Quantitative Analyse von Protein-Massenspektren
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tische Abstoßung zu groß ist. Die genauen Mechanismen, welche dahinter stecken, sind aber<br />
noch nicht bekannt. [Šamalikova03]<br />
Um die Anzahl relevanter Basisfunktionen (Faltungszustände des Analyten) zu bestimmen,<br />
müsste man mehrere Experimente bei unterschiedlichen Pufferbedingungen durchführen [Dobo03].<br />
Man könnte z.B. Aufnahmen bei verschiedenen pH-Werten tätigen und beobachten,<br />
wie sich die Hüllkurve abhängig vom pH-Wert ändert. Eine Automatisierung dieses Schrittes<br />
ist möglich. So können bei einer Singulärwert-Dekomposition (SVD) der Messreihen, die Anzahl<br />
relevanter Singulärwerte bestimmt werden, welche der Anzahl Basisfunktion entsprechen<br />
[Dobo01]. Dieser Ansatz kann hier nicht angewendet werden, weil nicht da<strong>von</strong> ausgegangen<br />
werden kann, dass für jede <strong>Analyse</strong> ein Dutzend Aufnahmen gemacht werden. Vielmehr wird<br />
dem Anwender die Freiheit gelassen, durch sein fachliches Wissen selbst zu bestimmen, wie<br />
viele relevante Faltungszustände vorhanden sind. Als Faustregel kann man jedoch sagen, dass<br />
eher weniger als mehr Basisfunktionen benutzt werden sollen. Ursache hierfür ist, dass mit<br />
steigender Zahl an Basisfunktionen das Modell natürlich immer besser erklärt werden kann.<br />
Teilweise kann es sogar passieren, dass es keine eindeutige Lösung für die Faltung gibt. Somit<br />
ist die physikalische Aussagekraft dann doch eher zu bezweifeln. Bei Verwendung weniger<br />
Basisfunktionen sinkt zwar die Qualität des Fittings, die Aussagekraft jedoch ist wesentlich<br />
stärker, da es jetzt viel besser die wahre Natur der Hüllkurve widerspiegelt.<br />
Speziell bei Antikörpern kann man zu der Zahl relevanter Funktionen folgende Annahme machen:<br />
Die leichte Kette besitzt zwei homologe Einheiten VL und CL. Die schwere Kette besitzt<br />
vier homologe Einheiten VH, CH1, CH2 und CH3, wobei die C-Domänen viel ähnlicher untereinander<br />
sind als zur V-Domäne. Jede dieser Einheit verfügt über eine interne Disulfidbindung<br />
(vgl. Abb. 2.2.2). Um die Ionsierungsfähigkeit zu verbessern, werden den Proben Detergenzien<br />
zugeführt. Dies hat zur Folge, dass es zu zufälligen Trennungen der Disulfidbindungen<br />
kommt, d.h. es bilden sich verschiedene Faltungszustände. Die leichte Kette z.B. kann eine,<br />
zwei oder gar keine offene Disulfidbindung(en) haben. Es gibt also drei echte Zustände. Für<br />
ein Fitting der Hüllkurve reichen zwei Basisfunktionen völlig aus, weil die Variante mit zwei<br />
offenen Bindungen selten ist und damit nicht ins Gewicht fällt. Bei der schweren Kette sind<br />
mehr Konformationen möglich, wobei auch hier die meisten da<strong>von</strong> nicht ins Gewicht fallen,<br />
weil sie ähnlich verteilen. Drei Basisfunktionen sind somit völlig ausreichend. Diese Annahme<br />
beruht auf Erfahrungswerten. Für einen Beweis dieses Sachverhalts müssten weitere <strong>Analyse</strong>n<br />
durchgeführt werden.<br />
Das Fitting kann nur so gut sein wie das Modell, welches hierzu benutzt wird. Deswegen ist<br />
es <strong>von</strong> entscheidender Bedeutung, ein Modell zu wählen, welches die wahre Natur des Phänomens<br />
möglichst gut beschreibt. Für die hier untersuchten Glykoproteine wird eine Gauß-<br />
Verteilung als Basisfunktion angenommen. Diese hat sich in der Praxis als tauglich erwiesen,<br />
weil sie den physikalischen Verteilungsprozess sehr gut widerspiegelt.<br />
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