Das Kriegstagebuch von Albert Plassmann - wattenscheid.net
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gossen. Am Donnerstag wurden unsere Möbel<br />
nach Plettenberg verladen. Auch ein harter Abschied<br />
<strong>von</strong> gut Vertrautem. Wir denken an die<br />
Zukunft, wann und wo wir sie wieder aufbauen<br />
können. Augenblicklich hausen wir in drei Zimmern,<br />
ausgestattet mit einigen alten Möbelstücken,<br />
die hierbleiben sollen. Unsere Wohnung<br />
hat viel Licht, Luft und Sonne. Wir sind zum<br />
Einfachen zurückgekehrt und werden auch so<br />
fertig. Vor einigen Tagen erhielten wir auch <strong>von</strong><br />
den drei Alten Nachricht. Zu unserer Freude haben<br />
sie es gut getroffen. Sie wohnen in einem<br />
Heim der Samariter. – Schwestern in Volkerthausen<br />
am Bodensee (Baden). Sie schreiben <strong>von</strong><br />
ihrer Fahrt dorthin und denken vorläufig noch<br />
nicht an eine Rückkehr in den Kohlenpott. – In<br />
der Nacht <strong>von</strong> Freitag auf Samstag hatten wir<br />
wieder Flieger über uns. Der Angriff konzentrierte<br />
sich auf Remscheid. – Gestern war ich mit<br />
Frau in Dortmund, sah auch dort nur Trümmer,<br />
fuhren weiter nach Mengede und verabschiedeten<br />
uns <strong>von</strong> Otti. Es gab wieder einige Tränen.<br />
Ansonsten bewegen sich unsere Gespräche um<br />
unsere kommenden Schicksale in Pommern.<br />
Wie werden wir es dort antreffen?<br />
2.8.1943 Hypothekenschuld beglichen. Liste<br />
der Gebäude- und Wohnungsschäden am Bauamt<br />
eingereicht. – Wasserleitungsreparatur beantragt.<br />
6.8.1943 Nach langem Warten erhielten wir<br />
heute einen Brief <strong>von</strong> Josef. Er war auf dem<br />
Marsch, hat wunde Füße. Augenblicklich wird<br />
er wohl an den harten Kämpfen teilnehmen.<br />
Offensive der Russen bei Orel usw. Er weiß noch<br />
Nacht über Wattenscheid · Schlag auf Schlag<br />
120<br />
nicht, dass wir evakuiert werden. Wo soll er seinen<br />
Urlaub verbringen? – Jeder Tag bringt Arbeit<br />
für den Abreisefall. Gestern stellte ich an<br />
der Fritz-Borawski-Schule Abreisebescheinigungen<br />
für meinen Transport aus. Der Abreisetag ist<br />
noch nicht festgelegt. In der Zeitung eine Bekanntmachung,<br />
dass nach den Ferien hier kein<br />
Unterricht mehr stattfindet. Wohin aber mit<br />
den Kindern, die nicht nach Pommern wollen<br />
oder zu Verwandten gehen? Am 4.8. ist Doris<br />
aus ihrer Pflichtjahrstelle entlassen worden und<br />
nach Hause gekommen. Mutter musste sie abholen,<br />
weil sie kränkelte.<br />
8.8.1943 Die Witterung ist schlecht, deshalb<br />
findet der Gottesdienst in der alten Pilgrimskapelle<br />
statt. Für den weiteren Gottesdienstgebrauch<br />
ist die Kapelle hergerichtet worden.<br />
Nach dem Hochamte verabschieden wir uns<br />
<strong>von</strong> unserem Seelsorger und lassen uns den Reisesegen<br />
geben.<br />
9.8.1943 Änne verabschiedet sich <strong>von</strong> uns<br />
und geht zu ihrer Mutter. Damit verlässt uns<br />
eine getreue Hausgenossin, die vor allen meinen<br />
Kindern und den betagten Schwiegereltern<br />
eine aufopfernde Helferin war. Wir sind traurig,<br />
dass alle Bande auseinandergerissen werden. Es<br />
ist mir nicht möglich, unsere Gedanken und<br />
Empfindungen alle ausführlich wiederzugeben.<br />
Es sind trostlose Tage!!<br />
10.8.1943 Von Plettenberg bekommen wir<br />
Nachricht, dass Möbel gut angekommen sind.<br />
Verladung noch am Abend – Tisch aus dem<br />
Leim, Scheibe entzwei. Wir sind froh, dass wir<br />
so noch glimpflich abgekommen sind. Viele<br />
Leute beklagen sich darüber, dass ihre Möbel<br />
beim Transport schwer beschädigt worden seien<br />
– Füße ab. Nun steht endlich auch in der Zeitung,<br />
dass unser Transport am Montag, d. 16.8.<br />
Wattenscheid verlassen wird. Wohin – ist noch<br />
nicht angegeben.<br />
11.8.1943 Doris zur Verabschiedung zwei<br />
Tage in Plettenberg gewesen. Herbert hat sich<br />
gut eingelebt.<br />
12.8.1943 <strong>Das</strong> Wetter hat sich gebessert,<br />
gleich wird’s auch wieder in der Luft lebendig.<br />
Gegen 9 ½ Uhr morgens gibt’s Alarm und mehrere<br />
Geschwader ziehen am blauen Himmel<br />
über uns hinweg nach Osten. Hinter sich her<br />
schleppen sie deutlich erkennbare Kondensstreifen.<br />
Sie sind ein gutes Ziel unserer Flak. Ein<br />
Flugzeug wird getroffen, zieht eine Rauchfahne<br />
hinter sich her. Ein Fallschirm schwebt zu Bo-<br />
Nacht über Wattenscheid · Schlag auf Schlag<br />
121<br />
den, kurz nachher steht ein mächtiger Dampfpilz<br />
über der Stelle, wo das Flugzeug abgestürzt<br />
ist. Bomben werden abgeworfen in Bochum<br />
und Dortmund.<br />
Wir hören heute, dass wir wahrscheinlich nach<br />
Baden verschickt würden.<br />
15.8.1943 Seit Donnerstag wissen wir nun<br />
ungefähr, wohin die Reise geht und wo wir die<br />
weitere Kriegszeit verleben werden. Unser Aufenthaltsort<br />
liegt einige Kilometer östlich <strong>von</strong><br />
Stettin. Es scheint Flachland zu sein. Abreisetag<br />
ist der morgige Tag. Mit unserer Abreise ist<br />
das Haus <strong>von</strong> allen alten Hausbewohnern verlassen.<br />
Der Abschied fällt schwer. Wir denken<br />
an das weitere Schicksal unseres Heimes. Wie<br />
werden wir es wiedersehen? – Und wann? – So<br />
will ich denn auch meine Chronik des Hauses<br />
kurz schließen und hoffe, dass Gott die Schicksale<br />
des Hauses und seiner Bewohner in Zukunft<br />
gnädig lenken möge. Amen!<br />
Aufenthaltsorte der Hauseinwohner:<br />
Opa, Oma, Onkel Tom in Volkertshausen am<br />
Bodensee, bei den Samariter Schwestern.<br />
Ich, Franz und Doris östlich <strong>von</strong> Stettin.<br />
Herbert, bei Fam. Fritz Neuhaus in Plettenberg<br />
Josef, Maschinengewehr Schütze an der<br />
Ostfront.<br />
Treschen, Trudi, Urlaub in Lehesten, Sachsen.<br />
Willi, an der Ostfront.<br />
Frau Dreyer, Änne, auf einem Bauernhof<br />
bei Halberstadt.<br />
August Dreyer, augenblicklich in einer<br />
Garnison in Mitteldeutschland.