Neue Szene 2020-10
Stadtmagazin für Augsburg
Stadtmagazin für Augsburg
Erfolgreiche ePaper selbst erstellen
Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.
24
zOOm
„Das Modular ist ein
besonderer Leuchtturm für
Popkultur in Bayern.“
Eine große Diskussion gibt es um die Sanierung
des Staatstheater Augsburg. Wie beurteilen
sie die aktuelle Situation, die für die Zeit
bis zur Wiedereröffnung des Großen Hauses
geschaffen wurde?
Aus München betrachtet war ich begeistert,
wie professionell und schnell diese beiden
Übergangsspielstätten organisiert wurden. Und
damit wurde ja auch das umgesetzt, was Theater
ausmacht, nämlich seine Wirkung in die Stadt
hinein konkret fassbar zu machen. Das war eine
Meisterleistung, auch die beeindruckende Qualität
übrigens, mit der die Bühnen dann bespielt wurden.
Aber es ist halt alles nur ein Übergang und
kann keine Lösung auf Dauer sein, weil auf den
Interimsspielstätten schon allein aus logistischen
Gründen vieles gar nicht möglich ist. Dabei haben
wir noch gar nicht über die Mietkosten dieser
Spielstätten, über Personalrecht oder Umweltschutz
gesprochen.
Es ist also richtig, die große Theaterlösung
trotz explodierender Kosten weiter voranzutreiben?
Die drittgrößte Stadt Bayerns braucht dieses
Staatstheater, einen herausragenden Ort für
Theater in Augsburg. Und das neue große Haus
wird dann durch die Planungen und Umbauten
auch mehr denn je für die Bürger*innen und die
Freie Theaterszene geöffnet sein. Diese Öffnung
des neuen Hauses wird auch die Aufgabe des
Theaterintendanten sein, welche ich gerne
unterstütze und vorantreibe. Das war bei der
Bürger*innenbeteiligung zum Staatstheater dezidiert
gewünscht. Das neue Theaterzentrum bietet
klar die Möglichkeiten neue Gruppen fürs Theater
zu begeistern. Augsburg ist eine Stadt der Vielfalt.
Es ist mein Wunsch, dass das auch im Theater
abgebildet wird.
Das Staatstheater gehört zur Identität
einer Reichsstadt, zum Selbstbewusstsein der
Bürger*innen, zum Selbstverständnis der Stadt.
Ich freue mich jedenfalls sehr auf die Chancen
und Möglichkeiten des großen Hauses nach der
Wiedereröffnung.
Sie haben die Freie Theater-Szene in Augsburg
angesprochen. Mit welchen Ensembles oder
Bühnen hatten sie bisher bereits Kontakt?
Da fallen mir sofort die Bluespots Productions
ein, weil sie Kreativpiloten Deutschlands
geworden sind. Mich hat begeistert, auf welche
Weise sie Theater und Verwaltung zusammen
denken. Natürlich kenne ich auch die Augsburger
Puppenkiste, das Junge Theater Augsburg oder
das Sensemble Theater. Auch das Theater Ensemble
im City Club wurde mir schon empfohlen.
Alle anderen Freien Theater werde ich dann ja in
nächster Zukunft kennenlernen.
Wie wichtig ist das Modular Festival für das
popkulturelle Image unserer Stadt?
Das Modular ist ein besonderer Leuchtturm
für Popkultur in Bayern und sogar weit darüber
hinaus. Wir haben aus München immer rübergeschaut
und gesagt, sowas wollen wir auch. Das
Modular ist ein unglaublicher Markenkern für
popkulturelle Veranstaltungen und ich hoffe
sehr, dass wir nächstes Jahr wieder gut einsteigen
können.
Gerade beim Modular werden viele Aufgaben
auf ehrenamtliche Schultern verteilt. Sie halten
große Stücke auf ehrenamtliches Engagement,
ist es aber in den letzten Jahren nicht
immer schwieriger geworden, Menschen zum
Mitmachen zu bewegen?
Das hätte ich vielleicht vor ein paar Jahren so
noch unterschrieben, aber mittlerweile habe ich
das Gefühl, dass durch den Zuwachs von Populismus
die Energie zurückgekehrt ist. Jugendliche
engagieren sich gerade in den Bereichen
Klimaschutz, gegen Rassismus oder auch bei
Neugründungen von Parteien. Wir müssen nun
von Kultur- und Sportseite Angebote machen,
um die jungen Menschen auch hier aktiviert zu
bekommen und von kruden politischen Richtungen
fernzuhalten. Das ist eine große politische
Herausforderung, diese frische Energie in einer
demokratieunterstützenden Weise weiterzuentwickeln.
Haben sie auch die Club- und Kulturkommission
in Augsburg schon wahrgenommen?
Durch die Livestreams während Corona hat
die CUKK ein großes Ausrufezeichen setzen
können. Augsburg war hier der Vorreiter und wir
haben uns in München manchmal verwundert
die Augen gerieben, wie schnell die Dinge hier
umgesetzt wurden. Zuerst im Stream und dann
auch bei Live-Konzerten.
Sie sind ein erfahrener Netzwerker für die
Kultur und Kreativwirtschaft. In wiefern wird
Augsburg von ihren Kontakten profitieren
können?
Wenn ich etwas nicht weiß, dann weiß ich,
wen ich anrufen muss. Man kann sich nämlich
immer nur im Verhältnis zu anderen weiterentwickeln.
Es ist wichtiger denn je, in Netzwerken zu
denken und gemeinsam in Netzwerken Kompetenzen
zu entwickeln. Große Städte haben hier
übrigens eine Verantwortung in der Entwicklung
bestimmter Themen gegenüber den kleineren.
Wissen ist für mich nicht etwas, das ich für mich
behalte, sondern das System insgesamt. Deswegen
hoffe ich auch, dass Augsburg von dem profitieren
wird, was ich vorher gemacht habe.
Gibt es konkret Konzepte aus ihrer Arbeit in
der Landeshauptstadt, die man auf Augsburg
anwenden oder übertragen kann?
Ich habe viel im Themenfeld Zwischennutzungen
gearbeitet. Das geht bei der Bereitstellung
von Schaufestern los bis hin zur Vermittlung
großer Büroflächen seitens der öffentlichen Hand
oder künstlerischer Interventionen im öffentlichen
Raum. Aber auch private Immobilien wurden für
kultur- und kreativwirtschaftliche Projekte genutzt.
Zuletzt habe ich die Themen Kreativareal-Entwicklung
oder Crowdfunding zur Unterstützung
und Sichtbarkeit kultureller Projekte begleitet.
Das sind alles Themen, die ich mit nach Augsburg
bringen werde.
Was werden die dringendsten Aufgaben für
ihre ersten Monate als Kultur-, Welterbe- und
Sportreferent sein?
Covid, Covid, Covid! Wir müssen es ganz
schnell schaffen, dass die Menschen wieder an den
Angeboten von Stadt und Vereinen partizipieren.
Und dies muss unter sicheren Voraussetzungen
geschehen. Außerdem stehen in Augsburg einige
tolle Ereignisse an, welche es vorzubereiten gilt.
Die Kanu-WM, die im Jahr 2022 in Augsburg
stattfindet, steht ganz oben auf meiner Agenda.
Aber natürlich auch das Fugger Jubiläum 2021
und das Brecht Jubiläum 2023, neben der weiteren
Ausgestaltung des Welterbetitels. Sie sehen, es
stehen viele spannende Projekte an. Und ich freue
mich, wenn ich dabei mitarbeiten darf, Augsburg
als Sport- und Kultur- und Welterbestadt voranzubringen.