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Das Kriegstagebuch von Albert Plassmann - wattenscheid.net

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Heimat die leichte Flak bedienen. Die aktive Bedienungsmannschaft<br />

wird dadurch freigemacht<br />

für eine Verwendung an der Front. Am Schluss<br />

der Ansprache werden diejenigen zurückgehalten,<br />

die glauben, dem Dienste nicht gewachsen<br />

zu sein. Auch ich stelle mich dem Unterarzt<br />

vor. Ich zeige meinen Ausmusterungsschein (es<br />

sollten nur Wehrfähige und Freiwillige genommen<br />

werden. – Demnach hatte man mich wohl<br />

gleich als Freiwilligen einberufen) und meinen<br />

Rentenbescheid vor. Gleichzeitig weise ich darauf<br />

hin, dass mein linker Arm durch Kriegsbeschädigung<br />

bewegungsbehindert und schwach<br />

sei. Der Unterarzt nahm eine Druckprobe, überzeugte<br />

sich <strong>von</strong> der Schwäche, meinte dann<br />

aber, ich sei Rechtshänder, die könne man auch<br />

gebrauchen. Damit war ich als diensttauglich<br />

entlassen. – Schon zwei Tage später begann unsere<br />

Ausbildung. Mit 18 „Auserwählten“ hatten<br />

wir zwei Stunden Unterricht <strong>von</strong> 15 bis 17 Uhr<br />

in einer Mannschaftsbaracke bei Vietings Hof.<br />

Da saß ich wieder auf dem bekannten Schemel<br />

vor dem gestrengen Herrn Unteroffizier. Meine<br />

Gedanken gingen 26 Jahre zurück in meine<br />

Lemgoer Rekrutenzeit; ich zog Parallelen. Es<br />

war wieder genauso wie damals. Der Unteroffizier<br />

bemühte sich wieder, alle seine pädagogischen<br />

Raffinessen und seinen „Wortreichtum“<br />

anwendend, uns die Pflichten eines guten Soldaten<br />

einzuhämmern. – „Ich glaube, jeder hat´s<br />

jetzt verstanden, dann brauchen wir nicht mehr<br />

darüber zu reden. Oder hat jemand noch eine<br />

Frage?“ – Unser Unteroffizier [(er stellte vorher<br />

fest, dass ich sein Kollege bin, erwähnt es auch,<br />

Nacht über Wattenscheid · Schlag auf Schlag<br />

92<br />

verlangt aber, dass wir uns unterordnen müssen<br />

– (ich gönne ihm seinen Posten)] quält sich<br />

durch die beiden Stunden, im übrigen scheint<br />

er ein anständiger Kerl zu sein.<br />

13.12.1942 Am vergangenen Freitag hatte<br />

ich meine zweite Instruktionsstunde als Flakmann.<br />

Während des Vortrags über die augenblickliche<br />

politische Lage erschien auch der<br />

Oberleutnant und sprach zu uns über Kameradschaft.<br />

Der Unteroffizier verlas dann einige<br />

ablehnende Bescheide <strong>von</strong> Gesuchen einiger<br />

Flakmänner um Freistellung und stellte dann<br />

die Frage, wer diensttauglich sei. Diese Frage<br />

hatte ich überhört und wünschte Wiederholung<br />

der Frage. Daraufhin erhob ich den Finger und<br />

zeigte ihm meinen Ausmusterungsschein und<br />

Rentenbescheid. Der Unteroffizier war erstaunt,<br />

dass ich als Unberufener dazwischen saß und<br />

gab mir zu verstehen, dass ich wohl in Zukunft<br />

für den Flakdienst nicht in Frage käme; ich solle<br />

zur Vereidigung am Sonntag aber erscheinen. –<br />

Heute war nun die feierliche Vereidigung. Mit<br />

Düsenberg besuchte ich die 7-Uhr- Messe in<br />

Höntrop, wir verweilen noch eine ½ Stunde in<br />

Konrad Westermanns Wohnung , fahren mit der<br />

Straßenbahn nach Bochum und stehen auf dem<br />

Barreplatz zur Vereidigung angetreten, ungefähr<br />

400 Flakmänner – in Zivil. Da sieht mich der<br />

Unteroffizier, öff<strong>net</strong> seine Aktenmappe, reicht<br />

mir meine Papiere und teilt mir meine sofortige<br />

Entlassung mit. Damit war mein Soldatentraum<br />

ausgeträumt! Was hätte ich noch alles werden<br />

können?! – Nun scheint mir aber meine Tätigkeit<br />

im Luftschutz auch ehrenvoll zu sein.<br />

15.12.1942 Wir bekamen heute zwei erfreuliche<br />

Mitteilungen. Die eine Nachricht kam<br />

<strong>von</strong> der Feststellungsbehörde und teilte uns die<br />

Höhe der Entschädigungssumme mit, die wir<br />

gewünscht hatten. <strong>Das</strong> andere Schreiben kam<br />

vom Finanzamt und benachrichtigte, dass der<br />

Abgeltungsbetrag für die Hauszinssteuer 700<br />

RM betrage (50% Ermäßigung). Die Entschädigungssumme<br />

würde aber erst später ausgezahlt.<br />

17.12.1942 Doris wird auf dem Arbeitsamt<br />

vorstellig und erkundigt sich nach Ableistung<br />

des Pflichtjahres und des Arbeitsdienstes ab Ostern<br />

1943.<br />

18.12.1942 Beginn der Weihnachtsferien.<br />

Sie sind wegen Kohlenersparnis bis zum 22. Januar<br />

verlängert worden. Vom 3. Januar ab müssen<br />

sich die Lehrpersonen der Stadtverwaltung<br />

zur Verfügung stellen. Ich habe bereits den Auftrag,<br />

am 4., 5. und 6. Januar in der Kartenausgabe<br />

zu helfen. – Der Feststellungsbehörde habe<br />

ich ein Gesuch Opas eingereicht, schon jetzt<br />

3000,- RM auszuzahlen.<br />

20.12.1942 Tagsüber 2-mal Alarm Schon am<br />

Nachmittag drückte ich die Befürchtung eines<br />

Luftangriffs aus. Die Nacht war mondhell. Gegen<br />

19:45 Uhr ertönte die Sirene. Ich eile nach<br />

draußen und sehe über Essen wohl 100 Leuchtkugeln<br />

stehen. Es scheint ein Großangriff bevorzustehen<br />

und nach langer Zeit müssen wir mal<br />

wieder den Keller aufsuchen. Der Angriff bleibt<br />

auf Essen beschränkt, nur ein Flugzeug überfliegt<br />

in großer Höhe unser Gebiet, kräftig beschossen.<br />

Über Kray wird ein Brite getroffen und zerbirst<br />

mit gewaltigem rotem Schein. Etwas neues stel-<br />

Nacht über Wattenscheid · Schlag auf Schlag<br />

93<br />

le ich fest. Wir scheinen neue Flakgranaten zu<br />

benutzen. Die Streuwirkung schein gefährlicher<br />

geworden zu sein. Die Sprengstücke fliegen bei<br />

der Explosion leuchtend auseinander wie die<br />

Teile eines explodierenden Feuerwerkskörpers.<br />

Schon nach kurzer Zeit verschwinden die Flugzeuge<br />

wieder. – Nach dem Heeresbericht am folgenden<br />

Tage wurde besonders wieder Duisburg<br />

stark bombardiert.<br />

21.12.1942 Vier Tage vor Weihnachten. Der<br />

Krieg hat allem seinen Stempel aufgedrückt.<br />

Wo sind die herrlichen Weihnachtsauslagen?<br />

Was soll man schenken? Es ist aber auch nichts<br />

vorhanden an Geschenkartikeln. Durch Anzeigen<br />

in den Zeitungen versuchen einige durch<br />

Tausch in den Besitz <strong>von</strong> Geschenkartikeln,<br />

wenn auch gebraucht, zu kommen. Besonders<br />

begehrt werden Puppen und Puppenwagen.<br />

Manche wünschen gegen Tausch ein schlachtreifes<br />

Kaninchen. Diese denken vor allem an<br />

ihren Magen und wünschen diesem eine besondere<br />

Festesfreude. – Es mag möglich sein,<br />

dass durch die zeitbedingte Einschränkung des<br />

äußeren Weihnachtsglanzes bei manchen eine<br />

innere Feier stattfindet und manchem der tiefere<br />

Sinn des Weihnachtsfestes aufgeht. – Man<br />

kommt doch jetzt öfter als früher in melancholische<br />

Stimmungen. Inmitten des Sterbens jüngerer<br />

Bekannter, in täglicher Not und Sorge, vor<br />

sich eine ungewisse Zukunft, fragt man mehr<br />

als sonst nach dem Sinn des Lebens. Warum<br />

und Wofür? – Wie ist das möglich? –<br />

Es hat sogar Schnaps gegeben, 0,7 l pro Person.<br />

Und weil Schnaps ausgegeben wurde, sah man

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