2 Der viszeral assoziierte Schulterschmerz - Osteopathic Research
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Der viszeral assoziierte Schulterschmerz Subjektive Perspektiven und diagnostische Vorgehensweisen aus Sicht von Osteopathen Interviewpartner „G“ (2009) erklärt, dass sich die Befundung des Schultergelenks als sehr komplex darstellt, weil es das mobilste Gelenk im menschlichen Körper ist und viele andere Strukturen im Körper in Bezug auf die Zentrierung und auf die Überdachung eine Rolle für das Gelenk spielen, sowie die muskulär/koordinative Führung sehr von diesen umgebenden Strukturen abhängig ist (vgl. IPG 2009). Diese Aussage wird von einem anderen Interviewteilnehmer untermauert, der meint, dass „die Schulter mit wirklich Vielem zusammenhängen kann. […] Allerdings bei jedem Problem, was eine gewisse Zeit vorhanden ist, [wird man lokal am Ort der Schmerzangabe etwas finden] (IPD 2009/2:52-55). Aussagen über die Komplexität des Schultergelenks finden sich auch in der Literatur wieder. Laut Diemer/Sutor (2010) gehört die Untersuchung des Schulter-Nacken- Bereichs zu den anspruchsvollsten Aufgaben eines Therapeuten, da sich hier wie schon erwähnt verschiedene Abschnitte der Wirbelsäule und der Extremitäten vereinen (siehe Kapitel 3). Weiters wird das Schultergelenk als sehr faszinierend beschrieben, da „es sich oft dem Ursachen-Wirkungsprinzip enthebt“ (IPC 2009/1:14). „Es ist jenes Gelenk […], wo man eine Therapie macht, und der Schmerz ist sofort wieder weg, und […] bei anderen arbeitet man sehr intensiv und es tut sich gar nichts. […] Manchmal sind entsetzliche MR-Befunde vorhanden, die das Schultergelenk kaum beeinträchtigen, und dann gibt es wieder blande MR-Befunde und […] die Schulter ist bezüglich Schmerzen und Bewegungsausmaß entsetzlich. […] Die Schulter ist ein bisschen ein unberechenbares Gelenk“ [IPC 2009/1:13-25). Ihre Ratlosigkeit drücken zwei Befragte durch folgende Aussagen aus: „Es ist das Gelenk, wo [die Ursache nicht ein Trauma ist], und es tut heftig weh“ (IPC 2009/1:15) „die Schmerzen werden immer stärker“ (IPA 2009/1:24-28), wobei nicht gesagt werden kann, warum das so ist. Seite | 71
Der viszeral assoziierte Schulterschmerz Subjektive Perspektiven und diagnostische Vorgehensweisen aus Sicht von Osteopathen 5.2 Identifikation viszeraler Symptomatiken bei Schulterschmerzen Gefragt nach dem Vorgehen beim Befunden einer Schultergelenkssymptomatik, gaben die Osteopathen eine Vielfalt an Untersuchungsschritten an, wobei sich sieben zentrale Kategorien ergaben. 5.2.1 Die Anamnese Alle sieben befragen Osteopathen geben an, im Rahmen des Diagnoseprozesses mit der Anamnese (siehe auch Kapitel 3.1) zu beginnen. Im Rahmen dieser fragen allerdings nur drei Interviewpartner ausdrücklich nach dem Entstehungsmechanismus der Schulterproblematik. „Bei der Anamnese ist mir die Entwicklung der Schulterproblematik wichtig“ (IPC 2009/2:63). Ob der Schmerz einem Trauma zugrunde liegt (vgl. IPA 2009), irgendeine Art von Unfall stattgefunden oder ob eventuell eine Überbelastung den Schmerz ausgelöst hat, möchte IPC (2009) wissen. „Prinzipiell ist für mich interessant: seit wann [und] wie lange [der Schmerz vorhanden ist]. Wenn jemand mit Schulterschmerzen kommt, interessiert mich alles, um es ein bisschen einordnen zu können“ (IPD 2009/1:27-34). Von diesen drei Befragten wird auch die Durchführung einer genauen Schmerzanamnese explizit angegeben. Es wird nach der Art des Schmerzes wie zum Beispiel nach belastungsabhängigem Schmerz, Ruheschmerz, Nachtschmerz oder ausstrahlendem Schmerz gefragt (vgl. IPC 2009). IPD (2009) möchte aufgrund der Anamnese erfahren, ob es sich bei den Schmerzen um einen projizierten Schmerz oder um einen direkten Schmerz im Schultergelenk handelt. Weiters interessiert ihn, ob es sich um fortgeleitete, pseudoradiculäre 13 Schmerzen aufgrund einer Facettengelenksblockierung oder Muskelverspannung handelt. Unter dem Aspekt, dass in der Anamnese Kontraindikationen für eine osteopathische Behandlung oder bestimmte osteopathische Techniken aufgezeigt werden können, sollte die Frage noch den Entstehungsmechanismen und eine genaue Schmerzanamnese nicht fehlen. Zum Beispiel sollte bei schnell entstandenen 13 Der radiculäre oder fortgeleitete Schmerz tritt im Gegensatz zu übertragenem Schmerzen im Dermatom der verletzten Nervenstruktur auf (vgl. Speckmann et al. 2008; Croibier 2006). Seite | 72
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<strong>Der</strong> <strong>viszeral</strong> <strong>assoziierte</strong> <strong>Schulterschmerz</strong><br />
Subjektive Perspektiven und diagnostische Vorgehensweisen aus Sicht von Osteopathen<br />
Interviewpartner „G“ (2009) erklärt, dass sich die Befundung des Schultergelenks als<br />
sehr komplex darstellt, weil es das mobilste Gelenk im menschlichen Körper ist und<br />
viele andere Strukturen im Körper in Bezug auf die Zentrierung und auf die<br />
Überdachung eine Rolle für das Gelenk spielen, sowie die muskulär/koordinative<br />
Führung sehr von diesen umgebenden Strukturen abhängig ist (vgl. IPG 2009).<br />
Diese Aussage wird von einem anderen Interviewteilnehmer untermauert, der meint,<br />
dass „die Schulter mit wirklich Vielem zusammenhängen kann. […] Allerdings bei<br />
jedem Problem, was eine gewisse Zeit vorhanden ist, [wird man lokal am Ort der<br />
Schmerzangabe etwas finden] (IPD 2009/2:52-55).<br />
Aussagen über die Komplexität des Schultergelenks finden sich auch in der Literatur<br />
wieder. Laut Diemer/Sutor (2010) gehört die Untersuchung des Schulter-Nacken-<br />
Bereichs zu den anspruchsvollsten Aufgaben eines Therapeuten, da sich hier wie<br />
schon erwähnt verschiedene Abschnitte der Wirbelsäule und der Extremitäten<br />
vereinen (siehe Kapitel 3).<br />
Weiters wird das Schultergelenk als sehr faszinierend beschrieben, da „es sich oft<br />
dem Ursachen-Wirkungsprinzip enthebt“ (IPC 2009/1:14).<br />
„Es ist jenes Gelenk […], wo man eine Therapie macht, und der Schmerz ist sofort wieder<br />
weg, und […] bei anderen arbeitet man sehr intensiv und es tut sich gar nichts. […] Manchmal<br />
sind entsetzliche MR-Befunde vorhanden, die das Schultergelenk kaum beeinträchtigen, und<br />
dann gibt es wieder blande MR-Befunde und […] die Schulter ist bezüglich Schmerzen und<br />
Bewegungsausmaß entsetzlich. […] Die Schulter ist ein bisschen ein unberechenbares<br />
Gelenk“ [IPC 2009/1:13-25).<br />
Ihre Ratlosigkeit drücken zwei Befragte durch folgende Aussagen aus: „Es ist das<br />
Gelenk, wo [die Ursache nicht ein Trauma ist], und es tut heftig weh“ (IPC 2009/1:15)<br />
„die Schmerzen werden immer stärker“ (IPA 2009/1:24-28), wobei nicht gesagt<br />
werden kann, warum das so ist.<br />
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