sie z.B. eine neue Karriere im Ausland angefangen haben. Dadurch konnten sie sich auf<br />

künstlerischer Ebene weiterentwickeln. Andere blieben und wollten sich nicht anpassen:<br />

die meisten verloren den Kampf gegen diese rücksichtslose Machherrschaft. Die Filme<br />

sind immer in Bezug auf die Kriegslage und die Stimmung im Land gedreht worden: ging<br />

- 22 -


es der Bevölkerung gut, so wurde mehr auf Propaganda gesetzt bzw. patriotische oder<br />

nazionalsozialistische Filme, ging es dem Volk schlecht so wurden Unterhaltungsfilme<br />

gezeigt. Die zwei Protagonisten für die Propaganda, d.h. Adolf Hitler und Joseph<br />

Goebbels, sind richtige Kinoliebhaber gewesen und Goebbels kannte sich in der<br />

Filmbranche aus: er wusste genau welcher Film wann eingesetzt werden musste und welcher<br />

nicht; und da er an die Beeinflussung der Bevölkerung durch den Film so fest<br />

glaubte, so wirkten seine Reden über das Filmschaffen und die Filme selbst viel besser<br />

und überzeugend. In den Filmen wirkte alles grösser, besser, reeller und richtig. Doch das<br />

deutsche Volk hatte damals nicht die nötige Distanz zum Film, um zu merken, dass dies<br />

eine weitere Lüge der Nazis war.<br />

Persönlich gesehen habe ich durch diese Maturaarbeit zuerst ein neues Kapitel des deutschen<br />

Kinos in Zusammenhang mit der Geschichte entdeckt. Ich habe gelernt, autonom<br />

zu arbeiten, Recherchen über dieses Thema zu machen und Filme mit einem kritischen<br />

Auge anzuschauen. Es ist nicht einfach gewesen, diese Periode des Filmschaffens in<br />

Babelsberg auf so wenigen Seiten zusammenzufassen, denn es gibt so viel darüber zu<br />

berichten (Regisseure, Schauspieler, Filme). Das ist vielleicht das Einzige, was mich an<br />

dieser Arbeit ein bisschen frustriert hat. Persönlich gesehen war das Filmanschauen am<br />

interessantesten, denn ich habe gelernt, wie man sich Filme kritisch anschaut, ohne den<br />

damaligen historischen Kontext zu vergessen. Ich habe feststellen können, dass Bilder<br />

ein sehr wirksames Mittel sind, um eine Idee zu vermitteln, die der Realität nicht unbedingt<br />

entspricht. Bei den Zuschauern bilden sich dann sogenannte Vorurteile, die man<br />

nicht mehr so schnell los wird. Wenn man z.B. den Juden als skruppellos und hinterhältig<br />

darstellt, erscheinen sie als solche in der Gesellschaft und werden ausgeschlossen, das<br />

ist eines der Ziele der Nazis von 1933 bis 1945. Die Nazis haben den Film auf negative<br />

Art benutzt und missbraucht, um der Bevölkerung ihre Ideologie zu vermitteln und es hat<br />

funktioniert. Es hat doch nicht nur Propagandafilme gegeben, sondern auch<br />

Unterhaltungsfilme mit sehr wenig ohne gar keiner Propaganda, damit die Bevölkerung<br />

ihre Sorgen vergisst. Ich hätte nie gedacht, dass der Film eine so wichtige Rolle für die<br />

Nazis hat spielen können, aber im Nachhinein kann man es erklären: neben den Reden<br />

von Hitler, der Hitlerjugend, den Festen,... ist es wichtig gewesen, die Leute auf eine<br />

andere Art zu unterhalten und die NS-Ideen mit Bildern z.B. rüberzubringen, aber es ist<br />

ein perverses System gewesen.<br />

Nicht nur der NS-Staat hat Propagandafilme produziert sondern auch die UdSSR z.B. Der<br />

damalige Diktator Stalin hat sich wie Goebbels für den Film sehr engagiert und wollte<br />

durch Filme Propaganda ausüben, um die Bevölkerung und die rote Armee zu beeinflussen.<br />

Heutzutage wird man rund um die Uhr durch die Medien manipuliert. Ein Beispiel<br />

dafür ist der Irak Krieg. Der amerikanische Sender CNN und der arabische Sender Al-<br />

Jazira haben ununterbrochen, und jeder aus seiner Sicht über die Kriegsereignisse<br />

berichtet. Die Wahrheit liegt irgendwo in der Mitte. Ausserdem haben sich die technischen<br />

Mittel in kürzerster Zeit rapide verbessert. Eigentlich sollte man aus der Geschichte lernen<br />

und nicht nochmal die selben Fehler begehen. Man sollte sich bewusst sein, dass man<br />

ständig durch Wort, Bild und Ton manipuliert wird. Darum ist es wichtig, unter allen<br />

Umständen kritisch zu bleiben, kritisch zu denken und sich vor allen Dingen eine eigene<br />

Meinung zu bilden.<br />

- 23 -


E. Bibliographie<br />

Maturaarbeit unter der Leitung von Frau Suzanne Déglon<br />

Für die angeschauten Filme: Mediathek von Dorigny<br />

Für die Filmmontage: Herr Alain Boillat<br />

Bücher:<br />

BEYER Friedemann, Die Ufa-Stars im Dritten Reich - Frauen für Deutschland,<br />

München, Wilhelm Heyne Verlag, 1991<br />

BLUMENFELD Samuel, Le Juif Süss, manipulation nazie, Zeitungsartikel in “Le Monde”<br />

vom 11.07.2003<br />

BOCK Hans-Michael, CineGraph - Lexikon zum deutschsprachigen Film, München, edition<br />

text & kritik, 1984<br />

BOCK Hans-Michael und TÖTEBERG Michael, Das Ufa-Buch, Frankfurt am Main,<br />

Zweitausendeins, 1992<br />

BORGELT Hans, Die Ufa - ein Traum, Berlin, edition q, 1993<br />

BOUSSINOT Roger, L’Encyclopédie du cinéma, Paris, Les Savoirs Bordas, 1995<br />

EISENSCHITZ Bernard, Le Cinéma allemand, Paris, Nathan Université, 1999<br />

GEISS Axel, Filmstadt Babelsberg, Berlin, Nicolai, 1994 (Reden von Goebbels)<br />

JACOBSEN Wolfgang, Babelsberg - 1912 ein Filmstudio 1992, Berlin, Argon, 1992<br />

RIEFENSTAHL Leni, Memoiren - 1902-1945, Berlin, Ullstein, 1987<br />

SCHENK Ralf, Das zweite Leben der Filmstadt Babelsberg - DEFA-Spielfilme 1946-<br />

1992, Berlin, Henschel,1994<br />

TRIMBORN Jürgen, Riefenstahl-Eine deutsche Karriere-Biographie, Berlin, Aufbau-<br />

Verlag, 2002<br />

- 24 -


Sites im Internet:<br />

www.filmmuseum-potsdam.de/geschichte.html<br />

www.studio-babelsberg.com/de<br />

www.kinoindex.de<br />

www.avi.de/de/html/de babel.html<br />

www.zukunftssalon.de/berlin/karsten62001.html<br />

www.kinosessel.de<br />

www.dhm.de/lemo/html/biografien<br />

www.deutscher-tonfilm.de<br />

www.prisma-online.de/tv/person.html<br />

www.deutsches-filminstitut.de<br />

- 25 -

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