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MIXOLOGY ISSUE #99 – V wie Vodka

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v <strong>wie</strong><br />

VODKA<br />

5/2020 —— 18. Jahrgang<br />

Einzelverkaufspreis: [D] 9,50 € — [A, LUX] 10,50 € — [CH] 11 CHF<br />

Dry<br />

for the<br />

win<br />

Extra-trockene<br />

Champagner im<br />

Test<br />

Eine Ode an das<br />

Wässerchen<br />

Martini<br />

forever!<br />

Der Cocktail<br />

aller Cocktails im<br />

Wandel der Zeit


Illustrationen: Editienne<br />

33


Was habe ich dem <strong>Vodka</strong> schon alles nachgerufen:<br />

Er habe kein Alkohol-, dafür aber ein<br />

Imageproblem <strong>–</strong> was ich noch immer für zutreffend<br />

halte. Er sei, im metaphorischen und plakativen<br />

Sinne, der schwer erziehbare Schüler,<br />

der Paria, den man inklusiv mit durchziehen<br />

müsse, weil ja niemand zurückbleiben darf.<br />

Er habe kein Charisma und seinen Kredit verspielt.<br />

»Okay, ich bin hässlich, ich kann nichts,<br />

aber ich hab die Kohle.« Geduldet innerhalb<br />

der Barkultur nur als derjenige, der die Rechnung,<br />

sprich die Miete bezahlt. Beliebt nur<br />

bei jenem Teil des Publikums, der sich nicht<br />

innerhalb der Bartenderblase bewegt, keinen<br />

Geschmackssinn hat oder eh nur auf Wirkung<br />

trinkt. »All diese Geschmackspapillen-Analphabeten<br />

landen irgendwann in einer Bar und<br />

nerven den Mischologen oft mit ihrem Verlangen<br />

nach dem ›Wässerchen‹, nach dem, was sie<br />

kennen.« Ja, das schrieb ich einst. Auch all das<br />

ist nach <strong>wie</strong> vor nicht von der Hand zu weisen.<br />

Zugleich habe ich <strong>Vodka</strong> immer verteidigt, ihm<br />

eine Relevanz in der Bar zugesprochen. Vor allem,<br />

wenn man sich auf die vielen ausgezeichneten<br />

Vertreter der Kategorie konzentriert und<br />

damit umzugehen weiß. Wenn man sich von<br />

Vorurteilen frei macht und einen Zugang als<br />

Mischologe dazu findet. Oder wenn man ihn<br />

richtig zu servieren und zu trinken versteht.<br />

Wer das nicht versteht, muss sich weiterhin<br />

von dem in Berlin lebenden Russendisco-Autor<br />

Vladimir Kaminer als »Vorurteilsgastronom«<br />

bezeichnen lassen.<br />

EINE SACHE FEHLT IN DER<br />

BARSZENE NAHEZU KOMPLETT:<br />

DIE WÜRDIGUNG VON VODKA ALS<br />

KULTURPRODUKT<br />

Was dem <strong>Vodka</strong> an der Bar<br />

fehlt? Die Würdigung als<br />

Kulturgut!<br />

Gewürdigt werden sollte <strong>Vodka</strong> auch als Kulturprodukt.<br />

Seit dem 15. Jahrhundert kennt<br />

man <strong>Vodka</strong>, seit dem 19. Jahrhundert in der<br />

modernen Form durch die Erfindung der Rektifikationskolonne<br />

im Jahre 1867. Zuvor hieß<br />

oder bedeutete <strong>Vodka</strong> oft nur »Wein«, »bitterer<br />

Wein« oder »Brotwein« (Polugar). Dieser<br />

Brotwein, als Urahn des modernen <strong>Vodka</strong> wird<br />

auch heute <strong>wie</strong>der vermehrt hergestellt. Früher<br />

kannte man über 300 verschiedene Rezepte.<br />

Es gab ihn zu jeder Speise, jedem Gang und<br />

für verschiedene Berufsgruppen. Polugar ist<br />

weniger spritig als <strong>Vodka</strong>, hat starke Noten von<br />

geröstetem Brot und weniger Alkohol (rund<br />

38,5 % Vol.) und eine spürbare Grundsüße von<br />

Roggen und Weizen. Besonders der »Polugar<br />

Classic Rye« aus dem Hause Rodionav & Sons<br />

(polugar.ru) ist jede Versuchung wert. Seit einigen<br />

Jahren ist er auf dem deutschen Markt<br />

erhältlich.<br />

Primär die russischen und polnischen <strong>Vodka</strong>s<br />

haben den sogenannten Eastern Style geprägt<br />

<strong>–</strong> auf den auch die Ukraine einbeziehenden<br />

Streit, wer den <strong>Vodka</strong> denn nun wirklich und<br />

schlussendlich erfunden hat, soll hier nicht<br />

eingegangen werden. Dieser östliche oder osteuropäische<br />

Stil steht in klarer Opposition zu<br />

jenen in vielen Teilen der Welt hergestellten<br />

<strong>Vodka</strong>s, die man dem Western Style zurechnet.<br />

Auch wenn es unter ihnen exzellente Produkte<br />

gibt, haben sie doch erheblich zum Imageverlust<br />

von <strong>Vodka</strong> beigetragen, das muss so deutlich<br />

gesagt werden. Von Hause aus eher mild,<br />

weniger kernig und charaktervoll, wurden sie<br />

letztlich durch absurde Marketingerzählungen,<br />

horrende Preise und Verramschung in Clubs<br />

um ihren barkulturellen und kulinarischen<br />

Kredit gebracht. »Oligarchenvodka« nannte<br />

das einmal abfällig ein befreundeter russischer<br />

Bartender. Somit ist es kein Wunder, dass jene<br />

ambitionierten Bartender, vor deren kritischem<br />

Geist der Hochprozenter noch gnädige<br />

Aufnahme findet, klar und eindeutig Produkte<br />

in Tradition des Eastern Style bevorzugen. Also<br />

Destillate von echtem Schrot und Korn.<br />

Voll aufs Korn<br />

Apropos Korn. Dass man auch längst abgeschriebene<br />

Player nie aufgeben sollte, beweist<br />

des <strong>Vodka</strong>s kleiner Bruder: der Korn. Er galt<br />

lange als klassische Unterschichtvernebelungsdroge.<br />

Molle und Korn, das war mindestens<br />

Burdenski aus Schalke oder ein anderer Kohlekumpel,<br />

der sich damit die Bergbaukehle<br />

putzte. Sozusagen der üble Deputatschnaps des<br />

DDR-Tagebaus auf west gedreht. Der deutsche<br />

Eckkneipen-Prollvodka. Aber dann kam Sasse!<br />

Rüdiger Sasse. Nicht die Gebrüder Sass,<br />

die Einbrecher in die Tresore der Weimarer<br />

Republik, sondern der Verstörer langweiliger<br />

Denkmuster. Unweit von Schalke hat ein Mann<br />

nicht die Elektrifizierung der Welt im Sinn,<br />

wohl aber die Faszination der Einfachheit. Des<br />

Arguments. Korn ist reich und definiert <strong>wie</strong><br />

ein Bizeps im <strong>–</strong> natürlich <strong>–</strong> Münsterland: »Aro-<br />

34 Spirituose — Von Intellektuellen und Rüben


ALCHEMIST<br />

DRUCK<br />

ABLASSEN<br />

38


Vor der Vakuumdestillation: Das<br />

Aromat, hier Zitronengras, wird<br />

zerkleinert und püriert<br />

Der Rotationsverdampfer ist in seinen wenigen Jahren<br />

an der Bar schon zu einem Synonym und Zeichen geworden:<br />

für den Fortschritt, fürs Nach-vorne-denken. Manche<br />

Bar indes scheint ihn eher als teures Requisit zu verwenden<br />

denn wirklich mit ihm zu arbeiten. Und er hat nicht<br />

nur Fans: Den Traditionalisten ist er ein Dorn im Auge. Er<br />

ist im Diskurs der Branche ein Identifikationsobjekt, Sammelbegriff<br />

für eine ganze Herangehensweise und bisweilen<br />

Kampfvokabel. Abseits von alledem ist er aber vor allem:<br />

ein erstaunliches Werkzeug.<br />

Text Reinhard Pohorec<br />

Fotos Tim Klöcker<br />

Obwohl gerade einmal fünf Jahre zurück, mutet<br />

2015 fremd an <strong>–</strong> Lichtjahre und gänzlich neue<br />

Lebensrealitäten entfernt. 2015 war, nebst vielen<br />

anderen, belangloseren Dingen, das Jahr,<br />

in dem Marco Beier im ersten Mixology-Text<br />

zum Rotationsverdampfer proklamierte, dass<br />

»die Bar sich stetig weiterentwickeln wird«.<br />

Jene stringente Evolution der Branche schrieb<br />

der Kollege neuen Techniken, Ingredienzien<br />

und dem stetig wachsenden Wissensdurst seitens<br />

der Profis und der Gäste zu.<br />

Der kometenhafte Aufstieg der Bar- und<br />

Cocktailkultur hat gerade in diesen fünf Jahren<br />

außergewöhnliche Dynamik erfahren. Disruptive<br />

Tendenzen stehen arrivierten Denkweisen<br />

gegenüber. Innovationsdrang trifft<br />

Tradition, beschleunigte Veränderung trifft<br />

Beständigkeit.<br />

Der Rotationsverdampfer war ein Kuriosum in<br />

jenen Tagen. Erstrebenswert und glorifiziert,<br />

zum archetypischen Operationsbesteck des<br />

hoch technisierten Mixologen hochstilisiert.<br />

Astronomische Preise und oft nicht minder<br />

utopische Anforderungen in der Bedienung<br />

vermochten den Nimbus aufzubauschen.<br />

Gleichsam schien ob der limitierten Zugänglichkeit<br />

und der Gier nach Neuem das Interesse<br />

über die Jahre zart abzuebben. Nach dem<br />

Motto: Been there, done that, what’s next?<br />

»Neben all den verschiedenen Möglichkeiten,<br />

die diese Technik also bietet, ist sie gleichzeitig<br />

sehr limitiert: sowohl in der sicheren Anwendung<br />

als auch darin, wirtschaftlich Sinn zu<br />

machen. Dennoch darf man durchaus gespannt<br />

sein, was diese oder ähnliche technische Möglichkeiten<br />

in naher Zukunft in der Bar bewegen<br />

können und <strong>wie</strong> weit der Gast gewillt ist, einen<br />

entsprechenden Aufpreis für diese Techniken zu<br />

bezahlen.«<br />

Das Gemisch aus Aromat<br />

und Ausgangsflüssigkeit wird<br />

in den Destillationskolben<br />

gefüllt<br />

So hieß es damals weiter. Und jetzt, fünf Jahre<br />

später? Höchste Zeit für eine Re-Evaluierung!<br />

Nicht zuletzt, um Beiers Einschätzung retrospektiv<br />

neues Gewicht zu verleihen.<br />

39


COCKTAIL<br />

1888<br />

44


Was ist ein Martini überhaupt? Wie wurde<br />

er zu dem, was er ist? Oder war er schon<br />

immer so <strong>wie</strong> heute? Um diese Fragen<br />

beantworten zu können, muss man sich<br />

die Rezepte der ersten einhundert Jahre<br />

nach seiner Veröffentlichung ansehen und<br />

statistisch auswerten.<br />

DIE KENNZAHLEN<br />

DES KÖNIGS<br />

Text Armin Zimmermann<br />

2020<br />

Illustrationen: Editienne<br />

45


STADTGESCHICHTEN<br />

AM<br />

ÜBERGANG<br />

Corona bedeutet auch nach mehreren Monaten des »Reboot«<br />

immer noch, dass das Trinken in einer Bar sich merkwürdig anfühlen<br />

kann. Alles ist ein bisschen im Transit, alles in der Schwebe,<br />

man nimmt den Raum namens »Bar« anders wahr als früher. Vor<br />

allem nimmt man ihn bewusster wahr. Statt einer Bartour durch<br />

eine einzige Stadt versammeln wir hier diesmal fünf individuelle<br />

Erfahrungen. Fünf verschiedene <strong>MIXOLOGY</strong>-Autoren über einen<br />

Abend, einen Drink an einem Ort, immer am Übergang vom Tag in<br />

die Nacht, vom Licht ins Dunkel.<br />

5,4,3,2,1<br />

26


1<br />

DAS LETZTE WORT<br />

Foto: Johannes Ritter<br />

Manch Gastronom ist ja ein bedauernswert schlichter<br />

Geselle. Ich zum Beispiel, anschaulich zu demonstrieren<br />

an gewissen vorhersehbaren Reaktionen auf Krisenmomente:<br />

Wenn man etwa in den letzten Monaten seine Bar<br />

für immer zugesperrt, das letzte Mal den Schlüssel umgedreht<br />

hat, dann will man ein Getränk. Ein Getränk, pars pro<br />

toto, versteht sich. Und keins aus dem Geschäftsbereich, in<br />

den Diageo gerade <strong>wie</strong>der so viel investiert hat. Nur wo? Am<br />

liebsten ja in der eigenen Bar, da weiß man, was man hat,<br />

aber: Geht ja nicht mehr. Klassisches Zirkelschluss-Dilemma.<br />

Wo bekomme ich meins, wo es doch meins nicht mehr<br />

gibt? Wie ich es will? Also, gewissermaßen, genau so, <strong>wie</strong> ich<br />

es mir hinter der nun endgültig verschlossenen Tür selbst<br />

gebastelt hätte? Man ahnt, dass man ganz schnell zu der Art<br />

unausstehlichem Witwer in Frührente werden könnte, der<br />

seiner zweiten Frau gerne ungefragt erzählt, dass die Kathrin<br />

früher den Kartoffelknödel immer mit so kleinen Croutons<br />

gemacht hat …<br />

Regensburg hat nun schon eine Reihe ordentlicher Bars,<br />

aber so als Ersatz für mein altes Heim taugen doch die wenigsten.<br />

Worüber die meisten meiner Mitbewerber nicht<br />

sonderlich traurig sein dürften. Aber so ein bisschen in<br />

Richtung klassische American Bar … Freunde sahen mich,<br />

als ich mein mit Restgerümpel vollbeladenes Auto parkte,<br />

und luden mich ein zu Weißbier und Jägermeister. Mit tränenerstickter<br />

Stimme lehnte ich undankend ab.<br />

Thomas Schackmann in seiner Barock Bar bot mir<br />

schließlich Zuflucht. Ein Tischchen draußen war frei, ein<br />

wenig abseits, was mir sehr entgegenkam. Abseits war genau<br />

richtig. Außerdem wäre es stillos gewesen, den Dreck meines<br />

letzten Arbeitstags von mir herunterzuwaschen, wozu<br />

sich aber in einer eher innenräumlichen Situation sicherlich<br />

abweichende Meinungen hätten finden lassen. Aber da<br />

draußen war das in Ordnung.<br />

Der perfekte Platz, um sitzend, sinnierend das besagte Getränk<br />

zu mir zu nehmen. Das Getränk benötigte eine Reihe<br />

vorbereitender Pioniergetränke. Espresso Martini zum<br />

Wachwerden, kleiner Manhattan zwischendrin, Chartreuse<br />

für den Magen, ein Schlückchen Hanky Panky auf die alten<br />

Zeiten, so was halt alles. Der Platz im Schatten des Wochenendbetriebs<br />

entwickelte eine ebenso eindringliche <strong>wie</strong><br />

banal-kitschige Metaebene, von der Art, die erfahrene Bartender<br />

bei manchem Gast ein bisschen misstrauisch werden<br />

lässt, aber man kennt mich ja hier, und ich hab’ noch ganz<br />

wenig kaputt gemacht.<br />

Und ich will mir meinen Abschied ja nicht versauen und<br />

muss das eigentliche Getränk noch genießen, auf das ich<br />

letztlich den ganzen Abend hingearbeitet habe. Letzte Bestellungen.<br />

Auf geht’s:<br />

Noch einen Last Word, bitte.<br />

Martin Stein<br />

in der Barock Bar, Regensburg, 11. Juli 2020<br />

27


De Sousa et Fils<br />

Mycorhize Grand Cru<br />

Extra Brut<br />

Preis: ca. € 59,<strong>–</strong><br />

Herkunft: Frankreich<br />

Füllmenge: 750 ml<br />

Hersteller: SARS Champagne De Sousa<br />

Alkoholgehalt: 12,5 % Vol.<br />

Vertrieb: Vinaturel<br />

Platz<br />

1<br />

Ein Blanc des Blancs aus 60<br />

Jahre alten Reben, die von der<br />

Familie de Sousa auf Grand-<br />

Cru-Lagen nach »demeter«-<br />

Richtlinien bewirtschaftet werden.<br />

Ein gekonnt inszeniertes, komplexes<br />

Aromenspiel. Die Nase deutet<br />

auf Spontanfermentation hin. Der<br />

Wein ist modern und ungewöhnlich,<br />

cremig, oxidativ und funky.<br />

Dieser Avantgarde-Champagner<br />

ist mit großem Abstand Favorit<br />

der Verkoster.<br />

56 MTF — Mixology Taste Forum


Agrapart & Fils<br />

Extra Brut Terroirs<br />

Blanc de Blancs<br />

Preis: ca. € 42,<strong>–</strong><br />

Herkunft: Frankreich<br />

Füllmenge: 750 ml<br />

Hersteller: Champagne<br />

Agrapart<br />

Alkoholgehalt: 12 % Vol.<br />

Vertrieb: Kierdorf Wein<br />

Die Silbermedaille geht auch an<br />

einen biodynamisch arbeitenden<br />

Familienbetrieb von der Côte des<br />

Blancs. Auch hier wird spontan<br />

vergoren. Eine opulente Nase<br />

mit Landbrot und gerösteten<br />

Nüssen. Am Gaumen Macadamia<br />

und Apfelkerne, mit langem,<br />

knackig-saurem Finish. Cremig<br />

und ausdrucksvoll.<br />

Platz<br />

2<br />

Jacquesson Cuvée<br />

N° 742<br />

Preis: ca. € 45,<strong>–</strong><br />

Herkunft: Frankreich<br />

Füllmenge: 750 ml<br />

Hersteller: Champagne<br />

Jacquesson<br />

Alkoholgehalt: 12,5 % Vol.<br />

Vertrieb: Vin Sur Vin<br />

Diffusion<br />

Statt einen konstanten Hausstil<br />

zu produzieren, setzt Jacquesson<br />

auf einen jährlichen Ausdruck der<br />

Ernte. Die Cuvée N°742 enthält<br />

den 2014er-Jahrgang. Ätherisches<br />

Aroma mit Fenchelsaat<br />

und etwas Fino Sherry, hefi g und<br />

frisch. Ein balancierter Champagner<br />

mit leichter Bitterkeit und<br />

feinen Umami-Noten, der sich<br />

perfekt für food pairings eignet.<br />

Platz<br />

8<br />

André Heucq<br />

Héritage Assemblage<br />

Extra Brut<br />

Preis: ca. € 31,<strong>–</strong><br />

Herkunft: Frankreich<br />

Füllmenge: 750 ml<br />

Hersteller: Champagne<br />

André Heucq<br />

Alkoholgehalt: 12 % Vol.<br />

Vertrieb: Champagne<br />

Characters<br />

Der Preis-Leistungs-Sieger ist<br />

eine Cuvée aus den drei gängigen<br />

Rebsorten. Der Wein lag fünf<br />

Jahre auf der Hefe und ist biozertifi<br />

ziert. Voluminöses Aroma mit<br />

Shortbread und reifem Fallobst.<br />

Am Gaumen Honigmelone und<br />

kandierter Apfel, abgerundet von<br />

einem säurebetonten Abgang.<br />

Ein Champagner mit Grip, der<br />

auch in Drinks funktioniert.<br />

Platz<br />

3<br />

Janisson-Baradon<br />

Extra Brut<br />

Preis: ca. € 28,<strong>–</strong><br />

Herkunft: Frankreich<br />

Füllmenge: 750 ml<br />

Hersteller: Champagne<br />

Janisson-Baradon et Fils<br />

Alkoholgehalt: 12 % Vol.<br />

Vertrieb: Champagne<br />

Characters<br />

Für diesen Champagner aus<br />

Épernay werden je zur Hälfte<br />

Chardonnay und Pinot Noir verwendet.<br />

In der Nase kräftig und<br />

füllig, man riecht Fermentationsnoten,<br />

Schießpulver und zugleich<br />

eine sommerliche Frische. Im<br />

Mund aufbrausend, pfeffrig und<br />

vollmundig mit prägnant-knackiger<br />

Säure.<br />

Platz<br />

9<br />

Veuve Clicquot<br />

Extra Brut Extra<br />

Old<br />

Preis: ca. € 68,<strong>–</strong><br />

Herkunft: Frankreich<br />

Füllmenge: 750 ml<br />

Hersteller: Louis Vuitton<br />

Moët Hennessy<br />

Alkoholgehalt: 12 % Vol.<br />

Vertrieb: Moët Hennessy<br />

Deutschland<br />

Ausschließlich Reserve-Weine<br />

aus acht Jahrgängen werden hier<br />

verwendet, und das schmeckt<br />

man. Ein reifer, handwerklich gut<br />

gemachter Champagner. Erst<br />

Honig, Sultanine und Brombeermarmelade<br />

in der Nase, dann<br />

reife Ananas und Trockenfrüchte.<br />

Gute Balance und ein überraschend<br />

frischer Nachhall. Elegant<br />

und rund.<br />

Platz<br />

4<br />

Pierre Paillard Les<br />

Parcelles Extra<br />

Brut Grand Cru<br />

Preis: ca. € 28,<strong>–</strong><br />

Herkunft: Frankreich<br />

Füllmenge: 750 ml<br />

Hersteller: Champagne<br />

Pierre Paillard<br />

Alkoholgehalt: 12,5 % Vol.<br />

Vertrieb: Kierdorf Wein<br />

Les Parcelles ist eine Coupage<br />

aus Pinot Noir und Chardonnay,<br />

angebaut auf Grand-Cru-Lagen<br />

in Bouzy/Montagne de Reims.<br />

Die Nase erinnert beinah an<br />

Cidre, mit Noten von roten Äpfeln<br />

und Quitten. Am Gaumen säurebetont<br />

und knackig-crisp, mit<br />

kräftiger Perlage und grünem,<br />

vegetalem Finish.<br />

Platz<br />

10<br />

Ayala Brut Nature<br />

Preis: ca. € 43,<strong>–</strong><br />

Herkunft: Frankreich<br />

Füllmenge: 750 ml<br />

Hersteller: Champagne<br />

Ayala<br />

Alkoholgehalt: 12 % Vol.<br />

Vertrieb: Kate & Kon<br />

Wer glaubt, man sollte Champagner<br />

nicht während des Essens<br />

trinken, wird hier eines Besseren<br />

belehrt: frische, vegetale Nase<br />

mit Meerwasser und Algen.<br />

Am Gaumen grüner Apfel und<br />

eine knackige Säure mit einem<br />

mineralisch-frischen Abgang.<br />

Guter Begleiter zu Fisch und<br />

Meeresfrüchten, auf eine Dosage<br />

wurde hier komplett verzichtet.<br />

Platz<br />

5<br />

Laurent-Perrier<br />

Ultra Brut<br />

Preis: ca. € 62,<strong>–</strong><br />

Herkunft: Frankreich<br />

Füllmenge: 750 ml<br />

Hersteller: Champagne<br />

Laurent-Perrier<br />

Alkoholgehalt: 12 % Vol.<br />

Vertrieb: Laurent-Perrier<br />

Deutschland<br />

Bereits 1889 brachte Laurent-Perrier<br />

einen Champagner<br />

ohne Dosage auf den Markt,<br />

in den 1980ern wurde diese<br />

Tradition mit dem Ultra Brut<br />

<strong>wie</strong>derbelebt. Eine zitrisches,<br />

frisches Bouquet, auf das ein<br />

schlanker, mineralischer Gaumen<br />

folgt. Ein geradliniger, säurebetonter<br />

Champagner.<br />

Platz<br />

11<br />

Pertois Moriset<br />

PM02 Les Quatre<br />

Terroirs Blanc de<br />

Blancs Extra Brut<br />

Preis: ca. € 35,<strong>–</strong><br />

Herkunft: Frankreich<br />

Füllmenge: 750 ml<br />

Hersteller: Champagne<br />

Pertois Moriset<br />

Alkoholgehalt: 12 % Vol.<br />

Vertrieb: Kierdorf Wein<br />

Als Brut ausge<strong>wie</strong>sen, könnte mit<br />

einer Dosage von 3 g pro Liter<br />

allerdings auch als Extra Brut<br />

bezeichnet werden. In der Nase<br />

Buttercrumble und Nüsse. Später<br />

Quittengelée und getrocknete<br />

Aprikose mit gut eingebundener<br />

Säure und hefi gem, langem<br />

Finish. Üppig-cremiger Champagner<br />

im klassischen Stil, der sich<br />

im Glas schön entwickelt.<br />

Platz<br />

5<br />

Pol Roger Extra<br />

Brut<br />

ca. € 49,-<br />

Herkunft: Frankreich<br />

Füllmenge: 750 ml<br />

Hersteller: Champagne<br />

Pol Roger<br />

Alkoholgehalt: 12,5 % Vol.<br />

Vertrieb: Véritbale<br />

Négociant<br />

Pol Roger wurde 1849<br />

gegründet und ist noch immer<br />

in Familienbesitz, bekannt ist<br />

das Haus für seine Prestige-Cuvée<br />

»Winston Churchill«. Eine<br />

zurückhaltende Nase, die etwas<br />

Zeit braucht, sich zu entfalten.<br />

Dann kommen zarte Noten von<br />

Lychee, Yasmin und grünem<br />

Apfel zum Vorschein. Ein frisches,<br />

geradliniges Trinkerlebnis.<br />

Platz<br />

12<br />

Deutz Extra Brut<br />

Preis: ca. € 45,<strong>–</strong><br />

Herkunft: Frankreich<br />

Füllmenge: 750 ml<br />

Hersteller: Champagne<br />

Deutz<br />

Alkoholgehalt: 12 % Vol.<br />

Vertrieb: Smart Wines<br />

Deutz’ Extra Brut weckt sofort<br />

maritime Assoziationen, man<br />

riecht Salzwasser und feuchtes<br />

Moos. Am Gaumen zeigt sich ein<br />

schöner Verlauf mit gut balancierter<br />

Säure und mineralischem<br />

Abgang. Ein ausgewogener,<br />

geradliniger, markanter Champagner,<br />

zu dem man sich Austern<br />

wünscht.<br />

Platz<br />

7<br />

Roederer Brut<br />

Nature 2012<br />

Preis: ca. € 79,<strong>–</strong><br />

Herkunft: Frankreich<br />

Füllmenge: 750 ml<br />

Hersteller: Champagne<br />

Roederer<br />

Alkoholgehalt: 12 % Vol.<br />

Vertrieb: Schlumberger<br />

Roederer Brut Nature entsprang<br />

einer Zusammenarbeit mit<br />

Designer Philippe Starck. Duft<br />

nach Natursauerteig und Ayran,<br />

kraftvoll und buttrig. Am Gaumen<br />

ausdrucksstark und säurebetont<br />

mit vegetalen, grünen Noten von<br />

Traubenshrub und Bitterkeit. Im<br />

selben Jahrgang ist zum ersten<br />

Mal auch ein Roederer Brut<br />

Nature Rose entstanden.<br />

Platz<br />

13<br />

57


BACK TO BASICS<br />

Sidecar<br />

68<br />

Illustrationen: Editienne


Text Gabriel Daun<br />

Der<br />

Die 6<br />

»Basic Cocktails«<br />

nach David<br />

Embury<br />

1/6 ◊ Dry Martini<br />

2/6 ◊ Manhattan<br />

3/6 ◊ Old Fashioned<br />

4/6 ◊ Daiquiri<br />

5/6 ◊ Side Car<br />

6/6 ◊ Jack Rose<br />

Beifahrer<br />

Je ausgiebiger wir uns im Jahresverlauf<br />

mit David A. Emburys<br />

epochalem Buch »The Fine Art of<br />

Mixing Drinks« und seinen darin<br />

verzeichneten sechs »Basic Cocktails«<br />

befassen, umso deutlicher<br />

wird: Embury war zwar Kenner<br />

und leidenschaftlicher Trinker,<br />

aber ebenso ein Laie, der viele<br />

Thesen unbedacht heraushaut.<br />

Das bislang deutlichste Beispiel<br />

dafür? Seine Behandlung des Sidecars.<br />

Einsteigen bitte, es ist Zeit. Der Sommer war<br />

sehr groß. Jetzt wird es Herbst und hier kommt<br />

der passende Drink dazu. Nicht nur im Westen<br />

Frankreichs werden die Früchte, während<br />

ich im beginnenden September diese Zeilen<br />

schreibe, zur Vollendung hingedrängt und die<br />

letzte Süße in den Wein gejagt. Wenn ich Wein<br />

sage, meine ich aus gegebenem Anlass in erster<br />

Linie Ugni Blanc, Folle Blanche und Colombard.<br />

Jene Rebsorten, aus denen der bekannteste<br />

französische Weinbrand destilliert wird.<br />

Man erlaube mir eine vielleicht etwas apodiktisch<br />

anmutende Aussage: In unseren Bars<br />

werden immer noch zu wenige Cognac-Drinks<br />

serviert <strong>–</strong> obwohl wir es besser wissen sollten!<br />

Cognac ist köstlich, versatil und <strong>–</strong> historisch<br />

betrachtet <strong>–</strong> aus der Bar nicht wegzudenken!<br />

Wenn im 18. Jahrhundert von Brandy die<br />

Rede gewesen ist, war in den meisten Fällen<br />

ein Destillat aus dem Département Charente<br />

gemeint. Es ist daher nicht weiter verwunderlich,<br />

vielmehr sogar erfreulich, dass David A.<br />

Embury in seinen Big Six, denen wir uns ja<br />

hier dieses Jahr widmen, auch einen Drink mit<br />

Cognac listet. Den Sidecar.<br />

8-2-1? Nein!<br />

Wiederum verwunderlich ist es, dass Embury<br />

in seinem Buch dem Drink nicht einmal eine<br />

ganze Seite widmet, relativ blutleer wird er<br />

abgehandelt. Die Vermutung liegt deshalb<br />

nah, dass seine Erwähnung eher der Tatsache<br />

geschuldet ist, dass sich der Sidecar um 1950<br />

herum einer nicht von der Hand zu weisenden<br />

Popularität erfreute. Emburys Idee eines<br />

8-2-1-Rezepts stützt er mit der steilen These,<br />

ein Sidecar sei nichts anderes als ein Daiquiri<br />

mit Cognac statt Rum und <strong>–</strong> Brand-Call-Alarm<br />

<strong>–</strong> Cointreau anstelle von Zucker. Es gibt also<br />

Redebedarf.<br />

Terra Incognita<br />

So leicht ist es nämlich nicht, wenn auch nicht<br />

völlig falsch <strong>–</strong> ich habe es im vorherigen Artikel<br />

bereits angedeutet: Das Wesen des Sidecars<br />

lässt sich vom Daiquiri zumindest ableiten. Das<br />

heißt aber nicht, dass es ein mehr oder weniger<br />

identischer Drink ist, im Gegenteil: Wir haben<br />

es mit einem Drink zu tun, der den Konsumenten<br />

beim ersten Mal vor eine Herausforderung<br />

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