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Direktflug Oktober 2020

Die Zeitung der Airbus Vertrauensleute

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<strong>Direktflug</strong><br />

<strong>Oktober</strong> <strong>2020</strong><br />

5100<br />

ZUSAMMENHALTEN<br />

FÜR DIE ZUKUNFT!<br />

»Wir sind wütend«<br />

HellsBells gegen 5100<br />

bedroht Arbeitsplätze<br />

Brücken bauen<br />

Alternativen zum Arbeitsplatzabbau<br />

sind möglich!<br />

Jetzt »Da blüht zählt uns Solidarität was«<br />

Ein<br />

Schlechte<br />

Tarifabschluss<br />

Stimmung<br />

in Zeiten<br />

in der<br />

von<br />

Corona<br />

Produktion


2 <strong>Direktflug</strong> <strong>Direktflug</strong><br />

Inhalt<br />

5100<br />

ZUSAMMENHALTEN<br />

FÜR DIE ZUKUNFT!<br />

2 »Wertschätzung<br />

sieht anders aus«.<br />

Ein Kommentar<br />

von Bodo Koloska<br />

4 JAV-Wahl: Mitbestimmung<br />

auch für die junge Generation<br />

5 IG Metall – jetzt erst recht!<br />

Findet Elphi-Metall<br />

6 Gegen Arbeitsplatzvernichtung<br />

Brücken bauen<br />

8 Stimmen aus der Produktion:<br />

Dornig!<br />

10 Mobiles Arbeiten in der Corona-Zeit:<br />

Unfreiwilliger Boom<br />

13 Die Qualität – la qualité<br />

Monsieur Faury, nous avons<br />

un problème<br />

5100 ist die Zahl, die uns bewegt,<br />

liebe Kolleginnen und Kollegen,<br />

5100 Stellen will Airbus konzernweit bis Mitte nächsten Jahres abbauen.<br />

Über 2000 allein an unserem Standort. Wenn das nicht über<br />

freiwillige Maßnahmen erreicht wird, sollen betriebsbedingte Kündigungen<br />

ausgesprochen werden.<br />

Das machen wir nicht mit! Dagegen<br />

werden wir uns wehren:<br />

Anfang Juli hatten wir 2000 Stühle<br />

als Mahnmal für die von Arbeitslosigkeit<br />

bedrohten Kolleg*innen<br />

vor das Osttor gestellt und mit vielen<br />

Bildern von unseren Kolleg*innen<br />

bestückt.<br />

Am 8. September haben wir eine<br />

weitere Aktion mit 200 Kolleg*innen<br />

am Osttor gemacht, wo wir<br />

zusammen mit einem Autokorso<br />

mit 500 Fahrzeugen ein deutliches<br />

Zeichen für unsere Zukunft gesetzt<br />

haben – eine tolle Aktion<br />

unter Corona-Bedingungen.<br />

Aber wie geht es nun weiter, wo stehen wir jetzt,<br />

was ist mit unserem Zukunftstarifvertrag und<br />

wie viele Auszubildende und dual Studierende<br />

werden wir im kommenden Jahr einstellen?<br />

Diese und viele andere Themen findet Ihr<br />

im Innenteil.<br />

Wenn wir zusammenhalten,<br />

ist alles möglich! -<br />

Zusammenhalten für die<br />

Zukunft!<br />

Euer Thomas Junk,<br />

VK-Leiter<br />

»Ein herzliches Willkommen<br />

unseren neuen Auszubildenden<br />

und dual Studierenden. Ich<br />

wünsche euch eine tolle Zeit<br />

während eurer Ausbildung<br />

hier bei Airbus. Es ist immer<br />

etwas Besonderes, wenn junge<br />

Menschen die Möglichkeit erhalten<br />

einen besonderen Beruf<br />

zu erlernen. Ihr werdet viele<br />

interessante und spannende<br />

Aufgaben kennenlernen. Ich<br />

wünsche euch allen viel Spaß<br />

dabei.«<br />

Impressum<br />

Zeitung der Vetrauensleute Airbus Hamburg<br />

Redaktion: Bodo Koloska, Dirk Voss, Emanuel Glass, Thomas Junk,<br />

Sophia Kielhorn, Dennis Nielsen (JAV)<br />

Verantwortlich: Ina Morgenroth, Erste Bevollmächtigte<br />

IG Metall Region Hamburg<br />

Redaktionelle Betreuung, Gestaltung und Druck<br />

Peter Bisping | Drucktechnik Altona Auflage: 6000<br />

In Hamburg sagt man tschüss…<br />

»Hallo, mein Name ist Miriam Reuter und ich bin eure Projekt-Sekretärin<br />

für Luft und Raumfahrt der IG Metall hier<br />

vor Ort« hören wir leider nicht mehr – Miriam macht<br />

jetzt erst einmal ordentlich Elternzeit und wird<br />

sich dann innerhalb der IG Metall neuen<br />

Aufgaben widmen – Schade!


<strong>Direktflug</strong><br />

WAS FÜR EIN »HELLSBELLS«! Unser Arbeitgeber will weiterhin betriebsbedingte<br />

Kündigungen nicht ausschließen. Dagegen müssen und wollen wir<br />

protestieren, ob Corona hin oder her! Aber in Zeiten »der Abstandswahrung zur<br />

Vermeidung der Corona-Ausbreitung« ist es nicht ganz leicht einen Protest zu<br />

organisieren, denn die Corona-Regeln wollen wir schließlich einhalten:<br />

Ein Autokorso gegen den geplanten Stellenabbau!<br />

2000 bedrohte Arbeitsplätze in Finkenwerder<br />

sind 2000 Menschen. Plus Lebenspartner*innen,<br />

Kinder – Schicksale – nicht<br />

Kostenstellen. Darauf haben wir unter Coronabedingungen<br />

im Juli <strong>2020</strong> mit 2000 leeren<br />

Stühlen und Fotos vor dem Osttor hingewiesen.<br />

Beeindruckende Bilder sind entstanden, allen<br />

Beteiligten einen ganz großen Dank für die<br />

großartige Aktion!<br />

Nach langer Vorbereitung, auch mit Polizei<br />

und Versammlungsbehörden, ging<br />

es am 8. September los: ein Autokorso<br />

mit 500 Fahrzeugen. Zusätzlich hatten<br />

wir es geschafft, dass sich 200 Kolleg*innen<br />

unter Corona-Bedingungen am Osttor<br />

versammeln durften – ohne Trillerpfeifen,<br />

aber mit lauten Ratschen.<br />

Im Hintergrund formierte sich der<br />

Korso. Das erste Fahrzeug war am<br />

Osttor angekommen, da war das<br />

letzte Fahrzeug noch nicht vom Parkplatz<br />

heruntergefahren.<br />

Peter Dräger, stellvertr. Vertrauenskörperleiter<br />

Miriam ist die gute Seele der IG<br />

Metall vor Ort bei Airbus gewesen.<br />

Hat sich gemeinsam mit der<br />

Vertrauenskörperleitung um unsere<br />

Mitglieder gekümmert, die<br />

LAKs betreut und dafür gesorgt,<br />

dass auch bei Fremdfirmen auf<br />

dem Airbus Gelände alles, im gewerkschaftlichen<br />

Sinne, richtig läuft.<br />

Dass in all diesen Betrieben Betriebsräte gegründet<br />

wurden, war ihr besonders wichtig. Viele<br />

Jahre hat sie so dafür gesorgt, dass die Airbuswelt<br />

ein bisschen gerechter wurde. Ein ganz<br />

Es folgte ein gemeinsamer »HellsBells«-Countdown,<br />

dann startete pünktlich um 10 Uhr der Korso unter<br />

Dauerhupen und dem »Spalier« der Kolleg*innen<br />

am Osttor, mit Ratschen und AC/DC gab es »Höllen«-Lärm,<br />

der hoffentlich bis Toulouse zu hören<br />

war! Vorbei an Start- und<br />

»HellsBells rockt:<br />

Sturmglocken gegen<br />

Arbeitsplatzabbau.«<br />

tolle Aktion!<br />

Landebahn fuhr der Korso<br />

über das Südtor zurück<br />

ins Werk und passierte die<br />

Deichstraße bis zum Elbblick<br />

– eine für alle Seiten<br />

Vielen Dank an alle Teilnehmer*innen und all diejenigen,<br />

die als Ordner und Streckenposten dabei<br />

waren. Ohne euch wäre das nicht möglich gewesen.<br />

besonderer Erfolg? Miriam hat sich um<br />

die Erneuerung der Vertrauenskörperleitung<br />

und um eine Verjüngung<br />

des Betriebsrates erfolgreich gekümmert<br />

– beides für die Zukunft<br />

existenziell. Die Früchte ihrer Arbeit<br />

ernten wir in dieser historischen Zeit<br />

gerade. Noch nie gab es eine solche<br />

gute Zusammenarbeit zwischen Gewerkschaft,<br />

Vertrauenskörperleitung und Betriebsrat.<br />

Nun hat sie für sich – arbeitstechnisch - das Kapitel<br />

Airbus abgeschlossen. Wir wünsche dir,<br />

Miriam, alles Beste für deine Zukunft! •<br />

Liebe Miriam, mein Leben hätte<br />

ruhig und ordentlich verlaufen<br />

können! Ich hätte meinen Nine-to-five-Job<br />

bei Airbus und<br />

zu Hause hätte ich jede Menge<br />

Freizeit. Müsste mich nicht<br />

mit meinem Chef rumärgern<br />

und wäre nicht ein Revoluzzer<br />

in unseren Gremien geworden.<br />

Ich müsste<br />

mich nicht mit<br />

meiner besseren<br />

Hälfte<br />

streiten, wenn<br />

ich mich<br />

doch wieder<br />

gewerkschaftlich<br />

und politisch<br />

weiterbilden wollte oder nach<br />

Feierabend in Ausschusssitzungen<br />

oder der Delegiertenversammlung<br />

rumhängen<br />

würde. Mein Leben wäre so<br />

viel einfacher... Dummer -<br />

und verhängnisvoller Weise<br />

bin ich dir vor einigen Jahren<br />

in die Arme gelaufen. Seitdem<br />

ist nichts mehr wie es war, du<br />

hast mein gewerkschaftliches<br />

Herz zum Leben erweckt.<br />

Hast mich unterstützt und<br />

gefördert. Hast mir Mut zugesprochen<br />

und mir meine<br />

Flausen vertrieben. Wir beide<br />

haben viel gelacht aber auch<br />

geweint. Haben viel Freizeit<br />

miteinander verbracht und<br />

du bist mir immer eine gute<br />

Ratgeberin gewesen. Wir<br />

beide werden freundschaftlich<br />

verbandelt bleiben… Danke.<br />

Ohne Miriam wäre Dirk Voss nicht für die IG Metall gewonnen worden!


2<br />

<strong>Direktflug</strong><br />

5100<br />

ZUSAMMENHALTEN<br />

FÜR DIE ZUKUNFT!<br />

Enttäuscht – ein Kommentar<br />

Am 24. September <strong>2020</strong> starteten die Tarifverhandlungen<br />

um das Airbus-Stellenabbauprojekt »Odyssee«.<br />

Die IG Metall hatte dazu zu einem Jugendaktionstag<br />

aufgerufen, an dem zahlreiche junge Kollegen*innen<br />

aus Hamburg, aber auch aus Bremen,<br />

Nordenham und Stade vor dem Verhandlungshotel<br />

in der Hamburger City-Nord zusammen<br />

fanden.<br />

»Einer für alle – alle für einen«, »Übernahme – unbefristet«,<br />

»Zukunft – für alle«: Laut wurden die Verhandlungsparteien<br />

begrüßt und die Erwartungen der<br />

Jugendlichen klar formuliert.<br />

Lange ließ die Arbeitgeberdelegation auf sich warten.<br />

Die jungen Kolleg*innen wurden dann auch<br />

noch enttäuscht, weil sich keiner der Arbeitgebervertretung<br />

ein Herz fasste, um ein paar Worte als<br />

wertschätzende Geste an die erwartungsvollen<br />

jungen Menschen zu richten. Mehr als ein kurzer<br />

Wink mit der Hand und ein ebenso kurzes<br />

Lächeln hinter verschlossenen Fenstern war wohl<br />

nicht drin!<br />

Donnerstagmorgen,<br />

24. September <strong>2020</strong>, der<br />

schrille Ton meines Weckers<br />

ertönt. Schnell fertig machen,<br />

ich habe nicht so viel Zeit,<br />

heute ist Jugendaktion!<br />

Es findet die erste Tarifrunde für den<br />

neuen ZTV im Leonardo Hotel statt.<br />

Arbeitgebervertretung und Arbeitnehmer*innenvertretung<br />

sitzen das<br />

erste Mal an einem Tisch, um sich die jeweiligen<br />

Forderungen für einen neuen Haustarifvertrag<br />

vorzustellen. Doch nicht nur die<br />

beiden Vertragsparteien haben sich an jenem<br />

Donnerstag getroffen. Die Jugend war auch da.<br />

Sehr laut, sehr organisiert und sehr zielstrebig.<br />

Da ich an diesem Tag Spätschicht hatte, konnte<br />

ich glücklicherweise ohne Probleme an dieser<br />

Aktion teilnehmen. Andere hatten sich Urlaub<br />

genommen, worüber ich positiv überrascht<br />

war, schließlich haben es sich nicht weni-<br />

Und das enttäuschte mich dann doch sehr – und<br />

auch die jungen Airbus-Kolleg*innen. Denn z.B.<br />

bei Entgelttarifrunden ist es üblich, dass der Verhandlungsführer<br />

der Nordmetall vor die Arbeitnehmerschaft<br />

tritt, um zumindest die aktuelle<br />

Position der Arbeitgeberseite noch einmal der<br />

zum Verhandlungsort gezogenen Arbeitnehmerschaft<br />

dar- bzw. vorzustellen. Das<br />

hat Format und Stil und zeigt ein Mindestmaß<br />

an Wertschätzung – das ist hanseatisch!<br />

WERTSCHÄTZUNG<br />

SIEHT ANDERS AUS!<br />

Fairness, Format und Stil scheinen bei<br />

Airbus aber nicht mehr so wichtig zu sein.<br />

Es waren viele Azubis aus dem ersten<br />

Lehrjahr bei den Protesten dabei, die<br />

mit hoher Wahrscheinlichkeit gerade<br />

rechtzeitig zum (Wieder-)Hochlauf ausgelernt<br />

haben werden. Mit wie viel Elan<br />

werden sie diesen wohl angehen, wenn<br />

man ihnen gegenüber weiterhin so viel<br />

»Wertschätzung« zeigt?<br />

GÄNSEHAUT<br />

Fragt sich Bodo Koloska


<strong>Direktflug</strong><br />

3<br />

ge Auszubildende nehmen lassen, morgens<br />

in den Bus am Osttor einzusteigen, welcher<br />

den motivierten Mob Richtung Schlachtfeld<br />

steuerte.<br />

Im Großen und Ganzen war es eine sehr<br />

runde, gelungene Aktion, zu der unser<br />

Gewerkschaftssekretär relativ spontan<br />

aufrief. Schnell positionierten wir uns mit<br />

Ratschen, Fahnen und einem Autoanhänger<br />

als Bühne unmittelbar vor dem Tagungsraum<br />

am Mexikoring. Die Musik ertönte, einige Kolleginnen<br />

und Kollegen haben ein paar Grußworte<br />

dagelassen und da dauerte es auch nicht<br />

lange, ehe unsere Kolleg*innen aus Stade, Bremen<br />

und Nordenham, die mindestens genauso<br />

motiviert waren, eintrafen.<br />

Die Banner wurden gezeigt, es war laut und<br />

man verspürte bereits eine leichte Art der Gänsehaut.<br />

Der Moment, auf den alle gewartet haben, traf<br />

dann etwa um kurz nach 10 Uhr ein. Die Vertragsparteien<br />

fanden sich endgültig am Tisch<br />

im Tagungsraum ein. Das haben wir uns natürlich<br />

nicht nehmen lassen und wanderten<br />

zielstrebig auf die Fenster des Raums, der<br />

glücklicherweise im Erdgeschoss lag, zu. Wir<br />

hatten es schon geahnt, dass die Protagonisten<br />

im Inneren des Gebäudes das Bedürfnis haben,<br />

vor der Veranstaltung, einmal den Raum<br />

zu lüften.<br />

Somit ging es sehr schnell und die Fenster<br />

wurden komplett aufgemacht. Anschließend<br />

war ordentlich Dampf im Kessel und ich dachte<br />

kurzzeitig, die Stimmung würde ein bisschen<br />

überlaufen. Schnell kamen einige junge<br />

Kämpfer*innen auf die glorreiche Idee, sich<br />

durch die offenen Fenster zu lehnen und den<br />

Raum von innen mit Stickern der Gewerkschaft<br />

zu verschönern.<br />

Für mich persönlich war das der Punkt,<br />

an dem ich emotional in mich gekehrt<br />

bin und wieder mal eine Bestätigung<br />

gefunden habe, wie wahnsinnig viel<br />

mir dieser Zusammenhalt und die Solidarität<br />

untereinander bedeutet.<br />

Abschließend war es eine sehr kurze, aber<br />

gute Aktion. Wir haben dem Arbeitgeber gezeigt,<br />

dass wir organisiert sind und auch wir<br />

Forderungen haben. Wir als Jugend müssen<br />

jederzeit unsere Standpunkte vertreten, sonst<br />

werden wir weder gehört, noch ernst genommen.<br />

Diese Aktion war ein kleiner Schritt in<br />

die richtige Richtung. Der Arbeitgeber hat sich<br />

an diesem Tag nicht bereit erklären können,<br />

seine Forderungen niederzulegen und die<br />

Verhandlung wurde verschoben. Aber wenn<br />

man mal ehrlich ist, kann man dem Arbeitgeber<br />

keinen richtigen Vorwurf machen, denn<br />

ich hätte mich auch nicht getraut zu sagen was<br />

meine Forderungen sind, wenn man vorher<br />

der wütenden Meute der jungen Arbeitnehmer*innenschaft<br />

entgegentreten musste.<br />

An dieser Stelle nochmal vielen Dank an alle,<br />

die bei der Aktion mitgewirkt haben. Dieser<br />

Vormittag hat mich wahnsinnig stolz gemacht<br />

und ich blicke immer noch mit zwei glücklichen<br />

Augen auf diesen Tag zurück. •<br />

MOMENTE<br />

»Es geht um unsere Zukunft. Jetzt! Wenn Airbus Hand<br />

an die Ausbildung legt, rauben sie uns die Lebensperspektive.<br />

Deswegen streiten wir gemeinam mit allen anderen<br />

Kolleg*innen für den Erhalt der Arbeitsplätze bei Airbus –<br />

und für unsere Ausbildung und Übernahme!


4 <strong>Direktflug</strong><br />

Sturmfahrt<br />

Corona<br />

Peter Dräger schaut sich die Seekarten genauer an.<br />

Anfang Februar <strong>2020</strong> gab es bei Airbus die erste Sturmwarnungen zu Corona. Monatelang wurde<br />

die Windrichtung und die Wellenhöhe analysiert um zu schauen, wie leicht der große Pott<br />

Airbus gemacht werden muss, um sicher durch den Sturm zu segeln. Schlussendlich<br />

beschloss Airbus: 5100 Matrosen sollen über Bord gehen – das ganze unter dem<br />

Arbeitstitel »Odyssee« (zu Deutsch: »Irrfahrt«).<br />

Sturmsicherheit stelle ich mir anders vor: wir müssen viel mehr z.B. die Nutzung<br />

der Kurzarbeit bis Ende 2021 und die Absenkung der Arbeitszeit über die IGM<br />

in die Diskussion einbringen. Obwohl das aus meiner Sicht wirkungsvolle Instrumente<br />

zur Stellenabsicherung sind, scheint unser Arbeitgeber diese Instrumente<br />

nicht im Steuerhaus zu kennen. Auch die Zukunftsabsicherung unseres<br />

Standortes kann auf dem Spiel stehen.<br />

Es hat den Anschein, dass die Corona-Krise dazu genutzt wird das Deck aufzuräumen<br />

und alles über Bord zu werfen. Auch das Engineering liegt mittlerweile<br />

in der Petrischale unter dem Mikroskop, um zu schauen, ob es da irgendwelche<br />

Bakterien gibt, die man absorbieren könne. In der Fertigung wird abteilungsweit<br />

geprüft, wo man Arbeitsplätze abbauen kann, de facto wurden schon Stellen über<br />

die Leiharbeitskollegen abgebaut. Und was passiert, sobald es wieder anläuft? Was,<br />

wenn die Raten wieder steigen? Mit wem will Airbus dann die Segel hissen? Oder<br />

wird an Konzepten gearbeitet, die es erlauben, dass die gleiche Arbeit mit weniger<br />

Personal erledigt werden kann?<br />

Ich hoffe nur, dass das Ende der Irrfahrt ein sicherer Hafen ist – für alle!<br />

JAVup YOUR LIFE<br />

seit dem 1. September sind nun alle neuen Lernenden, die ihre Ausbildung<br />

oder duales Studium bei uns am Standort anfangen, angekommen. Unsererseits<br />

nochmal ein herzliches Willkommen und alles Gute für eure zukünftigen 3,5 Jahre!<br />

Mit dem neuen Lebensabschnitt beginnt auch eine neue<br />

Chance, sich zu engagieren und Dinge zu ändern,<br />

denn in diesem Jahr im November finden wieder<br />

Wahlen für die Jugend –und Auszubildendenvertretung<br />

in Hamburg-Finkenwerder statt.<br />

Im Vorfeld gab es von uns einen Podcast, in dem wir auf die Wahlen<br />

aufmerksam gemacht haben. Ebenfalls gab es eine Infoveranstaltung<br />

für interessierte Azubis und Dualis, bei der erfahrene JAVis unseres<br />

Standorts über ihre JAV-Arbeit und Erfahrungen berichtet hatten.<br />

Dieses Event war für uns ein echter Erfolg, da wir bei der Veranstaltung<br />

neue Interessent*innen für die nächste Amtsperiode gewinnen<br />

konnten. Vielen Dank nochmal an alle, die teilgenommen haben!<br />

Meldet euch bei uns, wenn ihr auf die Wahlliste wollt oder wenn ihr<br />

noch Fragen habt oder tragt euch zunächst unverbindlich in der Interessensliste<br />

in der Ausbildung ein! Genauere Infos zur offiziellen Wahlliste<br />

und generell zur Wahl folgen in den nächsten Tagen und Wochen.<br />

Seit dem letzten Artikel hat sich bei uns im Gremium nicht viel<br />

verändert. Oberste Priorität hat bei uns momentan nach wie<br />

vor das Arbeiten in der Tarifkommission für unseren auslaufenden<br />

Haustarifvertrag (ZTV) und die Planung der Begrüßungstage,<br />

die wir glücklicherweise nun doch, allerdings in einem<br />

verkleinerten Rahmen für die neuen Auszubildenden und dual Studierenden<br />

an unserem Standort, veranstalten<br />

können.<br />

Die Begrüßungstage sind enorm<br />

wichtig für uns, da wir dort zum<br />

ersten Mal mit den neuen Lernenden in den Austausch<br />

kommen. Auch für die IG Metall sind die Tage wichtig,<br />

um neue Mitglieder zu gewinnen und die neuen Auszubildenden<br />

über Gewerkschaftsarbeit zu informieren. Zudem lernen die Gäste die<br />

Arbeit und Bedeutung eines Betriebsrates kennen. In diesen Veranstaltungen<br />

machen wir den neuen Azubis und Dualis klar zu machen,<br />

wie wichtig es ist, einen starken Einfluss der Arbeitnehmervertretung,<br />

des Betriebsrates und der JAV zu haben.<br />

Wir freuen uns im Gremium darauf, unsere neuen Kolleg*innen kennenzulernen.<br />

Bis dahin halten wir euch, meistens in digitaler Form,<br />

auf dem Laufenden. Infos für die Wahl folgen, sodass ihr noch etwas<br />

Zeit habt, euch endgültig zu entscheiden, ob ihr euch in der Jugendvertretung<br />

engagieren wollt. JAV-Arbeit lohnt sich: um den eigenen<br />

Horizont zu erweitern und coole Leute kennenzulernen.<br />

Gerade in der jetzigen Zeit brauchen wir mehr Solidarität, um für<br />

gute Ausbildung und eine Zukunftsperspektive bei Airbus zu streiten!<br />

Bleibt gesund und solidarisch.<br />


<strong>Direktflug</strong><br />

5<br />

Schhicksal oderr Ungerrechhtigkeit!<br />

Mein Name ist Paul*, ichh bin fast anderrthhalb Jahrzehnte bei Airbus tätig. Gelerrnt<br />

hattte ichh KFZ-Mechhanikerr. Die Autos wurden mir aberr irgendwannn zu klein. Eine<br />

neue Herrausforderrung sollte es in meinem Leben geben. Überr eine Ann zeige in meinerr<br />

Tageszeitung wurde ichh auf Airbus aufmerrksam. Die Möglichhkeiten, die mir veersprochh en<br />

wurden, waren veerlockend. Immerrhin war ichh inzwischh en fast 35 und so sollte dieserr<br />

Schhrittt wohl überrlegt sein. Derr Wechhsel wurde mir aberr sehr schh mackhaft gemachht.<br />

Allerrdings, ein Werrmutstropfen blieb: Erst einmal sollte ichh einige Zeit als LAK mein<br />

Könnn en beweisen. Kein Problem, dachhte ichh mir, das arbeite ichh auf einerr Arschh backe ab!<br />

Ichh habe viel gelerrnt, michh integrierrt, michh weiterrgebildet (inzwischh en bin ichh sogar<br />

EP), auf anderren Bauplätzen ausgeholfen und Qualität errzeugt. Nachh Ausssage meines<br />

SOT habe ichh michh zu einem Leistungsträgerr und derr See ele im SOT entwickelt. Meine<br />

Krankheitstaage lasssen sichh an einerr Hand abzählen. Im Gegensatz zu den Kolleginnn en und<br />

Kollegen, die ichh ausgebildet habe, die kannn ichh nämlichh nichht mehr zählen. Auchh nichht<br />

die, die desillusionn ierrt und entnerrvt den Bauplatz und Airbus wiederr veerlasssen haben.<br />

Disziplin, Teamfähigkeit und Qualitätsbewussstsein war nichht jedem neuen Kollegen zu<br />

veermittteln.<br />

Die Jahre gingen ins Land und an meinem Staatus änderrte sichh nichhts. Ein gravierrenderr<br />

Grund dabei waren die häufigen Meisterrwechhsel. Allein in den letzten vierr Jahren hattte<br />

ichh fünf Meisterr. Immerr, wennn es Festveerträge gab, gab es niemand, derr sichh für michh<br />

einsetzte. Außerr natürlichh, die Junx aus meinem SOT. Aberr was zählt das schhonn . So fiel<br />

ichh etlichh e Male durchh s Rasterr.<br />

Erst vor 2 Jahren führte es (wahrschh einlichh getrieben durchh die Gesetzesänderrung zur<br />

Höchh stüberrlasssungsdauerr vonn LAKs) dazu, dasss ichh zumindest einen Zeitveertrag bekam.<br />

Was war ichh froh! Nachh überr einem Jahrzehnt kam endlichh ein weiterrerr Schhrittt, um ein<br />

richhtiges Mitglied derr Airbus Familie zu werrden. Derr nächh ste sollte bald folgen, ichh<br />

hattte berreits einen Terrmin zur Entfristung meines Arbeitsveertrags.<br />

Dannn kam Coronn a!<br />

Mehr dennn je habe ichh das Gefühl in derr Luft zu hängen. Immerrhin bin ichh inzwischh en<br />

fast 50. Die sogenannn ten »besten Jahre« habe ichh bei Airbus veerbrachht.<br />

Ein paar Dinge veerstehe ichh nichht: Die Herrausforderrungen in derr Produktionn sind höherr<br />

dennn je. Qualität wird vom Kunden bedingungslos eingeforderrt! Genau dafür hat michh<br />

Airbus dochh geworben und ausgebildet! Tatsächhlichh aberr schh einen wir im Moment zu<br />

viele Kolleginnn en und Kollegen für diese Rate zu sein, wobei ichh im Gegensatz dazu den<br />

Eindruck habe, dasss das Thema Kurzarbeit gar nichht voll genutzt wird. Geschh weige dennn<br />

eine kollektivee Arbeitszeitveerkürzung, die überrall diskutierrt wird. Wennn jetzt nochh das<br />

Gerrüchht stimmt, dasss trotz des Auslaufens allerr befristeten Verrträge und des Abbaus<br />

vonn überr 2000 Festaangestellten immerr nochh eine nichht unerrheblichh e Ann zahl an LAKs<br />

am Staandort bleiben sollen, veerstehe ichh die Welt nichht mehr! Auf michh konn nte sichh<br />

Airbus immerr veerlasssen.<br />

*Name von der Redaktion geändert.


6<br />

<strong>Direktflug</strong><br />

BRÜCKEN BAUEN STATT<br />

RAMPEN GRABEN<br />

Wir brauchen Beschäftigungsbrücken bei Airbus – für eine zukunftsfähige<br />

Luftfahrtindustrie. Und keine mit groben Schaufeln gegrabenen Rampen.<br />

Es wird eine Zeit nach Covid19<br />

geben. Zurzeit kann kaum<br />

daran gedacht werden,<br />

Urlaubsreisen zu weit entfernten<br />

Zielen zu planen.<br />

Auch Geschäftsreisen werden<br />

zurzeit vermieden. Das<br />

hat drastische Auswirkungen<br />

auf den Flugverkehr, auf<br />

die Fluggesellschaften und<br />

damit natürlich auch auf die<br />

Flugzeughersteller. Das ist<br />

unbestritten.<br />

Wie lange aber<br />

diese Krise<br />

dauern<br />

wird, weiß<br />

niemand.<br />

Es wird<br />

vor allem<br />

davon<br />

abhängen,<br />

wie schnell<br />

es gelingen<br />

wird einen Impfstoff<br />

zu entwickeln, diesen<br />

in Massen herzustellen und<br />

wie schnell möglichst viele<br />

Menschen geimpft werden<br />

können, damit Covid19 keine<br />

Bedrohung mehr ist.<br />

In vielen Bereichen ist nicht<br />

klar, wie die Arbeitsauslastung<br />

in den nächsten Monaten<br />

oder auch Jahren sein<br />

wird. Es ist unmöglich, die<br />

Zukunft in dieser unsicheren<br />

Lage vorherzusagen. Seriöse<br />

Aussagen gibt es dazu nicht.<br />

Wir wissen nicht, wann<br />

Covid19 keine Bedrohung<br />

mehr sein wird. Wir wissen<br />

auch nicht, ob dann nicht<br />

gleich wieder alle mit dem<br />

Flieger in den Urlaub fliegen<br />

wollen, weil das in <strong>2020</strong> und<br />

eventuell 2021 nicht möglich<br />

war. Vielleicht erleben wir<br />

nach Covid19 eine riesige<br />

Aufholjagd, eine schnelle<br />

Erholung des Reisesektors,<br />

eine starke Nachfrage<br />

nach neuen Langstreckenflugzeugen<br />

wie die<br />

A350 oder A330. Das alles<br />

kann niemand mit Sicherheit<br />

vorhersagen.<br />

Im Gegensatz zu Herrn Faury<br />

nehmen wir uns aber auch<br />

nicht heraus zu wissen, dass<br />

die Zukunft von Airbus nur<br />

zu sichern ist, wenn bis zum<br />

nächsten Sommer 5.100<br />

Mitarbeiter den Konzern verlassen.<br />

Knapp 2.300 davon<br />

bei Airbus in Hamburg.<br />

Egal wie, zur Not auch mit<br />

betriebsbedingten Kündigungen.<br />

Obwohl der Bezug<br />

von Kurzarbeitergeld noch<br />

bis Ende 2021 eine Option<br />

sein kann.<br />

Der Arbeitgeber spricht in<br />

den Verhandlungen mit<br />

den Betriebsräten von einer<br />

Beschäftigungsbrücke zur<br />

Überwindung der Unterauslastung.<br />

Die Beschäftigungsbrücke<br />

des Arbeitgebers scheint<br />

aber sehr stark abschüssig<br />

»Die Mitarbeiterstärke heute und nach der Krise<br />

sind nicht gleich. Die Zahl der Mitarbeiter in<br />

Zukunft soll wesentlich geringer sein. Das entspricht<br />

für mich nicht der Definition einer Brücke, die ein<br />

Tal überbrücken soll, sondern eher einer Rampe.<br />

Emanuel Glass Zweiter Bevollmächtigter IG Metall Region Hamburg<br />

zu sein. Die Mitarbeiterstärke<br />

heute und nach der Krise<br />

sind nicht gleich. Die Zahl<br />

der Mitarbeiter in Zukunft<br />

soll wesentlich geringer<br />

sein. Das entspricht für mich<br />

nicht der Definition einer<br />

Brücke, die ein Tal überbrücken<br />

soll, sondern eher einer<br />

Rampe. Von einem höheren<br />

Beschäftigungsniveau auf<br />

ein niedrigeres. Die Vorstellung<br />

des Arbeitgebers ähnelt<br />

eher einer Abbaurampe als<br />

einer Beschäftigungsbrücke.<br />

Wir wissen aber, was wir<br />

wollen: Wir wollen das jeder,<br />

der bei Airbus bleiben möchte,<br />

auch bleiben darf. Wir wollen<br />

Instrumente vereinbaren,<br />

mit denen wir die Unterauslastung<br />

überbrücken<br />

können, mit denen wir das<br />

qualifizierte Personal an<br />

Bord halten können. Wir<br />

haben Ideen: z.B. maximale<br />

Ausnutzung der Kurzarbeit<br />

mit einer Arbeitszeitverkürzung<br />

bei teilweisem<br />

Entgeltausgleich, um eine<br />

längere Unterauslastung zu<br />

überstehen. Wir wollen eine<br />

echte Beschäftigungsbrücke<br />

mit einem Ausschluss von<br />

betriebsbedingten Kündigungen.<br />

Herr Walter hat in der<br />

digitalen Betriebsversammlung<br />

am 3. September nach<br />

meiner Aufforderung, sich<br />

schnell mit uns an einen<br />

Tisch zu setzen und endlich<br />

über den Ausschluss von betriebsbedingten<br />

Kündigungen<br />

und einer Arbeitszeitreduzierung<br />

zu sprechen,<br />

geantwortet, dass dies auch<br />

im Interesse von ihm liegt.<br />

WENN WIR<br />

ZUSAMMENHALTEN<br />

IST ALLES MÖGLICH


<strong>Direktflug</strong><br />

7<br />

Drei Wochen später gab es nun<br />

am 24. September die erste<br />

Verhandlung von Airbus mit<br />

der IG Metall. An uns lag dieser<br />

späte Termin nicht. Die nächste<br />

Verhandlung in der auch der<br />

Arbeitgeber seine Vorstellungen<br />

darlegen wird, findet nun am 6.<br />

<strong>Oktober</strong> statt.<br />

Den Weg der Abbaurampe hat Airbus<br />

anscheinend auch bei den Einstellungszahlen<br />

für Auszubildende<br />

und dual Studierende eingeschlagen.<br />

Von 328 Neueinstellungen<br />

in <strong>2020</strong> will der Arbeitgeber auf<br />

150 in 2021 runter. Hier soll die<br />

Zukunftsfähigkeit von Airbus auf<br />

die Abbaurampe. Das ist Sparen<br />

am falschen Ende.<br />

Die Signale der Beschäftigten bei<br />

den Aktionstagen am 8. Juli und am<br />

8. September Richtung Geschäftsführung<br />

waren deutlich. Die Dualis<br />

und Auszubildenden setzten am<br />

24. September noch einen drauf.<br />

Aber vielleicht muss es noch<br />

weitere Aktionen der Belegschaften<br />

im Airbus Konzern geben,<br />

bis auch die Geschäftsführung<br />

in Frankreich versteht: keine<br />

betriebsbedingten Kündigungen,<br />

Beschäftigungsbrücke statt Abbaurampe.<br />

Wenn wir zusammenhalten, ist alles<br />

möglich.<br />

»Wann, wenn nicht<br />

jetzt ist es Zeit,<br />

Teil einer starken<br />

Gemeinschaft zu<br />

werden. Um zu<br />

widerstehen:<br />

gegen die Versuche<br />

von Airbus, uns<br />

die Zukunft<br />

zu klauen.<br />

Eure Elphi-Metall<br />

ZUSAMMENHALTEN<br />

FÜR DIE ZUKUNFT!<br />

5100 ist die Zahl, die uns bewegt<br />

5100 ist unser Code gegen die Arbeitsplatzabbauträume von Airbus<br />

Am 1. Juli <strong>2020</strong> wurden wir per Unternehmenskommunikation in<br />

Kenntnis gesetzt, dass wir aus Arbeitgebersicht bei Airbus Operations<br />

Deutschland 5.100 Leute zu viel an Bord haben.<br />

Immer wieder wird beteuert, dass man auf betriebsbedingte Kündigungen<br />

verzichten würde, wenn denn genügend Kolleg*innen<br />

freiwillig das Weite suchten.<br />

Aktuell (Redaktionsschluss 16.09.<strong>2020</strong>) haben wir noch keinen Interessenausgleich<br />

und Sozialplan. Das 1/1-Altersteilzeitangebot für<br />

die Geburtsjahrgänge 1958-1960 geht in die richtige Richtung, wird<br />

aber nicht 5.100 Mitarbeiter*innen motivieren (bzw.<br />

überhaupt betreffen), vorzeitig in Ruhestand<br />

zu gehen.<br />

Wir sind der Meinung, dass es mehr<br />

gibt, geben muss, damit wirklich niemandem<br />

betriebsbedingt gekündigt<br />

werden muss.<br />

Stillen Protest gegen den Stellenabbau<br />

zeigen wir mit dem 5100er-Motiv<br />

in Google, Outlook, Jabber und Co. •<br />

In harten Zeiten müssen wir zusammenstehen.<br />

Wann, wenn nicht jetzt, sind harte Zeiten?<br />

Wir sind alle aus unterschiedlichen Gründen Mitglieder<br />

der IG Metall geworden. Aber was uns eint, ist die Idee<br />

der Solidarität: Gemeinsam sind wir stärker. Und können<br />

uns gemeinsam wehren gegen den Versuch von Airbus,<br />

uns die Zukunft zu klauen.<br />

Aber die IG Metall ist mehr: Mit den Tarifverträgen sind<br />

unsere Einkommen gesichert, Bildung steht ebenso hoch<br />

im Kurs wie die eine Beratung, wenn es mal eng wird:<br />

Unser Arbeits- und Sozialrechtschutz bietet euch die<br />

Möglichkeit, Arbeitsverträge, Zeugnisse, Kündigungen<br />

oder Rentenbescheide prüfen zu lassen und wenn<br />

notwendig rechtlich geltend zu machen.<br />

Jetzt aber geht es vor allem darum, unsere Arbeitsplätze<br />

und den Standort zu sichern. Je mehr wir sind, umso<br />

besser können wir unsere Forderungen durchsetzen.<br />

ALSO: BIST DU SCHON DABEI?<br />

5100<br />

ZUSAMMENHALTEN<br />

FÜR DIE ZUKUNFT!


8 <strong>Direktflug</strong><br />

Stimmen aus der Produktion<br />

Rosen auf den Weg gestreut?<br />

Sag’s durch die Blume: Zur Zeit weiß ich oft nicht, ob die verteilten<br />

Rosen blutige Dornen haben oder mir ein duftendes Lächeln auf die<br />

Lippen zaubern.<br />

»Wir brauchen Zukunft. Für uns, für unsere Familien,<br />

für unsere Region. Gemeinsam, solidarisch, kraftvoll:<br />

Das ist unsere Antwort auf die 5100.«<br />

Meldet euch im Büro der Vertrauensleute, wenn ihr<br />

an eurem Arbeitsplatz auch ein Foto und ein<br />

Zukunftsstatement machen wollt.<br />

Verzaubert hat mich auf jeden<br />

Fall der bunte Protest-Strauß<br />

am Aktionstag 8. September. Meine<br />

Kolleg*innen konnten ihrer Wut und<br />

Enttäuschung über den angedrohten<br />

Arbeitsplatzabbau ordentlich Luft<br />

machen! Das hätten allerdings auch<br />

sehr gerne mehr von uns gemacht.<br />

Aus Corona-Gründen ging das<br />

bekanntlich dieses Mal wieder nicht.<br />

Für die nächste Aktion müssen wir<br />

aber unbedingt mehr Druck auf die<br />

Corona-Behörden machen. An anderen<br />

Standorten ging das ja auch. In<br />

Bremen z.B. waren mehr als 1000 vor<br />

dem Tor. Vielleicht hätten sich das die<br />

Damen und Herren von der Behörde<br />

mal bei uns live ansehen sollen: hoch<br />

diszipliniert mit Abstand und Maske!<br />

Beim nächsten Mal müssen wir allen<br />

Kolleg*innen die Möglichkeit geben,<br />

mit den Füßen abzustimmen.<br />

Keinen grünen Daumen: Auf der<br />

virtuellen Betriebsversammlung<br />

wurde die Qualität angesprochen.<br />

Vorweg einmal deutlich gesagt:<br />

Keine Kollegin und kein Kollege macht<br />

gerne Fehler und insbesondere nicht<br />

absichtlich! Das hört sich von unseren<br />

Vorgesetzten leider oft anders an! Zur<br />

Fehlervermeidung gehört in der Produktion<br />

viel Fachwissen und vor allen<br />

Dingen Erfahrung. Viel zu oft müssen<br />

zum Beispiel Vorbohrlöcher gezogen<br />

werden, damit auf der anderen Seite<br />

noch Randabstand verbleibt, oder<br />

ein Kabel oder ein Verkleidungsteil<br />

kann nur mit Schwierigkeiten und<br />

Tricks befestigt werden. Jedes Bauteil<br />

ist – trotz Serienfertigung – doch ein<br />

Einzelteil! Hier ist viel Spezialwissen<br />

gefragt.<br />

Das erlernt man nicht unter Zeitdruck.<br />

Die Teams stehen durch das abmelden<br />

der LAKs, der Kurzarbeit und der<br />

stricken Komm- und Gehzeiten schon<br />

jetzt erheblich unter Druck. Von den<br />

Corona Maßnahmen zum Eigenschutz<br />

gar nicht zu sprechen. Nun müssen<br />

auch noch kurzerhand bauplatzfremde<br />

Kolleginnen und Kollegen eingearbeitet<br />

werden. Das alles überfordert die<br />

Teams total und wird, ausgerechnet<br />

in dieser Zeit, zu Lasten der Qualität<br />

gehen!<br />

Nun müssen auch noch kurzerhand<br />

bauplatzfremde Kolleg*innen eingearbeitet<br />

werden. Das alles überfordert<br />

die Teams und droht – ausgerechnet<br />

in dieser Zeit - zu Lasten der Qualität<br />

zu gehen! Vor ein paar Tagen sagte ein<br />

völlig erschöpfter Kollege zu mir, dass<br />

er noch nie so unter Stress gewesen<br />

ist wie in der Kurzarbeit. Eigentlich<br />

doch paradox, oder?<br />

Blumen gibt’s für die Produktionsplanung<br />

derzeit nicht: Einige<br />

Kolleg*innen haben Leerlauf und<br />

gleichzeitig wissen andere gar nicht,<br />

wie sie die Arbeit fertigstellen sollen.<br />

Und dann verbieten Corona-Regeln<br />

einen kurzfristigen Tausch in und<br />

aus anderen Teams – natürlich<br />

zu recht.<br />

Es kann doch aber in einem<br />

getakteten Betrieb nicht<br />

sein, dass die Ausfälle an<br />

Arbeit bestenfalls wenige<br />

Tage vorauszusehen sind, oft<br />

aber auch erst von einem auf


<strong>Direktflug</strong><br />

9<br />

den anderen Tag. Wenn das am Anfang<br />

des Produktionsprozess passiert,<br />

könnte ich das nachvollziehen. Bei<br />

uns im Werk allerdings sind wir doch<br />

schon mittendrin im Prozess!<br />

Dornig ist auch für die Kolleg*innen<br />

durch die festen Komm- und-<br />

Geh-Zeiten die Anfahrt ins Werk, die<br />

zu lange dauert. Die Kolleg*innen<br />

stehen täglich im ellenlangen Stau vor<br />

den Toren. Das kostet Freizeit und ist<br />

dazu noch schlecht für die Umwelt.Da<br />

müssen wir nach Corona eine bessere<br />

Lösung finden. Für beide Seiten kann<br />

das nicht die Zukunft sein!<br />

Wie einen welken Strauß empfinden<br />

die Kolleg*innen zur Zeit auch die<br />

zunehmende Entfremdung zwischen<br />

Angestellten und Produktion. Die<br />

einen haben mobile Arbeit zu Hause<br />

und die anderen unflexible Arbeitszeiten<br />

bei oft über 30 Grad in der Halle.<br />

Verblüht sind auch die Planungen<br />

zum Jahresende. Die Kolleg*innen in<br />

Kurzarbeit mussten<br />

in der<br />

Regel ihre Stundenkonten auf Null<br />

fahren. Gerade aber Heiligabend und<br />

Silvester waren mit Gleitzeitabbau<br />

geplant. In diesem Zeitraum scheint<br />

nun laut Taktplan in vielen Bereichen<br />

die Arbeit zu ruhen. Jetzt gibt es aber<br />

keine Gleitzeit mehr, TV T-Zug Tage<br />

sind ebenso aufgebraucht wie die<br />

Urlaubstage. Also, welche Möglichkeit<br />

haben wir, diese Zeit zu überbrücken?<br />

Mit dem Gleitzeitkonto so rapide ins<br />

Minus zu gehen, kann nicht die Lösung<br />

sein! Ich hoffe, dass unser Betriebsrat<br />

zusammen mit Airbus schon einen<br />

Strauß an Ideen für uns in petto hat.<br />

Der Strauß für die Kurzarbeit ist<br />

zu klein. Könnte man nicht bei guter<br />

Planung viel mehr Kollegen in Kurzarbeit<br />

schicken? Die Kolleg*innen haben<br />

das Gefühl. Auch hier scheint eine<br />

gute Planung das Problem zu sein:<br />

von den Kolleg*innen wird oft gefragt,<br />

warum Vorgesetzte kaum Kurzarbeit<br />

machen und dazu teilweise noch länger<br />

als sieben Stunden arbeiten. Bei<br />

»Dornig ist für die Kolleginnen durch die festen Komm- und<br />

-Geh-Zeiten die Anfahrt ins Werk, die zu lange dauert.<br />

Da müssen wir nach Corona eine bessere Lösung finden.<br />

Für beide Seiten kann das nicht die Zukunft sein!«<br />

schwindender Mitarbeiter*innenzahl,<br />

gepaart mit etlichen Kurzarbeit-Tagen<br />

in der Produktion, sollten die Vorgesetzten<br />

nicht mehr, sondern allenfalls<br />

die gleiche Arbeit haben! Lasse ich<br />

den solidarischen Gedanken einmal<br />

unkommentiert, bleibt doch ein fader<br />

Geschmack im Mund der Mädels und<br />

Junx aus der Halle, wenn Vorgesetzte<br />

keine Vorbilder sind!<br />

Zum Schluss möchte ich<br />

noch auf besonders<br />

dornige<br />

Rosen hinweisen:<br />

Es<br />

geht dabei<br />

natürlich<br />

irgendwie<br />

auch um den Abbau der über 2000<br />

Arbeitsplätze. Im Klartext haben die<br />

Kolleg*innen immer mehr Angst auf<br />

der Arbeit, da speziell in dieser Zeit<br />

vermehrt mit drastischen Konsequenzen<br />

auf eigentlich kleine Verfehlungen<br />

gedroht wird: Eine falsch hochgekrempelte<br />

Hose, eine Wasserflasche im<br />

Rucksack am Bauplatz, das Nichtbenutzen<br />

des Handlaufes an der Treppe,<br />

eine Anstoßkappe, die verkehrt herum<br />

auf der Birne thront, eine Fehlbohrung<br />

oder ein anderer kleinerer Arbeitsfehler<br />

werden auf einmal zu Kündigungsgründen<br />

hochstilisiert – das geht gar<br />

nicht!<br />

Solche angedrohten Repressalien<br />

müssen sofort unterbleiben. Die<br />

betroffenen Kolleginnen und Kollegen<br />

fordere ich auf, solche Vorkommnisse<br />

sofort dem BR zu melden! So etwas<br />

darf nicht einreißen! Nehmt an Personalgesprächen<br />

nie alleine teil.<br />

Holt euch immer Unterstützung<br />

beim Betriebsrat!<br />

Gerade in dieser Zeit…<br />

Euer Dirk Voss


10 <strong>Direktflug</strong><br />

MOBILES ARBEITEN IN DER CORONA-ZEIT<br />

UNFREIWILLIGER BOOM<br />

In den Bürobereichen hat sich<br />

während der Lockdown-Wochen<br />

das Instrument mobiles<br />

Arbeiten als äußerst hilfreich<br />

etabliert – die Zahlen der<br />

mobil Arbeitenden haben sich<br />

vervielfacht. Durch die Flexibilität<br />

des mobilen Arbeitens<br />

waren viele Kollegen in der<br />

Lage ihren familiären Betreuungsaufgaben<br />

ohne Gehaltseinbußen<br />

nachzukommen.<br />

Viele Vorgesetzte konnten<br />

erfahren, dass mobiles<br />

Arbeiten - auch zeitweise zu<br />

100% der Arbeitszeit - ohne<br />

nennenswerte Störungen<br />

funktionieren kann.<br />

Durch die Pandemie ist das Thema Arbeitsschutz<br />

beim mobilen Arbeiten in den Hintergrund geraten,<br />

dabei gelten auch in der häuslichen Umgebung<br />

alle arbeitsschutzrechtlichen Vorschriften,<br />

die für die Beschäftigten im Betrieb gelten.<br />

Die Kolleg*innen haben es in<br />

der besonderen Pandemiesituation<br />

in Kauf genommen an<br />

provisorisch eingerichteten<br />

Arbeitsplätzen zu arbeiten. Das Bearbeiten<br />

von komplexen Inhalten wie z.B. Bauunterlagen<br />

an Laptopmonitoren ist unter diesen<br />

Umständen herausfordernd, ermüdend und<br />

kann ergonomische Langzeitschäden hervorrufen.<br />

Zur Erinnerung: in der Standort BV zur<br />

Telearbeit und mobiler Arbeit haben wir<br />

geregelt, dass nur die Telearbeit regelmäßig<br />

und ausschließlich vom gemeldeten Wohnsitz<br />

stattfindet. Das mobile Arbeiten ist nicht<br />

als Dauerzustand geeignet, denn im Gegensatz<br />

zur Telearbeit entzieht sich Airbus dort<br />

der Verantwortung bezüglich der ergonomischen<br />

Arbeitsplatzgestaltung.<br />

Bei der Betrachtung der unten genannten Zahlen<br />

drängt sich der Eindruck auf, dass vieles,<br />

das als mobile Arbeit deklariert ist, per Definition<br />

Telearbeit ist.<br />

Deshalb fordern wir, dass die Arbeitsformen<br />

Telearbeit und mobiles Arbeiten nicht mehr<br />

unabhängig voneinander betrachtet werden.<br />

Wir fordern, dass sich auch bei regelmäßiger<br />

mobiler Arbeit der Arbeitgeber an der ergonomischen<br />

Ausstattung des Arbeitsplatzes<br />

beteiligt.<br />

Wir fordern, dass die Kollegen bei der mobilen<br />

Arbeit nicht sich selbst überlassen werden,<br />

mobile Arbeit ist eine berufliche Tätigkeit,<br />

für die das Arbeitsschutzgesetz genauso<br />

gilt wie im Betrieb.<br />

Wir fordern, dass die Kollegen aus den Produktionsbereichen<br />

die Möglichkeit bekommen,<br />

Online-Qualifizierungen über mobile<br />

Arbeit mit bereitgestellten Laptops durchzuführen.<br />

Mobile Arbeit für Alle?<br />

Das Thema der mobilen Arbeit ist ein klassisches<br />

Thema der Kolleg*innen im Büro. Die<br />

Kolleg*innen in den Hallen empfinden diese<br />

Möglichkeit der Arbeitsplatzgestaltung oftmals<br />

als Ungleichbehandlung.<br />

Es stimmt, dass sich dadurch viele Möglichkeiten<br />

der individuellen Lebensgestaltung er-


<strong>Direktflug</strong><br />

11<br />

Mobiles Arbeiten bei Airbus<br />

Von März bis Juni<br />

<strong>2020</strong> haben die<br />

Kolleg*innen, die<br />

mobil arbeiten<br />

können,<br />

55%<br />

ihrer Arbeitzeit<br />

mobil gearbeitet.<br />

2019 waren<br />

es nur 2%<br />

Die Zahl der mobil arbeitenden<br />

Kolleg*innen bei Airbus<br />

ist im 2. Quartal um<br />

255%<br />

gestiegen…<br />

1932<br />

3298<br />

+255%<br />

8431<br />

4. Quartal 2019 1. Quartal <strong>2020</strong> 2. Quartal <strong>2020</strong><br />

… und die Anzahl der<br />

mobil erarbeiteten<br />

Stunden ist um<br />

1300%<br />

gestiegen<br />

150.345 2.027.717<br />

1. Quartal <strong>2020</strong> 2. Quartal <strong>2020</strong><br />

geben. Jedoch besteht die nicht zu unterschätzende<br />

Gefahr einer Entgrenzung von Arbeit<br />

und Freizeit.<br />

Die neuen technologischen Möglichkeiten rufen<br />

auch Erwartungen bei den Vorgesetzten<br />

bezüglich der Verfügbarkeit hervor. Rufbereitschaften<br />

– über die 35 Wochenstunden hinaus<br />

– werden bei einigen Berufsgruppen als selbstverständlich<br />

angesehen.<br />

Kolleg*innen werden kontaktet, um z.B. eine<br />

Bauunterlage freizugeben, damit die Airline<br />

den operativen Betrieb aufrechterhalten kann.<br />

Die genaue Zeit des Einsatzes und der zeitliche<br />

Aufwand sind oft nicht vorherzusehen.<br />

Auch wenn die Bürobereiche weitgehend<br />

gleitende Arbeitszeit haben, ist die Belastung<br />

durch einen stand-by Betrieb nach dem Ausstempeln<br />

am Standort nicht zu unterschätzen.<br />

Manche Kolleg*innen haben in Hochlaufzeiten<br />

das Gefühl ständig »im Dienst« zu sein und<br />

wünschen sich verlässliche, planbare Arbeitszeiten<br />

und einen echten Feierabend. Nicht<br />

ohne Grund sind psychische Belastungsstörungen<br />

in den Bürobereichen in den letzten<br />

Jahren auf einem relativ hohen Niveau.<br />

Es gibt Berufe, die erfordern zwingend eine Anwesenheit<br />

vor Ort am Produkt und andere Berufe<br />

nicht. Die Arbeit direkt am Produkt zusammen<br />

mit einem Bauplatz-Team war bei der Berufsauswahl<br />

oft ausschlaggebend.<br />

Menschen, die ab den 1990er Jahren geboren<br />

sind, die »digital natives«, haben ein Leben<br />

ohne Internet nie kennengelernt. Der Umgang<br />

mit sozialen Medien ist ein selbstverständlicher<br />

Teil ihrer täglichen Kommunikation. Dieser<br />

Bevölkerungsgruppe ist ein rückwärtsgerichteter<br />

Umgang mit mobiler Arbeit – bei Vorhandensein<br />

aller technischen Möglichkeiten<br />

und einer entsprechenden Tätigkeit– nicht zu<br />

vermitteln und ist auch ein Entscheidungskriterium<br />

bei der Berufswahl.<br />

Unabhängig vom Arbeitsbereich gibt es die<br />

Möglichkeit über die SoT Runden individuelle<br />

Wünsche zum Thema Flexibilität der Arbeitszeit<br />

einzubringen. Das selbstorganisierte Team<br />

hat die Möglichkeit – bei Einhaltung der mit<br />

den Vorgesetzten abgestimmten Rahmenvereinbarungen<br />

– Ausnahmen von den starren<br />

Vorgaben zuzulassen.<br />

Wir laden Euch herzlich ein, dieses und andere<br />

aktuelle Themen im Engineering Forum<br />

zu diskutierenoder per E-Mail an engineering.<br />

forum@airbus.com mit uns zu teilen. •<br />

»Die Belastung<br />

durch einen stand-by<br />

Betrieb nach dem Ausstempeln<br />

am Standort<br />

ist nicht zu unterschätzen.<br />

Das Gefühl<br />

ständig ›im Dienst‹ zu<br />

sein ohne echten Feierabend:<br />

Nicht ohne<br />

Grund sind psychische<br />

Belastungsstörungen<br />

in den Bürobereichen<br />

in den letzten Jahren<br />

auf einem relativ<br />

hohen Niveau.«<br />

Carola Balke-Steffen<br />

Betriebsrätin im Engineering


12 <strong>Direktflug</strong><br />

YOUR CHOICE…<br />

ARBEITSZEITOPTIONEN IM LEBENSVERLAUF – Etwas zum Nachdenken<br />

Von der Personalausstattung<br />

hängt<br />

ab, ob personelle<br />

Lücken wegen<br />

Teilzeit, Elternzeit,<br />

Freistellung auch<br />

ohne gesondertes<br />

Vertretungspersonal<br />

aufgefangen<br />

werden können.<br />

Den Beschäftigten in Deutschland stehen<br />

Arbeitszeitoptionen wie Teilzeit, Elternzeit<br />

und weitere Freistellungsregelungen<br />

zur Verfügung, um ihre Arbeitszeiten an<br />

verschiedene Bedarfe im Lebensverlauf anzupassen.<br />

Betriebliche Faktoren beeinflussen wesentlich, ob die<br />

Nutzung von Arbeitszeitoptionen akzeptiert und unterstützt<br />

oder ob ihre Inanspruchnahme verwehrt oder<br />

behindert wird.<br />

Normen<br />

Die arbeitszeitlichen Zuschnitte der Arbeitsplätze werden<br />

ebenso wie die Forderung nach ständiger Präsenz<br />

durch normative Vorstellungen darüber gestützt, wie<br />

Beschäftigte idealerweise arbeiten sollten.<br />

Als ideal gilt, dass Beschäftigte in Vollzeit arbeiten, nach<br />

Bedarf Überstunden machen und dem Arbeitgeber flexibel<br />

zur Verfügung stehen. Beschäftigten sollten damit<br />

alle weiteren Verpflichtungen der Erwerbsarbeit unterordnen.<br />

Diese normativen Vorstellungen werden in<br />

besonderem Maße an Hochqualifizierte gerichtet, von<br />

denen ein erhöhter Arbeitseinsatz erwartet wird, ebenso<br />

wie an Beschäftigte in klassisch »männlichen« Berufen<br />

wie Arzt, Polizist, Ingenieur oder Wissenschaftler,<br />

die mit einem ausgeprägten Berufsethos (persönliche<br />

Hingabe für das Gemeinwohl) verbunden sind.<br />

Die Akzeptanz der Nutzung von Arbeitszeitoptionen ist<br />

für diese Beschäftigten-bzw. Berufsgruppen besonders<br />

gering. Geschlechternormen und berufsethische Normen<br />

verbinden sich hierbei. Zugleich sind die Normen<br />

eine wichtige Grundlage dafür, dass die positionsspezifischen<br />

Stellenzuschnitte von den Stelleninhabern akzeptiert<br />

werden. Die sozialen Normen am Arbeitsplatz<br />

und die arbeitszeitlichen Stellenzuschnitte sind wie die<br />

zwei Seiten einer Medaille.<br />

Lange Arbeitszeiten sind aufgrund der Aufgaben- und Verantwortungszuweisung<br />

nötig und werden durch die Norm<br />

der idealen Arbeitskraft abgestützt. Gäbe es nicht diese<br />

bisher weithin akzeptierte Norm, könnten Arbeitgeber<br />

an diesen Arbeitsplätzen nicht in diesem Umfang Leistung<br />

und lange Arbeitszeiten erwarten (und müsste die<br />

Verantwortung auf mehr Personen aufteilen).<br />

An Mütter wird hingegen die Erwartung gerichtet, die<br />

Familie vor die Erwerbsarbeit zu stellen. Teilzeit und<br />

längere Erwerbsunterbrechungen gelten für sie als<br />

»normal« und sind damit akzeptierter als für Väter.<br />

Dies gilt vor allem dann, wenn sie nicht auf männlich<br />

konnotierten Arbeitsplätzen arbeiten. Verletzen Arbeitnehmerinnen<br />

und Arbeitnehmer die normativen Vorstellungen,<br />

etwa indem sie ihre Arbeitszeiten verkürzen<br />

oder (länger) unterbrechen, werden sie von Vorgesetzten<br />

und im Kollegenkreis oftmals stigmatisiert und<br />

diskriminiert. Um diese negativen Folgen zu vermeiden,<br />

nutzen Beschäftigte zwei Strategien. Entweder sie<br />

verzichten auf Teilzeit und eine längere Elternzeit oder<br />

kompensieren die Normverletzung durch Mehrarbeit<br />

und ein erhöhtes Arbeitsengagement.<br />

Personalressourcen<br />

Von der Personalausstattung hängt ab, ob personelle<br />

Lücken wegen Teilzeit, Elternzeit, Freistellung auch<br />

ohne gesondertes Vertretungspersonal aufgefangen<br />

werden können. Ist die Personalausstattung so berechnet,<br />

dass Ausfälle einkalkuliert und Reserven eingeplant<br />

sind, fällt die arbeitsorganisatorische Bewältigung der<br />

Fehlzeiten leichter als wenn Personalmangel herrscht,<br />

der zu Überlastung der Arbeitnehmer/innen führt.<br />

Entsolidarisierung zwischen den Beschäftigten ist dann<br />

typisch, wenn Einzelne in dieser Situation ihre Rechte<br />

nutzen. Personalmangel führt häufig zu mangelnder


<strong>Direktflug</strong><br />

13<br />

Akzeptanz von Arbeitszeitoptionen, mit der sich eine<br />

Abwertung von Frauen verbinden kann (»Teilzeitschlampen«<br />

– so werden Beamtinnen mit reduzierter<br />

Arbeitszeit nach Aussage einer befragten Polizistin<br />

gelegentlich genannt).<br />

Die Personalengpässe bei der Polizei und in der Krankenpflege<br />

behindern die Nutzung von Arbeitszeitoptionen<br />

in starkem Maße. Die befragten Expert*innen<br />

kritisieren hierbei die unzureichende Finanzierung<br />

ihrer Bereiche (Fallpauschalenfinanzierung der<br />

Krankenhäuser) sowie den politisch gewollten Stellenabbau<br />

bei der Polizei. Personalmangel kann aber<br />

auch marktbedingt sein, wenn etwa Personal mit<br />

bestimmten Qualifikationen am Standort nicht zu<br />

finden ist. Eine angespannte Personalsituation führt<br />

dazu, dass die Nutzung von Arbeitszeitoptionen nicht<br />

als gleichrangige Ansprüche wie Urlaub, Fehlen wegen<br />

Krankheit oder Zeitausgleich für Überstunden<br />

behandelt werden. Es zeigt sich eine Konkurrenz der<br />

Ansprüche. Vor allem die stärker von Frauen genutzten<br />

familienbezogenen Arbeitszeitoptionen werden<br />

als Gefährdung für die Bedarfe anderer Kollegen (und<br />

Kolleginnen) wahrgenommen.<br />

Hierzu gehört der Normalisierungsbedarf der Arbeitszeit<br />

nach langjähriger Schichtarbeit. Langjährig<br />

Schicht-Beschäftigte müssen die Schichtarbeit<br />

nicht selten aus Gesundheitsgründen aufgeben. Sie<br />

konkurrieren mit Beschäftigten in Teilzeit um Tagesarbeitsplätze.<br />

Hier kann es sogar zur Konfrontation<br />

der Generationen kommen. Die Nutzung von<br />

Arbeitszeitoptionen für die Familienphase wird<br />

nur akzeptiert, wenn zugleich die Interessen weniger<br />

belastbarer Mitarbeiter gewahrt bleiben. Geregelte<br />

Ausstiegswege aus der Schichtarbeit dürften<br />

daher auch für die Akzeptanz familienbezogener<br />

Arbeitszeitoptionen zentral sein.<br />

•<br />

(Quelle Böckler Stiftung)<br />

Die Qualität – la qualité<br />

Monsieur Faury, nous<br />

avons un problème.<br />

Hermés, YSL, Chanel oder Louis Vuitton kennen Sie<br />

bestimmt, Herr Faury,<br />

das sind die Luxus- und Qualitätsprodukte aus Ihrer<br />

Heimat. Vor allem der Konzern LVMH Moët Hennessy<br />

– Louis Vuitton SE sollte Ihnen ein Begriff sein: Er ist<br />

an der Börse so viel wert wie Airbus. Und die Produkte<br />

sind von erlesener Qualität und Anmutung – wie<br />

die Flugzeuge, die wir bauen. Für die<br />

Herstellung von Luxusartikeln<br />

brauche es erlesene Rohstoffe,<br />

ausgebildete Fachleute und<br />

ständiges Qualitätsmanagement.<br />

Wenn auf dem Champs-<br />

Élysées eine Naht des<br />

Handtäschchens der Frau<br />

Gemahlin reißt und sich<br />

der Inhalt auf dem Trottoir<br />

ergießt, ist das schlecht für<br />

die Stimmung und ein<br />

Ausdruck mangelnder Qualität<br />

bei der Herstellung – ein No-Go<br />

für eine herausragende Marke.<br />

Das ist bei uns besser: Qualität und<br />

Sicherheit gehen über alles – dafür sorgen vor<br />

allem wir, die gut ausgebildeten Facharbeiter*innen bei<br />

Airbus. Auch unter Stress wird alles doppelt und<br />

dreifach kontrolliert, wir können es uns nicht leisten,<br />

dass ein Niet reißt. Dann hätten wir, Monsieur Faury,<br />

un problème!<br />

Also Monsieur Faury, wenn Sie jetzt anfangen, an der<br />

Qualität unserer Arbeiten zu sparen, damit die<br />

Produktion günstiger wird, ist das nicht gut! Denken<br />

Sie dabei immer an das Handtäschchen und den<br />

Champs-Élysées!<br />

Au revoir, Monsieur Faury, machen Sie es gut,<br />

ihre BRs und Vertrauensleute in Finkenwerder


WENN IHR JETZT UNSER TEAM VOM PLATZ STELLT<br />

KÖNNEN WIR MORGEN NICHT DIE CHAMPIONS-LEAGUE GEWINNEN<br />

JETZT BRAUCHEN WIR<br />

FAIRPLAY. FÜR UNSERE<br />

ZUKUNFT.

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