22.12.2012 Aufrufe

Das Kriegstagebuch von Albert Plassmann - wattenscheid.net

Das Kriegstagebuch von Albert Plassmann - wattenscheid.net

Das Kriegstagebuch von Albert Plassmann - wattenscheid.net

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.

YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.

schöneren Vaterlandes. Musste Christus nicht<br />

sterben, um desto herrlicher zu neuem Leben<br />

aufzuerstehen? Wo Saat ist, da ist auch Ernte.<br />

<strong>Das</strong> Volk erwartet baldigst diese Erntezeit, denn<br />

es ist genug der Saat.<br />

26.4.1943 <strong>Das</strong> Osterwetter ist schlecht. Es<br />

stürmt und reg<strong>net</strong>. In Tunis hält eine tapfere<br />

deutsch-ital. Armee einen Brückenkopf gegen<br />

eine feindliche Übermacht. – Doris ist zu Hause<br />

auf Osterurlaub. Sie hat sich langsam an die<br />

neuen Verhältnisse gewöhnt.<br />

27.4.1943 In der Karwoche und an den Ostertagen<br />

haben uns die Briten in Ruhe gelassen.<br />

Aber in der Nacht nach Ostermontag ging der<br />

Tanz gleich wieder los. Gegen 2 Uhr wirkten im<br />

Westen wieder Bomber in großer Zahl. Einzelne<br />

näherten sich auch unserem Gebiet. In Mitleidenschaft<br />

gezogen wurden die Städte Duisburg,<br />

Mülheim und Oberhausen.<br />

30.4.1943 Großangriff 2 Uhr gegen Essen<br />

und Umgebung. Über uns kreist lange Zeit ein<br />

hartnäckiger Bomber. Ringsherum sehe ich das<br />

weißhelle Aufleuchten der Brandbomben, in<br />

Eppendorf, Freisenbruch, Essen, Katernberg,<br />

Stoppenberg, Gelsenkirchen. Über Gelsenkirchen<br />

ein Tiefflieger, <strong>von</strong> der leichten Flak heftig<br />

beschossen. Wir werden verschont. Nach dem<br />

Angriff lodern an mehreren Stellen (besonders<br />

in Essen) große Brände zum nachtdunklen<br />

Himmel.<br />

1.5.1943 Tag der Arbeit! Jede Arbeit ruht. Der<br />

Arbeiter soll nach seinem Gutdünken feiern. Es<br />

finden keine Versammlungen und Feiern statt.<br />

2.5.1943 Ich habe wieder eine neue Aufga-<br />

Nacht über Wattenscheid · Schlag auf Schlag<br />

106<br />

be bekommen. Von heute an gehöre ich der<br />

Stadtwacht an. Heute morgen waren alle neugebackenen<br />

Stadtwachtleute bei Wegmann (Hellweg)<br />

versammelt und wurden durch den Revier-Polizeiführer<br />

auf ihre Aufgaben vereidigt.<br />

Als Stadtwacht sollen wir besonders eingesetzt<br />

werden zur Überwachung der ausländischen Arbeitskräfte.<br />

Die Zahl der Ausländer in unserem Bezirk wird<br />

immer größer. Neben russischen Kriegs- und<br />

Zivilgefangenen beiderlei Geschlechts arbeiten<br />

bei Schwarz und auf der Morgensonne noch<br />

Franzosen und Holländer, die in den Sälen bei<br />

Mehring und Güttmann untergebracht sind.<br />

Die Bevölkerung ist schon beunruhigt wegen<br />

der großen Zahl <strong>von</strong> Ausländern und ergeht<br />

sich in allerlei Vermutungen. Was könnte nicht<br />

alles geschehen?<br />

5.5.1943 Heute Nacht Fliegeralarm gegen<br />

24 ½ Uhr. Diesmal findet der Angriff im Osten<br />

statt. Es war ein Großangriff auf Dortmund, Bochum,<br />

Gelsenkirchen. Größere Schäden sollen<br />

vor allem in Dortmund entstanden sein. Ununterbrochen<br />

reg<strong>net</strong> der rötliche und grün-gelbliche<br />

Phosphor <strong>von</strong> oben. Über 30 Bomber wurden<br />

abgeschossen. Hinter Bochum entsteht ein<br />

Großfeuer mit mächtiger Rauchentwicklung.<br />

Der Tod holte sich seine Opfer auch aus unserer<br />

Nachbarschaft. Gegen 2 Uhr sehe ich ein Opfer<br />

zur Morgensonne fahren. Dort ist auf dem<br />

Bordstein zwischen den Häusern Sevinghauser<br />

Weg 55 - 57 eine Flakgranate explodiert. In unmittelbarer<br />

Nähe stehen Friedel Hein und Günter<br />

Scholz (15 und 16 Jahre alt). Etwas weiter an<br />

der Straßenecke Herr Sowada (45 J) und Steiger<br />

Übbing. Den beiden Jungens werden die Beine<br />

zerrissen. Sie liegen in ihrem Blute, ihr Schreien<br />

ist bis zum Hohenstein zu hören. Herr Sowada<br />

bekam einen Splitterdurchuss durch den<br />

Unterleib, während Steiger Übbing mit einer<br />

ungefährlichen Granatsplitterverletzung am<br />

Oberschenkel da<strong>von</strong>kam. Ein anderer Splitter<br />

durchschlug seinen Stahlhelm und seinen Hut.<br />

Nach Anlegung <strong>von</strong> Notverbänden wurden die<br />

Getroffenen zum Krankenhaus transportiert.<br />

Kurz nach der Einlieferung starben Hein, Scholz<br />

und Sowada infolge Verblutung.<br />

So. 9.5.1943 Heute Nachmittag fand unter<br />

großer Anteilnahme der Bevölkerung die Beerdigung<br />

auf den ev. Friedhof in Westenfeld statt.<br />

Die drei Leichen waren in der Totenhalle des ev.<br />

Krankenhauses aufgebahrt. Die Beerdigung verzögerte<br />

sich infolge des Zusammenbruchs eines<br />

Pferdes vor einem Leichenwagen. Auch der Hafer<br />

ist rar. Zeichen der Zeit! Sarkastisch meinte<br />

einer, dieses Pferd gehöre gewiss auch zu den<br />

Normalverbrauchern (Volksgenossen, die die geringsten<br />

Nahrungsmittelmengen erhalten - zum<br />

Unterschied <strong>von</strong> den Schwer- und Schwerstarbeitern).<br />

– Zu gleicher Zeit wurde auch unsere<br />

Nachbarin, Frau Kniebes (84 J), beerdigt, welche<br />

schon längere Zeit auf den Tod wartete. Ich denke<br />

noch an unsere Bombennacht am 9. März,<br />

als wir sie schwerkrank in unseren Luftschutzkeller<br />

trugen.<br />

13.5.1943 Alarm gegen 13 Uhr. Duisburg erlebt<br />

wieder einen schweren Angriff. Ich bemerke<br />

in westlicher Richtung den Abschuss <strong>von</strong> 3<br />

Nacht über Wattenscheid · Schlag auf Schlag<br />

107<br />

Flugzeugen. Besonders schaurig-schön war der<br />

Absturz des ersten Flugzeugs. Es hinterließ eine<br />

breite feurige Bahn. Gleichzeitig hatte sich der<br />

Phosphor im Flugzeug entzündet und floss nun<br />

helleuchtend in die Tiefe. 34 Flugzeuge wurden<br />

abgeschossen. Eine rote Feuerwand steht im<br />

Westen.<br />

14.5.1943 Die vergangene Nacht war wieder<br />

eine der unruhigsten. Der erste Alarm war gegen<br />

23:15 Uhr. Es blieb alles ruhig. Weit hinter<br />

Wanne sehe ich einige Flakschüsse. Gegen 00:15<br />

Uhr war wieder Entwarnung. Zweiter Alarm um<br />

01:30 Uhr. Wieder raus aus den Betten, alles<br />

macht sich kellerbereit. Ich beobachte im Garten.<br />

In Richtung Überruhr am Himmel Sprühfeuer.<br />

Dort tanzen explodierende Flakgranaten.<br />

Deutlich höre ich fast über mir Propellergeräusche<br />

und wundere mich, dass kein Scheinwerfer<br />

arbeitet und kein Geschütz feuert. Sollte wohl<br />

über uns ein deutscher Nachtjäger sein? – Da<br />

plötzlich steht über Bochum die bekannte rote<br />

Phosphortraube. Da wurde aber der Spitzberg<br />

munter! Im Nu war alles im Keller verschwunden.<br />

Wohl 1 ½ Stunden folgte nun lebhaftes Flakfeuer.<br />

Von Zeit zu Zeit werfe ich einen Blick nach<br />

draußen. Bochum ist Zielpunkt. Brandbomben<br />

leuchten auf <strong>von</strong> Bochum Mitte in einem langen<br />

Streifen nach Süden. Flugzeuge torkeln im<br />

Scheinwerferlicht hin und her, ziemlich niedrig,<br />

umgeben <strong>von</strong> Flakfeuer. Da auf einmal steigert<br />

sich das Flakfeuer zum Trommelfeuer. Auch die<br />

kleine Flak schießt lebhaft. Was war das? - Ein<br />

Tiefflieger flog über unser Haus auf Bochum zu<br />

und beschoss mit Maschinengewehren die Wes-

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!