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Arabische Pferde IN THE FOCUS Nr. 3-2020 (Vol. 23) - public

Zeitschrift für Liebhaber und Züchter arabischer Pferde

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Die Gruppe der Freizeitreiter ist in unseren<br />

Breiten zweifellos der größte<br />

Absatzmarkt für das arabische Pferd,<br />

und dennoch haben viele Züchter nur eine<br />

vage Vorstellung von dem, was diese Käufer<br />

denn eigentlich suchen. Das liegt zum einen<br />

daran, dass dieser Begriff nicht wirklich definiert<br />

ist - denn reiten wir nicht alle in unserer<br />

Freizeit (die wenigen Berufsreiter mal ausgenommen)?<br />

Zum zweiten liegt es daran, dass<br />

der Begriff eine große Bandbreite abdeckt,<br />

vom Schnäppchenjäger und Schlachtpferderetter<br />

bis hin zum anspruchsvollen Reiter<br />

mit Wettkampfambitionen ist alles darunter<br />

versammelt.<br />

Wer ist ein Freizeitreiter?<br />

Während die Schnäppchenjäger nicht einsehen,<br />

gutes Geld für ein gutes Pferd zu bezahlen<br />

- der Satz "Ich finanzier' doch dem<br />

Züchter nicht sein Hobby" ist da mitunter zu<br />

hören - verstehen sich die Schlachtpferderetter<br />

als die Gutmenschen in der <strong>Pferde</strong>szene.<br />

Beide Gruppen sollen nicht Gegenstand unserer<br />

Überlegungen sein, denn beide sind<br />

auf ihre Weise unbelehrbar. Aber es gibt zum<br />

Glück auch noch andere - Leute, für die das<br />

Pferd ein Partner ist, mit dem sie reiterlich etwas<br />

unternehmen wollen, seien es Austritte,<br />

Wanderritte oder auch Distanzritte. Leute, die<br />

Freude daran haben, ihr Pferd auszubilden,<br />

sei es klassisch, Western oder zirzensisch,<br />

wobei der Weg das Ziel ist, die gemeinsamen<br />

Stunden zählen, nicht irgendwelche<br />

Schleifen und Pokale. Diese Menschen hatten<br />

oftmals als Kinder oder Jugendliche<br />

schon Kontakt zum Pferd, hatten dann aber<br />

andere Prioritäten wie Beruf und Familie und<br />

kommen nun - als Wiedereinsteiger - zurück<br />

zum Pferd. Sie haben Freude daran sich fortzubilden<br />

und sie schätzen die Lebensqualität<br />

durch die gemeinsamen Stunden mit ihrem<br />

Pferd. Und dabei ist gerade der Araber im<br />

Vorteil, denn er eignet sich hierfür in idealer<br />

Weise, weil er dem Menschen zugewandt<br />

ist, und man mit ihm eine wirkliche Partnerschaft<br />

eingehen kann. Es gibt aber auch die<br />

bereits "Arabitis-Infizierten", die sich in der<br />

Hochphase der Araberzucht vor 20-30 Jahren<br />

ihr erstes arabisches Pferd anschafften.<br />

Erinnern wir uns - 1995 hatten die Fohlengeburten<br />

in Deutschland ihren Höhepunkt, die<br />

meisten <strong>Pferde</strong> gingen auch damals schon<br />

in den Freizeitreitermarkt, und ihre Besitzer<br />

suchen nun nach einem Nachfolger. Diese<br />

beiden Gruppen - die Wiedereinsteiger und<br />

die Wiederholungskäufer gilt es zu bedienen.<br />

Die Wiederholungskäufer<br />

Die Wiederholungskäufer haben meist eine<br />

klare Vorstellung, wie ihr Nachfolge-Pferd<br />

sein soll - nämlich genau so wie der Vorgänger.<br />

Daher liegt es nahe, dass sich diese Klientel<br />

beim Züchter des ersten <strong>Pferde</strong>s umschaut<br />

- wenn es ihn noch gibt, denn derzeit<br />

grassiert ein "Züchtersterben", das nicht zuletzt<br />

durch die nicht vorhandene Nachfolge<br />

verursacht wird. Da die meisten Araberzüchter<br />

nicht berufsmäßig züchten, vererbt man<br />

3/<strong>2020</strong> - www.in-the-focus.com<br />

meist keinen "Betrieb", sondern ein "Hobby"<br />

- und das ist schwierig. Wenn man also beim<br />

Züchter des ersten <strong>Pferde</strong>s nicht fündig<br />

wird, oder es diesen nicht mehr gibt, dann<br />

wird der Wiederholungskäufer dennoch diesen<br />

"Typ Araber" suchen, der wie sein erstes<br />

Pferd ist - doch dieser "Typus" ist 20-25 Jahre<br />

alt! Es gibt ihn zum Glück noch, den Allrounder<br />

unter den Arabern, der hübsch ist, ohne<br />

zu fein zu sein, und der im Umgang und im<br />

Gelände ein Verlasspferd ist. Nach meinem<br />

Eindruck wird sogar wieder vermehrt auf<br />

diese Eigenschaften und eine „alte“ Abstammung<br />

geachtet, aber man muss dennoch<br />

nach diesen <strong>Pferde</strong>n suchen, denn sie sind<br />

die "Schätze in Deutschlands Ställen" und<br />

werden nicht für "einen Appel und ein Ei"<br />

angeboten.<br />

Der Wiedereinsteiger<br />

Ähnliches gilt für den Wiedereinsteiger, der<br />

früher zwar zum Pferd, aber nicht speziell zum<br />

Araber Kontakt hatte. Das "<strong>Pferde</strong>bild" dieser<br />

Menschen ist häufig noch von früher geprägt<br />

und abhängig von den jeweils gemachten Erfahrungen.<br />

Diese Menschen springen in erster<br />

Linie auf einen hübschen Kopf und einen<br />

menschenzugewandten, "positiven" Charakter<br />

an. Wobei das Bild vom "hübschen Kopf",<br />

welches diese Käufer vor<br />

dem inneren Auge haben,<br />

meist nichts mit dem übertriebenen<br />

Hechtkopf gemein<br />

hat, wie er auf Schauen<br />

(bzw. Shows) favorisiert<br />

wird. Viele sind auch völlig<br />

überrascht, dass der wahre<br />

Charakter des Arabers nicht<br />

"spinnert" ist, sondern sanft<br />

und freundlich, häufig sind sie sogar ausgesprochen<br />

"cool". Aber natürlich gibt es auch<br />

hier Unterschiede - <strong>Pferde</strong> aus Schaulinien<br />

sind leichter erregbar als solche aus erprobten<br />

Reitlinien.<br />

Der Neueinsteiger<br />

Wer sich als "Neueinsteiger" für einen Araber<br />

interessiert, also keine vorherige "Prägung"<br />

auf einen bestimmten Typus aufweist, der<br />

zählt meist zur jüngeren Generation und<br />

kommt über die größten Plattformen der<br />

Araberzucht zu dieser Rasse: die Shows bzw.<br />

deren Liveübertragungen. Diese <strong>Pferde</strong> prägen<br />

das Bild des Neueinsteigers, wie ein Araber<br />

auszusehen hat. Diese Gruppe kennt den<br />

Allrounder, der sowohl auf großen Schauen<br />

als auch auf der Rennbahn oder unter dem<br />

Sattel gewann, leider nicht mehr. Sie informiert<br />

sich zunehmend auch auf Facebook &<br />

Co., wo je nach Gruppen das "Schaumerkmal"<br />

des extremen Kopfes propagiert wird, nach<br />

dem Motto "je mehr 'Dish', desto besser". In<br />

Deutschland ist dies eher eine Minderheit,<br />

aber in der globalisierten Welt des arabischen<br />

<strong>Pferde</strong>s bekommt man auch diese Einflüsse<br />

zu sehen.<br />

Aber egal zu welcher "Kategorie" ein Käufer<br />

gehört - er sollte sich überlegen, was er mit<br />

seinem künftigen Pferd machen will. Wenn<br />

25<br />

dann das Wort "reiten", egal in welcher Form,<br />

vorkommt, so ist es von Vorteil, sich beim<br />

Kauf auch speziell dafür zu interessieren.<br />

Wenn also "reiten" auf dem Programm steht,<br />

dann sollte man sich auch mit den Voraussetzungen<br />

auseinandersetzen, die ein Pferd<br />

mitbringen sollte, um diesen Erwartungen<br />

zu entsprechen. Es ist viel schwieriger, Defizite<br />

durch entsprechendes Training zu kompensieren,<br />

als von vornherein ein Pferd ohne<br />

diese Defizite zu kaufen.<br />

Es gibt ihn zum Glück noch, den Allrounder<br />

unter den Arabern, der hübsch ist, ohne zu<br />

fein zu sein, und der im Umgang und<br />

im Gelände ein Verlasspferd ist.<br />

Der richtige Partner Pferd<br />

Aber wie geht man dabei vor? Grundsätzlich<br />

kann man sagen, dass ein Pferd mit sportlichen<br />

Erfolgen im Wettkampf, sei es Turnier<br />

oder Distanzritt, auch ein Pferd für den Freizeitreiter<br />

ohne Wettkampfambitionen ist.<br />

Ein französischer Züchter, der maßgeblich<br />

am Aufbau der Distanzszene in Frankreich<br />

beteiligt war, sagte mir einmal: "Wenn ich<br />

<strong>Pferde</strong> züchte, die 160 km an einem Tag unter<br />

Wettkampfbedingungen gehen können,<br />

dann kann ich mit diesen <strong>Pferde</strong>n auch 30<br />

km gemütlich in der Natur spazierenreiten."<br />

Soll heißen: Wenn ich als Züchter höhere Ansprüche<br />

an das Pferd stelle, als es der Markt<br />

verlangt, dann kann ich es auch verkaufen.<br />

Nur umgekehrt funktioniert das nicht! Daher<br />

macht es als Käufer Sinn, insbesondere<br />

bei jungen <strong>Pferde</strong>n zu fragen, welche Erfolge<br />

denn die Eltern oder Geschwister des Probanden<br />

haben - waren sie eher im Schauring zu<br />

Hause oder unter dem Sattel? Können sie Erfolge<br />

aufweisen oder wurden sie nur im "Verborgenen"<br />

geritten (wenn überhaupt)? Sind<br />

im Pedigree <strong>Pferde</strong> mit Hengst- oder Stutenleistungsprüfungen<br />

zu finden, mit Prämienoder<br />

Elite-Titeln?<br />

Es ist nicht immer einfach, die Spreu vom<br />

Weizen zu trennen. Denn leider werden auch<br />

<strong>Vol</strong>lblutaraber, die für die Schau nicht "extrem"<br />

genug sind, dem ahnungslosen Käufer<br />

als Reitpferde angepriesen, bei denen weder<br />

Eltern noch Großeltern auch nur einen Sattel<br />

auf dem Rücken hatte. Wer also selbst nicht<br />

die nötige Fachkenntnis hat, ein gutes Pferd<br />

zu erkennen, der sollte sich professionellen<br />

Rat holen bzw. zur Besichtigung jemanden,<br />

der sich auskennt, mitnehmen.<br />

Es gibt Leute, die recherchieren für ihren<br />

neuen Fernseher stunden- und tagelang, um<br />

das beste Modell zu finden. Ein Pferd aber<br />

liegt in der Regel preislich höher und ist eine<br />

Anschaffung für die nächsten 20-25 Jahre.<br />

Daher ist die Zeit, die man in die Recherche<br />

nach geeigneten Blutlinien und Züchtern investiert,<br />

keine verlorene Zeit!<br />

Gudrun Waiditschka<br />

Zucht

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