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Thomas, worum geht es euch beim

„Volksverpetzer”?

Wir sind ein Anti-Fake-News-

Blog. Wir versuchen uns mit (Selbst-)

Ironie, Engagement und Ehrenamt dem

täglichen Hass und den Lügen im Netz

entgegen zu stellen. Wir klären über Fake

News auf und auch über diejenigen, die

sie regelmäßig verbreiten.

oberflächlich, plump und haben wenig mit der

Realität zu tun, sodass es einen persönlich nicht so

triff. Anstatt das an uns heranzulassen, prangern

wir diesen Hass und diese Lügen über uns öffentlich

an. Nichts entlarvt die Hetzer besser als ihre

eigenen Worte. So sorgen wir dafür, dass ihr Hass

letztlich nur ihnen selbst schadet.

Wie kam es eigentlich dazu, dass du

den Blog 2015 gegründet hast? Gab es

einen speziellen Anlass, bei dem du das

Gefühl hattest, jetzt selbst aktiv werden

zu müssen?

In der sogenannten „Flüchtlingskrise”

nahmen Hass und Fake News über Schutzsuchende

in Social Media Überhand. Und es schien,

als gäbe es nichts, was man gegen die unzähligen

Lügen hätte tun können. Darum haben wir

versucht, das selbst zu machen und uns laut und

mit der Wahrheit im Rücken dem Hass entgegen

zu stellen.

Was und wen wollt ihr mit eurem Blog erreichen?

Wir versuchen, die Menschen gegen Verschwörungsmythen

und Fake News zu „impfen”,

sie vor den typischen Strategien und Hetzern

zu warnen, am besten noch bevor sie auf deren

Tricks hereinfallen können. Oder wenn das nicht

klappt, dann zumindest, damit sie beide Seiten der

Darstellung hören.

Was meinst du, warum fallen so viele Menschen

auf Falschmeldungen im Netz herein?

Warum sind Lügen oft erfolgreicher als

Fakten?

Lügen sind meistens einfach die besseren

Geschichten, denn Fake-News-Verbreiter können

und wollen übertreiben. Sie bespielen die Emotionen

der Menschen und müssen sich dabei nicht

von Fakten beirren lassen. So bedienen sie ein

Publikum, das die Geschichten lesen will, die sie

teilweise komplett frei erfinden.

Wie viele Menschen arbeiten aktuell an dem

Projekt „Volksverpetzer” mit?

Wir sind nur zwei feste Mitarbeiter, die ausschließlich

von den vielen Einzelspender*innen

und ihrem Support leben. Unser ehrenamtliches

Team ist so etwa 20 Personen groß und hilft mit, je

nach Zeit und Kompetenzen.

Durchsucht ihr im Team dann selbst das Internet

nach Falschnachrichten und Verschwörungstheorien,

oder werden auch aus der

Community Themen an euch herangetragen?

Wir

behalten die typischen Verschwörungsideologen

und Hetzer im

Blick und haben Beobachter

in den Gruppen und Chats,

wo häufig Falschmeldungen

geteilt werden. Aber in der Regel

behandeln wir ohnehin die

Fake News, die es in die breitere

Öffentlichkeit schaffen, denn

diese sind es ja, die besonders

gefährlich sind. So kommt es,

dass uns die Fakes meistens

mehr oder weniger von alleine

erreichen. Bei unbekannteren

Fake News besteht ja eher die

Gefahr, dass wir sie durch unsere

Aufklärung versehentlich erst bekannt machen

würden.

Euer Blog arbeitet häufig mit reißerischen

Überschriften und ausdrucksstarken Bildern.

Warum setzt der „Volksverpetzer” auf so eine

plakative Aufmachung?

Weil wir nach den Regeln von Social Media

spielen müssen, um gesehen zu werden und die

Menschen zu erreichen. Wir verwenden bewusst

die „Waffen” der Fake-News-Verbreiter gegen sie

– einmal, weil es die Strategien sind, die in den

sozialen Medien Erfolg zeigen, aber auch um das

Publikum zu erreichen, das auf diese deutlichen

Bilder anspricht. Wer reißerische Überschriften

grundsätzlich kritisch hinterfragt, den müssen wir

auch nicht vor Fake News warnen. Aber Aufklärung

macht ja keinen Sinn, wenn sie nicht gelesen

wird.

Ihr legt euch ziemlich deutlich mit den

Verbreitern von Falschmeldungen und Hetze

an. Ich kann mir vorstellen, dass man da nicht

selten mit Anfeindungen zu kämpfen hat. Wie

geht ihr damit um?

Wir gehen sehr offensiv damit um. Der

meiste Hass und die meisten Beleidigungen sind

Welche Falschnachrichten, Verschwörungstheorien

oder Ideologien bereiten dir denn im

Moment am meisten Kopfschmerzen?

Am meisten Ärger und Sorgen bereiten mir

zurzeit die ständigen Falschmeldungen zu Corona,

die die Pandemie und den Virus verharmlosen

oder alle Akteure, die für die Eindämmung der

Pandemie kämpfen, mit teilweise sinnlosen

Anschuldigungen beschmutzen wollen. Anstatt

dass wir gemeinsam diese Krise durchstehen, müssen

wir gerade mit Menschen streiten, die nicht für

einfachste Argumente erreichbar zu sein scheinen.

Du bist ja tagtäglich mit Ignoranz und Hass

im Netz konfrontiert. Hast du trotzdem die

Hoffnung, dass unsere gespaltene Gesellschaft

irgendwann doch noch auf einen gemeinsamen

Nenner kommt?

Ja, denn trotz des ganzen Hasses sehe ich bei

meiner Arbeit auch, dass eine große Mehrheit der

Menschen vernünftig bleibt und noch sachlich

diskutiert. Für jede Hassnachricht bekommen wir

zwei Meldungen mit Lob und Support. Und ohne

die könnten wir das nicht machen. Wir versuchen,

uns auch mehr auf die positiven Nachrichten zu

konzentrieren – und zum Glück gibt es davon

auch immer mehr als genug!

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