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8 KULTUR JOKER KUNST
Komplexe Bildstörung - „Kunst und Nationalsozialismus“
Sonderausstellung im Dreiländermuseum Lörrach
Wie wir heute die Bildproduktion
verschiedener Künstler
aus Baden einschätzen können,
die im Zeitraum zwischen 1933
und 1945 entstanden ist, dieser
Frage geht derzeit die Ausstellung
„Kunst und Nationalsozialismus“
im Dreiländermuseum
nach. Gezeigt werden über
hundert Gemälde, Grafiken und
Skulpturen von zwölf Künstlern,
darunter Hans Adolf Bühler,
Emil Bizer, Adolf Riedlin,
Adolf Strübe, Max Laeuger,
August Babberger, Paul Ibenthaler,
Rudolf Kreuter; gleichzeitig
wird deren Verhältnis zum
NS-System biographisch erhellt.
Einige engagierten sich aktiv,
andere gaben „nur“ ihre Unabhängigkeit
auf, passten sich an,
verschlossen die Augen vor der
Gewaltherrschaft, beschränkten
sich auf Landschaften, Porträts
und mythologische Sujets, während
Sozialkritik, Fabriken und
Panzer ein Tabu waren. Was
folgt daraus für Kunst und Persönlichkeit?
Einer der aggressiven Unterstützer
des NS-Regimes, der
schon vor 1933 an der Mobilmachung
mitwirkte, ist Hans Adolf
Bühler, Gründungsmitglied des
antisemitischen „Kampfbund(s)
für deutsche Kultur“ und Vertreter
eines ideologisch aufgeladenen
altdeutschen Symbolismus;
als neueingesetzter Direktor
an der Landeskunstschule in
Karlsruhe hat er Professoren wie
etwa Karl Hubbuch und Georg
Scholz aus dem Amt gedrängt.
In anderer Weise gehört Hermann
Burte, Schriftsteller und
Maler, zu den Regimeverfechtern,
was man nicht jedem seiner
Bilder gleich ansieht, aber aus
Texten weiß; „Anker am Rhein“
(1934) etwa zeigt einen Blick
ins Elsass, das er zur „gemeinsamen
alemannischen Heimat“
zählte, die von den Nazis für den
„judenfreien Oberrheingau“ zurückerobert
werden wollte. Darf
sein Bruder Adolf Strübe als
Mitläufer gelten, und inwiefern
trifft dies auf andere Mitglieder
der „Badischen Secession“
zu? Jedenfalls wollten einige
nach 1945 als Opfer gelten, retuschierten
Bilder und Fakten;
dem Regime verbunden, hatten
sie Erfolg und Unterdrückung
gleichzeitig erfahren, etwa Emil
Bizer oder Adolf Riedlin. Letzterer
führte staatliche Aufträge
aus, während Werke von ihm als
„entartet“ aus Museen entfernt
wurden. Eindeutig verdankt der
Bildhauer Philipp Flettner dem
„Dritten Reich“ seinen Aufstieg.
Im Übrigen charakterisiert es
die NS-Primitivität, dass eigene
Anhänger, die zunächst gegen
die „Volksfeinde“ Bedeutung
erreichten, selbst zur Zielscheibe
gerieten, z.B. Emil Nolde;
Werke von ihm wurden beschlagnahmt,
er verdiente aber
weiterhin gut (Goebbels und
Göhring war er genehm, Hitler
SUSANNE KRAISSER
Zweite Bronzezeit
8. Oktober 2020
– 9. Januar 2021
www.atelier4e.de
bevorzugte Adolf Ziegler, etc.).
Bei all diesen Pseudo-Widersprüchen
und korrupten
Willkürmaßnahmen unter den
Nazis konnten die genannten
Künstler im Deutschen Reich
bleiben, teils ästhetisch verfemt,
aber nicht politisch verfolgt, im
Gegensatz zu der 1933 ins Exil
gezwungenen und ausgeraubten
Moderne (Beckmann, Klee,
Schwitters, Freundlich, Albers,
Hausmann u.v.a.). Dieser Sachverhalt
wird in der Ausstellung
leider kaum verdeutlicht, weshalb
sich ein Besucher ohne
Vorwissen mit dem Eindruck
begnügen könnte, auch Naziverstrickte
vermögen zu malen
und mit Farbe umzugehen, denn
die Exponate zeigen durchaus
Handwerk. Aber auch Eigenständiges?
Vielmehr eignen sie
sich aus allen Kunstrichtungen
Markantes an, weshalb etwa Eugen
Feger (SA-Mitglied) „Magnolien“
kubistisch darstellen
konnte und Riedlin eine Arbeiterkolonne
expressiv futuristisch
oder den Isteiner Klotz à la
Cézanne. Paul Ibenthaler inspirierte
sich ebenfalls mächtig in
Frankreich, u.a. als Besatzungssoldat.
Genaueres lässt sich nur
am Einzelfall verstehen, wobei
die Begleitpublikation der Kuratorin
Barbara Hauß unerlässlichen
Rat bietet. Ergänzend ist
die Ausstellung „Grenzfälle“ in
Basel (hmb.ch) sehr wichtig (Besprechung
erfolgt demnächst).
Kunst und Nationalsozialismus.
Dreiländermuseum, Lörrach,
Basler Str. 143. www.dreilaendermuseum.eu.
Di – So 11
- 18 Uhr. Bis 30. Mai 2021
Cornelia Frenkel
Freiburger Künstler*innen im Mittelpunkt
Erste „Freiburg Art Fair“ am 9./10. Oktober
Die Kunstmesse „Freiburg
Art Fair (FAF)“ findet am 9./10.
Oktober zum ersten Mal in der
Halle 1 der Messe Freiburg
statt. Die FAF soll als Produzenten-Kunstmesse
verstanden
werden, bei der die Werke Freiburger
Künstler*innen im Mittelpunkt
stehen. Gleichzeitig
bietet das neue Format die Gelegenheit,
Kunstobjekte an einem
zentralen Ort auszustellen und
diese den Besucher*innen direkt
vor Ort zum Kauf anzubieten.
Die Idee hierzu stammt
von einer Initiative betroffener
Künstler*innen, die die FAF
gemeinsam mit der Freiburg
Wirtschaft Touristik und Messe
GmbH & Co. KG (FWTM) veranstalten
wird.
„Diese Messe wird ihr ganz
eigenes Profil haben, organisiert
von Künstlern für Künstler“,
erklärt Ben Hübsch von der
Freiburg Art Fair GbR. „Dabei
soll die lokale Kunstproduktion,
die ein großes und qualitatives
Spektrum hat, einem breiten Publikum
vor Augen geführt werden.“
50 aus der Region stammende
Künstler*innen werden
zeitgenössische Kunst in vielfältigen
Erscheinungsformen
zeigen. In einer Mischung aus
Albert Riedlin:
„Drei Arbeiter“,
Ausschnitt Wandbild
Gaswerk,
Freiburg, 1937
Foto: Dreiländermuseum
Hermann Burte: „Anker am Rhein, Isteiner Schwelle“, 1934
Foto: Dreiländermuseum
Lager und Ausstellung werden
in der Mitte der Halle 1 große
Präsentationswände stehen.
Darauf sollen abwechselnd
verschiedene Kunstwerke gezeigt
werden, die zuvor von den
Besucher*innen aus dem Pool
der vorhandenen Arbeiten ausgewählt
werden. Die Reihenfolge
der gezeigten Arbeiten
folgt dabei dem Anspruch von
Abwechslung und Spannung
und wird daher nicht nach den
Namen der Künstler*innen sortiert.
Damit möchte die Initiative
einen lebendigen Austausch
zwischen Besucher*innen und
Künstler*innen entstehen lassen.
Darüber hinaus können alle
Kunstobjekte, die auf der FAF
gezeigt werden, direkt vor Ort
von den Schöpfern erworben
werden. „Mit der Realisierung
der FAF möchten wir einen
Beitrag zur Unterstützung der
lokalen Kunstszene leisten
und dieser im Rahmen einer
neuen Plattform die Möglichkeit
geben, ihre Werke zentral
auszustellen und direkt an den
Endverbraucher zu veräußern“,
so FWTM-Geschäftsführer Daniel
Strowitzki. Einmalig ist bei
diesem Format der solidarische
Aspekt: Die Künstler*innen
werden einen zuvor definierten
Prozentsatz des Gesamterlöses
untereinander aufteilen.
Weitere Infos: www.faf-freiburg.de.
Geöffnet: 9. Oktober,
18:30 bis 22 Uhr; 10. Oktober,
10 bis 18:30 Uhr.