Ausgabe 55 - TQU die Umsetzer
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Den kontinuierlichen Wandel meistern<br />
Welche Möglichkeiten bietet Kaizen?<br />
Kaizen ist ein japanisches Managementkonzept.<br />
Im engeren Sinne ist eine ständige<br />
Verbesserung bestehender Strukturen und<br />
Ressourcen gemeint, in <strong>die</strong> Führungskräfte<br />
wie Mitarbeiter total einbezogen werden.<br />
Gemäß der Philosophie des Kaizen weist<br />
nicht <strong>die</strong> sprunghafte Verbesserung durch<br />
Innovation, sondern <strong>die</strong> schrittweise Perfektionierung<br />
und Optimierung des Bewährten<br />
den Weg zum Erfolg. Dabei steht nicht der<br />
finanzielle Gewinn im Vordergrund, sondern<br />
stetiges Bemühen, <strong>die</strong> Qualität zu steigern.<br />
Nach dem zweiten Weltkrieg<br />
begann das total zerstörte<br />
Japan <strong>die</strong> Wirtschaft<br />
total umzustellen. Trotz aller<br />
staatlicher Bemühungen lief<br />
<strong>die</strong> Wirtschaft nur schleppend<br />
an. Als es dem Automobilhersteller<br />
Toyota finanziell<br />
sehr schlecht ging und<br />
<strong>die</strong> Unternehmensführung<br />
15 Prozent der Mitarbeiter<br />
entlassen wollte, protestierten<br />
<strong>die</strong> neu gegründeten<br />
Gewerkschaften massiv.<br />
•Kundenorientierung<br />
Unternehmensführung und<br />
•Kanban<br />
Gewerkschaft schlossen einen<br />
Kompromiss. Toyota<br />
• Qualitätssteigerung<br />
konnte 15 Prozent der Mit-<br />
•Mechanisierung<br />
arbeiter entlassen, musste<br />
•Just-in-Time<br />
sich im Gegenzug aber verpflichten,<br />
<strong>die</strong> anderen 85<br />
•Fehlerlosigkeit<br />
Prozent lebenslang zu beschäftigen.<br />
So waren 85<br />
Prozent der Mitarbeiterkosten von variablen<br />
Kosten zu langzeitigen Fixkosten geworden.<br />
In <strong>die</strong>sem Zusammenhang gesehen, ist es<br />
für Toyota wichtig, seine Mitarbeiter immer<br />
weiter zu qualifizieren, da sie lebenslang<br />
im Betrieb bleiben würden. In <strong>die</strong>ser Phase<br />
entstand das Kaizen-Konzept. In Japan<br />
selbst wird <strong>die</strong> Idee des Kaizen unabhängig<br />
von seiner im Westen verbreiteten idealistischen<br />
Bedeutung verwendet. Kaizen in<br />
der japanischen Praxis ist vor allem sichtbare<br />
Veränderung, z. B. <strong>die</strong> Erweiterung<br />
der Funktionen eines Elektrogerätes, <strong>die</strong> Umorganisation<br />
der innerbetrieblichen Organisation<br />
oder in der öffentlichen Verwaltung<br />
<strong>die</strong> in der letzten Zeit sehr häufigen Eingemeindungen<br />
und Umbenennung von Städten<br />
(so Saitama). Auf der Produktebene<br />
hängt Kaizen eng mit der japanischen<br />
Marketing-Praxis zusammen, den Verbraucher<br />
einen eigentlich dauerhaft benutzbaren<br />
Gebrauchsgegenstand ständig neu<br />
kaufen zu lassen. Es widerspricht dem gesunden<br />
Menschenverstand, <strong>die</strong> gleiche Ste-<br />
•Vorschlagswesen<br />
•Kleingruppenarbeit<br />
•TQC (umfassende Qualitätskontrolle) •Automatisierung<br />
•Kooperation der Managementebenen<br />
•Arbeitsdisziplin<br />
•Produktivitätssteigerung<br />
• QC (Qualitätskontroll-Zirkel) •TPM (umfassende Produktivitätskontrolle)<br />
•Entwicklung neuer Produkte<br />
reoanlage, das gleiche Auto oder auch das<br />
gleiche Computerprogramm zweimal zu<br />
kaufen. Die Hersteller müssen also ihr Produkt<br />
so verändern, dass es interessanter als<br />
sein Vorgängerprodukt wird und der Verbraucher<br />
sein Produkt als „veraltet“ empfindet.<br />
Kaizen ist nicht <strong>die</strong> Erfindung eines oder<br />
vieler neuer Werkzeuge, es ist vielmehr<br />
eine Sammlung von Managementphilosophien,<br />
Theorien und Werkzeugen,<br />
<strong>die</strong> sich im Lauf der Jahre in Japan entwikkelt<br />
haben und angewendet werden. Kai-<br />
zen bringt <strong>die</strong>se verschiedenen Methoden<br />
in einen Kontext und in ein verständliches<br />
Konzept. Im Westen wurde Kaizen unter<br />
dem Namen „Kontinuierlicher Verbesserungsprozess“<br />
(KVP) in vielen Unternehmen<br />
eingeführt. Ziele und Wege der ständigen<br />
Verbesserung waren und sind, beispielsweise,<br />
Perfektionierung des betrieblichen Vorschlagswesens,<br />
Weiterbildung der Mitarbeiter,<br />
mitarbeiterorientierte Führung, Prozessorientierung<br />
oder Einführung eines<br />
Qualitätsmanagements. Kaizen geht von<br />
der realistischen Erkenntnis aus,<br />
dass es keinen Betrieb ohne<br />
Probleme gibt. Diese Probleme<br />
werden durch <strong>die</strong> Unternehmenskultur,<br />
in der jeder ungestraft<br />
das Vorhandensein von<br />
Problemen eingestehen kann,<br />
gelöst. Verbesserungen von<br />
Qualität und Produktionsplanung<br />
sowie Kostensenkung<br />
münden schließlich in eine erhöhte<br />
Kundenzufriedenheit.<br />
Wenn es nach Kaizen geht,<br />
sind <strong>die</strong>se Ziele niemals ganz<br />
zu erreichen, denn man geht<br />
immer davon aus, dass der gegenwärtige<br />
Zeitpunkt der<br />
schlechteste ist und man immer<br />
weiter an einem Ziel arbeiten<br />
muss, um einen Zustand zu verbessern.<br />
Hat man eine Verbesserung<br />
erreicht, so wird der neu<br />
gewonnene Zustand wiederum<br />
als der schlechteste definiert, der unbedingt<br />
verbessert werden muss. Des Weiteren sind<br />
Veränderungen der Mitarbeiter erwünscht,<br />
z. B. soll <strong>die</strong> Zufriedenheit der Mitarbeiter<br />
und <strong>die</strong> ständige Weiterbildung gewährleistet<br />
werden. Außerdem soll <strong>die</strong> innerbetriebliche<br />
Hierarchie verändert werden, so<br />
dass jeder Mitarbeiter ob Manager oder<br />
„normaler“ Mitarbeiter, ein Mitspracherecht<br />
bei Veränderungen hat. Und alle müssen<br />
Fehler eingestehen können.<br />
Stefan Häck, Steinbeis-Hochschule Berlin<br />
Es kommt auf <strong>die</strong> Aufgabenstellung an<br />
Poka Yoke oder Six Sigma? lichkeit von Poka Yoke lässt sich anhand<br />
Deutsche Unternehmen geben jedes Jahr<br />
einen dreistelligen Milliardenbetrag für unsinnige<br />
Projekte aus. Zu <strong>die</strong>sem Ergebnis<br />
kommt der Münchner Betriebswirtschaftsprofessor<br />
Manfred Gröger in einer Langzeitstu<strong>die</strong><br />
mit 962 Führungskräften aus<br />
Wirtschaft und öffentlicher Verwaltung. Die<br />
Teilnehmer haben offen eingeräumt, dass<br />
nur 43 Prozent aller in ihren Unternehmen<br />
begonnenen Projekte strategisch sinnvoll<br />
waren. Lediglich in 13 Prozent der Projekte<br />
waren <strong>die</strong> eingesetzten Methoden zielführend.<br />
Insgesamt ergab <strong>die</strong> Stu<strong>die</strong> ein<br />
düsteres Bild über <strong>die</strong> betrieblichen Fähigkeiten<br />
anspruchsvolle Aufgabenstellungen<br />
systematisch anzugehen. Jede Methode aus<br />
dem breiten Feld des Quality Engineering<br />
hat ihr spezifisches Wirkungsfeld. Poka<br />
Yoke und Six Sigma stehen sich auf der<br />
Skala der typischen Aufgabe „Fehlerreduzierung“<br />
diagonal und alternativ gegen-<br />
Nullfehler sind tatsächlich machbar. Die<br />
japanischen Fertigungsmethoden sind nach<br />
wie vor aktuell! Es sind nun schon einige<br />
Jahre ins Land gegangen seit japanische<br />
Fertigungsmethoden <strong>die</strong> westlichen Automobilmanager<br />
verblüfft haben. Das heißt<br />
freilich nicht, dass <strong>die</strong>se inzwischen ihre<br />
Attraktivität verloren haben. Die traditionellen<br />
westlichen Qualitätsmethoden greifen<br />
offensichtlich nicht mehr, wenn Fehleranteile<br />
von wenigen ppm erreicht werden. Rückbesinnung<br />
auf fertigungstechnische Lösungen<br />
sind gefragt, konsequentes Poka Yoke<br />
ist in der Produktion und der Montage angesagt.<br />
Nach wir vor gilt das Toyota-<br />
Produktionssystem (TPS), dessen wesentlicher<br />
Bestandteil Poka Yoke ist, als Schlüssel<br />
zum Erfolg. Die Idee hinter <strong>die</strong>sem System<br />
sind Regeln und Einrichtungen, <strong>die</strong> sicherstellen,<br />
dass auch in Routineabläufen<br />
ständig darüber nachgedacht wird, wie<br />
sich <strong>die</strong> Arbeit verbessern lässt. Diese Prin-<br />
über, sowohl beim notwendigen Aufwand<br />
als auch in der Wirkung. Nur bei richtiger<br />
Anwendung lassen sich mit ihnen erhebliche<br />
Möglichkeiten erschließen. Falsch eingesetzt,<br />
führen sie zu ärgerlichen Projektflopps<br />
und zu lästigen Nebenwirkungen.<br />
Es kann also nicht darum gehen, zu beschließen<br />
Six Sigma oder Poka Yoke anzuwenden.<br />
Es geht darum, aus der jeweiligen<br />
Aufgabenstellung heraus <strong>die</strong> richtige<br />
Methodenentscheidung zu finden. Die Autoren<br />
haben aufgrund ihrer umfangreichen<br />
Projekterfahrung eine Vorgehensweise entwickelt,<br />
wie durch eine sorgfältige Analyse<br />
der Aufgabenstellung <strong>die</strong> richtigen Methoden<br />
gefunden werden. Diese Bewertungssystematik<br />
nennen sie „Affinitätsmatrix“.<br />
Mit Hilfe <strong>die</strong>ser Matrix werden insgesamt<br />
29 inhaltliche, qualitative und quantitative<br />
Merkmale der Aufgabenstellung nachgefragt<br />
und bewertet. Die Erfolgswahrschein-<br />
zipien führen zu einer Steigerung der Zuverlässigkeit,<br />
Flexibilität, Sicherheit, Effizienz,<br />
Marktanteil und Rentabilität. Das von<br />
Shigeo Shingo erstmals veröffentlichte Konzept<br />
Poka Yoke wurde von ihm ursprünglich<br />
Baka Yoke genannt, was in etwa „narrensicher“<br />
bedeutet. Im Rahmen seiner Arbeiten<br />
wurde1963 im Arakawa Werk eine<br />
Baka Yoke Vorrichtung entwickelt, <strong>die</strong> das<br />
fehlerhafte Anschweißen von Teilen eines<br />
Autositzes verhinderte. Und so erklärte man<br />
auch einer Mitarbeiterin, dass <strong>die</strong>se Vorrichtung<br />
<strong>die</strong>sen Arbeitsschritt „narrensicher“<br />
mache, da brach sie in Tränen aus. „War<br />
ich wirklich so ein Narr?“, schluchzte sie<br />
und blieb am folgenden Tag zu Hause.<br />
Davon erfuhr Shigeo Shingo, kurzerhand<br />
benannte er sein Konzept um: und Poka<br />
Yoke war geboren. Wobei Poka „Vermeidung“<br />
und Yoke der „versehentliche Fehler“<br />
bedeutet, so kann Poka Yoke mit<br />
„Fehlervermeidung“ oder nach Sondermann<br />
ihres Fokus auf menschliche Fehlhandlungen<br />
abschätzen. Six Sigma ist besser geeignet<br />
für komplexere Aufgabenstellungen, in denen<br />
Prozesseigenschaften eine bedeutendere<br />
Rolle spielen. Eine abgestimmte Kombination<br />
beider Methoden wird zielführend<br />
sein, wenn menschliche und technologische<br />
Ursachen dazu führen, dass Fehler in Herstellprozessen<br />
entstehen. Die Affinitätsmatrix<br />
hat ihre Bewährungsprobe in der Praxis<br />
erfolgreich bestanden. In einer Reihe von<br />
Verbesserungsprojekten für Kunden aus der<br />
Automobilindustrie hat sie <strong>die</strong> richtigen Indikatoren<br />
für <strong>die</strong> Methodenauswahl geliefert.<br />
Effektivität und <strong>die</strong> Effizienz der Projekte<br />
konnte so erheblich verbessert werden.<br />
Stefan Häck, Daniel Eiche<br />
Steinbeis-Hochschule Berlin<br />
Neues Workbook im <strong>TQU</strong> Verlag<br />
Fehler mit Poka Yoke vermeiden. Nullfehlerstrategie für qualitätsbewusste Manager. Stefan Häck<br />
mit „fehlhandlungssicher“ übersetzt werden.<br />
Vorsprung durch Wissen! Auch <strong>die</strong>ses<br />
Workbook aus dem <strong>TQU</strong> Verlag bietet für<br />
<strong>die</strong>ses sorgsam ausgewählte und aktuelle<br />
Thema der modernen Unternehmensführung<br />
und der betrieblichen Leistungssteigerung<br />
<strong>die</strong> dafür geeigneten Impulse. Die Vorlage<br />
für <strong>die</strong>ses Workbook wurde im Rahmen des<br />
MBA Stu<strong>die</strong>ngangs Business Excellence<br />
Management der Steinbeis-Hochschule<br />
Berlin erarbeitet.<br />
72Seiten, Format<br />
A5, Spiralbindung,<br />
EUR 30,50 zuzüglich<br />
MWSt. und<br />
Versand beim <strong>TQU</strong><br />
Verlag<br />
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