Rijec 58_59
Riječ: glasnik Hrvatske kulturne zajednice Wiesbaden / Das Wort: Mitteilungsblatt der Kroatischen Kulturgemeinschaft e.V. / HKZ Wiesbaden.
Riječ: glasnik Hrvatske kulturne zajednice Wiesbaden / Das Wort: Mitteilungsblatt der Kroatischen Kulturgemeinschaft e.V. / HKZ Wiesbaden.
Erfolgreiche ePaper selbst erstellen
Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.
Mitteilungsblatt der Kroatischen Kulturgemeinschaft e.V. Nr. 58/59, 2020
voneinander zu unterscheiden aber ebenfalls dem anderen gleich zu sein. Sie verbindet die
Gesellschaft miteinander und trennt sie ebenfalls wieder. Vor allem Frauen bedienen sich der Macht
der Mode, da sie im Beruf meist keine Möglichkeit zur Entfaltung erlangen können. Ab diesem
Punkt wird eines klar: Frauen haben, wie so oft, einen klaren Nachteil. Dieses Problem wird auch
im Folgenden mit Tatsachen untermauert, was so manche weibliche Person beim Lesen provozieren
könnte. Erstens müssen Frauen – im Gegensatz zu den Herren – ihren ganzen Körper erotisch
inszenieren. Zweitens herrscht zwischen Männern durch die vorgegebenen Maßstäbe in der
Männermode weniger Konkurrenzkampf um die sexuelle Überlegenheit, die Brüderlichkeit und
Verbundenheit zwischen Männern wächst. An diesem Punkt appelliert Vinken an die Männer, sich
wieder anziehender zu kleiden, um ihre Herrlichkeit wieder zurück zu erlangen. Besonders Frauen,
die im Rampenlicht stehen, sind enormem Druck ausgesetzt, da auf das Label ihres Outfits in erster
Linie streng geachtet wird. Welchen Designer trägt der Gatte? Gleichgültig. Die Frau dient leider
noch heute als Statussymbol des Mannes (Vinken führt die Theorie Thorstein Veblens an). Das
darauffolgende Unterkapitel widmet Vinken Eduard Fuchs und Adolf Loos. Bei dem zweiten
Vornamen kann man nur Ungutes wittern. Der Herren Theorie: Grund zu cholerischen Anfällen
bei jeder Frau, die gerne auffällige und ausgefallene Kleidung trägt. Im Gegensatz zu Veblens
Theorie der Frau als Statussymbol gilt an dieser Stelle die Frau als Sexobjekt. Frauen seien einem
ständigen Konkurrenzkampf ausgeliefert. Der Kampf findet auf dem Fleisch- und/oder Heiratsmarkt
statt. Frauen, die dank Betonung ihrer Reize die Aufmerksamkeit von Männern erregen könnten,
sind Teilnehmer der Frauengruppe, die sich nicht selbst ernähren kann bzw. keine Arbeit findet und
daher auf einen zahlenden Mann angewiesen ist. Für Frauen, die keine Anhänger des männlichen
und militärischen Stils (z.B. Chanels) sind, stellt diese Schilderung einen unsympathischen Vorwurf
dar und könnte missverstanden werden.
Im sechsten Kapitel „Unisex oder Crossdressing?“ geht es um die Vorstellung einer Modeform für
beide Geschlechter. Für den Leser mag es an dem Phänomen Unisex nichts geben, was man negieren
könnte. Vinken begründet in diesem Kapitel, dass die Existenz des Unisex in der Realität noch
lange nicht der Fall ist. In der Moderne wird von Frauen auf dem Arbeitsmarkt besonders eines in
Sachen Mode gefordert: Bloß nicht zu viel Weiblichkeit. Damenhaftigkeit könnte den Anschein
erwecken, die Frau zeige Schwäche. Das Label Chanel machte mit seinem „kleinen schwarzen
Jackett“ den Anfang einer männlichen-weiblichen Mode, die wie bei Männeranzügen den Charakter
einer Uniform annimmt. Trotz des Entwerfens von maskuliner Damenmode sticht der Gegensatz
zwischen Mann und Frau noch intensiver heraus, anstatt ihn zu verwischen. Die Linien der Frau
werden durch die Kostüme und Hosenanzüge schärfer betont, als es ein Männeranzug tun könnte.
Zum Glück existieren in Frankreich Damen in Führungsposition, die Kleider tragen. Autorität kann
weiblich sein. Vinken beweist dies anhand dieses Arguments wieder. Unisex funktioniert zuletzt
ebenfalls bei Männern nicht. Männer, die zu großen Wert auf die Betonung ihrer Silhouette legen,
gelten als dandyesk, weibisch oder homosexuell. Bald entwarf Dior Männeranzüge, die genau diese
Absicht befürworten. Das männliche Geschlecht bekam den Namen „garçon chaton“ (Katerchen).
Ein Mann musste ab sofort, um Dior Anzüge tragen zu können, kindlich schlank und schmal – fast
schon fragil – sein, einem Kater gleichend. Das Phänomen Unisex erlebte, wie Vinken es in ihrem
Buch bestätigt, Höhen und Tiefen, die den Leser an ihm zweifeln lassen.
Ein wenig gegenwärtiger wird die Geschichte im siebten Kapitel „Verrückter Westen“. Vinken
nennt einen neuen, revolutionären Durchbruch in der Mode, ähnlich, wie es bei Chanel der Fall
war: Mode aus dem Osten kommt in den Westen. Um genauer zu sein strömt die Flut aus Tokio
an. Der Name des Tsunamis:„The Big 3“ (Modemacher Issey Miyake, Rei Kawakubo und Yohjo
Yamamoto). Durch eine neue Arbeitsweise, bei welcher das Kleid durch das Umwickeln des Körpers
– man denke an einen Kimono – wie eine Verpackung am Model angelegt wird, entsteht die
schlichte, andere, perfekt passende Mode. Durch die Kombination gegensätzlicher Elemente – wie
bei Chanel – erreicht Kawakubo mit seiner Mode einen „ästhetischen Mehrwert“. Das Kapitel dient
als kleine Bindestelle von Vergangenheit und dem Jetzt in der Modegeschichte. Es wirkt für den
Leser allerdings weniger spektakulär, eher wird es wie eine Randinformation gelesen.
58