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Das Kriegstagebuch von Albert Plassmann - wattenscheid.net

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Himmel.<br />

Als<br />

es etwas<br />

ruhiger wurde,<br />

kam sogar<br />

Herbert aus dem<br />

Keller nach oben, um<br />

einmal dieses Lichtwunder<br />

zu sehen. (Über Brandbomben,Signal-Leuchtbomben<br />

und andere Angriffsmittel der<br />

englischen Flieger in der „Sirene“ nachlesen!)<br />

Von unserem Schlafzimmerfenster<br />

war das brennende Bochum schaurig-schön<br />

anzusehen. Unter diesem Eindruck feiern wir<br />

1943 Pfingsten.<br />

15.6.1943 In der vergangenen Nacht war<br />

der Nachtzauber am westlichen Himmel. Die<br />

feindlichen Flieger finden auch trotz bedecktem<br />

Himmel ihr Ziel. Schwere Zerstörungen wurden<br />

vor allem in Oberhausen angerichtet. – Nach<br />

und nach hört man Einzelheiten <strong>von</strong> den Bombenschäden<br />

in der vergangenen Nacht in Bochum.<br />

Die Schäden sind noch größer als beim<br />

ersten Angriff. In der Altstadt ist fast jedes Haus<br />

ausgebrannt oder zerstört. Am Rathaus brannte<br />

der Dachstuhl, eine Sprengbombe zerstörte den<br />

hinteren Teil. Die bekanntesten Geschäftshäuser<br />

sind ebenfalls vernichtet. Kortum-Warenhaus,<br />

Röhl, Fischer, Balz usw. Zerstört auch die<br />

Propsteikirche und das Augusta- und Elisabeth-<br />

Krankenhaus. Augenzeugen berichten, dass<br />

Bochum bald vom Erdboden verschwunden<br />

Nacht über Wattenscheid · Schlag auf Schlag<br />

112<br />

sei. Merkwürdig ist, dass der Bochumer Verein<br />

weniger Schaden gelitten hat. Einen Volltreffer<br />

bekam das Eingangsgebäude. In der Schule<br />

fragte ich nach dem Schicksal der Verwandten<br />

meiner Schüler in Bochum. Dabei musste ich<br />

die Feststellung machen, dass mit Ausnahme<br />

<strong>von</strong> dreien alle Verwandten meiner Schüler in<br />

Bochum mehr oder weniger in Mitleidenschaft<br />

gezogen worden waren. - Von dem Angriff auf<br />

Wuppertal erzählte ein Nachbar, der als Soldat<br />

dort einen Umschulungskurs durchmacht: Er<br />

selbst sei in der fraglichen Nacht nach auswärts<br />

kommandiert gewesen. Die Kaserne bekam einen<br />

Volltreffer. Zehn Soldaten wurden getötet.<br />

200 Soldaten sind beschäftigt, um die Toten zu<br />

bergen. Es wären bis jetzt etwas über 300 Opfer<br />

herausgebuddelt worden. Tausende liegen noch<br />

unter den Trümmern. – Doris kam am ersten<br />

Feiertag in Urlaub. Sie kam per Rad; es fuhr in<br />

Bochum keine Straßenbahn und kein Zug. Anni<br />

Bohmhold (Stiepel) musste einen zweistündigen<br />

Fußmarsch machen, um bei Muttern zu<br />

sein. – Herbert hat sich heute zwei junge Enten<br />

<strong>von</strong> Berkmann gekauft.<br />

Heute morgen 10 Uhr Voralarm. Über uns höre<br />

ich die feindlichen Flieger. Starker Beschuss vertreibt<br />

sie. Amerikanische fliegende Festungen<br />

führen zumeist Tagesangriffe (200) aus auf Küstenstädte.<br />

20.6.1943 Stadtwacht-Übung um 10 Uhr! 79<br />

Mann werden gezählt. Es ist strahlendes Sommerwetter.<br />

Der Wachtmeister lässt uns auf dem Fußballplatz<br />

am Hellweg antreten und stottert sich<br />

etwas zurecht über Einteilung der Stadtwacht,<br />

Verhalten bei Festnahmen, Absperrungen usw.<br />

So stehen wir 1 ½ Stunden in der prallen Sonne,<br />

ohne Kopfbedeckung. Die Folgen stellen sich<br />

auch ein. Mein Kopf „brummt“ nachmittags. –<br />

Auch ein Kriegsopfer! In der Stadtwacht bin ich<br />

der Reserve überwiesen worden. - Im Laufe des<br />

Tages gab es 3-mal Alarm. Ein Flugzeug überflog<br />

in großer Höhe unser Gebiet und wurde heftig<br />

beschossen. In den vergangenen Nächten hatten<br />

wir trotz schlechter Wetterlage stets Alarm.<br />

Ein größerer Angriff richtete sich gegen Köln.<br />

In der vergangenen Nacht explodierten an drei<br />

Stellen der Stadt noch vor dem Alarm gefüllte<br />

Phosphorflaschen, ohne Schaden anzurichten.<br />

Diese Flaschen werden unter Ballonen über das<br />

Gebiet geführt und lösen sich nach einer gewissen<br />

Zeit (siehe „Sirene“).<br />

22.6.1943 In den Morgenstunden war regelrechter<br />

Fliegeralarm. Ein starker Verband<br />

feindlicher Flieger griff das Ruhrgebiet an. In<br />

westlicher Richtung schwoll das Flakfeuer zum<br />

Trommelfeuer an. Wie erzählt wird, sollen die<br />

Buna-Werke bei Hüls bombardiert worden sein.<br />

- In der vergangenen Nacht war Krefeld das Ziel<br />

eines Bombenangriffs. Wir hatten heute noch<br />

2-mal Alarm<br />

23.6.1943 Wieder ein britischer Großangriff<br />

auf das Gebiet <strong>von</strong> Mülheim und Oberhausen.<br />

Der Heeresbericht teilt mit, dass große Verluste<br />

unter der Bevölkerung und erhebliche Gebäudeschäden<br />

entstanden seien. Über Mülheim sehe<br />

ich einen gewaltigen Rauchpilz am sternenklaren<br />

Himmel stehen, der sich zu einer schwarzen<br />

Wolke ausdehnt und weiter nach Nordosten<br />

Nacht über Wattenscheid · Schlag auf Schlag<br />

113<br />

zieht wie mächtige Gewitterwolken. Manche<br />

Stellen unseres Gebietes waren heute morgen<br />

bedeckt mit angebrannten Papieren, die <strong>von</strong><br />

Mülheim bis hierher getragen worden sind. So<br />

fand Herbert eine angebrannte Quittung der<br />

Mülheimer Post. – Heute Morgen fanden im<br />

Stadion die Leistungsprüfungen der Schüler im<br />

Turnen statt. Wider Erwarten wurden wir nicht<br />

durch Alarme gestört.<br />

25.6.1943 Schwerer Angriff auf Elberfeld.<br />

Große Verluste. Von Süden nähert sich ein Bomber.<br />

Er fliegt sehr tief, <strong>von</strong> den Scheinwerfern<br />

festgehalten, <strong>von</strong> der Flak heftig beschossen.<br />

Er fliegt über unser Haus in Richtung Gelsenkirchen.<br />

Nun zieht er eine Rauchwolke hinter<br />

sich her und sinkt immer tiefer. Ein roter Feuerschein<br />

in Gelsenkirchen lässt vermuten, dass<br />

das Flugzeug dort aufgeschlagen ist. Soldaten<br />

unserer Flak fahren auf Fahrrädern dorthin und<br />

bringen folgende Nachricht: <strong>Das</strong> Flugzeug hat<br />

das Kolpinghaus (Theresienstraße) durchschlagen<br />

und ist noch etliche Meter tief in den Boden<br />

eingedrungen. Von der Besatzung konnte<br />

sich einer mittels Fallschirm retten. Im Kolpinghaus<br />

sind Landesschützen untergebracht, die<br />

am Tage vorher abgelöst hatten. Von diesen<br />

sind bei dem Absturz 42 im Luftschutzkeller<br />

umgekommen.<br />

26.6.1943 Wieder ein schwarzer Tag für<br />

Wattenscheid. 00: 30 Uhr Alarm. Es muss wohl<br />

wieder ein Großangriff erfolgen, wenn um diese<br />

Zeit Alarm gegeben wird. Über Gelsenkirchen<br />

erscheint der erste Bomber. <strong>Das</strong> Flakfeuer<br />

nimmt zu, auch unsere Flak mischt sich ein. Da

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