Stadtspaziergang Havanna Vieja
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<strong>Stadtspaziergang</strong> <strong>Havanna</strong> <strong>Vieja</strong> Diaconu, Fleissner, Franta<br />
Nachbarschaftszentren in <strong>Havanna</strong> als Anlaufstellen für die Bürger auszubauen, um<br />
zumindest eine minimale Bürgerbeteiligung am Stadtplanungsprozess zu ermöglichen.<br />
Trotz<br />
dieser Steuerungsinstrumente kann wahrscheinlich nicht verhindert werden, dass sich<br />
die Bautätigkeit des privaten Kapitals nur auf verwertbare Lagen und Stadtviertel<br />
konzentrieren wird, wie zum Beispiel entlang des Malecón oder in Habana <strong>Vieja</strong>. Andere<br />
Stadtviertel können von dem Investitionsschub nicht profitieren und werten im Vergleich zu<br />
den anderen noch weiter ab, sodass sich benachteiligte Stadtviertel entwickeln, die<br />
Kristallisationspunkte von sozialen Problemen werden, in denen sich die armen<br />
Bevölkerungsschichten konzentrieren, die von der Öffnung nicht profitiere n können.<br />
In Lagen, die nahe an Habana <strong>Vieja</strong> liegen, ist zu erwarten, dass in die renovierten Gebäude<br />
bzw. auf den Grundstücken der abgerissenen Gebäude Hotels errichtet werden und die<br />
ursprüngliche Wohnbevölkerung vertrieben wird. Ähnliche Prozesse sind für renovierte oder<br />
neu errichtete Wohngebäude in guten Lagen zu erwarten, wo sich die sozial besser<br />
gestellten Bevölkerungsschichten niederlassen werden und die ehemaligen Bewohner<br />
verdrängt werden. Durch diesen Gentrifizierungsprozess werden sich die Stadtviertel weiter<br />
ausdifferenzieren und die Benachteiligung von Stadtvierteln und von großen<br />
Bevölkerungsschichten weiter gefördert. Man<br />
kann davon ausgehen, dass in den renovierten Gebäuden und den Neubauten die<br />
Wohnfläche pro Bewohner zunimmt, was in weiterer Folge in einer geringeren<br />
Einwohnerdichte resultiert. Die sinkende Dichte jedoch erfordert ein e massive<br />
Neubautätigkeit, d a bereits jetzt nicht ausreichend Wohnraum vorhanden ist. Die<br />
gentrifizierten Bevölkerungsschichten werden in die benachteiligten Stadtviertel abwandern<br />
müssen oder konzentrieren sich in Slums am Stadtrand mit fehlender Infrastruktur und<br />
mangelnder Versorgung. Die soziale Polarisierung und die institutionenbasierte<br />
Segregation s u<br />
70 nehmen also tark z .<br />
Verstärkt<br />
wird dieser Prozess noch durch die in Kapitel 4 beschriebenen Veränderungen in<br />
den ländlichen Regionen, die einen Zuzug von Menschen auf der Suche nach Arbeit bewirken<br />
und das Wohnungsproblem noch einmal verschärfen.<br />
Fraglich<br />
bleibt auch, ob Kuba trotz seines extrem niedrigen Lohnniveaus aus dem<br />
Humankapital der gut gebildeten Bevölkerung Vorteile ziehen kann oder ob es als<br />
Niedriglohnland endet mit verlängerten Werkbänken. Zweifelsohne werden sich diverse<br />
Fabriken in der Umgebung von <strong>Havanna</strong> ansiedeln, die billige Arbeitskräfte benötigen.<br />
Der<br />
Tourismus stellt für <strong>Havanna</strong> nicht nur eine große Chance dar, sondern birgt auch<br />
Risiken, die die Stadtentwicklung nachhaltig negativ beeinflussen können. <strong>Havanna</strong> hat mit<br />
seiner reichhaltigen Geschichte, seinen zahlreichen Prunkbauten und den vielen alten, mehr<br />
oder weniger gut erhaltenen Gebäuden viel Potential für den Städtetourismus und den<br />
Kulturtourismus. Allerding ist zu erwarten, dass nach dem Ende der Blockade eine Menge an<br />
Touristen nach <strong>Havanna</strong> strömt, für die die städtische Infrastruktur nicht ausgelegt ist,<br />
beispielsweise Wasserver‐ und entsorgung oder der Verkehr.<br />
70 Vgl. Giffinger, Kramar Skript VO Theorie der Siedlungsentwicklung, TU Wien, WS 2007/08<br />
EX Praxis der Stadtentwicklungsplanung<br />
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