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Neue Szene 2020-10

Stadtmagazin für Augsburg

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„Das Kulturzentrum Jean Stein

war Punk und reine Anarchie.“

ich dann die Leitung vom Jugendzentrum in Schwabmünchen übernommen.

Mir hat es dort super gefallen, wir haben den Laden komplett umgekrempelt.

Da war eine unheimlich engagierte Crew mit am Start, die richtig Bock

hatte, etwas anzuschmeißen. Und dort entstand übrigens auch die Idee zum

Singoldsand-Open-Air. Einer der Jungs, die damals federführend mit dabei

waren, war Patrick Jung, der heutige Leiter des Modularfestivals.

Schwabmünchen ist tatsächlich eine sehr kreative Ecke.

Absolut, aus SMÜ stammen Anajo oder auto.matic.music und die sind

nur die Speerspitze. Aber die Leute dort haben auch Humor. Wir haben als

Juze-Projekt unser eigenes Bier „Länz-Bräu” herstellen lassen. Meine Vorgesetzten

sind vor Schreck erst einmal in Deckung gegangen, aber der Bürgermeister

hat mir bei der Präsentation vor Begeisterung ganz enthusiastisch die Hand

geschüttelt (lacht).

Dazwischen habt ihr 2010 mit dem Kulturprojekt Jean Stein ziemlich

viel Staub aufgewirbelt.

Diese Zeit war Punk, reine Anarchie. Jean Stein war ein temporäres Kulturzentrum,

das nur für drei Monate konzipiert war. Uns, also Georg Heber, Manfred

Hörr, Daja Zachow und mir wurden auf dem ehemaligen Hasenbräu-

Gelände in der Kapuzinergasse Räume zu einer günstigen Pacht angeboten

und dieses Projekt ging bereits am Eröffnungstag voll durch die Decke. Jean

Stein hat aufgezeigt, wie groß der Durst nach kreativen Zentren in der Stadt ist.

Räume, in denen man sich künstlerisch austoben kann, wo es im Prinzip keine

Grenzen gibt. Wir haben damals einfach losgelegt und die komplette Einrichtung

mit originellen Aktionen zusammengeschnorrt. Wie etwa beim „Ersten

Augsburger Stuhlgang”. Jeder Gast musste einen Stuhl mitbringen und auch da

lassen. So hatten wir gleich mal 40 neue Sitzgelegenheiten.

Was beschreibt dich am besten? Idealist? Träumer? Weltverbesserer?

Lebenskünstler?

Ich bin definitiv ein Idealist, das holt mich auch immer wieder ein. Ich

brauche Visionen und Herausforderungen, bei denen man auch herumspinnen

darf. Ich sehe mich als Zukunftskünstler.

Woher rührt dein Faible für exotische Länder?

Ich hatte in der Schule Erdkunde als Leistungskurs und mich haben durch

Reggae, Afro und Co. diese Länder interessiert. Vor meinem Studium zum Pädagogen

habe ich auch ein Semester Landwirtschaft und tropischer Landbau in

Weihenstephan absolviert, weil ich tatsächlich einmal ernsthaft vorhatte, in die

Entwicklungshilfe zu gehen.

Was treibt dich heute an?

In erster Linie meine beiden Töchter. Nach der Trennung von meiner

Lebensabschnittspartnerin bin ich das, was man einen „The-Stay-At-Home-

Dad” nennt. Von Sonntag bis Mittwoch kümmere ich mich immer Fulltime

um meine Kinder und ab Donnerstag tauche in die Clubszene ab. Das heißt

dreieinhalb Tage bin ich straight, dreieinhalb Tage Hippie (lacht).

Du legst heute noch auf?

Ich bin als DJ u. a. mit Lamborginy Disco aktiver denn je und bei stayfm

habe ich eine eigene Radiosendung. Seit Mai veranstalte ich in einem leerstehenden

Bungalow im Spickel die Reihe „Villa Mannheim”. „Listening Sessions”

sind in Berlin, London, und Barcelona derzeit ein angesagtes Ding, ursprünglich

kommen sie aus Japan. Die Leute gehen gezielt zum Musikhören in Bars.

Dort legen DJs auf Top-Anlagen irgendwelche Monsterplatten auf, die gar

nicht mehr erhältlich sind und die Gäste hören hochkonzentriert zu.

Was hat sich in der Clubkultur in den letzten drei Jahrzehnten verändert?

Für mich war das Kerosin bis Ende der Neunziger die prägendste Zeit.

Dort wurde jahrelang erwachsene Jugendkultur mit einem Programm auf

Topniveau geboten. Für mich persönlich hat später kein Club mehr an dieses

Level mehr anknüpfen können, auch wenn beispielsweise der City Club ein

gutes Booking fährt. Anfang der Nuller ist Techno und Minimal in die Clubs

eingezogen, aber ich hatte da nie einen wirklichen Zugang. auto.matic.music

hat in der Stadt Pionierarbeit geleistet, aber danach wurde eigentlich nur noch

bei den Jungs abgekupfert.

Was wünschst du dir mit 50 für die Zukunft?

Ich wünsche mir eine globale Ethik. Mehr Mitgefühl für alle Lebewesen.

Meine absolute Priorität sind meine zwei Mädels. Ansonsten wäre ich offen für

eine neue Beziehung. Das kannst du gerne schreiben...

Mach ich glatt. Mit Telefonnummer?

Ich bin bei Facebook oder Instagram zu finden (lacht).

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