Ausgabe 55 - TQU die Umsetzer
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Legal muss nicht legitim sein<br />
Nur <strong>die</strong> richtige Balance der Werte fördert das Wachstum<br />
Die Unternehmenskultur ist der eigentliche<br />
Erfolgstreiber für „richtiges“ Wachstum. Der<br />
bekannte Autor Reinhard Sprenger stellt in<br />
der Märzausgabe des Harvard Business<br />
manager eindrucksvoll dar, dass dafür <strong>die</strong><br />
richtige Balance zwischen „ökonomischer<br />
Wohlfahrt, Legitimität und kollektiver Identität“<br />
der Unternehmen notwendig ist.<br />
Ökonomische Wohlfahrt meint <strong>die</strong> wirtschaftliche<br />
Daseinsfür- und -vorsorge, <strong>die</strong><br />
derzeit vor allem durch den Profit abgebildet<br />
wird. Die Forderung nach Legitimität<br />
zielt auf <strong>die</strong> Zustimmungsbasis der Unternehmensführung.<br />
Kollektive Identität stellt <strong>die</strong><br />
Frage nach der Unternehmensgrenze. Ohne<br />
ein umgrenztes und physisch vorstellbares<br />
„Wir“ ist ein Unternehmen als Unternehmen<br />
kaum denkbar. Diese drei Disziplinen beeinflussen<br />
einander wechselseitig und stehen<br />
in einem sensiblen Verhältnis. Wenn<br />
<strong>die</strong> Führung eine der Disziplinen isoliert,<br />
gefährdet sie das Wachstum des Unternehmens,<br />
so Sprenger.<br />
Ökonomische Wohlfahrt wird meist mit dem<br />
Gewinnstreben des Unternehmens gleichgesetzt,<br />
obwohl Unternehmen, zumindest<br />
auf Zeit, wirtschaftliches Überleben auch<br />
auf andere Weise sichern können (z. B.<br />
durch staatliche Subventionen oder durch<br />
Querfinanzierungen aus dem Unternehmensverbund).<br />
Gewinn ist in der Vorstellungswelt<br />
von Managern was ihr Tun orientiert.<br />
Dennoch muss es nicht unbedingt der<br />
Unternehmenszweck sein. Betont das Management<br />
das Gewinnziel zu stark, geraten<br />
andere Ziele unter <strong>die</strong> Räder.<br />
Wie weit dürfen sich Unternehmen von der<br />
Gesellschaft entfernen, ohne dass ihre Legitimität<br />
verloren geht? Legal ist nicht gleich<br />
legitim. Das zeigt sich, wenn Vorstandsbezüge<br />
steigen, während das Unternehmen<br />
Mitarbeiter entlässt, sein Börsenkurs und<br />
seine Bonität sinken und sein Schuldenberg<br />
wächst; wenn Mitarbeiter ständig Umstrukturierungen<br />
ertragen müssen und <strong>die</strong> kurzfristige<br />
Handlungslogik des Managements<br />
als kurzsichtig erleben; wenn <strong>die</strong> Menschen<br />
eine Diskrepanz sehen zwischen der kleinlichen<br />
Spar- und Bewilligungspraxis einerseits<br />
und den gewaltigen Summen andererseits,<br />
<strong>die</strong> an <strong>die</strong> Shareholder ausgezahlt<br />
werden.<br />
Wir sind Nicht-Mitglieder in nahezu allen<br />
gesellschaftlichen Organisationen, das hat<br />
der Systemtheoretiker Niklas Luhmann gezeigt.<br />
Zusammengehörigkeit lässt sich herstellen,<br />
indem man Grenzen zieht. Menschen,<br />
<strong>die</strong> sich mit etwas identifizieren sollen,<br />
brauchen eine gemeinsame Herkunft.<br />
Zukunft ist ohne Herkunft nicht denkbar. Die<br />
meisten Menschen wollen vor allem dazugehören.<br />
Sie wollen aufgenommen werden,<br />
sie wollen, wenigstens eine Zeit lang, eine<br />
berufliche Heimat. Diesen Menschen muss<br />
man ein Mindestmaß an Sicherheit, an<br />
Verlässlichkeit, an langfristigem Kooperationsinteresse<br />
entgegenbringen. Aufgabe<br />
der Führung ist es also, den Ort als solchen<br />
Ort zu definieren. Das Spezifische des Lokalen,<br />
<strong>die</strong> Einmaligkeit der Nachbarschaft<br />
bewahren, <strong>die</strong> Nahwelt, das Unverwechselbare,<br />
das Identische im Allgemeinen.<br />
Informationen über Menschen, <strong>die</strong> es nur<br />
hier gibt, über ökonomische und soziale<br />
Besonderheiten, über lokale Traditionen.<br />
Das Unternehmen als eine Solidargemeinschaft<br />
mit Blick auf eine gemeinsame Zukunft<br />
und einen umgrenzten Raum. Das wird<br />
das Management langfristig nur schaffen,<br />
wenn es in der Lage ist, Glaubwürdigkeit<br />
zu vermitteln. Der Schlüssel dazu heißt Vertrauen.<br />
Und so schließt sich auch der Kreis<br />
zur Legitimität. Denn <strong>die</strong> Forderung nach<br />
selbstverantwortlichem Handeln ist nur legitim<br />
innerhalb eines verlässlichen Rahmens.<br />
Sonst wird sie zynisch. Unternehmen können<br />
hier etwas von Freiwilligenorganisationen<br />
lernen.<br />
Die von Sprenger skizzierten drei Disziplinen<br />
bedingen und begrenzen sich wechselseitig.<br />
Allerdings werden <strong>die</strong> Interdependenzen<br />
oft erst mit zeitlicher Verzögerung<br />
spürbar. Das verführt viele Manager dazu,<br />
<strong>die</strong> ökonomische Wohlfahrt überzubewerten.<br />
Die Aufgabe des Managements ist es,<br />
ein immer neues Gleichgewicht herzustellen.<br />
Nur so kann ein Unternehmen langfristig<br />
wachsen.<br />
Florian Rösch<br />
Steinbeis-Hochschule Berlin<br />
Gegenseitiger Mehrwert<br />
durch Partnerschaften<br />
Worauf sollte man bei der Wahl seines Partners achten?<br />
Partnerschafts- und Kooperationssysteme<br />
gewinnen in der heutigen Netzwerkökonomie<br />
zunehmend an Bedeutung. Eine besondere<br />
Rolle dabei spielen Globalisierung<br />
und Differenzierung, <strong>die</strong> immer mehr Unternehmen<br />
veranlassen, neue Geschäftsmodelle<br />
zu entwickeln und Unternehmensnetzwerke<br />
zu bilden. Nicht immer geht <strong>die</strong><br />
Zusammenarbeit für <strong>die</strong> Beteiligten gut aus.<br />
Ein optimales Zusammengehen von rechtlich<br />
unabhängigen, wirtschaftlich möglicherweise<br />
teilweise abhängigen Unternehmen<br />
führt zum Konzept des „Virtuellen Unternehmens“<br />
mit folgenden Eigenschaften: Organisationsform<br />
von mehreren, rechtlich unabhängigen<br />
Unternehmen für eine begrenzte<br />
Zeit; gemeinsame Leistungen für Dritte gegen<br />
Entgelt; Integration einzelner Wertschöpfungsaktivitäten<br />
zu optimalem Nutzen<br />
von Kapazitäten und Kompetenzen (best in<br />
class) der beteiligten Partner; Herausbilden<br />
von unternehmensübergreifenden Prozessen;<br />
Entwicklung und Bewirtschaftung von<br />
gemeinsamen Ressourcen und Kompetenzen<br />
(z. B. für gemeinsames Leistungserbringen)<br />
Auftritt am Markt, integrierte Betreuung<br />
von Kunden, Pflege gemeinsamen<br />
Wissens (z. B. gemeinsame Kundendaten);<br />
Märkte werden durch Kooperationen ersetzt;<br />
an <strong>die</strong> Stelle der Hierarchie treten<br />
Verhandlungen.<br />
Die Optimierung des Customer Value durch<br />
Partnerschafts-/Netzwerksysteme setzt<br />
Kooperationsfähigkeit, Kooperationswillen<br />
und das Gestalten von Kooperationsprozessen<br />
durch das Management voraus.<br />
Prozesse werden dabei besonders positiv<br />
durch Shared Governance (Geteilte Verantwortung),<br />
Effizienz und Gleichverteilung und<br />
Vertrauen gefördert. Kooperationen und<br />
Partnerschaften sind gerade für KMU eine<br />
attraktive Möglichkeit, sich einen Wettbewerbsvorteil<br />
zu verschaffen. Der Knackpunkt<br />
liegt jedoch in der Fähigkeit sich gegenüber<br />
dem Partner zu öffnen. Ideen für ein<br />
umfassendes Customer Value entstehen<br />
dabei auf der Ebene gleichberechtigter<br />
Partner, <strong>die</strong> eigene Lösungen einbringen und<br />
sich gegenseitig positiv beeinflussen.<br />
Partnerschaftssysteme erweitern <strong>die</strong> Zusammenarbeit<br />
von Lieferanten und Partnern oder<br />
Schlüsselkunden zu einer langfristigen, vertikalen<br />
Leistungsgemeinschaft. Gegenseitige<br />
Leistungen werden festgelegt und neu<br />
geteilt, in Franchising und vertikaler Vertriebsbindung<br />
vertraglich geregelt.<br />
Dabei ist mit Franchising durch das Kapital<br />
der Partner ein rasches (internationales)<br />
Wachstum möglich. Leistungsbereiche sind<br />
Beschaffung, Logistik und Lagerhaltung,<br />
erfolgreiche Strategien und Management<br />
des Vertriebspartners oder gemeinsames<br />
Endkundenmarketing. Darüber hinaus lassen<br />
sich <strong>die</strong> gemeinsamen Anstrengungen<br />
von Herstellern und Handel im Bereich der<br />
Efficient Consumer Response-Lösungen<br />
(ECR) den Partnersystemen zuordnen.<br />
Um eine geeignete Leistung zu bestimmen,<br />
kann es sinnvoll sein, <strong>die</strong> Werteketten von<br />
den Grund- bis zu den Endleistungen eines<br />
Markts über verschiedene vertikale Stufen<br />
(Einkauf, Produktion, Verkauf etc.) zu analysieren,<br />
neu zu bündeln und neue Formen<br />
der Arbeitsteilung zwischen Hersteller und<br />
Handel sowie Handel und Endkunden zu<br />
bestimmen. Dabei ist das Spannungsfeld<br />
zwischen optimaler Abstimmung und Ausrichtung<br />
der Unternehmen auf das Netzwerk<br />
einerseits und der Vermeidung einer allzu<br />
großen Abhängigkeit der Partner andererseits<br />
zu beachten, da eine allzu große<br />
Abhängigkeit der Partner vom Netzwerk<br />
dazu führen könnte, dass ein Partner nicht<br />
mehr marktfähig und damit mittelfristig auch<br />
nicht mehr wettbewerbsfähig ist.<br />
Kooperationen lassen sich als selbstreferenzielles<br />
System charakterisieren und werden<br />
von den beteiligten Akteuren immer wieder<br />
entwickelt und verändert. Nach der Strukturationstherapie<br />
von Giddens ergibt sich<br />
ein Wechselspiel zwischen Normen und<br />
Ausführungen, <strong>die</strong> zu Ergebnissen führen.<br />
Ergebnisse bewirken immer wieder Änderungen<br />
der Normen; ein zyklischer Kooperationsprozess<br />
entsteht.<br />
Dieter Barwitzki<br />
Steinbeis-Hochschule Berlin<br />
16 README.<strong>TQU</strong> <strong>55</strong> README.<strong>TQU</strong> <strong>55</strong><br />
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