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Neue Szene 2020-10

Stadtmagazin für Augsburg

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Schön, dass sie uns schon vor ihrem Amtsantritt

die Gelegenheit zu einem Gespräch geben.

Das ist nicht selbstverständlich und wir wissen

das sehr zu schätzen. Wie groß ist denn die

Vorfreude auf ihre neue Aufgabe?

Ich komme mit großem Respekt vor der

Aufgabe, großer Spannung und großer Vorfreude

in die Fuggerstadt. Es ist eine ganz besondere

Aufgabe, denn Augsburg hat ein unglaubliches

Potential, sowohl in der Kultur als auch im Sport.

Es ist beeindruckend für mich, wie viele Akteure

hier unterwegs sind, Projekte anstoßen und ihre

Themen mit einem großen Engagement vertreten.

Ich freue mich darauf, diese alle zukünftig unterstützen

zu dürfen.

Wird ihre Vorfreude nicht durch die coronabedingten

Umstände getrübt?

Es wäre falsch zu sagen, dass man jeden Tag

ganz locker ins Büro geht. Corona ist eine große

Herausforderung, gerade auch bei allem, was

öffentlich stattfindet. Auch was Hygienekonzepte

betriff oder die Entwicklung von Lösungsformen.

Die Situation der Clubs beispielsweise ist

etwas, das mich sehr umtreibt. Wie kann man

diese wieder zugänglich machen, wie kann man

Strukturen bauen, dass es auch hier endlich wieder

nach vorne geht.

Ihnen eilt der Ruf voraus, ein erfahrener

Netzwerker für Kultur und Kreativwirtschaft

zu sein und sie waren zuletzt im Auftrag der

Stadt München tätig. Warum zieht es sie jetzt

ausgerechnet nach Augsburg?

Augsburg ist eine Stadt, die außerordentlich

reich an historischem Erbe und dadurch eine

Stadt voller Vielfalt ist. Auf der einen Seite steht

die große Geschichte der Freien Reichsstadt, auf

der anderen gibt es aber auch die Geschichte

der Arbeiter*innenstadt, die mich immer sehr

beeindruckt hat. Die Mischung macht es aus. Und

da ich aktuell in der Verwaltung arbeite, freue ich

mich jetzt auf die Möglichkeit, Projekte anzugehen,

Menschen zu begleiten und eigene Ideen zu

entwickeln. Und dazu konnte ich einfach nur mit

großer Begeisterung „Ja, das mache ich!“ sagen.

Ist es auch ein Karrieresprung?

Das ist es auf jeden Fall. Ein großer Karrieresprung

und eine riesige Herausforderung, auf

die ich mich sehr freue, und auf die ich mich gut

vorbereitet fühle

Gab es bereits vorher Berührungspunkte mit

der Fuggerstadt oder kommen sie sozusagen

unbeleckt und damit mit einer unvoreingenommenen

Objektivität von der Isar an den

Lech?

Als Vorsitzender des Musikwirtschaftsverbands

in Bayern und Baden-Württemberg durfte ich die

Augsburger Musikszene kennenlernen und ich

war fünf Jahre lang regionaler Ansprechpartner

für Kultur- und Kreativwirtschaft in Bayern, wo

ich auch regelmäßig Sprechtage hier in Augsburg

abgehalten habe. Vom Kompetenzteam in München

aus haben wir einige Projekte mit Augsburger

Künstler*innen gemacht, es gab also schon

mehrere Berührungspunkte hierher. Unbeleckt

bin ich also nicht, aber es ist sicher kein Nachteil,

wenn man schon vor Arbeitsbeginn ein bisschen

Kontext hat und einige Akteure kennt

Ihr Referat hat den Bereich Sport dazubekommen.

Diese Maßnahme traf vor allem bei

den Kulturschaffenden Augsburgs auf wenig

Gegenliebe. Warum war diese Entscheidung

dennoch richtig?

Aus dem Kultur- wie Sportbereich drangen

einige kritische Stimmen an mich heran. Meiner

Ansicht nach ist es aber nachvollziehbar, diese beiden

Bereiche zusammenzunehmen, weil sie beide

existentiell für das Gelingen einer Stadtgesellschaft

und beide auch von einem starken ehrenamtlichen

Engagement geprägt sind. Gleichzeitig muss

man natürlich auch sagen, dass Sport und Kultur

getrennt voneinander gedacht und entwickelt

werden müssen. Das Selbstbewusstsein der Kulturstadt

Augsburg und der Sportstadt Augsburg sind

also zwei zentrale eigenständige Pfeiler, die man

nicht mischen darf. Gleichzeitig macht es aber

strukturell und inhaltlich Sinn, beide Bereiche in

einem Referat zusammenzulegen, weil es sich von

der Kernmotivation her um sehr ähnliche Ausgangspositionen

handelt. Die politische Diskussion

auf Bundesebene geht übrigens in dieselbe

Richtung. Es gibt auch hier einige Studien, Papiere

und Beispiele, wie man Kultur und Sport parallel

miteinander entwickeln kann.

Verstehen sie trotzdem die Bedenken der Kulturschaffenden

und der Sportbegeisterten?

Ich möchte den Akteur*innen beider Bereiche

die Angst nehmen. Es wird auch in Zukunft nichts

vermischt und auch keinem etwas weggenommen

werden. Beide Bereiche werden lediglich verwaltungsseitig

zusammengedacht. Unser Auftrag wird

es sein, die Menschen durch gute Rahmenbedingungen

in ihrer Kernmotivation zu stützen und

ihnen nicht irgendwelche Programme überzustülpen.

Deshalb ist meine Anfangsaufgabe, mit den

Akteuren des Sports und der Kultur ins Gespräch

zu gehen und Vertrauen zu erarbeiten.

Kultur war und ist sozusagen ihr Baby, das sie

durch all ihre bisherigen Aufgaben begleitet

haben. Ist der sportliche Bereich komplettes

Neuland für sie?

Ich bin in Niederbayern auf dem Land aufgewachsen,

und da gehört der Sportverein unbedingt

dazu, weil man dort Leute kennenlernt, und sich

gemeinsam Ziele setzt. Ich war als Jugendlicher im

Schützenverein, gehe laufen, mache Fitness und

gehe mit meinem Mann regelmäßig Fahrradfahren

oder mit Freunden zum Kegeln. Ich weiß also,

wie wichtig der Sport für den gesellschaftlichen

Zusammenhalt ist und wie wichtig es ist, vor allem

das Ehrenamt zu unterstützen.

Zuletzt wurde beschlossen, dass in der Fußball-

Bundesliga alle Clubs einer einheitlichen Regelung

bei den Heimspielen mit 20 Prozent der

Zuschauerauslastung unterliegen. Wie ist ihre

Ansicht als Sportreferent zu diesem Thema?

Ich glaube, wir müssen uns sehr streng an die

Sicherheits- und Hygienekonzepte halten, weil wir

eine große Verantwortung für alle Bürger*innen

haben. Man hat in der letzten Saison bei den

Championsleague-Spielen von Atalanta Bergamo

in Norditalien gesehen, wie schnell Fußballspiele

zu Superspreadern mutieren. Der Verantwortung

müssen wir gerecht werden und vielleicht auch in

den sauren Apfel beißen, wenn die Zuwachsraten

den vorgegebenen Wert übersteigen. In München

war das ja gleich am ersten Spieltag der Fall und

ich fand die Entscheidung richtig, ohne Zuschauer

zu spielen. Verstehen sie mich nicht falsch, ich

„Sport und Kultur

müssen getrennt

voneinander gedacht

und entwickelt

werden.“

habe große Sympathien für das weitere Öffnen im

sportlichen und kulturellen Bereich. Aber eben

nur verbunden mit einem hohen Verantwortungsbewusstsein.

Ihre Kollegen Weber und Barth haben zuletzt

die Hoffnung geweckt, dass die Zuschüsse für

Kultur und Sport trotz Corona nicht gekürzt

werden sollen.

Es ist ein wahnsinnig wichtiges Signal, dass

sich die Stadtspitze hier so eindeutig positioniert

hat. Denn es zeigt, dass auch in einer Krisensituation

diese Aufgaben Priorität haben. Es ist

aber auch klar, dass bei einem Einbruch des

Wirtschaftswachstums um fast 10 Prozent vieles

nicht mehr so ist wie zuvor. Darauf muss man die

Menschen auch ehrlicherweise vorbereiten, denn

die Karten werden im nächsten Jahr neu gemischt

werden. Aber wir werden verantwortungsvoll und

erfreulicherweise mit klaren Prioritäten mit der

neuen Situation umgehen.

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