August 2011 - Der Neusser
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<strong>Neusser</strong> Sport<br />
Die wahren Olympioniken<br />
„Dabei sein ist alles“, der ursprüngliche Olympische<br />
Gedanke ist bei heutigen Olympiaden kaum mehr<br />
spürbar. Populär sind dagegen Einschätzungen<br />
wie „Zweiter sein, heißt erster Verlierer sein“. Das<br />
gilt nicht bei den Special Olympics World Summer<br />
Thomas Gindra erzählt leise und entspannt. <strong>Der</strong> 46-jährige<br />
Trainer und Gründer des GWN Sport Team sitzt in seinem<br />
Büro auf der Königsberger Straße mit Blick auf den Willi-<br />
Brandt-Ring. Die Wand zieren unzählige Notizen und Fotos. Selbst<br />
wer Gindra nicht kennt, merkt umgehend: Hier arbeitet ein Sportverrückter<br />
– in positivem Sinn.<br />
Dreimal Gold und Anerkennung<br />
„Es geht bei uns darum, den Athleten ein einzigartiges Erlebnis zu<br />
ermöglichen. Wir sind keine Profis, aber natürlich geht es auch um<br />
Leistung. Nur: Dirk Fink bekommt für seine drei Goldmedaillen, die<br />
er bei den Special Olympic Summer Games in Athen geholt hat,<br />
jede Menge Anerkennung. Aber kein Geld“, betont der Tischtennis-<br />
Coach. Dass eine solche Leistung nicht behinderten Athleten zum<br />
Superstar-Status verhelfen würde, stört Gindra nur bedingt. „Natürlich<br />
hätten wir gerne mehr Aufmerksamkeit in den Medien. Wir sind<br />
ja als einzige Veranstaltung der Welt neben den Olympischen Spielen<br />
als olympisch vom IOC anerkannt.“ In den USA, erzählt Gindra<br />
weiter, hätten die Special Olympic Games eine ganz anderen Stellenwert;<br />
was schon allein daran liegt, dass dieses Sport-Event einst von<br />
der Familie Kennedy ins Leben gerufen wurde und nach wie vor von<br />
zahlreichen Prominenten unterstützt wird.<br />
7.500 Athleten aus über 180 Ländern<br />
Mit 167 Sportlern und 59 Trainern zählte die Deutsche Delegation<br />
zu den größten des Teilnehmerfelds. Bei den Special Olympics<br />
werden die gleichen Sportarten betrieben, wie bei den Spielen<br />
den Nichtbehinderten. Um einen Unterschied gleich deutlich zu<br />
machen: Die Special Olympic Games sind nicht die Paralympics.<br />
Letzteres ist die Veranstaltung der körperlich Behinderten. Ein<br />
großer Unterschied. Denn während bei den Paralympics Athleten<br />
nach dem Grad ihres körperlichen Handicaps gegeneinander<br />
antreten, wird dies bei den Special Olympics anders gehandhabt.<br />
Games. Obwohl es erlaubt sein darf, vor der Leistung<br />
von Dirk Fink und seinem Trainer Thomas Gindra<br />
den Hut zu ziehen: Sie brachten drei Goldmedaillen<br />
von den Weltspielen der Geistigbehinderten mit<br />
nach Hause.<br />
Lothar Wirtz<br />
Zurecht stolz auf seine Leistung: Dirk Fink holte dreimal Gold Thomas Gindra (li.) mit seinem Schützling Dirk Fink (re.)<br />
„Beim Tischtennis ermitteln wir das Niveau der Sportler, indem<br />
wir sie in Vorrunden gegeneinander spielen lassen. Die Ergebnisse<br />
werden per Computer ausgewertet und dementsprechend<br />
Gruppen gebildet. So vermeiden wir, dass ungleiche Auffassungsgaben<br />
aufeinander treffen“, erklärt Gindra das ungewöhnliche<br />
Prozedere, welches mehrere Goldmedaillen-Gewinner in einer<br />
Disziplin ermöglicht. Was in keiner Weise die Leistung der Aktiven<br />
mindert.<br />
Zwölf Spiele in acht Tagen in einer Disziplin<br />
Für den <strong>Neusser</strong> Tischtennis-Spieler Dirk Fink bedeutete dies, dass er<br />
sieben Vorrunden-Matches, drei Gruppenpartien sowie Halbfinale<br />
und Finale erfolgreich bestreiten musste, um Gold zu gewinnen. Nur<br />
im Einzel, wohlgemerkt. <strong>Der</strong> 43-jährige des GWN Sport Team nahm<br />
auch noch im Mixed- und Doppelwettbewerb teil – und landete<br />
auch hier ganz oben auf dem Treppchen. „Das war schon ein herausragende<br />
Leistung, die zum einen unserem Training zu verdanken ist<br />
und zum anderen Dirks Spielbegeisterung. <strong>Der</strong> will einfach immer<br />
spielen“, lächelt Gindra. Gemeinsam spielen Trainer und Sportler<br />
übrigens in einer integrativen Mannschaft. „Angefangen hatte alles<br />
vor 17 Jahren mit ersten Wettkämpfen in den Werkstätten. Mittlerweile<br />
trainieren wir dreimal pro Woche und spielen in der 3. Kreisliga<br />
der Herren.“ so der Sportlehrer, der 2005 das GWN Sport Team gründete.<br />
Zehn Mitglieder hat die Tischtennis-Mannschaft, drei nicht behinderte<br />
und sieben geistig behinderte. „Dieses ganze Engagement<br />
geht auch nur mit einer Familie, die das mitmacht. Aber es macht<br />
ungeheuren Spaß, weil die Aktiven so viel mitnehmen. Ein gesteigertes<br />
Selbstwertgefühl und Anerkennung, auch und gerade von<br />
Nichtbehinderten. Da bekommt man in seiner Funktion als Trainer,<br />
Organisator oder auch Fahrer unheimlich viel zurück“, so Thomas<br />
Gindra zu seinem Engagement. Wenn dann noch drei Goldmedaillen<br />
von seinem Schützling dabei herauskommen, freut das natürlich<br />
umso mehr.<br />
<strong>Der</strong> <strong>Neusser</strong> 08.<strong>2011</strong>