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Ausgabe 55 - TQU die Umsetzer

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Performance Measurement<br />

in der Praxis<br />

Wie kann <strong>die</strong> Leistung eines Unternehmens gemessen und bewertet werden?<br />

Im Wettbewerb der Besten ist gutes Management<br />

einer der letzten nicht ohne weiteres<br />

zu kopierenden Standortfaktoren geworden.<br />

Es zeichnet sich ab, dass Management<br />

und Unternehmensteuerung <strong>die</strong> entscheidende<br />

Kernkompetenz des nächstens<br />

Jahrzehnts sein werden. Die zunehmende<br />

Dynamik und Entwicklungsgeschwindigkeit<br />

der Unternehmensumwelt erfordert dabei<br />

leistungsfähige und flexible Steuerungssysteme.<br />

Dazu könnnte Performance Measurement<br />

als Querschnittsaufgabe des Managements<br />

einen Beitrag leisten.<br />

Performance Measurement beruht auf einem<br />

Ansatz, welcher in der Forschung als „System<br />

zur Messung und Lenkung der mehrdimensionalen,<br />

durch wechselseitige Interdependenzen<br />

gekennzeichneten, strategische<br />

und operative Aspekte integrierende, Unternehmensleistung<br />

auf Basis eines kybernetischen<br />

Prozesses mit Elementen des organisationalen<br />

Lernens“ verstanden wird.<br />

Der Steuerungs- und Informationsbedarf von<br />

Unternehmen und das Bedürfnis, verwendete<br />

Kenngrößen zu strukturieren und zueinander<br />

in Beziehung zu setzen, führte<br />

schon früh zur Entwicklung von Kennzahlensystemen,<br />

von denen das ROI-Kennzahlensystem<br />

des US-Chemiekozerns DuPont aus<br />

dem Jahre 1919 wohl das bekannteste ist.<br />

Finanzielle Kennzahlensysteme <strong>die</strong>ser ersten<br />

Entwicklungsphase steuern anhand einer<br />

Spitzenkennzahl, im Fall des DuPont Konzerns<br />

des Return-On-Investement, mit der alle<br />

Nachgeordneten Kennzahlen mathematisch<br />

verknüpft sind. Die Konstruktion <strong>die</strong>ser Systeme<br />

spiegelt einen mechanistischen Steuerungsanspruch<br />

wieder, der glaubt, Unternehmen<br />

wie eine Maschine mittels verschiedener<br />

Stellgrößen steuern zu können.<br />

In den 70er Jahren wurde zunehmend erkannt,<br />

dass zur Beurteilung und Steuerung<br />

eines Unternehmens zusätzliche Informatio-<br />

nen notwendig sind. Dies führte zur Weiterentwicklung<br />

bisheriger Kennzahlensysteme.<br />

Ein Beispiel ist das so genannte<br />

„ZVEI-Kennzahlensystem“ das 1970 vom<br />

Zentralverband der Elektrotechnischen Industrie<br />

Deutschlands entwickelt wurde. Dieses<br />

stellt neben finanziellen Messgrößen zur<br />

Strukturanalyse, welche auf <strong>die</strong> Spitzenkennzahl<br />

„Eigenkapitalrentabilität“ verdichtet<br />

werden, Kennzahlen zur Wachstumsanalyse<br />

in den Dimensionen Vertriebstätigkeit,<br />

Ergebnis, Kapitalbindung und<br />

Wertschöpfung dar. Gemeinsam war <strong>die</strong>sen<br />

Systemen, dass sie für gewöhnlich Informationen<br />

aus dem Jahresabschluss verwenden,<br />

also schwerfällig und stark monetär<br />

ausgerichtet waren.<br />

Im Jahr 1987 griff der Artikel „Relevance<br />

Lost“ von Johnson/Kaplan <strong>die</strong> verbreitete<br />

Unzufriedenheit mit Kennzahlensystemen auf<br />

und wurde zum Auslöser der später von<br />

Eccles (1991) beschriebenen Performance<br />

Measurement Revolution. Johnson und Kaplan<br />

beklagten <strong>die</strong> Defizite rein finanzieller<br />

Steuerungssysteme, welche nicht in der<br />

Lage waren, <strong>die</strong> tatsächlichen Leistungstreiber<br />

und Erfolgsfaktoren von Unternehmen<br />

zu erfassen: Sie waren eindimensional,<br />

vergangenheitsbezogen, es mangelte ihnen<br />

an Bezug zur Strategie und sie waren nicht<br />

in das operative Geschäft integriert. Neben<br />

anderen Reformversuchen, wie der<br />

Prozesskostenrechnung oder der Shareholder-Value-Orientierung<br />

war das moderne<br />

Performance Measurement eine erfolgreiche<br />

Reaktion auf <strong>die</strong>se Entwicklung.<br />

Die von der Performance Measurement<br />

Revolution angestrebte Lösung bestand in<br />

verschiedenartigen, auch qualitativen Indikatoren,<br />

einer vielschichtigen Erfolgsdefinition<br />

und einer stringenten Verknüpfung mit<br />

der Strategie: Die finanzielle Dimension ist<br />

nicht mehr Angelpunkt, sondern nur noch<br />

einer von vielen.<br />

Diese Anforderungen erfüllte <strong>die</strong> 1992 in<br />

einem viel beachteten Artikel von Kaplan/<br />

Norton im Harvard Business Review vorgestellte<br />

Balanced Scorecard. Durch ihre Stärken<br />

bei der Strategiekommunikation und<br />

-umsetzung, ihre logische Klarheit und nicht<br />

zuletzt durch <strong>die</strong> Prominenz und Marketingmacht<br />

ihrer Autoren hat sie sich seitdem als<br />

das Performance Measurement System<br />

durchgesetzt, während vergleichbare andere,<br />

gleichzeitig erschienene Konzepte, wie<br />

<strong>die</strong> Performance Pyramid oder der Intellectual<br />

Capital Ansatz weit weniger Beachtung<br />

fanden.<br />

Auch wenn bis heute häufig Performance<br />

Measurement mit Balanced Scorecard<br />

gleichgesetzt wird, sind in der Zwischenzeit<br />

eine Vielzahl neuerer innovativer Ansätze<br />

veröffentlicht wurden. Es hat sich gezeigt,<br />

dass bestehende Performance<br />

Measurement Ansätze keineswegs alle Probleme<br />

lösen, zumal ihre Implementierung<br />

und <strong>die</strong> Anbindung an andere Managementsysteme<br />

des Unternehmens sich oft als<br />

problematisch erweisen.<br />

In den letzten Jahren hat <strong>die</strong> Forschung zum<br />

Performance Measurement erhebliche Fortschritte<br />

gemacht. Jedoch existiert keineswegs<br />

Übereinstimmung, weder in den<br />

Grundlagen noch im Umfang. In der Beratungspraxis<br />

des Autors gewinnt das Thema<br />

Performance Measurement zunehmend an<br />

Bedeutung, ohne dass ein entsprechendes<br />

theoretisches Fundament verwendbar wäre.<br />

So kann in der täglichen Beratungsarbeit<br />

nicht auf wesentliche Grundlagen zurückgegriffen<br />

werden.<br />

Thomas Seeger<br />

Steinbeis-Hochschule Berlin<br />

Der Komplexität gerecht werden<br />

Was müssen Kennzahlensysteme leisten?<br />

Kennzahlensysteme als wichtiger Teil der<br />

Informations- und Steuerungssysteme erfreuen<br />

sich seit einigen Jahren erhöhter Aufmerksamkeit<br />

in der Managementliteratur. Nach<br />

vielen Jahren der Konzentration auf finanzielle<br />

Ergebnisse zur Führung eines Unternehmens,<br />

gab es Anfang der 90er Jahre mit<br />

der Vorstellung der Balanced Scorecard von<br />

Norton und Kaplan einen grundlegenden<br />

Bewusstseinswandel hin zu einer mehrdimensionalen<br />

Betrachtung der Unternehmensperformance.<br />

Weitere Themen wurden berücksichtigt<br />

für <strong>die</strong> Kennzahlenausrichtung<br />

wie Strategie, Kunden, Mitarbeiter, Prozesse,<br />

Fähigkeiten, etc. Die Anzahl der Publikationen<br />

und Lösungsvorschläge für offene<br />

und neu ausgerichtete Kennzahlensysteme<br />

nahm in den 90er Jahren dramatisch zu.<br />

Doch spürt man in den Unternehmen anhaltende<br />

Unsicherheit und Unzufriedenheit<br />

mit den vorhandenen Kennzahlensystemen.<br />

Nach Ittner und Larcker im Harvard Business<br />

Manager (Februar 2004) gibt ein Drittel<br />

der befragten Unternehmen an, über kein<br />

ausreichendes Kennzahlensystem zu verfügen,<br />

und 80 % denken nicht über <strong>die</strong> kausalen<br />

Zusammenhänge zwischen ihren<br />

Kennzahlen nach und damit nicht über <strong>die</strong><br />

ihr Geschäft bestimmenden Erfolgsfaktoren.<br />

Bevor überlegt werden kann, wie <strong>die</strong><br />

Kennzahlensysteme zu gestalten sind, gilt<br />

es zuerst zwei zentrale Fragen zu beantworten:<br />

„Warum brauchen wir ein Kennzahlensystem?“<br />

und „Was soll es leisten?“<br />

An den Antworten wird sich jeder Weg,<br />

Systeme auf- und auszubauen, messen lassen<br />

müssen. Gleichzeitig geben sie Hinweise<br />

darauf, wie Kennzahlensysteme beschaffen<br />

sein sollen.<br />

Kennzahlensysteme sind sowohl Teil des<br />

Informations-, als auch des Steuerungssystems<br />

eines Unternehmens und haben deshalb<br />

verschiedenste Aufgaben zu erfüllen.<br />

Dazu gehören u. a.: Ausrichtung der Or-<br />

ganisation, Kommunikation von Zielen und<br />

Erwartungen, Basis für Zielvorgabe, Basis<br />

für Strategieumsetzung und -kommunikation,<br />

Steuerung der Abläufe, Erfüllung von Rechenschaftspflichten,<br />

Vergleichbarkeit , Basis<br />

für Benchmarking, Basis für Verbesserungen,<br />

Aufwand reduzieren, besseres Verständnis,<br />

Fokussierung der Organisation<br />

und ihrer Mitglieder, Grundlage von leistungsbezogenen<br />

Anreiz- und Entgeltsystemen.<br />

Diese Aufzählung ist keineswegs<br />

vollständig. Sie zeigt jedoch <strong>die</strong> Vielfältigkeit<br />

und Komplexität von Kennzahlensystemen<br />

auf. Aus <strong>die</strong>sen Aufgaben müssen<br />

nun Anforderungen an <strong>die</strong> praktische Gestaltung<br />

von Kennzahlensystemen abgeleitet<br />

werden.<br />

Ausgehend von den Aufgaben, <strong>die</strong> Kennzahlensysteme<br />

in Unternehmen zu erfüllen<br />

haben, lassen sich mehrere Leistungsmerkmale<br />

ableiten, an denen sie zu messen sind.<br />

Grundsätzlich lassen sich <strong>die</strong> zu stellenden<br />

Anforderungen nach inhaltlicher und struktureller<br />

Natur unterscheiden. Inhaltliche Anforderungen<br />

befassen sich mit dem angestrebten<br />

Betrachtungsgegenstand und geben<br />

an, was ein Kennzahlensystem zu messen<br />

in der Lage sein muss. Strukturelle Anforderungen<br />

zeigen auf, wie das System<br />

aufgebaut sein soll.<br />

Seit Kaplan (1987) ist anerkannt, dass<br />

Kennzahlensysteme mehrdimensionale Informationen<br />

bereitstellen müssen, welche über<br />

<strong>die</strong> klassische finanzielle Betrachtungsebene<br />

des Controlling hinaus gehen. Häufig wird<br />

im Gegensatz zur rückwärtsgewandten<br />

Sichtweise finanzieller Kennzahlen zusätzlich<br />

von Gegenwarts- und Zukunftsorientierung<br />

gesprochen. Darunter wird <strong>die</strong> Abbildung<br />

sogenannter weicher Faktoren wie<br />

Prozesse, Mitarbeiter, Qualität, Produktivität,<br />

Wissen, Fähigkeiten, Kunden u. a. verstanden,<br />

welche Werte schaffen und den<br />

Unternehmenserfolg der Zukunft bestimmen.<br />

Ein Unternehmen sollte möglichst ausgewo-<br />

gen nach innen und außen, in Vergangenheit,<br />

Gegenwart und Zukunft, auf Effizienz<br />

und Effektivität blicken. Ein leistungsfähiges<br />

Kennzahlensystem berücksichtigt Strategie,<br />

Prozesse, Stakeholder, Projekte und Verbesserungsmaßnahmen,<br />

Kompetenzen und<br />

Fähigkeiten, Infrastruktur und Ressourcen.<br />

Grundsätzlich muss das Kennzahlensystem<br />

in der Lage sein, alle entscheidungs- und<br />

erfolgsrelevanten Dimensionen abzubilden.<br />

Da <strong>die</strong>se bei jedem Unternehmen unterschiedlich<br />

sein können, ist <strong>die</strong> genannte Liste<br />

lediglich ein Mindeststandard und muss<br />

situationsabhängig ergänzt werden.<br />

Die zweite Kategorie von Anforderungen<br />

an Kennzahlensysteme gibt Hinweise, wie<br />

das Kennzahlensystem strukturiert sein muss,<br />

um seine Aufgabe, <strong>die</strong> rechzeitige Versorgung<br />

von Entscheidungsträgern mit relevanten<br />

Informationen, auf Dauer erfolgreich zu<br />

bewältigen. Es muss kausale Verknüpfungen<br />

und Abhängigkeiten darstellen, verständlich<br />

und kommunizierbar sein, an <strong>die</strong> spezifische<br />

Unternehmenssituation anpassbar und<br />

modular strukturiert sein, um sie ggf. schrittweise<br />

im Unternehmen einzuführen oder auf<br />

andere Unternehmensteile auszuweiten. Um<br />

den sich ändernden Herausforderungen,<br />

Strategien und Rahmenbedingungen eines<br />

Unternehmens langfristig gerecht zu werden,<br />

müssen Kennzahlensysteme zudem<br />

regelmäßig verändert werden können.<br />

Kennzahlensysteme sollen auf verschiedenen<br />

Leistungsebenen (Strategische Ebene,<br />

Prozessebene, Operative Steuerung) und in<br />

unterschiedlich großen Teilbereichen des<br />

Unternehmens eingesetzt werden können.<br />

Dazu muss das System so strukturiert sein,<br />

dass es beliebig teilbar, erweiterbar oder<br />

auf andere Ebenen übertragbar ist.<br />

Elmar Zeller<br />

Steinbeis-Hochschule Berlin<br />

8 README.<strong>TQU</strong> <strong>55</strong> README.<strong>TQU</strong> <strong>55</strong><br />

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