Ein Denkmalhof im Schmidatal - Museumsmanagement ...
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So ist es auch zu verstehen, dass manche der Idee eines Geschirr-<br />
Museums negativ gegenüberstanden. „Fangts nicht schon wieder<br />
damit an“, hieß es. Doch das allgemeine Echo ist mehr als positiv.<br />
Manche waren zu Tränen gerührt, als sie das Museum besichtigten<br />
und somit mit ihrer eigenen Vergangenheit konfrontiert wurden.<br />
„Wilhelmsburg muss lernen, mit dem Museum zu arbeiten. Wie mit<br />
einem Werkzeug.“ Manfred Schönleitner hat 1,5 Millionen Euro investiert.<br />
Mit seinem grauen Arbeitsmantel pendelt er zwischen Schlosserei<br />
und Museum. Abends lernt er für die Maturaschule. Danach will<br />
er Geschichte studieren. „Die Firma kann auch ohne mich laufen.“<br />
„Daisy“, „Corinna“, „Dolly“, „Josefine“ & Schwestern<br />
Das Museum soll nur ein Schritt sein. Sein Ziel ist, einen Keramik-<br />
Cluster aufzubauen, Werkstätten und Design nach Wilhelmsburg<br />
zurückzuholen. Denn Design war schon einmal hier zu Hause. Nachdem<br />
die jüdischen Besitzer Lichtenstern, die sich in den USA auf Lester<br />
umbenannten, zurückkehrten, wurden 1947 die österreichischen<br />
Besitzverhältnisse mit der Familie geklärt. Die Fabriken in Zna<strong>im</strong> und<br />
Teplitz werden von der Tschechoslowakei als deutsches Eigentum<br />
ohne Entschädigung enteignet. Neben dem Steingut wird in den<br />
späten 1950er-Jahren das zarte und dem Zeitgeist entsprechende<br />
bunte „Lilienporzellan“ entwickelt. Die Lilien sind <strong>im</strong> Wilhelmsburger<br />
Wappen und zeugen von der engen Beziehung zum benachbarten<br />
Stift Lilienfeld.<br />
Die erste sichtbare Neuorientierungsmaßnahme war die Entstehung<br />
der Porzellangeschirrform „Daisy“. <strong>Ein</strong>e Namensgebung mit bewusst<br />
positiv besetztem Amerikabezug und dem damit verbundenen<br />
Image von jung und modern. Der Verkaufsbeginn für „Daisy“ <strong>im</strong> Juni<br />
1959 mit Kaffee-, Tee- und Mokkaservice, getrennt nach sechs Pastellfarben<br />
sortiert, führte wegen mangelhafter Farbtreue zu Kundenreklamationen.<br />
Trotz aller getroffenen Maßnahmen blieben Farbabweichungen<br />
an der Tagesordnung, und es gab Überlegungen, die<br />
Pastellfarben wieder aus dem Programm zu nehmen. Erst der rettende<br />
<strong>Ein</strong>fall, die verschiedenen Pastellfarben in einem Service<br />
zusam menzumischen, machte „Daisy“ zu dem uns heute bekannten<br />
vielfarbigen Kultobjekt. Das gemischte Dekor wurde „Melange“<br />
genannt, und der Siegeszug war nicht mehr aufzuhalten. Weitere<br />
Formen wie „Corinna“, „Dolly“ oder „Josefine“ folgten. Neu für Österreich<br />
war auch die aggressive Werbestrategie, mit der „Daisy“ verkauft<br />
wurde. Dahinter stand die Idee eines amerikanischen Werbefachmanns.<br />
Über farbige Kinowerbung sowie Anzeigen und Beilagen<br />
in verschiedenen Printmedien wurde der künftige Kunde<br />
Forum Museum | 19<br />
gezielt gesucht. Dieser Werbeaufwand führte dazu, dass eine zu<br />
„Daisy Melange“ <strong>im</strong> Jahr 1964 in der österreichischen Bevölkerung<br />
durchgeführte Meinungsumfrage einen Bekanntheitsgrad von bis<br />
zu 92 Prozent ergab. Besondere Anreize in der Käufergunst waren<br />
die Angebote, selbst Farbkombinationen aussuchen zu können,<br />
jeden Teil einzeln zu erwerben sowie eine 20-jährige Nachkaufgarantie.<br />
Dieser wurde, als <strong>im</strong> Jahr 1971 die Produktion der Form<br />
„Daisy“ eingestellt wurde, auch gewissenhaft bis ins Jahr 1991 entsprochen.<br />
„Daisy“ war das erfolgreichste Porzellangeschirr, das jemals<br />
in Österreich hergestellt und verkauft wurde – und ist heute begehrtes<br />
Sammelstück.<br />
Wilhelmsburger Geschirr-Museum<br />
3105 Wilhelmsburg, Färbergasse 11<br />
Tel. und Fax (0 27 46) 46 44<br />
office@geschirr-museum.at<br />
www.geschirr-museum.at<br />
Fr 14–17 Uhr, Sa und So 10–17 Uhr<br />
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Mella Waldstein