22.12.2012 Aufrufe

Ausgabe 55 - TQU die Umsetzer

Ausgabe 55 - TQU die Umsetzer

Ausgabe 55 - TQU die Umsetzer

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Erfolgreiche ePaper selbst erstellen

Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.

Legal muss nicht legitim sein<br />

Nur <strong>die</strong> richtige Balance der Werte fördert das Wachstum<br />

Die Unternehmenskultur ist der eigentliche<br />

Erfolgstreiber für „richtiges“ Wachstum. Der<br />

bekannte Autor Reinhard Sprenger stellt in<br />

der Märzausgabe des Harvard Business<br />

manager eindrucksvoll dar, dass dafür <strong>die</strong><br />

richtige Balance zwischen „ökonomischer<br />

Wohlfahrt, Legitimität und kollektiver Identität“<br />

der Unternehmen notwendig ist.<br />

Ökonomische Wohlfahrt meint <strong>die</strong> wirtschaftliche<br />

Daseinsfür- und -vorsorge, <strong>die</strong><br />

derzeit vor allem durch den Profit abgebildet<br />

wird. Die Forderung nach Legitimität<br />

zielt auf <strong>die</strong> Zustimmungsbasis der Unternehmensführung.<br />

Kollektive Identität stellt <strong>die</strong><br />

Frage nach der Unternehmensgrenze. Ohne<br />

ein umgrenztes und physisch vorstellbares<br />

„Wir“ ist ein Unternehmen als Unternehmen<br />

kaum denkbar. Diese drei Disziplinen beeinflussen<br />

einander wechselseitig und stehen<br />

in einem sensiblen Verhältnis. Wenn<br />

<strong>die</strong> Führung eine der Disziplinen isoliert,<br />

gefährdet sie das Wachstum des Unternehmens,<br />

so Sprenger.<br />

Ökonomische Wohlfahrt wird meist mit dem<br />

Gewinnstreben des Unternehmens gleichgesetzt,<br />

obwohl Unternehmen, zumindest<br />

auf Zeit, wirtschaftliches Überleben auch<br />

auf andere Weise sichern können (z. B.<br />

durch staatliche Subventionen oder durch<br />

Querfinanzierungen aus dem Unternehmensverbund).<br />

Gewinn ist in der Vorstellungswelt<br />

von Managern was ihr Tun orientiert.<br />

Dennoch muss es nicht unbedingt der<br />

Unternehmenszweck sein. Betont das Management<br />

das Gewinnziel zu stark, geraten<br />

andere Ziele unter <strong>die</strong> Räder.<br />

Wie weit dürfen sich Unternehmen von der<br />

Gesellschaft entfernen, ohne dass ihre Legitimität<br />

verloren geht? Legal ist nicht gleich<br />

legitim. Das zeigt sich, wenn Vorstandsbezüge<br />

steigen, während das Unternehmen<br />

Mitarbeiter entlässt, sein Börsenkurs und<br />

seine Bonität sinken und sein Schuldenberg<br />

wächst; wenn Mitarbeiter ständig Umstrukturierungen<br />

ertragen müssen und <strong>die</strong> kurzfristige<br />

Handlungslogik des Managements<br />

als kurzsichtig erleben; wenn <strong>die</strong> Menschen<br />

eine Diskrepanz sehen zwischen der kleinlichen<br />

Spar- und Bewilligungspraxis einerseits<br />

und den gewaltigen Summen andererseits,<br />

<strong>die</strong> an <strong>die</strong> Shareholder ausgezahlt<br />

werden.<br />

Wir sind Nicht-Mitglieder in nahezu allen<br />

gesellschaftlichen Organisationen, das hat<br />

der Systemtheoretiker Niklas Luhmann gezeigt.<br />

Zusammengehörigkeit lässt sich herstellen,<br />

indem man Grenzen zieht. Menschen,<br />

<strong>die</strong> sich mit etwas identifizieren sollen,<br />

brauchen eine gemeinsame Herkunft.<br />

Zukunft ist ohne Herkunft nicht denkbar. Die<br />

meisten Menschen wollen vor allem dazugehören.<br />

Sie wollen aufgenommen werden,<br />

sie wollen, wenigstens eine Zeit lang, eine<br />

berufliche Heimat. Diesen Menschen muss<br />

man ein Mindestmaß an Sicherheit, an<br />

Verlässlichkeit, an langfristigem Kooperationsinteresse<br />

entgegenbringen. Aufgabe<br />

der Führung ist es also, den Ort als solchen<br />

Ort zu definieren. Das Spezifische des Lokalen,<br />

<strong>die</strong> Einmaligkeit der Nachbarschaft<br />

bewahren, <strong>die</strong> Nahwelt, das Unverwechselbare,<br />

das Identische im Allgemeinen.<br />

Informationen über Menschen, <strong>die</strong> es nur<br />

hier gibt, über ökonomische und soziale<br />

Besonderheiten, über lokale Traditionen.<br />

Das Unternehmen als eine Solidargemeinschaft<br />

mit Blick auf eine gemeinsame Zukunft<br />

und einen umgrenzten Raum. Das wird<br />

das Management langfristig nur schaffen,<br />

wenn es in der Lage ist, Glaubwürdigkeit<br />

zu vermitteln. Der Schlüssel dazu heißt Vertrauen.<br />

Und so schließt sich auch der Kreis<br />

zur Legitimität. Denn <strong>die</strong> Forderung nach<br />

selbstverantwortlichem Handeln ist nur legitim<br />

innerhalb eines verlässlichen Rahmens.<br />

Sonst wird sie zynisch. Unternehmen können<br />

hier etwas von Freiwilligenorganisationen<br />

lernen.<br />

Die von Sprenger skizzierten drei Disziplinen<br />

bedingen und begrenzen sich wechselseitig.<br />

Allerdings werden <strong>die</strong> Interdependenzen<br />

oft erst mit zeitlicher Verzögerung<br />

spürbar. Das verführt viele Manager dazu,<br />

<strong>die</strong> ökonomische Wohlfahrt überzubewerten.<br />

Die Aufgabe des Managements ist es,<br />

ein immer neues Gleichgewicht herzustellen.<br />

Nur so kann ein Unternehmen langfristig<br />

wachsen.<br />

Florian Rösch<br />

Steinbeis-Hochschule Berlin<br />

Gegenseitiger Mehrwert<br />

durch Partnerschaften<br />

Worauf sollte man bei der Wahl seines Partners achten?<br />

Partnerschafts- und Kooperationssysteme<br />

gewinnen in der heutigen Netzwerkökonomie<br />

zunehmend an Bedeutung. Eine besondere<br />

Rolle dabei spielen Globalisierung<br />

und Differenzierung, <strong>die</strong> immer mehr Unternehmen<br />

veranlassen, neue Geschäftsmodelle<br />

zu entwickeln und Unternehmensnetzwerke<br />

zu bilden. Nicht immer geht <strong>die</strong><br />

Zusammenarbeit für <strong>die</strong> Beteiligten gut aus.<br />

Ein optimales Zusammengehen von rechtlich<br />

unabhängigen, wirtschaftlich möglicherweise<br />

teilweise abhängigen Unternehmen<br />

führt zum Konzept des „Virtuellen Unternehmens“<br />

mit folgenden Eigenschaften: Organisationsform<br />

von mehreren, rechtlich unabhängigen<br />

Unternehmen für eine begrenzte<br />

Zeit; gemeinsame Leistungen für Dritte gegen<br />

Entgelt; Integration einzelner Wertschöpfungsaktivitäten<br />

zu optimalem Nutzen<br />

von Kapazitäten und Kompetenzen (best in<br />

class) der beteiligten Partner; Herausbilden<br />

von unternehmensübergreifenden Prozessen;<br />

Entwicklung und Bewirtschaftung von<br />

gemeinsamen Ressourcen und Kompetenzen<br />

(z. B. für gemeinsames Leistungserbringen)<br />

Auftritt am Markt, integrierte Betreuung<br />

von Kunden, Pflege gemeinsamen<br />

Wissens (z. B. gemeinsame Kundendaten);<br />

Märkte werden durch Kooperationen ersetzt;<br />

an <strong>die</strong> Stelle der Hierarchie treten<br />

Verhandlungen.<br />

Die Optimierung des Customer Value durch<br />

Partnerschafts-/Netzwerksysteme setzt<br />

Kooperationsfähigkeit, Kooperationswillen<br />

und das Gestalten von Kooperationsprozessen<br />

durch das Management voraus.<br />

Prozesse werden dabei besonders positiv<br />

durch Shared Governance (Geteilte Verantwortung),<br />

Effizienz und Gleichverteilung und<br />

Vertrauen gefördert. Kooperationen und<br />

Partnerschaften sind gerade für KMU eine<br />

attraktive Möglichkeit, sich einen Wettbewerbsvorteil<br />

zu verschaffen. Der Knackpunkt<br />

liegt jedoch in der Fähigkeit sich gegenüber<br />

dem Partner zu öffnen. Ideen für ein<br />

umfassendes Customer Value entstehen<br />

dabei auf der Ebene gleichberechtigter<br />

Partner, <strong>die</strong> eigene Lösungen einbringen und<br />

sich gegenseitig positiv beeinflussen.<br />

Partnerschaftssysteme erweitern <strong>die</strong> Zusammenarbeit<br />

von Lieferanten und Partnern oder<br />

Schlüsselkunden zu einer langfristigen, vertikalen<br />

Leistungsgemeinschaft. Gegenseitige<br />

Leistungen werden festgelegt und neu<br />

geteilt, in Franchising und vertikaler Vertriebsbindung<br />

vertraglich geregelt.<br />

Dabei ist mit Franchising durch das Kapital<br />

der Partner ein rasches (internationales)<br />

Wachstum möglich. Leistungsbereiche sind<br />

Beschaffung, Logistik und Lagerhaltung,<br />

erfolgreiche Strategien und Management<br />

des Vertriebspartners oder gemeinsames<br />

Endkundenmarketing. Darüber hinaus lassen<br />

sich <strong>die</strong> gemeinsamen Anstrengungen<br />

von Herstellern und Handel im Bereich der<br />

Efficient Consumer Response-Lösungen<br />

(ECR) den Partnersystemen zuordnen.<br />

Um eine geeignete Leistung zu bestimmen,<br />

kann es sinnvoll sein, <strong>die</strong> Werteketten von<br />

den Grund- bis zu den Endleistungen eines<br />

Markts über verschiedene vertikale Stufen<br />

(Einkauf, Produktion, Verkauf etc.) zu analysieren,<br />

neu zu bündeln und neue Formen<br />

der Arbeitsteilung zwischen Hersteller und<br />

Handel sowie Handel und Endkunden zu<br />

bestimmen. Dabei ist das Spannungsfeld<br />

zwischen optimaler Abstimmung und Ausrichtung<br />

der Unternehmen auf das Netzwerk<br />

einerseits und der Vermeidung einer allzu<br />

großen Abhängigkeit der Partner andererseits<br />

zu beachten, da eine allzu große<br />

Abhängigkeit der Partner vom Netzwerk<br />

dazu führen könnte, dass ein Partner nicht<br />

mehr marktfähig und damit mittelfristig auch<br />

nicht mehr wettbewerbsfähig ist.<br />

Kooperationen lassen sich als selbstreferenzielles<br />

System charakterisieren und werden<br />

von den beteiligten Akteuren immer wieder<br />

entwickelt und verändert. Nach der Strukturationstherapie<br />

von Giddens ergibt sich<br />

ein Wechselspiel zwischen Normen und<br />

Ausführungen, <strong>die</strong> zu Ergebnissen führen.<br />

Ergebnisse bewirken immer wieder Änderungen<br />

der Normen; ein zyklischer Kooperationsprozess<br />

entsteht.<br />

Dieter Barwitzki<br />

Steinbeis-Hochschule Berlin<br />

16 README.<strong>TQU</strong> <strong>55</strong> README.<strong>TQU</strong> <strong>55</strong><br />

17

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!