Ausgabe 55 - TQU die Umsetzer
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Wissensmanagement<br />
Knowledge in action<br />
Seine Methode: Der Billigste am Markt<br />
Seine Strategie: Den Konkurrenten durch<br />
Innovationen immer einen Schritt voraus<br />
Das Jahr 1862 neigt sich dem Ende zu, als<br />
der amerikanische Reeder Cornelius Vanderbilt<br />
Aktien der New-York- und Harlem-Eisenbahn<br />
kauft, das Stück zu neun Dollar. Der<br />
Mann ist steinreich, hat sein Vermögen erst<br />
mit dem Betrieb von Segelschiffen und dann<br />
mit Dampfern gemacht. Doch dann musste<br />
er erkennen, dass nicht Flüsse <strong>die</strong> Lebensadern<br />
des weiten, jungen Landes sind, sondern<br />
Schienen. Über 50.000 Kilometer sind<br />
in den USA schon verlegt, als Vanderbilt<br />
beschließt, in <strong>die</strong> Technik der Zukunft zu<br />
investieren. Erst mit 68 Jahren trifft er, ein<br />
„schlanker, robuster, kräftiger Mann mit einem<br />
finsteren Gesicht von auffallend roher<br />
Kraft“ (ein Biograf) <strong>die</strong> Entscheidung seines<br />
Lebens. Vanderbilt baut keine Eisenbahnen,<br />
das besorgt der Staat. Vanderbilt kauft sie<br />
zusammen, eine nach der anderen. Bald<br />
gehören ihm alle wichtigen Eisenbahngesellschaften<br />
in und um New York, am Ende<br />
steht ein dichtes Netz zwischen New York<br />
und Chicago. „Cornelius Vanderbilt war<br />
das leuchtende Wunder seiner Zeit“,<br />
schrieb der Wirtschaftshistoriker Gustavus<br />
Myers, „ein Magnat von so umfassendem,<br />
vielseitigem Reichtum und solcher Macht,<br />
wie <strong>die</strong> Vereinigten Staaten noch keinen<br />
gekannt hatten.“<br />
Aber nicht ein genialer Pionier hat da ein<br />
Imperium geschaffen, sondern ein harter<br />
Geschäftsmann. Zu seinem Erfolgsrezept<br />
gehörten Bestechung und Spekulation genau<br />
wie Kampfeslust und der Instinkt für den<br />
richtigen Moment. Wenn es eine Strategie<br />
hinter seinen Geschäften gab, dann <strong>die</strong>se:<br />
den Kampf gegen bestehende Monopole<br />
und Kartelle. Diesen Kampf focht Vanderbilt<br />
als Reeder wie als Eisenbahnunternehmer<br />
und verdrängte mit aller Härte <strong>die</strong> Rivalen.<br />
Seine Methode: der Billigste am Markt sein.<br />
Erst drückte er <strong>die</strong> Konkurrenz weg, dann<br />
kaufte er sie auf. Notfalls zog er im Kampf<br />
gegen Monopole vor Gericht. So annulierte<br />
der oberste Gerichtshof Amerikas 1824 auf<br />
Vanderbilts Klage ein Monopol, das der<br />
Staat New York einer Reederei für den Verkehr<br />
auf dem Hudson River gewährt hatte.<br />
Vanderbilt hatte ein zweites Erfolgsgeheimnis:<br />
das Bemühen, den Konkurrenten durch<br />
Innovationen einen Schritt voraus zu sein.<br />
Er wechselte im richtigen Augenblick vom<br />
Segler zum Dampfer. Er betrieb <strong>die</strong> Dampfer<br />
als Erster mit Kohle statt Holz. Er setzte<br />
früher als <strong>die</strong> Konkurrenz auf Schiffsrümpfe<br />
aus Metall statt Holz, auf Antrieb mit Schiffsschrauben<br />
statt mit Schaufelrädern. Und<br />
Vanderbilt investierte in Ideen, <strong>die</strong> Zeitgenossen<br />
für töricht hielten.<br />
So baute er zwischen Albany und Buffalo,<br />
einer gefragten Strecke, nebeneinander je<br />
zwei Trassen für den Personen- und Güterverkehr.<br />
Ein Wahnsinn, sagten alle, doch<br />
Vanderbilts Plan ging auf. Der Großunternehmer<br />
erlebte nur wenige Rückschläge auf<br />
dem Weg zum Erfolg. Aber <strong>die</strong>ser Weg<br />
war verwinkelt und kurvenreich. Erst gab<br />
er den großen Kämpfer gegen Monopole,<br />
dann erwarb er selbst monopolistische Konzessionen.<br />
1874 rief er seine Konkurrenten<br />
zusammen, um ihnen eine Vereinbarung<br />
zur Vermeidung „schädlichen Wettbewerbs“<br />
nahe zu legen. Er führte Kriege gegen subventionierte<br />
Konkurrenten und strich selber<br />
Staatsgeld ein. Notfalls schmierte Vanderbilt<br />
den Stadtrat, um eine Konzession zu behalten;<br />
er fälschte Bilanzen, um Steuern zu<br />
sparen. Er setzte auf den freien Markt und<br />
paktierte mit zwielichtigen Politikern, um sich<br />
einen Vorteil zu erschleichen. Er tat sich als<br />
Billiganbieter im Sinne der Kunden hervor,<br />
scherte sich aber wenig um Sicherheit und<br />
Komfort seiner Verkehrsmittel.<br />
Ein großer Unternehmer oder bloß ein brutaler<br />
Spieler? An Vanderbilt scheiden sich<br />
<strong>die</strong> Geister. Sein sprichwörtlicher Reichtum<br />
war für ihn eher Mittel als Zweck. „Das<br />
Geld, das man besitzt“, soll er gesagt haben,<br />
„erhält seinen Wert erst von der Macht,<br />
<strong>die</strong> es einem vermittelt.“ Vanderbilt wollte<br />
Macht und erkannte den schnellsten Weg<br />
dorthin, wie Gustavus Myers schreibt: „Kurz<br />
und bündig und ungeniert proklamierte er<br />
<strong>die</strong> Tatsache, dass Geld Gesetz sei und<br />
dass es <strong>die</strong> Gesetze kaufen oder Straffreiheit<br />
erwirken könne.“ „Was kümmerte es<br />
ihn“, fragte Myers, „dass sein Vermögen<br />
durch Erpressungen und Ausbeutungen,<br />
durch Betrug und Diebstahl erworben war?“<br />
Gleichzeitig genoss Vanderbilt bei seinen<br />
Zeitgenossen den Ruf eines sparsamen,<br />
pflichtbewussten Patrioten. Von ihm ging<br />
Autorität aus, er ver<strong>die</strong>nte Achtung. Dass<br />
er sich mit einer sozialistisch angehauchten<br />
Frauenrechtlerin einließ, sich in späten<br />
Jahren zum Spiritismus hingezogen fühlte,<br />
mit 75 eine 30-jährige entfernte Verwandte<br />
heiratete - all das verlieh dem alten Geizkragen<br />
eher menschliche Züge, als ihn unsympathisch<br />
zu machen. Unbestritten ist,<br />
dass Vanderbilt Luxus verachtete und Ehren<br />
verschmähte. Verschwendung war ihm ein<br />
Gräuel, erst spät zeigte er Spuren von Großzügigkeit.<br />
Sein Denkmal setzte er sich 1871 selbst:<br />
<strong>die</strong> Grand Central Station im Herzen von<br />
Manhattan. Und da der Bau des Riesenbahnhofs<br />
mitten in einer Wirtschaftskrise<br />
begann, wurde der Bauherr auch noch als<br />
öffentlicher Wohltäter bejubelt. Als der<br />
Commodore am 4. Januar 1877 mit 83<br />
Jahren in seiner Residenz am New Yorker<br />
Washington Place starb, sangen <strong>die</strong> um<br />
sein Totenbett versammelten Familienmitglieder<br />
andächtig: „Kommt ihr Sünder, arm und<br />
hungrig.“ Arm? Der Verblichene hatte das<br />
für <strong>die</strong> damalige Zeit unerhörte Vermögen<br />
von 100 Millionen Dollar angehäuft. Tags<br />
darauf überschrieb <strong>die</strong> New York Times<br />
ihren Nachruf auf der Titelseite: „Ein langes<br />
und nützliches Leben ging zu Ende.“<br />
Danach kam, was kommen musste: Kinder<br />
und Kindeskinder balgten sich ums Erbe.<br />
1973 trafen sich 120 seiner Nachkommen<br />
an der Vanderbilt University in Tennessee.<br />
Kein einziger Millionär war unter ihnen,<br />
wenig war geblieben vom gigantischen<br />
Vermögen des Urahnen Cornelius.<br />
Selbst <strong>die</strong> Grand Central Station gehörte<br />
den Banken, nicht mehr den Vanderbilts.<br />
Nach vier Generationen war ihnen nur eines<br />
geblieben: ein Name voller Glanz.<br />
nach Klaus-Peter Schmid in DIE ZEIT 2003<br />
Führungskräfte sollten sich stärker auf ihr Bauchgefühl verlassen<br />
Die Suche nach dem Sinn<br />
Unternehmen stecken derzeit in einer Sinnkrise.<br />
So klagen Unternehmenschefs, <strong>die</strong> Investoren<br />
seien nur an Quartalsgewinnen interessiert<br />
und nicht am langfristigen Wohlergehen<br />
der Firma und an deren Rolle in<br />
der Gesellschaft. Doch das ist nicht alles.<br />
Kunden sind enttäuscht, weil sie eine innige<br />
menschliche Beziehung zu ihren Lieferanten<br />
vermissen. Mitarbeitern, besonders<br />
den jungen, fehlt der Sinn in ihrer Arbeit:<br />
„Es geht immer nur ums Geld.“ Und sozialbewusste<br />
Aktivisten werfen insbesondere<br />
den weltweit agierenden Konzernen vor, sie<br />
handelten gewissenlos. Kurzum: Die Firmen<br />
nehmen kaum zur Kenntnis, dass <strong>die</strong> Menschen<br />
nach dem Sinn in wirtschaftlichen<br />
Vorgängen suchen. Daran ist <strong>die</strong> Geschäftswelt<br />
selbst schuld, so Roger Martin, Dekan<br />
der Rotman School of Management an der<br />
University of Toronto und Chef des AIC Institute<br />
for Corporate Citizenship im Harvard<br />
Business Manager vom Februar 2005. Die<br />
in den Unternehmen ablaufenden Prozesse<br />
sind <strong>die</strong> Ursache für den Sinnverlust, ja<br />
haben ihn sogar forciert. Da werden Six-<br />
Sigma Programme angewendet, um <strong>die</strong><br />
Qualität von Fertigungsprozessen zu verbessern,<br />
den Sinnverlust ihrer Mitarbeiter ändern<br />
sie nicht. Die Unternehmen haben<br />
Customer-Relationship-Management-Systeme<br />
eingeführt, um <strong>die</strong> Kundenbindung zu<br />
festigen, aber <strong>die</strong> Kunden fühlen sich dadurch<br />
eher manipuliert als verstanden. Die<br />
US-Regierung hat Gesetze erlassen, um Unternehmen<br />
daran zu hindern, ihre Investoren<br />
zu betrügen, aber <strong>die</strong> Vorstände bewegen<br />
sich mit schlafwandlerischer Sicherheit<br />
durch das Dickicht der Paragrafen, sodass<br />
<strong>die</strong> Investoren möglichen Schwindeleien<br />
nicht weniger ausgeliefert sind als vorher.<br />
Six Sigma, CRM, Sarbanes Oxley Act und<br />
viele andere Unternehmenssysteme haben<br />
eines gemeinsam: Es handelt sich um Prozesse,<br />
bei denen es um Verlässlichkeit und<br />
Konsistenz geht. Wenn das Management<br />
<strong>die</strong> Reliabilität der Systeme im Unternehmen<br />
erhöht, merkt es oft nicht, dass zugleich<br />
deren Validität und Sinnhaftigkeit schwinden.<br />
Mit anderen Worten: Die Prozesse<br />
führen zu konsistenten Ergebnissen, aber<br />
<strong>die</strong>se Resultate sind vielleicht weder zutreffend<br />
noch wünschenswert. Denn wenn<br />
Unternehmen <strong>die</strong> Reliabilität ihrer Prozesse<br />
steigern wollen, müssen sie <strong>die</strong> Anzahl der<br />
Variablen reduzieren und <strong>die</strong> Messungen<br />
standardisieren. Um hohe Validität zu erreichen,<br />
müssen <strong>die</strong> Systeme hingegen eine<br />
große Anzahl von Variablen berücksichtigen<br />
und subjektive Bewertungen zulassen.<br />
Nimmt man dann noch weiche Variablen<br />
und das Bauchgefühl hinzu, liefern solche<br />
Prozesse genauere Ergebnisse, wenngleich<br />
<strong>die</strong>se möglicherweise nicht so konsistent<br />
sind. Reliabilität und Validität befinden sich<br />
in fast jedem Unternehmenssystem in einem<br />
Spannungsfeld. So vergeben <strong>die</strong> meisten<br />
Methoden zur Leistungsbeurteilung Punkte<br />
für jede Aufgabe. Den Wert der Mitarbeiter<br />
für ihre Organisation einzustufen ist damit<br />
jedoch nicht möglich. Dazu muss das<br />
Ergebnis noch der persönlichen Einschätzung<br />
des Topmanagements zu einzelnen<br />
Führungskräften gegenübergestellt werden.<br />
Optimal wäre es, wenn das Management<br />
sowohl Validität als auch Reliabilität in den<br />
Systemen des Unternehmens erreichen könnte.<br />
Dafür gibt es zwei Gründe. Erstens müssen<br />
Führungskräfte bei validen Systemen<br />
subjektive oder qualitative Daten hinzuziehen,<br />
und Manager hassen Subjektivität.<br />
Zweitens können sie <strong>die</strong> Reliabilität eines<br />
Prozesses beweisen, weil <strong>die</strong>se auf Vergangenheitsdaten<br />
basiert, während nur <strong>die</strong><br />
Zukunft <strong>die</strong> Validität eines Prozesses zu<br />
bestätigen vermag. Leider hat <strong>die</strong>ser Reliabilitätswahn<br />
Unternehmen nicht davor bewahrt,<br />
ihre Kunden zu verprellen oder von<br />
der Konkurrenz angegriffen zu werden. Das<br />
Streben nach Reliabilität hat Unternehmen<br />
geschaffen, <strong>die</strong> sich wenig Mühe geben,<br />
Ziel und Sinn hinter den Geschäftszahlen<br />
zu suchen, <strong>die</strong> endlos ausgewalzt werden.<br />
Erzeugt ein Unternehmen verlässliche, aber<br />
bedeutungslose Ergebnisse, ist es nicht viel<br />
besser als ein aufgemotztes Auto, das in<br />
voller Geschwindigkeit über den Rand einer<br />
Klippe fährt. Um sich selbst zu retten,<br />
werden Firmen Leute finden müssen, <strong>die</strong> mit<br />
weniger exakten Daten umgehen können,<br />
indem sie zusätzlich ihren gesunden Menschenverstand<br />
benutzen, um ihrer Arbeit<br />
einen tieferen Sinn zu verleihen.<br />
Florian Rösch, ifqm<br />
Neues Workbook<br />
im <strong>TQU</strong> Verlag<br />
Wachstum<br />
durch Innovation<br />
Phantasie ist wichtiger als Wissen<br />
Helmut Bayer<br />
Unternehmen müssen wachsen! Doch was<br />
bedeutet Wachstum? Wie kann Wachstum<br />
solide und nachhaltig erreicht und gehalten<br />
werden? Jedes Unternehmen beschäftigt<br />
sich mit <strong>die</strong>sen und weiterführenden<br />
Schicksalsfragen. Wachstum wird zur Existenzgrundlage<br />
schlechthin. Zwei Wege<br />
führen zu Wachstum. Das externe Wachstum:<br />
der Zukauf von Unternehmen, stärkt das<br />
eigene Portfolio und eröffnet Synergien<br />
durch ein Mehr an Wissen und Können,<br />
aber auch an Kunden und Märkten. Das<br />
organische Wachstum: <strong>die</strong> Stärkung der<br />
eigenen Position aus eigener Kraft heraus<br />
und mit eigenen Ressourcen, war lange Zeit<br />
kennzeichnend für <strong>die</strong> Einstellung und <strong>die</strong><br />
Strategie der Unternehmer im deutschen<br />
Mittelstand. Unabhängig davon, ob ein<br />
Unternehmen externes oder organisches<br />
Wachstum für sich als Königsweg definiert<br />
hat, es wird schnell klar, dass beliebige<br />
Wachstumsstrategien ohne wirkliche und<br />
nachhaltige Erneuerung der Produkte, Prozesse<br />
und Organisationen nicht erfolgreich<br />
sein werden. Die Fähigkeit, Neues zu generieren,<br />
ist zentraler Wachstumsfaktor<br />
Nummer eins. Publikationen zu den Themen<br />
Wachstum oder Erneuerung gibt es<br />
viele. Die Autoren versuchen, den Bogen<br />
zwischen Wachstum und Innovation zu<br />
schlagen. Sie bieten auf der Basis ihrer Recherchen,<br />
Überlegungen, Beobachtungen,<br />
Beispielen und aus der Beratungspraxis<br />
heraus Antworten, wie Unternehmen dauerhaft<br />
erfolgreich sein können. Vorweg stellen<br />
muss man, dass Unternehmen nur dann<br />
langfristig und dauerhaft erfolgreich sein<br />
können, wenn es tatsächlich Bedarf an ihrer<br />
Leistung und ihrer Leistungsfähigkeit gibt.<br />
Das heißt, sie müssen ständig ihre Fähigkeiten<br />
überdenken und durch innovative<br />
Impulse an <strong>die</strong> heutigen oder künftigen Herausforderungen<br />
anpassen. Albert Einstein:<br />
„Phantasie ist wichtiger als Wissen.“ Die<br />
Vorlage für <strong>die</strong>ses Workbook wurde im<br />
Rahmen des MBA Stu<strong>die</strong>ngangs Business<br />
Excellence Management der Steinbeis-<br />
Hochschule Berlin erarbeitet.<br />
99 Seiten, Format A5, Spiralbindung,<br />
EUR 36.- zuzüglich MWSt. und Versand<br />
beim <strong>TQU</strong> Verlag<br />
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