Das Kriegstagebuch von Albert Plassmann - wattenscheid.net
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18.7.1942 In der Mittagszeit Alarm. Die<br />
Wolken liegen tief. Der Flieger darüber ist gut<br />
zu hören. Die Flak schießt Schnellfeuer, der Flieger<br />
dreht ab. – Von Öchtringhausen bekommen<br />
wir Nachricht, dass es ihnen nicht möglich ist,<br />
uns aufzunehmen. – Duisburg und Oberhausen<br />
hatten bei Tagesangriffen stärkere Verluste, man<br />
spricht <strong>von</strong> 130 Toten.<br />
19.7.1942 Mittags kurzer Alarm, kein Flieger<br />
hier zu hören.<br />
20.7.1942 Herbert und ich nach Preute, um<br />
nach den Ofen zu fragen. Es stellt sich heraus,<br />
dass er noch gar nicht dort angekommen ist. Wo<br />
haben die Schlaumeier den Ofen gelassen? Doris<br />
schickt uns ein Paket mit Johannisbeeren.<br />
21.7.1942 Mittags Alarm! – Herbert bekommt<br />
<strong>von</strong> Ottmarsbocholt eine Einladung<br />
zum Ferienaufenthalt. Er wird seinen Husten<br />
noch nicht los. – Auf der Suche nach dem Dauerbrandofen<br />
gehe ich zunächst nach Eisler. Frau<br />
Eisler kann mir aber keine Auskunft geben. Auf<br />
dem Rückweg treffe ich den Fahrer selbst. Sie<br />
haben den Ofen dort hingestellt, wo sie die Möbel<br />
abgeladen haben. Ich mache Schmidt hier<strong>von</strong><br />
Mitteilung und fordere, dass baldmöglichst<br />
der Ofen nach Preute kommt. – Abends haben<br />
wir 2-mal Fliegeralarm.<br />
22.7.1942 Alarm <strong>von</strong> 1 - 3 Uhr. Die Scheinwerfer<br />
haben einen Flieger im Licht. Er fliegt<br />
schnell und versucht durch Kurven aus dem<br />
Scheinwerferlicht herauszukommen. Alle Flakgeschütze<br />
befunken ihn. Bei längerem Zusehen<br />
stelle ich fest, dass es ein Licht sein muss, das<br />
sich im Scheinwerferlicht bewegt. Es wird viel-<br />
Nacht über Wattenscheid · Schlag auf Schlag<br />
80<br />
leicht so sein: Ein Flieger zieht an einem langen<br />
Kabel eine Lampe hinter sich her. Der Flieger ist<br />
selbst so hoch, dass er <strong>von</strong> den Scheinwerfern<br />
und der Flak nicht erfasst werden kann, sondern<br />
nur die Lampe. Während nun alle Batterien<br />
feuern, stellt der feindliche Beobachter ihre<br />
Stellungen fest. Die Lampe ist also Mittel zum<br />
Zweck. – In Rotthausen ist ein großer Brand ausgebrochen.<br />
Über unserem Hause ist das Brummen<br />
eines Tieffliegers zu hören. Vor dem Walzwerk<br />
macht er kehrt, ich drücke mich in den<br />
Eingang des Lagers. Zwei Detonationen sind in<br />
südlicher Richtung zu hören.<br />
24.7.1942 Tagelang ist die Witterung<br />
schlecht. Die Gerste ist überreif. – Abends machen<br />
Mutter und ich eine Fahrradtour. Wir besuchen<br />
Schreiner Schröder im Haferfeld wegen<br />
Reparatur unserer Möbel. Er will in den nächsten<br />
Tagen Nachschau halten. Wir fahren weiter auf<br />
Horst zu und sehen dort die Bombeneinschläge<br />
der vergangenen Nacht. Eine unbewohnte<br />
Mühle zeigt einen großen Trichter. Kinder belustigen<br />
sich dort. Ein Haus ist so zugerichtet<br />
wie unseres.<br />
25.7.1942 Herbert wird <strong>von</strong> der Ärztin noch<br />
einmal untersucht. Bei der Blutentnahme baut<br />
er ab. Die bezahlten Rechnungen für die Verdunklungsrollos<br />
bringt Mutter zur Steinstraße.<br />
26.7.1942 Alarm <strong>von</strong> 1:30 - 4 ungefähr 13<br />
Flugzeuge. – 8:15 - 8:45 Uhr, einige Schüsse fielen.<br />
In der Nacht wurde Duisburg wieder bombardiert,<br />
während tagsüber das Rhein-Main-Gebiet<br />
das Ziel <strong>von</strong> Luftangriffen war.<br />
27.7.1942 Alarm <strong>von</strong> 23:50 - 1:30 Uhr. Wir<br />
haben kein Flugzeug gehört. Wir gehen ins Bett<br />
mit der Befürchtung, dass noch ein Angriff erfolgt.<br />
Der Heeresbericht gibt bekannt, dass in<br />
Hamburg schwere Verluste entstanden sind.<br />
28.7.1942 Tagsüber hatten wir 4-mal Alarm,<br />
haben aber keinen Flieger gesehen. Beim Herannahen<br />
der feindlichen Flugzeuge gehen gleich<br />
die Sperrballone hoch. Abends wird erzählt,<br />
in Essen wären Bomben in ein Kino und eine<br />
Waschkaue gefallen – 60 Tote. Es gehen Gerüchte<br />
<strong>von</strong> Mund zu Mund, deren Richtigkeit nicht<br />
nachgeprüft werden kann. – Josef lässt nach<br />
langer Zeit etwas <strong>von</strong> sich hören. Er ist <strong>von</strong><br />
Praschwitz aus (ausgerückt am 26.6.) in Russland<br />
gelandet. Wo er sich dort befindet, hat er<br />
nicht mitgeteilt.<br />
29.7.1942 Mit Herbert zur NSV-Dienststelle<br />
und holen vier Gasmasken. Wir hoffen, dass wir<br />
sie nicht gebrauchen müssen. Von einem Gasangriff<br />
sind wir bisher noch verschont geblieben.<br />
Aber bei dieser rücksichtslosen Kriegsführung<br />
ist auch damit zu rechnen. – Heute morgen erschien<br />
auch wieder Klempner Schoppmann,<br />
eine neue Dachrinne anzubringen. – Es war<br />
heute 4-mal Alarm, <strong>von</strong> fern hört man Kanonendonner,<br />
ein Fesselballon hat sich losgerissen<br />
und treibt mit dem Winde nach Osten, unter<br />
sich das Haltetau. – Elektriker Kotgöde und der<br />
Holländer (ein holländischer Nationalsozialist,<br />
der 1934 nach Deutschland floh) erledigen einige<br />
Arbeiten, sind aber noch nicht fertig. Kotgöde<br />
erzählt, gestern wäre eine Bombe auf Tor 3<br />
bei Krupp niedergegangen, als dort gerade Löhnung<br />
war – 70 Tote. Auch der Kaiserhof wäre<br />
Nacht über Wattenscheid · Schlag auf Schlag<br />
81<br />
getroffen worden.<br />
30.7.1942 Opa und Oma fahren nach Nordwalde.<br />
Der Klempner hat die Dachrinne fertig<br />
gemacht. Heute hatten wir keinen Alarm. – An<br />
der Südfront in Russland geht die Offensive gut<br />
voran, unsere Truppen sind über Rostow hinaus<br />
und nähern sich Stalingrad an der Wolga. In der<br />
Stadt stehen die Leute vor den Gemüse- und<br />
Fischläden Schlange aber auch Nachmittags vor<br />
den Kinos. – <strong>Das</strong> Wetter ist besser geworden,<br />
hoffentlich kommt die Ernte gut herein.<br />
31.7.1942 Herbert hat Nachricht bekommen,<br />
dass er am 2.8. nach Ottmarsbocholt kommen<br />
soll. – Wir hatten heute 5-mal Alarm. Ein<br />
Flugzeug, <strong>von</strong> der Flak heftig beschossen, flog<br />
über Gelsenkirchen – Wanne nach Osten. Der<br />
Heeresbericht spricht <strong>von</strong> Störflügen einzelner<br />
Flugzeuge.<br />
1.8.1942 In der Nacht Alarm <strong>von</strong><br />
24:30 - 04:00 Uhr. Ich sah den Abschuss zweier<br />
Flugzeuge – Herbert ist mit Mutter zum Krankenhause.<br />
Es wird eine Röntgenaufnahme gemacht.<br />
Niedergeschlagen kommt er zurück, seine Reise<br />
muss verschoben werden, da die Aufnahme<br />
erst Montag erfolgen kann. Wir hatten heute<br />
4-mal Alarm, ohne ein Flugzeug gesehen oder<br />
gehört zu haben. Es ist mir nicht möglich, den<br />
schon lange geplanten Fußmarsch nach Essen<br />
wegen häufigen Alarms am Tage zu machen. In<br />
der Stadt müssen bei Alarm sofort alle Straßen<br />
geräumt werden, auch die Schlangesteher vor<br />
den Geschäften müssen verschwinden. Interessant<br />
ist das Spektakel dann bei der Entwarnung.<br />
Jeder will dann seinen Platz wieder einnehmen.