Das Kriegstagebuch von Albert Plassmann - wattenscheid.net
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Gelsenkirchen und Horst/Ruhr. In Gelsenkirchen<br />
beobachte ich einen Brand, der aber bald<br />
verlöscht.<br />
31.1.1943 Kleine Ursache große Wirkung.<br />
Die kleine Ursache ist nur ein Flugzeug. Und<br />
wenn dieses Flugzeug wie in der vergangenen<br />
Nacht 3-mal Westdeutschland kreuz und quer<br />
überfliegt, dann ist die Wirkung die, dass Millionen<br />
<strong>von</strong> Menschen 3-mal in der Nacht sich<br />
aus- und anziehen und schimpfend und verängstigt<br />
den Luftschutzkeller aufsuchen. <strong>Das</strong> ist<br />
Zermürbungspolitik des Feindes gegenüber der<br />
Zivilbevölkerung. Übrigens ging das Gerücht,<br />
der Feind hätte in der vergangenen Nacht etwas<br />
besonderes vorgehabt. Deutschland feierte<br />
nämlich die 10-jährige Wiederkehr des Tages der<br />
Machtübernahme durch den Führer. <strong>Das</strong> Volk<br />
wurde an diesem Tage aufgerufen zur totalen<br />
Kriegsteilnahme, besonders die Frauen. Auch<br />
wir könnten da<strong>von</strong> betroffen werden. Wir rechnen<br />
damit, dass Änne für einen Kriegseinsatz<br />
in Frage kommt. Was dann? – Grund zu diesem<br />
Aufruf ist die ernste Lage an der Ostfront. Die<br />
6. Armee ist in Stalingrad eingeschlossen und<br />
kämpft dort verzweifelt und tapfer gegen eine<br />
gewaltige Übermacht. Die Stimmung in der Bevölkerung<br />
ist niedergeschlagen, alles wartet mit<br />
Spannung auf die weitere Entwicklung der militärischen<br />
Lage. Werden wir es schaffen? – Es ist<br />
ein Kampf um Sein oder Nichtsein. - Am 29. 1.<br />
kam Mutter <strong>von</strong> Nordwalde zurück. Was sie an<br />
Essbarem mitbrachte, war nicht viel, aber auch<br />
das Wenige wurde mit Freude entgegengenommen.<br />
Am 22.1. holten wir den Kleinempfänger<br />
Nacht über Wattenscheid · Schlag auf Schlag<br />
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ab. Nach anfänglichen Schwierigkeiten tat er<br />
uns auch den Gefallen, zu arbeiten.<br />
3.2.1943 Montag war der Pantoffelmacher<br />
aus Hannover da und kaufte Opas Kostüme für<br />
3000 RM. Damit hat Opas Theaterkostümverleihgeschäft<br />
sein Ende gefunden. Wir sind froh,<br />
dass wir die alten und verdreckten Sachen quitt<br />
sind. – Gestern Abend, 20:00 Uhr, Alarm und<br />
schwerer Luftangriff auf Wuppertal und Duisburg.<br />
Über unser Gebiet kam nur ein Flugzeug.<br />
Neu war bei diesem Angriff der Gebrauch blutroter<br />
Leuchtbomben. Auch die weißen Leuchtbomben<br />
sind <strong>von</strong> anderer Art. Sie verbreiten ein<br />
taghelles Licht. – Heute ist August Dreyer aus<br />
dem Lazarett nach Hause gekommen und verbringt<br />
hier seinen Genesungsurlaub.- Mir geht<br />
es augenblicklich wieder sehr schlecht, fehlt mir<br />
doch der Rauchtabak bereits seit Samstag.<br />
13.2.1943 Auch an den vergangenen Tagen<br />
war an jedem Tage mittags und abends Alarm<br />
ohne Bedeutung. Vorgestern bekam die Zeche<br />
Präsident in Bochum Treffer in die Waschkaue,<br />
es gab Tote und Verletzte. – Am 11.2. musste<br />
ich zu einer Besprechung zwecks Teilnahme<br />
an der diesjährigen KLV.-Aktion. Wegen unseres<br />
Bombenschadens habe ich aber Freistellung<br />
beantragt. – Die Vernichtung unserer 6. Armee<br />
in Stalingrad hat in der gesamten Bevölkerung<br />
große Niedergeschlagenheit hervorgerufen.<br />
Dieses Ereignis und die andauernden harten<br />
Kämpfe an der Abwehrfront im Osten haben<br />
uns die Augen auf die Gefahr des Bolschewismus<br />
gelenkt. Es erfolgte der Aufruf zur totalen<br />
Kriegsführung. In den nächsten Tagen folgen<br />
die Erlasse zum verstärkten Einsatz der Frauen<br />
usw. Wir haben die Befürchtung, dass wir unsere<br />
Änne verlieren werden. – Von Hetti Hötte<br />
wird uns mitgeteilt, dass auch Herr Borgolte bei<br />
den Stalingradkämpfern gewesen sei.<br />
22.2.1943 Immer noch versucht der Brite<br />
durch tägliche Störflüge besonders in den<br />
Abendstunden die Bevölkerung in Unruhe zu<br />
versetzen. In Unruhe gerieten wir vor einigen<br />
Tagen durch einen Brief Josefs. Darin teilte er<br />
uns mit, dass es ihm augenblicklich nicht gut<br />
gehe; er habe Verletzungen an der Hand, schon<br />
seit 3 – 4 Wochen. <strong>Das</strong> Ist alles, was er uns mitteilt<br />
und überlässt es nun uns, zu raten, was es<br />
mit diesen Verletzungen auf sich hat. Er lässt<br />
uns in seinen Briefen vollständig im Unklaren<br />
über seine persönlichen Verhältnisse. Wir wissen<br />
auch nicht, an welcher Stelle der Ostfront er<br />
sich aufhält. Seine Zurückhaltung im Mitteilen<br />
in allen Ehren, etwas mitteilsamer könnte unser<br />
Soldat doch sein. – Doris bekam eine Mitteilung<br />
der BdM Bannführung, dass sie für einen Einsatz<br />
im Osten vorgesehen sei. Daraufhin fuhren<br />
gestern Mutter und Doris nach Nordwalde, um<br />
bei einem dortigen Bauern als Landjahrmädel<br />
bis zum 1. Oktober untergebracht zu werden.<br />
Sie sind aber erfolglos heimgekommen; eine<br />
Unterbringung für nur ½ Jahr stößt überall auf<br />
Ablehnung. – Opas Kostüme sind vor acht Tagen<br />
nach Hannover verladen worden. – Endlich<br />
sind wir auch in den Besitz <strong>von</strong> Glasscheiben<br />
gekommen und haben sie gleich am Bücherschrank,<br />
Wäscheschrank, an der Vitrine und der<br />
Wanduhr eingesetzt. Die erste Glasscheibe der<br />
Nacht über Wattenscheid · Schlag auf Schlag<br />
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Mitteltür des Bücherschrankes war falsch zugeschnitten,<br />
die zweite zersprang mir beim Einsetzen,<br />
nun wird die dritte geliefert.<br />
6.3.1943 Tag für Tag erscheinen immer noch<br />
abends feindliche Flieger, meist in geringerer<br />
Zahl, werfen hier und da einige Bomben und<br />
verschwinden dann wieder. Sind diese täglichen<br />
Störangriffe als Vorbereitungsarbeit für<br />
die kommende Offensive der Feindmächte zu<br />
bewerten? – Am 26.2. erlebte Köln wieder einen<br />
schweren Bombenangriff. – Gestern Abend<br />
erlebten wir wieder einen schweren Bombenangriff.<br />
Ziel des Angriffs war Essen <strong>von</strong> 19:30 –<br />
01:30 Uhr nachts. Es entstanden umfangreiche<br />
Zerstörungen. 15 feindliche Bomber wurden abgeschossen.<br />
Auch die Bahnanlagen müssen getroffen<br />
worden sein. Alle Personenzüge, die <strong>von</strong><br />
Osten kommen, haben hier heute Nachmittag<br />
stundenlange Aufenthalte. <strong>Das</strong> Reisen ist in der<br />
Jetztzeit eine unangenehme Sache. Am wohlsten<br />
fühlt man sich zu Hause. Am 2.2. erlebten<br />
wir den ersten größeren Tagesangriff. Amerikanische<br />
Bomber griffen kurz vor Mittag die Bahnhofsanlagen<br />
<strong>von</strong> Hamm an, zerstörten sie und<br />
flogen in südlicher Richtung weiter. Es werden<br />
80 Tote gemeldet. – Heute Nachmittag habe ich<br />
wieder eine neue Dachpfanne einsetzen müssen.<br />
Die Sprengstücke der Flakgranaten zerschlagen<br />
manche Dachpfannen. – Opa sollte auch eine<br />
neue Nähmaschine geliefert bekommen. Wir<br />
erhalten aber <strong>von</strong> Schlenkhoff heute die Nachricht,<br />
dass nur diejenigen Bombengeschädigten<br />
eine Nähmaschine erhalten, welche mindesten<br />
zwei minderjährige Kinder im Haushalt haben.