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August 2011 - Der Neusser

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20<br />

<strong>Neusser</strong> Sport<br />

Nervös nicht, gespannt ja<br />

Mit zehn Jahren war Hamza Touba Ringen zu langweilig, genauso<br />

wie Fußball. Also trat er in die Fußstapfen seines Vaters und ging<br />

zum Boxtraining. Heute, knapp zehn Jahre später, ist der 19-jährige<br />

<strong>Neusser</strong> amtierender Deutscher Meister und ist auf dem Weg, sich für<br />

die Olympischen Spiele 2012 in London zu qualifizieren.<br />

Lothar Wirtz<br />

Entspannt sitzt er da, freundlich und offen. Hamza Touba hat<br />

sich für uns eine Auszeit gegönnt und ist vom Olympischen<br />

Stützpunkt Rhein-Nekar, wo er das Sportinternat besucht,<br />

in seine Heimatstadt gekommen. <strong>Der</strong> gebürtige <strong>Neusser</strong> trainiert<br />

dort zweimal täglich, der Unterricht und die Lernzeiten sind den<br />

Trainingseinheiten der Sportler angepasst. Dies gilt für das Boxen<br />

ebenso wie für andere Sportarten, die hier intensiv trainiert werden,<br />

von Basketball über Eishockey bis hin zu Volleyball, Schwimmen und<br />

anderen.<br />

7 Uhr morgens, Puls 150<br />

Für Hamza Touba bedeutet das ein tägliches Trainingspensum, das<br />

es in sich hat. Morgens um 7 Uhr vor der Schule heißt es eine Stunde<br />

lang lockeres Krafttraining und rund acht Kilometer Joggen. Nach<br />

dem Duschen geht es zum gemeinsamen Frühstück mit den anderen<br />

Athleten, um 9 Uhr beginnt der Schulunterricht. <strong>Der</strong> dauert<br />

unterschiedlich lang, ist aber spätestens um 15 Uhr zu Ende. Nach<br />

dem Unterricht gibt es Mittagessen, und da gilt es das erste Mal ordentlich<br />

rein zu hauen: Kohlenhydrate müssen her, sonst fehlt für<br />

die spätere Einheit die notwendige Energie. „Immer wieder Nudeln.<br />

Ganz ehrlich, seit 2 Jahren habe ich auf Nudeln keinen Bock mehr.<br />

Aber es geht ja nicht anders“, so der Fliegengewichtler zu seinem<br />

Speiseplan. „Es gibt auch öfter mal was anderes, aber halt immer<br />

wieder Nudeln.“ Nach dem Mittagessen macht der angehende WM-<br />

Teilnehmer Hausaufgaben und kann Nachhilfe in Anspruch nehmen.<br />

Um 17 Uhr 30 ist dann das tägliche Haupttraining: 100 Prozent Belastung,<br />

Puls 180 bis 200, Sparring, Sprints, Schnellkraft-Maximalkraft-<br />

Training. „Zum Beispiel nehmen wir den Medizinball und werfen den<br />

mit einer Geraden an die Wand, zehnmal links und zehnmal rechts.<br />

Anschließend werfen wir den Medizinball mit einem Aufwärtshaken<br />

an die Wand, zehnmal links, zehnmal rechts. Und dann machen wir<br />

das noch mit dem Seitwärtshaken. Ebenfalls zehnmal links, zehnmal<br />

rechts.“ Bis 19 Uhr geht das Training, danach ist bis zum Abendessen<br />

um 20 Uhr Freizeit, es sei denn, es stehen Arbeiten an. Dann wird<br />

dafür noch gelernt. Um 23 Uhr 30 heißt es, Licht aus.<br />

Ich gebe nicht so schnell auf<br />

Seit vier Jahren ist Hamza Touba nun auf dem Sportinternat. Früher<br />

hatte er schon mal das Gefühl, etwas zu verpassen. „Heute sehe ich<br />

das anders. Ich bin froh, dass ich das gemacht habe. Man lernt viele<br />

Charaktere kennen, positive und negative. Man lernt zu unterscheiden<br />

zwischen Menschen, die dich überrumpeln wollen oder denen,<br />

die dir helfen wollen. Und durch das Boxen bleibt man gelassener:<br />

Bei schulischen Dingen und auch bei anderen Sachen gebe ich nicht<br />

so schnell auf wie andere.“ Ihm fehlt es nicht, zu rauchen oder Alkohol<br />

zu trinken. „Ich verstehe, dass es manchmal schwer ist, wenn<br />

man Nein sagen soll. Aber man kann auch ohne Trinken in der Disko<br />

Spaß haben. Vielen fällt es auch nicht leicht, auf das Rauchen zu verzichten.<br />

Ich sage denen dann immer, dass wenn sie es wirklich nicht<br />

wollen, sie es auch<br />

nicht brauchen.“ So<br />

standhaft ist Hamza<br />

Touba auch im<br />

Ring. Übrigens von<br />

Beginn an, denn seinen<br />

ersten Kampf<br />

als 10-jähriger verlor<br />

er. Während andere<br />

enttäuscht aufhören,<br />

wollte Touba<br />

unbedingt weitermachen<br />

mit dem Boxen, nur so konnte er den nächsten Kampf gewinnen,<br />

erzählt er.<br />

Olympia? Dann eine Medaille!<br />

Im September geht es für Hamza Touba um den Weltmeister-Titel in<br />

Baku/Aserbaidschan. Dann kämpft er gleichzeitig um die Olympia-<br />

Qualifikation. Mindestens unter die ersten Acht muss er kommen,<br />

dann hat er das Ticket für London 2012 gelöst. „Nervös bin ich nicht,<br />

dafür habe ich schon zu viele, auch größere Wettkämpfe gemacht.<br />

Aber gespannt bin ich schon.“ Die Qualifikation will er auf jeden Fall<br />

schaffen, „mit einer guten Auslosung geht auch ein bisschen mehr“.<br />

Sollte dies gelingen, dann hat Neuss einen neuen Olympiateilnehmer.<br />

Dann will es Hamza Touba allerdings nicht bei dem olympischen<br />

Motto „Dabeisein ist alles“ belassen. „Also, wenn ich bei<br />

Olympia bin, dann will ich mindestens zwei Kämpfe gewinnen“, so<br />

Touba. Dann hält er kurz inne und ergänzt: „Aber ich gehe natürlich<br />

davon aus, dass ich eine Medaille mit nach Hause nehme.“ Sein Betreuer<br />

Tören Welsch kümmert sich derweil um neue Sponsoren für<br />

seinen Schützling. „Die Kosten können wir vom Boxring Neuss nicht<br />

alleine stemmen. Da brauchen wir Unterstützung.“ Sollte Hamza<br />

Touba durchstarten, dürfte jetzt für Sponsoren der ideale Zeitpunkt<br />

sein. Nach WM und Olympia könnte das Ganze nämlich ungleich<br />

teurer werden.<br />

<strong>Der</strong> <strong>Neusser</strong> 08.<strong>2011</strong>

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