Nr. 210 - Regierungsrat - Basel-Stadt
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12 PoRTRäT<br />
BS intern NR.<strong>210</strong>/2011<br />
Illusion des Lebendigen<br />
Wachsam gespitzteOhren, scharfe Krallen, stolzer Habitus und Drohgebärden –imNaturhistorischen<br />
Museum <strong>Basel</strong> dokumentieren unzähligeExponate die Existenz ausgestorbener,aber auch (noch)<br />
lebender Tierarten. Lebensecht und dochtot.Ein BesuchimPräparatorium zeigt, washinter –und in<br />
–den Tierpräparaten steckt.<br />
Text: Sabine Etter Fotos: Juri Weiss<br />
Neugierig reckt die Amerikanische<br />
Wandertaube den Kopf nach oben und<br />
präsentiert stolz ihre rostrot schimmernde<br />
Brust. So lebhaft sie auch scheinen<br />
mag, soleblos ist ihr Körper. Es<br />
handelt sich um ein präpariertes Exemplar<br />
der seit 1914 ausgestorbenen Vogelart.<br />
Als Exponat in der Dauerausstellung<br />
«Quagga &Dodo –bedroht und<br />
ausgestorben» im Naturhistorischen<br />
Museum <strong>Basel</strong> (NMB) veranschaulicht<br />
die Wandertaube neben vielen anderen,<br />
weshalb Tierarten aussterben. Als Präparat<br />
ist sie zudem originaler Beleg einer<br />
einst in riesigen Schwärmen auftretenden<br />
Vogelart, welche alten Berichten<br />
nach die Sonne verdunkelt haben. Aber<br />
auch ein Präparat hält nicht ewig, wie<br />
Christoph Meier, Leiter des Präparatoriums<br />
im NMB betont. Die Präparationen<br />
bleichen aus, verstauben und leiden<br />
unter nicht optimaler Lagerung<br />
oder dem Hin und Her zwischen Keller<br />
und Ausstellungsraum. Da kann schon<br />
mal eine Kralle abbrechen oder ein<br />
Zahn abfallen. Ein gut gemachtes Präparat,<br />
das 100 Jahrehält, sei eine grosse<br />
Leistung,soMeier,setze aber neben der<br />
ausgezeichneten Arbeit des Präparators<br />
ideale Bedingungen voraus.<br />
Ausstopfenist passé<br />
Die heutigen Präparate haben mit den<br />
oft unförmigen ausgestopften Tieren<br />
von früher nichts gemein. Zwischen<br />
dem Ausfüllen von Tierhäuten mit<br />
Stroh, wie bis Ende des 19. Jahrhunderts<br />
üblich, und der Dermoplastik,<br />
einer Nachbildung des Tierkörpers aus<br />
Gips oder Kunststoff, die mit der Originalhaut<br />
überzogen wird, liegt präparationstechnisch<br />
ein Quantensprung.<br />
Heute sind Präparatoren Bildhauer,die<br />
dank genauer Kenntnisse der Anatomie<br />
und Bewegungsabläufe eines Tieres,<br />
anhand von Fotos und vereinzelt<br />
auch aufgrund computertechnischer<br />
Berechnungen weit mehr als die Grösse<br />
und Körperstrukturen der Tiere<br />
Tierpräparator Christoph Meier<br />
nachbilden. Muskelspannung und Gesichtsausdruck<br />
müssen genauso stimmen<br />
wie die Körperhaltung. Präparatorinnen<br />
und Präparatoren halten die<br />
Natur im Moment fest, schaffen eine<br />
Illusion des Lebendigen.Dies vereinigt<br />
handwerkliches Geschick und bildende<br />
Kunst – bleibt dabei jedoch immer<br />
dem Original verpflichtet. Die Besten<br />
ihres Fachs messen sich an Welt- und<br />
Europameisterschaften und die grossen<br />
Meister werden auch Jahrzehnte<br />
nach ihrem Tod noch verehrt. In Museen,<br />
wo es darum gehe, die Existenz eines<br />
Tieres zu belegen, würden die Präparate<br />
schon mal Mängel aufweisen,<br />
erklärt Meier. Doch auch hier sind Be-<br />
rufsethos und Qualitätsansprüche äusserst<br />
hoch, denn «ob bewusst oder unbewusst,<br />
die Besucherinnen und<br />
Besucher sehen, ob ein Präparat überzeugend<br />
ist oder nicht».<br />
Knochenarbeit<br />
In der Werkstatt herrscht konzentrierte<br />
Stille. Alwin Probst, einer der sechs Mitarbeiter<br />
im Team von Christoph Meier,<br />
bindet Holzwolle um einen dünnen<br />
Holzstab. Bei Vögeln sind die Federn,<br />
nicht der Körper und die Beinmuskulatur<br />
formgebend. Damit später das empfindliche<br />
Gefiederumdas Modell arrangiert<br />
werden kann, müssen vor allem<br />
das Volumen und die Grösse stimmen.