22zOOmDerNetzwerkerNeben dem Referat für Soziales und Pflegewurde auch das für Kultur, Welterbe undSport nach den Wahlen im März öffentlichausgeschrieben. Die Wahl fiel auf Vorschlagder Grünen und mit großer Zustimmung derCSU auf Jürgen Enninger, einen studiertenReligionspädagogen und Diplom Kulturwirt.Wir hatten die Gelegenheit, den 51-jährigenNetzwerker aus Niederbayern kurz vor seinemAmtsantritt im Oktober kennenzulernen.Text und Fotos: Markus KrapfIm Gespräch mit Jürgen Enninger, neuer Referent fürSport, Welterbe und Kultur
zOOm23Schön, dass sie uns schon vor ihrem Amtsantrittdie Gelegenheit zu einem Gespräch geben.Das ist nicht selbstverständlich und wir wissendas sehr zu schätzen. Wie groß ist denn dieVorfreude auf ihre neue Aufgabe?Ich komme mit großem Respekt vor derAufgabe, großer Spannung und großer Vorfreudein die Fuggerstadt. Es ist eine ganz besondereAufgabe, denn Augsburg hat ein unglaublichesPotential, sowohl in der Kultur als auch im Sport.Es ist beeindruckend für mich, wie viele Akteurehier unterwegs sind, Projekte anstoßen und ihreThemen mit einem großen Engagement vertreten.Ich freue mich darauf, diese alle zukünftig unterstützenzu dürfen.Wird ihre Vorfreude nicht durch die coronabedingtenUmstände getrübt?Es wäre falsch zu sagen, dass man jeden Tagganz locker ins Büro geht. Corona ist eine großeHerausforderung, gerade auch bei allem, wasöffentlich stattfindet. Auch was Hygienekonzeptebetriff oder die Entwicklung von Lösungsformen.Die Situation der Clubs beispielsweise istetwas, das mich sehr umtreibt. Wie kann mandiese wieder zugänglich machen, wie kann manStrukturen bauen, dass es auch hier endlich wiedernach vorne geht.Ihnen eilt der Ruf voraus, ein erfahrenerNetzwerker für Kultur und Kreativwirtschaftzu sein und sie waren zuletzt im Auftrag derStadt München tätig. Warum zieht es sie jetztausgerechnet nach Augsburg?Augsburg ist eine Stadt, die außerordentlichreich an historischem Erbe und dadurch eineStadt voller Vielfalt ist. Auf der einen Seite stehtdie große Geschichte der Freien Reichsstadt, aufder anderen gibt es aber auch die Geschichteder Arbeiter*innenstadt, die mich immer sehrbeeindruckt hat. Die Mischung macht es aus. Undda ich aktuell in der Verwaltung arbeite, freue ichmich jetzt auf die Möglichkeit, Projekte anzugehen,Menschen zu begleiten und eigene Ideen zuentwickeln. Und dazu konnte ich einfach nur mitgroßer Begeisterung „Ja, das mache ich!“ sagen.Ist es auch ein Karrieresprung?Das ist es auf jeden Fall. Ein großer Karrieresprungund eine riesige Herausforderung, aufdie ich mich sehr freue, und auf die ich mich gutvorbereitet fühleGab es bereits vorher Berührungspunkte mitder Fuggerstadt oder kommen sie sozusagenunbeleckt und damit mit einer unvoreingenommenenObjektivität von der Isar an denLech?Als Vorsitzender des Musikwirtschaftsverbandsin Bayern und Baden-Württemberg durfte ich dieAugsburger Musikszene kennenlernen und ichwar fünf Jahre lang regionaler Ansprechpartnerfür Kultur- und Kreativwirtschaft in Bayern, woich auch regelmäßig Sprechtage hier in Augsburgabgehalten habe. Vom Kompetenzteam in Münchenaus haben wir einige Projekte mit AugsburgerKünstler*innen gemacht, es gab also schonmehrere Berührungspunkte hierher. Unbelecktbin ich also nicht, aber es ist sicher kein Nachteil,wenn man schon vor Arbeitsbeginn ein bisschenKontext hat und einige Akteure kenntIhr Referat hat den Bereich Sport dazubekommen.Diese Maßnahme traf vor allem beiden Kulturschaffenden Augsburgs auf wenigGegenliebe. Warum war diese Entscheidungdennoch richtig?Aus dem Kultur- wie Sportbereich drangeneinige kritische Stimmen an mich heran. MeinerAnsicht nach ist es aber nachvollziehbar, diese beidenBereiche zusammenzunehmen, weil sie beideexistentiell für das Gelingen einer Stadtgesellschaftund beide auch von einem starken ehrenamtlichenEngagement geprägt sind. Gleichzeitig mussman natürlich auch sagen, dass Sport und Kulturgetrennt voneinander gedacht und entwickeltwerden müssen. Das Selbstbewusstsein der KulturstadtAugsburg und der Sportstadt Augsburg sindalso zwei zentrale eigenständige Pfeiler, die mannicht mischen darf. Gleichzeitig macht es aberstrukturell und inhaltlich Sinn, beide Bereiche ineinem Referat zusammenzulegen, weil es sich vonder Kernmotivation her um sehr ähnliche Ausgangspositionenhandelt. Die politische Diskussionauf Bundesebene geht übrigens in dieselbeRichtung. Es gibt auch hier einige Studien, Papiereund Beispiele, wie man Kultur und Sport parallelmiteinander entwickeln kann.Verstehen sie trotzdem die Bedenken der Kulturschaffendenund der Sportbegeisterten?Ich möchte den Akteur*innen beider Bereichedie Angst nehmen. Es wird auch in Zukunft nichtsvermischt und auch keinem etwas weggenommenwerden. Beide Bereiche werden lediglich verwaltungsseitigzusammengedacht. Unser Auftrag wirdes sein, die Menschen durch gute Rahmenbedingungenin ihrer Kernmotivation zu stützen undihnen nicht irgendwelche Programme überzustülpen.Deshalb ist meine Anfangsaufgabe, mit denAkteuren des Sports und der Kultur ins Gesprächzu gehen und Vertrauen zu erarbeiten.Kultur war und ist sozusagen ihr Baby, das siedurch all ihre bisherigen Aufgaben begleitethaben. Ist der sportliche Bereich komplettesNeuland für sie?Ich bin in Niederbayern auf dem Land aufgewachsen,und da gehört der Sportverein unbedingtdazu, weil man dort Leute kennenlernt, und sichgemeinsam Ziele setzt. Ich war als Jugendlicher imSchützenverein, gehe laufen, mache Fitness undgehe mit meinem Mann regelmäßig Fahrradfahrenoder mit Freunden zum Kegeln. Ich weiß also,wie wichtig der Sport für den gesellschaftlichenZusammenhalt ist und wie wichtig es ist, vor allemdas Ehrenamt zu unterstützen.Zuletzt wurde beschlossen, dass in der Fußball-Bundesliga alle Clubs einer einheitlichen Regelungbei den Heimspielen mit 20 Prozent derZuschauerauslastung unterliegen. Wie ist ihreAnsicht als Sportreferent zu diesem Thema?Ich glaube, wir müssen uns sehr streng an dieSicherheits- und Hygienekonzepte halten, weil wireine große Verantwortung für alle Bürger*innenhaben. Man hat in der letzten Saison bei denChampionsleague-Spielen von Atalanta Bergamoin Norditalien gesehen, wie schnell Fußballspielezu Superspreadern mutieren. Der Verantwortungmüssen wir gerecht werden und vielleicht auch inden sauren Apfel beißen, wenn die Zuwachsratenden vorgegebenen Wert übersteigen. In Münchenwar das ja gleich am ersten Spieltag der Fall undich fand die Entscheidung richtig, ohne Zuschauerzu spielen. Verstehen sie mich nicht falsch, ich„Sport und Kulturmüssen getrenntvoneinander gedachtund entwickeltwerden.“habe große Sympathien für das weitere Öffnen imsportlichen und kulturellen Bereich. Aber ebennur verbunden mit einem hohen Verantwortungsbewusstsein.Ihre Kollegen Weber und Barth haben zuletztdie Hoffnung geweckt, dass die Zuschüsse fürKultur und Sport trotz Corona nicht gekürztwerden sollen.Es ist ein wahnsinnig wichtiges Signal, dasssich die Stadtspitze hier so eindeutig positionierthat. Denn es zeigt, dass auch in einer Krisensituationdiese Aufgaben Priorität haben. Es istaber auch klar, dass bei einem Einbruch desWirtschaftswachstums um fast 10 Prozent vielesnicht mehr so ist wie zuvor. Darauf muss man dieMenschen auch ehrlicherweise vorbereiten, denndie Karten werden im nächsten Jahr neu gemischtwerden. Aber wir werden verantwortungsvoll underfreulicherweise mit klaren Prioritäten mit derneuen Situation umgehen.