Neue Szene 2020-10
Stadtmagazin für Augsburg
Stadtmagazin für Augsburg
Erfolgreiche ePaper selbst erstellen
Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.
zOOm
23
Schön, dass sie uns schon vor ihrem Amtsantritt
die Gelegenheit zu einem Gespräch geben.
Das ist nicht selbstverständlich und wir wissen
das sehr zu schätzen. Wie groß ist denn die
Vorfreude auf ihre neue Aufgabe?
Ich komme mit großem Respekt vor der
Aufgabe, großer Spannung und großer Vorfreude
in die Fuggerstadt. Es ist eine ganz besondere
Aufgabe, denn Augsburg hat ein unglaubliches
Potential, sowohl in der Kultur als auch im Sport.
Es ist beeindruckend für mich, wie viele Akteure
hier unterwegs sind, Projekte anstoßen und ihre
Themen mit einem großen Engagement vertreten.
Ich freue mich darauf, diese alle zukünftig unterstützen
zu dürfen.
Wird ihre Vorfreude nicht durch die coronabedingten
Umstände getrübt?
Es wäre falsch zu sagen, dass man jeden Tag
ganz locker ins Büro geht. Corona ist eine große
Herausforderung, gerade auch bei allem, was
öffentlich stattfindet. Auch was Hygienekonzepte
betriff oder die Entwicklung von Lösungsformen.
Die Situation der Clubs beispielsweise ist
etwas, das mich sehr umtreibt. Wie kann man
diese wieder zugänglich machen, wie kann man
Strukturen bauen, dass es auch hier endlich wieder
nach vorne geht.
Ihnen eilt der Ruf voraus, ein erfahrener
Netzwerker für Kultur und Kreativwirtschaft
zu sein und sie waren zuletzt im Auftrag der
Stadt München tätig. Warum zieht es sie jetzt
ausgerechnet nach Augsburg?
Augsburg ist eine Stadt, die außerordentlich
reich an historischem Erbe und dadurch eine
Stadt voller Vielfalt ist. Auf der einen Seite steht
die große Geschichte der Freien Reichsstadt, auf
der anderen gibt es aber auch die Geschichte
der Arbeiter*innenstadt, die mich immer sehr
beeindruckt hat. Die Mischung macht es aus. Und
da ich aktuell in der Verwaltung arbeite, freue ich
mich jetzt auf die Möglichkeit, Projekte anzugehen,
Menschen zu begleiten und eigene Ideen zu
entwickeln. Und dazu konnte ich einfach nur mit
großer Begeisterung „Ja, das mache ich!“ sagen.
Ist es auch ein Karrieresprung?
Das ist es auf jeden Fall. Ein großer Karrieresprung
und eine riesige Herausforderung, auf
die ich mich sehr freue, und auf die ich mich gut
vorbereitet fühle
Gab es bereits vorher Berührungspunkte mit
der Fuggerstadt oder kommen sie sozusagen
unbeleckt und damit mit einer unvoreingenommenen
Objektivität von der Isar an den
Lech?
Als Vorsitzender des Musikwirtschaftsverbands
in Bayern und Baden-Württemberg durfte ich die
Augsburger Musikszene kennenlernen und ich
war fünf Jahre lang regionaler Ansprechpartner
für Kultur- und Kreativwirtschaft in Bayern, wo
ich auch regelmäßig Sprechtage hier in Augsburg
abgehalten habe. Vom Kompetenzteam in München
aus haben wir einige Projekte mit Augsburger
Künstler*innen gemacht, es gab also schon
mehrere Berührungspunkte hierher. Unbeleckt
bin ich also nicht, aber es ist sicher kein Nachteil,
wenn man schon vor Arbeitsbeginn ein bisschen
Kontext hat und einige Akteure kennt
Ihr Referat hat den Bereich Sport dazubekommen.
Diese Maßnahme traf vor allem bei
den Kulturschaffenden Augsburgs auf wenig
Gegenliebe. Warum war diese Entscheidung
dennoch richtig?
Aus dem Kultur- wie Sportbereich drangen
einige kritische Stimmen an mich heran. Meiner
Ansicht nach ist es aber nachvollziehbar, diese beiden
Bereiche zusammenzunehmen, weil sie beide
existentiell für das Gelingen einer Stadtgesellschaft
und beide auch von einem starken ehrenamtlichen
Engagement geprägt sind. Gleichzeitig muss
man natürlich auch sagen, dass Sport und Kultur
getrennt voneinander gedacht und entwickelt
werden müssen. Das Selbstbewusstsein der Kulturstadt
Augsburg und der Sportstadt Augsburg sind
also zwei zentrale eigenständige Pfeiler, die man
nicht mischen darf. Gleichzeitig macht es aber
strukturell und inhaltlich Sinn, beide Bereiche in
einem Referat zusammenzulegen, weil es sich von
der Kernmotivation her um sehr ähnliche Ausgangspositionen
handelt. Die politische Diskussion
auf Bundesebene geht übrigens in dieselbe
Richtung. Es gibt auch hier einige Studien, Papiere
und Beispiele, wie man Kultur und Sport parallel
miteinander entwickeln kann.
Verstehen sie trotzdem die Bedenken der Kulturschaffenden
und der Sportbegeisterten?
Ich möchte den Akteur*innen beider Bereiche
die Angst nehmen. Es wird auch in Zukunft nichts
vermischt und auch keinem etwas weggenommen
werden. Beide Bereiche werden lediglich verwaltungsseitig
zusammengedacht. Unser Auftrag wird
es sein, die Menschen durch gute Rahmenbedingungen
in ihrer Kernmotivation zu stützen und
ihnen nicht irgendwelche Programme überzustülpen.
Deshalb ist meine Anfangsaufgabe, mit den
Akteuren des Sports und der Kultur ins Gespräch
zu gehen und Vertrauen zu erarbeiten.
Kultur war und ist sozusagen ihr Baby, das sie
durch all ihre bisherigen Aufgaben begleitet
haben. Ist der sportliche Bereich komplettes
Neuland für sie?
Ich bin in Niederbayern auf dem Land aufgewachsen,
und da gehört der Sportverein unbedingt
dazu, weil man dort Leute kennenlernt, und sich
gemeinsam Ziele setzt. Ich war als Jugendlicher im
Schützenverein, gehe laufen, mache Fitness und
gehe mit meinem Mann regelmäßig Fahrradfahren
oder mit Freunden zum Kegeln. Ich weiß also,
wie wichtig der Sport für den gesellschaftlichen
Zusammenhalt ist und wie wichtig es ist, vor allem
das Ehrenamt zu unterstützen.
Zuletzt wurde beschlossen, dass in der Fußball-
Bundesliga alle Clubs einer einheitlichen Regelung
bei den Heimspielen mit 20 Prozent der
Zuschauerauslastung unterliegen. Wie ist ihre
Ansicht als Sportreferent zu diesem Thema?
Ich glaube, wir müssen uns sehr streng an die
Sicherheits- und Hygienekonzepte halten, weil wir
eine große Verantwortung für alle Bürger*innen
haben. Man hat in der letzten Saison bei den
Championsleague-Spielen von Atalanta Bergamo
in Norditalien gesehen, wie schnell Fußballspiele
zu Superspreadern mutieren. Der Verantwortung
müssen wir gerecht werden und vielleicht auch in
den sauren Apfel beißen, wenn die Zuwachsraten
den vorgegebenen Wert übersteigen. In München
war das ja gleich am ersten Spieltag der Fall und
ich fand die Entscheidung richtig, ohne Zuschauer
zu spielen. Verstehen sie mich nicht falsch, ich
„Sport und Kultur
müssen getrennt
voneinander gedacht
und entwickelt
werden.“
habe große Sympathien für das weitere Öffnen im
sportlichen und kulturellen Bereich. Aber eben
nur verbunden mit einem hohen Verantwortungsbewusstsein.
Ihre Kollegen Weber und Barth haben zuletzt
die Hoffnung geweckt, dass die Zuschüsse für
Kultur und Sport trotz Corona nicht gekürzt
werden sollen.
Es ist ein wahnsinnig wichtiges Signal, dass
sich die Stadtspitze hier so eindeutig positioniert
hat. Denn es zeigt, dass auch in einer Krisensituation
diese Aufgaben Priorität haben. Es ist
aber auch klar, dass bei einem Einbruch des
Wirtschaftswachstums um fast 10 Prozent vieles
nicht mehr so ist wie zuvor. Darauf muss man die
Menschen auch ehrlicherweise vorbereiten, denn
die Karten werden im nächsten Jahr neu gemischt
werden. Aber wir werden verantwortungsvoll und
erfreulicherweise mit klaren Prioritäten mit der
neuen Situation umgehen.