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KUNST KULTUR JOKER 11
Denken ohne Geländer
„Hannah Arendt und das 20. Jahrhundert“ – Ausstellung im
Deutschen Historischen Museum Berlin
Hannah Arendt gehört zu
den Philosoph*innen des 20.
Jahrhunderts, deren kritische
Reflexion zu Totalitarismus,
Zionismus, Menschenrechten
und Urteilskraft stetig kontrovers
diskutiert wurden und
weiterhin Anziehungskraft
ausüben; ihre Texte zur Rassentrennung
in den USA sind
von trauriger Aktualität, ebenso
ihre Ausführungen zur Situation
von Flüchtlingen und
Staatenlosen. Überdies weist
ihre Tätigkeit für die „Jewish
Cultural Reconstruction“ auf
aktuelle Debatten zur Provenienz
und Rückgabe gestohlener
Kulturgüter.
Das Deutsche Historische
Museum (DHM) in Berlin
widmet sich derzeit dem Werk
und Leben von Hannah Arendt
mit einer Ausstellung, gegliedert
in sechzehn Themenpunkte;
eine Hörcollage sowie
Filmaufnahmen ergänzen
die dokumentarische Schau.
Die Sulzburg-Laufener Ateliertage
sind mittlerweile in
jeder Beziehung zu einem
Renner geworden. Jahr für
Jahr verwandeln sich dabei das
malerische Städtchen und der
Weinort in eine große Galerie,
die Kunstbegeisterte aus Nah
und Fern anzieht. Auch am
Wochenende des 3. und 4. Oktobers
werden sich von 11 bis
18 Uhr wieder viele Hunderte
von Kunstinteressierten von
einem Atelier und einer Ausstellungsstätte
zur nächsten
treiben lassen und sich darauf
freuen, eine bunte Vielfalt von
Kunst und Können vorfinden
zu können.
Arendts Denkweise lässt sich
keiner Partei oder expliziten
Richtung zuordnen, sondern
war auf irritierende Weise eigenständig;
vor den Herausforderungen
ihrer Zeit hat
sie, die aus NS-Deutschland
flüchten musste, ein „Denken
ohne Geländer“ entwickelt
und Standpunkte ausgearbeitet,
die ihre Gesprächspartner
und Rezipienten beträchtlich
herausforderten, insbesondere
dort, wo es um ihre Definition
der „Banalität des Bösen“ geht.
Die Themenschau nimmt
auch Hannah Arendts Persönlichkeit
in den Blick, z.B.
anhand der markanten Porträt-
Fotografien von Fred Stein.
Unter den ca. 300 Objekten der
Ausstellung befindet sich auch
Arendts kleine Minox-Kamera,
mit der sie selbst Freundinnen
und Freunde fotografiert hat,
denen die Schau ein weiteres
Kapitel widmet; denn Freundschaften,
darunter die zu Karl
Spannende Einblicke in Kunst und Können
29. Sulzburg-Laufener Ateliertage am 3./4. Oktober 2020
Jaspers, Mary McCarthy, Walter
Benjamin, Heidegger, Anne
Weil, Hans Jonas und Lotte
Köhler, waren für sie von eminenter
Bedeutung und blieben
über ihre Vertreibung hinweg
bestehen. Dialogbereitschaft
und der Mut zu (be-)urteilen,
Verantwortung, Sensibilität in
Bezug auf Unterdrückung und
Machtverhältnisse waren für
Arendts Denken bestimmend.
Zur Ausstellung ist eine Publikation
erschienen („Hannah
Arendt und das 20. Jahrhundert“.
Hg. D. Blume, M. Boll,
R. Gross. Piper). Autoren wie
Milo Rau, Susan Neiman,
Micha Brumlik gehen hier
Arendts politisch-historischen
Standpunkten und den Reaktionen
darauf aus heutiger Sicht
nach. Die einzigartige Laufbahn
dieser politischen Theoretikerin
hat viele ambivalente
Seiten und ruft nicht nur Zustimmung
hervor. Doch wenn
sie z.B. darlegt, dass niemand
„Hannah Arendt und das 20. Jahrhundert“.
Foto: Deutsches Historisches Museum, Berlin
Wenngleich die 29. Auflage
der kultigen Veranstaltung Corona-bedingt
lange mit einem
dicken Fragezeichen versehen
war. Alle Besucher seien deshalb
darauf hingewiesen, die
aktuellen Verhaltensregeln vor
Ort unbedingt zu beachten.
Zu entdecken gibt es wieder
vieles: von handgefertigt Konventionellem
bis hin zu außergewöhnlich
Innovativem, der
Reichtum an Kreativität ist
erstaunlich. Über 35 Künstlerinnen
und Künstler geben die
Gelegenheit, Einblicke in ihre
Ateliers und Werke zu nehmen.
Malerei und Zeichnung – abstrakt,
naturalistisch oder in diversen
Mischtechniken – sowie
Bildhauerei und Skulpturen in
Stein, Holz und Ton sind am
stärksten vertreten.
Zum Konzept der Ateliertage
gehören auch die 20 zum
Teil außergewöhnlichen Ausstellungsorte.
Wo und was es
alles zu sehen gibt – darüber
informiert ein mit Smartphone-tauglichem
QR-Code
versehener Flyer. Seinen ganz
individuellen Kunstparcours
kann man aber auch schon bequem
zu Hause per Internet-
Info zusammenstellen (www.
ateliertage.com) inklusive coolem
Trailer. Selbstverständlich
sind die KünstlerInnen an beiden
Tagen vor Ort und stehen
für Fragen und Informationen
der hoffentlich vielen Besucher
gerne zur Verfügung.
„das Recht hat, zu gehorchen“
oder zeigt, warum es ein gefährlicher
Aspekt der Realitätsflucht
ist, „mit Tatsachen
so umzugehen, als handele es
sich um bloße Meinungen“,
dann wird unmittelbar deutlich,
warum Arendt von zeitgenössischer
Bedeutung bleibt.
„Hannah Arendt und das
20. Jahrhundert“. Deutsches
Historisches Museum, Berlin.
www.dhm.de. Bis 18. Oktober
2020 Cornelia Frenkel
„29. Sulzburg-Laufener Ateliertage
2020“, 3. und 4. Oktober
2020, 11-18 Uhr; siehe
auch www.ateliertage.com
Emmanuelle Rybojad, Rose / Pink
Sulzburg-Laufener Ateliertage 2020 Foto: promo
Fantastische Bildwelten
Bilder und Skulpturen
26.O9.2O2O - 31.O1.2O21