Beschaffung aktuell 10.2020
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MAGAZIN<br />
Der Rohstoff des Monats: Aurum<br />
Nur Gold ist Geld<br />
Und alles andere ist Kredit. Diese Erkenntnis von John Pierpont Morgan ist über hundert Jahre alt, aber <strong>aktuell</strong> wie nie. Gerade<br />
in Krisenzeiten gewinnt das glänzende Edelmetall an Bedeutung – und an Wert. Aktuell hat Gold ein Allzeithoch erreicht.<br />
Gold ist mehr als ein Metall, Gold ist<br />
ein Mythos. Über die Hälfte des<br />
geförderten Goldes wird zu Schmuck<br />
verarbeitet und am Körper getragen, zum Beispiel<br />
in Form von Armreifen und Eheringen.<br />
Das edle Metall begleitet seine Besitzer oft<br />
über deren Tod hinaus. Die ersten güldenen<br />
Grabbeigaben stammen aus einem Gräberfeld<br />
im heutigen Bulgarien aus der Zeit um<br />
4500 v. Chr. Früh schon hat Gold auch die<br />
Weltwirtschaft geprägt. Der lydische König<br />
Krösus gilt als Erfinder des gemünzten<br />
Geldes. Münzen sind praktischer als Tauschhandel<br />
oder die Bezahlung mit den bis dahin<br />
üblichen Kupfer-, Silber- und Goldklumpen:<br />
Sie sind transportabel und ersparen die aufwendige<br />
Prozedur des Abwägens und der<br />
Bestimmung ihrer Reinheit. Mit seinem Stempel<br />
bürgt Krösus für den Wert und schafft Vertrauen<br />
in sein Zahlungssystem. Damit gewann<br />
er Macht über den damaligen Fernhandel<br />
und die damit verbundenen Volkswirtschaften<br />
– und wurde legendär reich.<br />
Als Geld noch Gold war<br />
Gold galt die nächsten 2500 Jahre als Basiswährung<br />
für den Handel. Dieser Goldstandard<br />
endete erst am 15. August 1971. An<br />
diesem Tag hob US-Präsident Nixon die verbürgte<br />
Eintauschbarkeit des Dollars gegen<br />
Gold auf. Bis zu diesem Zeitpunkt garantierte<br />
die US-Regierung, Gold für 35 Dollar je Unze<br />
zu kaufen und zu verkaufen, was einer unbedingten<br />
Absicherung des Dollars entsprach.<br />
Bild: Roman Bodnarchuk/stock.adobe.com<br />
„Gold gilt in größeren<br />
Wirtschaftsabschwüngen<br />
als Rettungsanker.“<br />
Arne Schumacher, DERA<br />
Mit der Aufkündigung dieses Systems ist der<br />
Dollar nichts anderes mehr als bedrucktes<br />
Papier ohne inneren Wert. Ein Versprechen –<br />
oder eben ein Kredit, so wie jede andere<br />
Papierwährung auch. Die Entscheidung zur<br />
Aufhebung des Goldstandards machte die<br />
enorme Geldmengenausweitung in den<br />
heutigen Wirtschaftsräumen erst möglich.<br />
Und sie führte dazu, dass wir Stand Mitte<br />
September 2020 für eine Unze Gold über<br />
1900 Dollar zahlen müssen. Anders ausgedrückt:<br />
Der Dollar hat seit 1971 über 98 Prozent<br />
seines Wertes gegenüber dem Gold verloren.<br />
Aber auch ohne Goldstandard: Nach<br />
wie vor besitzen die Zentralbanken große<br />
Vorräte. Allen voran die USA mit einem Lagerbestand<br />
von 8133 t, gefolgt von Deutschland<br />
mit 3363 t und dem IWF mit 2814 t<br />
(Stand April 2020). China und Russland sind<br />
die Länder mit dem größten Wachstum ihrer<br />
Goldreserven, während Usbekistan und<br />
Deutschland ihre Vor- räte 2019 am stärksten<br />
abgebaut haben. Im internationalen Währungssystem<br />
mit seinen freien Wechselkursen<br />
dienen die jeweiligen Goldreserven als<br />
Gewichtig und weich:<br />
Gold ist deutlich<br />
schwerer als Blei,<br />
aber biegsamer als<br />
Kupfer.<br />
Sicherheit und finanzielle Rücklage für die<br />
einzelnen Staaten.<br />
Gold kommt überwiegend gediegen, das<br />
heißt in elementarer und metallischer Form<br />
vor. Bis zu 20 Prozent des jährlich geförderten<br />
Goldes wird als Bei-Produkt hauptsächlich in<br />
Kupfer-, Nickel- und anderen Edelmetallminen<br />
gewonnen.<br />
10.648 Kubikmeter Glanz<br />
Ungefähr 195.000 t wurden seit dem Goldrausch<br />
im Jahr 1848 gefördert. Das entspricht<br />
einem Würfel mit einer Kantenlänge von<br />
rund 22 Metern. Die größten Förderländer<br />
sind China (420 t), Australien (330 t), Russland<br />
(310 t) und die USA (200 t). Laut World<br />
Gold Council betrug die Gesamtförderung im<br />
Jahr 2019 rund 3400 t. Das entspricht einem<br />
leichten Rückgang um ein Prozent im Vergleich<br />
zum Vorjahr. Verantwortlich dafür ist<br />
vor allem China, wo die Förderrate um sechs<br />
Prozent zurückging. Manche Marktbeobachter<br />
leiten daraus den „Gold Peak“ ab – einen<br />
nicht mehr zu erreichenden historischen<br />
Wert. Ihre Argumente lauten: erschöpfte<br />
Lager stätten, ein hoher Aufwand für die<br />
Erschließung neuer Goldvorkommen sowie<br />
ein weltweit abnehmender Goldgehalt der<br />
geschürften Erze. Optimisten verweisen<br />
dagegen auf die Entdeckung neuer Förderstätten<br />
und innovative Fördermethoden.<br />
Bestseller auf hohem Niveau<br />
Die Deutsche Rohstoffagentur DERA analysiert<br />
in ihrem <strong>aktuell</strong>en Wachstumsratenmonitor<br />
die langfristige Entwicklung der<br />
globalen Rohstoffproduktion und des Rohstoffbedarfs<br />
anhand von circa 80 mineralischen<br />
Rohstoffen. Autor der Studie Arne<br />
Schumacher: „Während die Wachstumsraten<br />
der Rohstoffe Aluminium, Blei, Kupfer, Zinn<br />
sowie Eisen und Stahl eng an die globale<br />
Wirtschaftsentwicklung gekoppelt sind, gilt<br />
das bei Edelmetallen wie Gold nicht.“<br />
In wirtschaftlich schwierigen Zeiten fungieren<br />
Edelmetalle oftmals als Sicherheitsanker.<br />
Dies ist zurzeit auch beim Gold festzustellen.<br />
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