2 Der viszeral assoziierte Schulterschmerz - Osteopathic Research

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Der viszeral assoziierte Schulterschmerz Subjektive Perspektiven und diagnostische Vorgehensweisen aus Sicht von Osteopathen 6.4 Einfluss praktischer Erfahrung auf den Befundungsprozess Im Rahmen der Analyse zeigt sich, dass sich mit zunehmender praktischer Erfahrung bei vier von sieben Osteopathen der Diagnose- bzw. Befundungsprozess maßgeblich verändert hat. Drei der befragten Interviewteilnehmer geben an, weniger Tests bei der Befundung anzuwenden, da auch wenige Tests für die Ergebnisfindung ausreichen würden, und ein Interviewpartner, der wie bereits erwähnt ausschließlich nach der Biodynamischen Osteopathie befundet und arbeitet, verwendet im Befundungsprozess überhaupt keine osteopathischen oder schulmedizinischen Tests mehr. Drei Interviewteilnehmer bringen den Aspekt von „Intuition“, „Gefühl“ und „sich leiten lassen“ im Rahmen des Befundungsprozesses und der osteopathischen Behandlung ein, woraus die Frage erwächst: Welche Bedeutung kann der Intuition in der Osteopathie zugeschrieben werden? Croibier (2006) spricht davon, dass die Intuition eine der ältesten Fähigkeiten der Menschen ist und nicht mit Spiritualität oder Religion zusammenhänge, sondern direkt von der Erfahrung. Damit nimmt Intuition zwar im Rahmen des osteopathischen Befundungsprozesses eine wichtige Rolle ein, es wäre jedoch „gefährlich, seine Diagnose nur auf diesem Parameter aufzubauen (S. 279). Siedler (2010) beschreibt in seinem Artikel über die Relevanz der Intuition in der Osteopathie, dass Osteopathen vor allem dann darauf angewiesen seien, wenn in gewissen Situationen keine gesicherte Diagnose formuliert werden kann. Laut Siedler (2010) würden drei Gründe dafür sprechen, warum sich ein Osteopath auf seine Intuition verlassen sollte: Intuition würde trotz fehlender Informationen, die eine Diagnose und damit eine rationale Planung der Behandlung begründen, die Handlungsfähigkeit ermöglichen. Weiters könnte Intuition bei komplexen Beschwerdebildern, wo seitens des Osteopathen sehr viel Information verarbeitet werden muss, helfen, schneller eine Entscheidung zu treffen. Außerdem würde intuitive Wahrnehmung bei der Palpation von Gewebe ein Wissen ermöglichen, das rationell nicht nachzuvollziehen sei. Demnach definiert Siedler (2010) den Begriff Intuition als „ein Urteil, das durch eine Gewissheit oder durch ein Gefühl geprägt ist, das oft unvermittelt und immer ohne bewussten analytischen Prozess im Bewusstsein auftaucht, das deshalb nicht diskursiv begründet werden kann und das Seite | 103

Der viszeral assoziierte Schulterschmerz Subjektive Perspektiven und diagnostische Vorgehensweisen aus Sicht von Osteopathen genügend stark ist, um danach zu handeln“ (S. 5). Laut Siedler (2010) zeigt sich, obwohl es in der Osteopathie Usus und teilweise absolut notwendig ist, intuitiv Entscheidungen zu treffen, eine große Diskrepanz, da das Thema in der osteopathischen Fachliteratur nur unzureichend behandelt wird. Außerdem stellte er sich die Frage, ob „sich Osteopathen im Zeitalter der Evidence Based Medicine auch dazu verpflichtet [fühlen] sich von intuitiven, zurzeit nicht objektivierbaren Urteilen zu distanzieren“ (S. 9). Intuition, die aus wissenschaftstheoretischer Sicht zu den grundlegenden Prinzipien der Erkenntnisgewinnung zählt und insbesondere für Modellbildungen unerlässlich erscheint, ist allerdings als alleiniges methodisches Fundament für naturwissenschaftliche Disziplinen, wozu auch die Osteopathie zu zählen wäre, nicht ausreichend, um reale Phänomene zu untersuchen. Als Erkenntnisprinzipien bedarf es Logik, Vernunft, Erfahrung und Beobachtung. Will sich die Osteopathie also der Naturwissenschaft nicht verschließen, so muss über die Prinzipien der Intuition hinausgegangen werden. Unter diesen Aspekten scheint es notwendig, das Thema Intuition im Rahmen einer fundierten fachlichen Auseinandersetzung aufzugreifen, zu erforschen und auch kritisch zu hinterfragen. 6.5 Osteopathie und Evidence-based Medicine Vor der eigentlichen Fragestellung wurden die Interviewteilnehmer mit der Aussage konfrontiert, dass in der EBM konkret die Forderung besteht, dass die Diagnosebzw. Befundungsinstrumente der Verdachtsdiagnose angepasst sein sollen. Im Folgenden wurde dann die Frage gestellt, ob es Vorschläge für das Erheben eines Zusammenhangs zwischen einer Schultergelenksdysfunktion und einer Organdysfunktion gibt bzw. auf welche Weise dieser Zusammenhang im osteopathischen Befundungsprozess berücksichtigt werden soll. Bei der Analyse der Interviews zeigte sich, dass sich der Einführungssatz als zu lange darstellte, was sich einerseits dadurch äußerte, dass der Satz bei drei Interviewteilnehmern nochmals wiederholt werden musste, und andererseits dazu führte, dass Teile der Frage nicht beantwortet wurden. Des Weiteren wurde der Bezug zur Evidence-based Medicine bei den Interviewteilnehmern unterschiedlich ausgelegt. Bei der Transkription wurde ersichtlich, dass dies durch eine bessere Erklärung hätte vermieden werden können. Ebenso ist an dieser Stelle deutlich zu erkennen, dass ein nochmaliges Nachfragen bei unklaren oder fehlenden Aussagen Seite | 104

<strong>Der</strong> <strong>viszeral</strong> <strong>assoziierte</strong> <strong>Schulterschmerz</strong><br />

Subjektive Perspektiven und diagnostische Vorgehensweisen aus Sicht von Osteopathen<br />

genügend stark ist, um danach zu handeln“ (S. 5). Laut Siedler (2010) zeigt sich,<br />

obwohl es in der Osteopathie Usus und teilweise absolut notwendig ist, intuitiv<br />

Entscheidungen zu treffen, eine große Diskrepanz, da das Thema in der<br />

osteopathischen Fachliteratur nur unzureichend behandelt wird. Außerdem stellte er<br />

sich die Frage, ob „sich Osteopathen im Zeitalter der Evidence Based Medicine auch<br />

dazu verpflichtet [fühlen] sich von intuitiven, zurzeit nicht objektivierbaren Urteilen zu<br />

distanzieren“ (S. 9).<br />

Intuition, die aus wissenschaftstheoretischer Sicht zu den grundlegenden Prinzipien<br />

der Erkenntnisgewinnung zählt und insbesondere für Modellbildungen unerlässlich<br />

erscheint, ist allerdings als alleiniges methodisches Fundament für naturwissenschaftliche<br />

Disziplinen, wozu auch die Osteopathie zu zählen wäre, nicht<br />

ausreichend, um reale Phänomene zu untersuchen. Als Erkenntnisprinzipien bedarf<br />

es Logik, Vernunft, Erfahrung und Beobachtung. Will sich die Osteopathie also der<br />

Naturwissenschaft nicht verschließen, so muss über die Prinzipien der Intuition<br />

hinausgegangen werden. Unter diesen Aspekten scheint es notwendig, das Thema<br />

Intuition im Rahmen einer fundierten fachlichen Auseinandersetzung aufzugreifen, zu<br />

erforschen und auch kritisch zu hinterfragen.<br />

6.5 Osteopathie und Evidence-based Medicine<br />

Vor der eigentlichen Fragestellung wurden die Interviewteilnehmer mit der Aussage<br />

konfrontiert, dass in der EBM konkret die Forderung besteht, dass die Diagnosebzw.<br />

Befundungsinstrumente der Verdachtsdiagnose angepasst sein sollen. Im<br />

Folgenden wurde dann die Frage gestellt, ob es Vorschläge für das Erheben eines<br />

Zusammenhangs zwischen einer Schultergelenksdysfunktion und einer<br />

Organdysfunktion gibt bzw. auf welche Weise dieser Zusammenhang im<br />

osteopathischen Befundungsprozess berücksichtigt werden soll.<br />

Bei der Analyse der Interviews zeigte sich, dass sich der Einführungssatz als zu<br />

lange darstellte, was sich einerseits dadurch äußerte, dass der Satz bei drei<br />

Interviewteilnehmern nochmals wiederholt werden musste, und andererseits dazu<br />

führte, dass Teile der Frage nicht beantwortet wurden. Des Weiteren wurde der<br />

Bezug zur Evidence-based Medicine bei den Interviewteilnehmern unterschiedlich<br />

ausgelegt. Bei der Transkription wurde ersichtlich, dass dies durch eine bessere<br />

Erklärung hätte vermieden werden können. Ebenso ist an dieser Stelle deutlich zu<br />

erkennen, dass ein nochmaliges Nachfragen bei unklaren oder fehlenden Aussagen<br />

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