Beschaffung aktuell 10.2020
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Bei der Annahme einer fehlerhaften Lieferung<br />
muss explizit der Vorbehalt erklärt werden.<br />
Bild: terovesalainen/stock.adobe.com<br />
Eine Obergrenze von fünf Prozent limitiert<br />
Vertragsstrafen.<br />
Bild: blende11.photo/stock.adobe.com<br />
EINE MESSE.<br />
EIN ZIEL.<br />
IHR ERFOLG.<br />
Arbeitstag fällig werden, oder pro vollendeter<br />
und nicht etwa pro begonnener Woche. Sonst<br />
besteht die Gefahr, dass die Klausel vor Gericht<br />
keinen Bestand hat und zwangsweise<br />
neu definiert werden muss. Der Bundesgerichtshof<br />
hat entschieden, dass Vertragsstrafen<br />
nach § 307 Abs. 1 BGB unwirksam<br />
werden, wenn sie auf den ersten Blick nicht<br />
im Verhältnis zu dem sanktionierten Verstoß<br />
stehen. Sie darf aber abschreckend sein.<br />
Gerichte haben Vertragsstrafen in Höhe von<br />
0,2 Prozent der Auftragssumme pro Arbeitstag<br />
des Verzugs und fünf Prozent der Auftragssumme<br />
für wirksam erklärt. Bei einer<br />
Pauschalsumme ist zu berücksichtigen, dass<br />
sie noch für den typischerweise geringsten<br />
Vertragsverstoß angemessen sein muss. Der<br />
BGH winkte beispielsweise eine Vertragsstrafe<br />
in Höhe von 25.000 Euro zur Durchsetzung<br />
einer wettbewerbsrechtlichen<br />
Unterlassungserklärung durch. Bei einem<br />
Verstoß gegen das Veröffentlichungsverbot<br />
kommt im Regelfall ein Betrag zwischen<br />
40.000 und 100.000 Euro in Betracht. Bei<br />
Technologie-Verrat oder Patentverstößen<br />
können die erlaubten Vertragsstrafen dagegen<br />
in die Millionen gehen.<br />
Der Nachteil vom Vorbehalt<br />
Eine Vertragsstrafe enthebt den Lieferanten<br />
nicht von gesetzlich definierten Ansprüchen,<br />
muss aber darauf angerechnet werden.<br />
Entsteht beispielsweise durch einen<br />
geplatzten Liefertermin ein Schaden von<br />
10.000 Euro, bei einer vereinbarten Pönale<br />
von 8000 Euro, so wird diese sofort fällig.<br />
Über den Rest müssen sich die Vertragspartner<br />
gütlich oder vor Gericht einigen. Eine<br />
Ausnahme von dieser Regel: falls die Vertragsstrafe<br />
explizit weitere Schadensersatzansprüche<br />
ausschließt. Wichtig ist, bei Vertragsabschluss<br />
das Kind auch beim Namen<br />
zu nennen: „Konventionalstrafe“ beziehungsweise<br />
„Vertragsstrafe“. Alternative<br />
Bezeichnungen wie „Verzugsaufwand“ klingen<br />
vor Gericht nicht eindeutig und geben<br />
wortwörtlich wiederum Anlass zur Klage.<br />
Unter Umständen kann der Einkäufer seinen<br />
Anspruch auf Schadensersatz verlieren. § 341<br />
BGB ist eindeutig: „Nimmt der Gläubiger die<br />
Erfüllung an, so kann er die Strafe nur verlangen,<br />
wenn er sich das Recht dazu bei der<br />
Annahme vorbehält.“ Wird die Lieferung also<br />
ohne Vorbehalt akzeptiert und später reduziert<br />
bezahlt, kann der Lieferant erfolgreich<br />
dagegen vorgehen. Deshalb sollte in den AGB<br />
sinngemäß stehen: „Die Verzugsstrafe wird<br />
fällig, ohne dass es eines Vorbehalts bei der<br />
Annahme der Vertragsleistung bedarf“.<br />
Wenn Strafe zur Pflicht wird<br />
Bei der <strong>Beschaffung</strong> von Investitions- und<br />
Anlagegütern kommen regelmäßig Vertragsstrafen<br />
zum Einsatz. Sie sind aber auch für<br />
C-Teile sinnvoll: Steht die Produktion wegen<br />
einer fehlenden Schraube still, kann der Schaden<br />
über den Vergleichswert einer Anlage<br />
hinausgehen. Der Einkäufer kann die Vertragsstrafe<br />
aber auch strategisch einsetzen –<br />
als Druckmittel und „Erziehungsinstrument“<br />
bei unpünktlichen oder fehleraffinen Lieferanten.<br />
Schon ein Gesprächstermin über eine<br />
zukünftige Vertragsstrafe signalisiert dem<br />
Lieferanten, dass Geduld und Toleranz jetzt<br />
ein Ende haben. Aber auch ohne Drohkulisse<br />
gibt es weitere Argumente für die Einsetzung<br />
von Konventionalstrafen: Jeder Einkäufer ist<br />
seinem Unternehmen gegenüber verpflichtet,<br />
für zuverlässige und einwandfreie Lieferungen<br />
zu sorgen. § 347 Handelsgesetzbuch<br />
verlangt von ihm darüber hinaus kaufmännisch<br />
sorgfältiges Arbeiten. Dazu gehören<br />
auch Sanktionsmöglichkeiten – schließlich<br />
hat ein pünktlicher Lieferant nichts zu fürchten.<br />
Und nicht zuletzt: Ein Lieferant, der sich<br />
grundsätzlich gegen eine Vertragsstrafe<br />
wehrt, hat offensichtlich Zweifel an seiner<br />
eigenen Leistungsfähigkeit. Und die sollte<br />
dann auch der Einkäufer haben.<br />
Der Autor<br />
Michael Grupp, freier Journalist in Stuttgart<br />
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