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MAGAZIN Suggestionen 2020

Das Magazin der Deutschen Gesellschaft für Hypnose und Hypnotherapie e.V. in der Ausgabe 2020.

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Selbstheilungskräfte aktivieren – Immunsystem stärken<br />

Selbstheilungskräfte aktivieren – Immunsystem stärken<br />

747<br />

Selbstheilungskräfte<br />

aktivieren – Immunsystem<br />

stärken<br />

Hypnotherapeutische Interventionen<br />

bei Autoimmunerkrankungen<br />

Als ich vor 11 Jahren in der Klinik<br />

Oberammergau (damals Rheumazentrum)<br />

zu arbeiten begann, fand ich im<br />

Verlauf meiner Einarbeitungszeit einen<br />

aus meiner Sicht hochinteressanten Ansatz<br />

von G. Jungnitsch vor. Er baute auf<br />

den Visualisierungsübungen von Simonton<br />

auf, der mit Brustkrebspatientinnen<br />

im Endstadium gearbeitet hatte. Dessen<br />

Arbeit zur Visualisierung, wie das Immunsystem<br />

mit Krebszellen umgehen könnte,<br />

passte Jungnitschan Autoimmunerkrankungen<br />

aus dem Rheuma-Formenkreis an<br />

(z.B. Rheumatoide Arthritis, Morbus Bechterew<br />

etc.).<br />

Jahre vor meiner hypnotherapeutische Ausbildung<br />

war ich – von Entspannungsansätzen<br />

wie dem Autogenen Training oder der<br />

Progressiven Relaxation kommend – von den<br />

Möglichkeiten fasziniert, ausgleichend auf<br />

das Immunsystem einzuwirken. Zumal ich<br />

selbst positive Erfahrungen hatte mit der Beeinflussung<br />

eigener Allergien (Heuschnupfen)<br />

durch selbst entwickelte Vorsatzformeln<br />

des Autogenen Trainings. Die von Jungnitsch<br />

bzw. Kopp berichteten Verbesserungen der<br />

Blutsenkungsgeschwindigkeit oder der Entzündungsaktivität<br />

über die Medikamentenwirkung<br />

hinaus waren für mich weitere Motivatoren,<br />

diesen Ansatz wieder für Patienten<br />

nutzbar zu machen. Jungnitschs Ansatz baute<br />

auf 6 Gruppensitzungen auf, deren Kernthemen<br />

„Visualisierung der gesunden Kräfte<br />

des Körpers“, „Visualisierung des Krankheitsprozesses<br />

und seiner Beeinflussung durch<br />

die gesunden Kräfte“ und „Visualisierung<br />

eines Lebens mit bewältigter Erkrankung“<br />

waren. Diesen Ansatz praktizierte ich in der<br />

Klinik Oberammergau als freiwilliges Gruppenangebot<br />

für Patienten. Im Zuge meines<br />

eigenen zunehmenden und zeitintensiven<br />

Engagements in der Interdisziplinären<br />

Multimodalen Schmerztherapie sowie von<br />

Schwierigkeiten bei der Patientenauswahl<br />

(Zuweisung durch Ärzte auch von Patienten<br />

mit schwerwiegenden traumatischen Erfahrungen<br />

ohne eigenes Vorgespräch) wurde es<br />

aber immer schwieriger, diese Gruppen im<br />

Rahmen der Klinik anzubieten.<br />

Autor: Dipl.-Psych. Andreas Kruse<br />

Meinen dreistündigen Ansatz, inzwischen<br />

überarbeitet mit meinen eigenen hypnotherapeutischen<br />

Kenntnissen, hatte ich 2019<br />

auf dem Kongress in Bad Lippspringe vorgestellt.<br />

Die Induktionen können bei Interesse<br />

beim Autor nachgefragt werden (Versand<br />

als pdf). Im Rahmen meiner schmerzpsychotherapeutischen<br />

Ausbildung lernte ich bei<br />

Jungnitsch einen auf eine Stunde komprimierten<br />

Ansatz kennen, den ich bei Interesse<br />

immer wieder im Einzelgespräch mit Patienten<br />

anwende. Im ersten Teil des Gespräches<br />

erarbeite ich mit dem Patienten seine Vorstellung<br />

der eigenen Immunerkrankung (bei<br />

mehreren Gesprächen gebe ich das nach<br />

dem ersten Gespräch als Hausaufgabe mit).<br />

Ich bin immer wieder überrascht, welch kreative<br />

Imaginationen da entstehen: die fehlgeleiteten<br />

Abwehrkräfte als giftgrüne Monsterchen<br />

(wie Eumel), die am Gelenkknorpel<br />

knabbern; der Ganzkörperschmerz als brennendes<br />

Feld; Rheuma als Sand im Getriebe.<br />

Ebenso können erste Ideen von Interventionen<br />

der gesunden Abwehrkräfte entwickelt<br />

werden, um in Trance individualisierte Angebote<br />

machen zu können: die Malerkolonne,<br />

die die giftgrünen Monsterchen in einer ganz<br />

angenehmen Farbe anmalt (hier: ein warmes<br />

Gelb-Rot); die Feuerwehr, die zum Löschen<br />

anrückt; die Putzkolonne, die den Marmorboden<br />

reinigt und anschließend mit vielen<br />

pflegenden Substanzen behandelt und imprägniert.<br />

Nach dem Sammeln erster Ideen oder Visualisierungen<br />

beginne ich mit der Trancearbeit.<br />

Induktion<br />

Beispielsweise:<br />

• Weg der Luft nachspüren<br />

• Ateminduktion (Bewegungen in Brust,<br />

Bauch, Schultern, vielleicht sogar Ellbogen<br />

und Fingern)<br />

• Wechselatmung (links ein, rechts aus,<br />

rechts ein, links aus …)<br />

• Wunsch zwischen den Händen, der sich<br />

ausbreitet<br />

Vertiefung – z.B. Zählen von 1 – 10<br />

Trancearbeit<br />

… und sich nun zu erlauben, dass ein Bild,<br />

eine Vorstellung der Erkrankung entstehen<br />

kann … eine Vorstellung, wie die Erkrankung<br />

aussieht, was sie im Körper (oder dem betroffenen<br />

Körperteil) macht … vielleicht wie<br />

[mit dem Patienten erarbeitete Vorstellung]<br />

…<br />

… um dann alle inneren Kräfte und Möglichkeiten<br />

zu sammeln, all die gesunden und<br />

klugen Kräfte und Möglichkeiten dorthin zu<br />

bringen, wo sie wirken sollen … es sind so<br />

viele, so unzählbar viele gesunde und kluge<br />

Kräfte … sie kommen von überall her an den<br />

Ort der Erkrankung … und beginnen früher<br />

oder später, auf die fehlgeleiteten Kräfte<br />

einzuwirken, sie zu verändern … und zu erleben,<br />

wie diese Veränderung vor sich geht,<br />

was früher oder später beginnt, anders zu<br />

werden … [hier bietet es sich an, im Sinne<br />

einer fraktionierten Trance den Patienten zu<br />

fragen, was er gerade erlebt als Vorstellung<br />

seiner Erkrankung und deren Veränderung<br />

bzw. Beeinflussung durch die gesunden,<br />

wohlfunktionierenden Abwehrkräfte, um<br />

das in die eigene Tranceanleitung einzubauen]…<br />

… und es kann so guttun, den gesunden,<br />

klugen, wohl funktionierenden Kräften und<br />

Möglichkeiten bei der Veränderung der eigenen<br />

Erkrankung zuzuschauen, dies gleichsam<br />

teilnehmend mitzuerleben … wieder<br />

und wieder kommen sie herbei, unermüdlich,<br />

ausdauernd, treu … sie werden nicht<br />

müde … früher oder später beginnt die<br />

heilsame Wirkung sichtbar oder erlebbar zu<br />

werden … und sich zu erlauben, sich dann<br />

irgendwann in der Zukunft wahrzunehmen<br />

mit veränderter Erkrankung … stark und<br />

kräftig … vielleicht bleiben Spuren übrig,<br />

geglättet, nicht störend … eigene Ziele und<br />

Möglichkeiten leben … Dinge die wichtig<br />

sind … und wie gut das tut, eigene Möglichkeiten<br />

einzusetzen, auszuschöpfen und zu<br />

leben …<br />

…und sich selbst und den eigenen, klugen,<br />

treuen Kräften Anerkennung zu schenken für<br />

das Geleistete … Dankbarkeit und Freude …<br />

und dem eigenen Körper ein herzliches Dankeschön<br />

zu sagen … „Danke, dass du so treu<br />

all die Jahre für mich gearbeitet hast“…<br />

Posthypnotische <strong>Suggestionen</strong><br />

… und all die angenehmen Empfindungen,<br />

die jetzt vielleicht zu spüren sind … vielleicht<br />

eine tiefe Ruhe, ruhige und gleichmäßige Atmung<br />

[aufnehmen, was von außen sichtbar<br />

ist] … all das ist ganz real, wirklich so wie Sie<br />

es jetzt spüren. Sie sind ein Teil von Ihnen,<br />

von Ihren Erlebnismöglichkeiten, Sie spüren<br />

es jetzt ja gerade. Und je öfter Sie diese Hypnose<br />

wiederholen, desto besser wird es.<br />

Abschluss<br />

Und während ich nun gleich von 10 bis 1<br />

[wenn am Anfang eine Vertiefung stattfand]<br />

rückwärts zähle, kommen Sie ganz mit Ihrem<br />

Tempo in die Realität dieses Raumes zurück,<br />

vielleicht mit einem zunehmend kräftigeren<br />

Dehnen, Räkeln und Strecken. Und ganz am<br />

Ende dann öffnen SieIhre Augen, auf jeden<br />

Fall um eine Erfahrung reicher.<br />

Ausleitung – 10 – 9 – 8 …<br />

Die Nachbesprechung fokussiert zum einen<br />

auf die Imagination der Erkrankung und den<br />

Umgang der gesunden und klug funktionierenden<br />

Abwehrkräfte damit. Zum anderen<br />

liegt das Augenmerk auf dem selbstverantwortlichen<br />

Weiterüben, beispielsweise mit<br />

einer Aufnahme, die von der Hypnose angefertigt<br />

wurde. Das ist mit den Möglichkeiten<br />

aktueller Smartphones problemlos möglich.<br />

Literatur:<br />

Jungnitsch, G.: Rheumatische Erkrankungen.<br />

Fortschritte der Psychotherapie, Bd. 18. Hogrefe<br />

2003<br />

Kopp, E.: Visualisierungsverfahren in der<br />

Behandlung von Patienten mit chronischer<br />

Polyarthritis: Psychologische und somatische<br />

Effekte. Roderer 1998<br />

Simonton et al.: Wieder gesund werden.<br />

Rowohlt 1999

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