17.09.2020 Aufrufe

reisen EXCLUSIV - Herbst 2020

Sehnsuchtsorte Lieblingshotels 2020 Bier-Interrail-Tour Friesland Hamburg München Deutsche Städte neu entdecken Nova Scotia in Kanada Fahrrad: Hoch auf den Karwendel Ursprung der Elbe Luxus-Beauty Fahrrad-Lifestyle und vieles mehr

Sehnsuchtsorte
Lieblingshotels 2020
Bier-Interrail-Tour
Friesland
Hamburg
München
Deutsche Städte neu entdecken
Nova Scotia in Kanada
Fahrrad: Hoch auf den Karwendel
Ursprung der Elbe
Luxus-Beauty
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<strong>Herbst</strong> <strong>2020</strong><br />

Deutschland € 7,90 · Schweiz SFR 13,50 · Österreich € 9,00<br />

Lieblingshotels<br />

<strong>2020</strong><br />

SEHNSUCHTS<br />

Orte<br />

RUNDREISE<br />

Bier-Interrail-Tour<br />

Nova Scotia in Kanada<br />

Friesland<br />

FAHRRAD<br />

DEUTSCHE STÄDTE<br />

Hamburg<br />

und München<br />

neu entdecken<br />

Hoch auf den Karwendel<br />

oder zum Ursprung<br />

der Elbe


Adventures to share.<br />

Seclusion to cherish.


Stil<br />

kompo<br />

siteur<br />

Zur<br />

Online Bestellung<br />

Inspiriert durchs Leben.<br />

Jetzt am Kiosk oder im Abo.


EDITORIAL<br />

BALD!<br />

Ich schreibe gerne diesen Editorial-Schwank<br />

aus meinem Leben. Gebe gerne einen kleinen<br />

Einblick in meine Reisewelt. Eindrücke, die oft<br />

schön und häufig chaotisch oder gerne unerwartet<br />

und abenteuerlich waren. Und heute<br />

sitze ich da und bin ratlos, wie ich die nächsten<br />

Zeilen sinnvoll mit Inhalt fülle. Nicht, weil<br />

ich nichts erlebt habe. Auch nicht, weil nichts<br />

Unerwartetes passiert ist.<br />

Was könnte aus meinem Mund hier relevant<br />

sein? Vielleicht ein kleines Update, wie es einem<br />

Reisemagazin in diesen Zeiten geht.<br />

Kurzum: nicht gut. Natürlich ist das Businesskonzept<br />

auf Fernweh ausgelegt. Auf eine weit<br />

entfernte Welt. Die heute noch weiter entfernt<br />

scheint, als sie wirklich ist. Die Länder dieser<br />

Welt waren zusammengerückt. Und nun wird an dieser Verbindung<br />

gezerrt. Für uns bedeutet das natürlich weniger <strong>reisen</strong>, weniger Recherche,<br />

es bedeutet auch, sich die essenzielle Frage zu stellen: Will<br />

uns noch jemand lesen?<br />

Foto: Privat; Illustration: Veronika M/Shutterstock.com<br />

Nachdem wir den Sommer haben ausfallen lassen, melden wir uns<br />

nun im <strong>Herbst</strong> zurück mit der Hoffnung, dass Menschen sich nach<br />

Reisen sehnen, Ideen für die Zukunft sammeln und die Glückseligkeit<br />

der kleinen Fluchten auch in dieser Zeit genießen. Dazu möchten wir<br />

mit dieser Ausgabe beitragen. Mit Sehnsuchtsorten und Traum<strong>reisen</strong>,<br />

die zum größten Teil auch sofort zum An<strong>reisen</strong> einladen.<br />

Zumindest nach dem jetzigen Stand der Dinge. Wie wir wissen, kann<br />

sich das Blatt schnell wenden. Wir hoffen inständig, alsbald zum<br />

Guten. Und diese Hoffnung trägt uns jeden Tag.<br />

Jennifer Latuperisa-Andresen<br />

Instagram @fraumuksch<br />

herbst <strong>2020</strong> 5


STANDARDS<br />

05 Editorial<br />

08 Take away<br />

10 Reisenews<br />

12 Nachgelesen<br />

13 Autoren<br />

14 Esskalation<br />

16 Für kleine Weltenbummler<br />

18 Kulturtipp<br />

19 Buchtipps<br />

20 Da wollen wir hin<br />

21 Vorfreude<br />

26 Kolumne<br />

70 Abo<br />

130 Gewinnspiel<br />

130 Impressum<br />

»Gastfreundschaft besteht<br />

aus ein wenig Wärme, ein wenig<br />

Nahrung und großer Ruhe.«<br />

Ralph Waldo Emerson<br />

Lifestyle<br />

52 Luxusbeauty<br />

Diese Anti-Aging-Cremes sind Gold wert und für die Haut so<br />

erholsam wie eine Übernachtung im Luxushotel.<br />

110 Fahrrad-Lifestyle<br />

Fahr Rad: Mit diesem stylischen Fahrrad und dem passenden<br />

Zubehör kurvt man doch gerne durch die Gegend.<br />

INHALT<br />

8NOVA SCOTIA


Lieblings<br />

HOTELS<br />

<strong>2020</strong><br />

RUNDREISE<br />

AKTIV IN EUROPA<br />

Fotos: Thorsten Brönner, Joe Fletcher Photography, Illustration: Kapreski/Shutterstock.com<br />

28 Nova Scotia<br />

Fischerhüttchen, dramatische Küsten<br />

und kulinarische Finessen: Die Vielseitigkeit<br />

von Nova Scotia in Kanadas Osten<br />

ist bald wieder eine Reise wert.<br />

34 Zum Wohl!<br />

Autor Ralf Johnen tingelte von Bierstadt<br />

zu Bierstadt im Zug. Eine Interrail-Reise<br />

mit Promille.<br />

40 Friesland<br />

Bei einer Kurzreise nach Friesland<br />

wandelte Redakteurin Marie Tysiak<br />

zwischen Street-Art in der ehemaligen<br />

Kulturhauptstadt Leeuwarden und<br />

herrschaftlichen Landgütern im Süden<br />

der niederländischen Provinz.<br />

46 Luxus<br />

Ein paradiesischer Luxusurlaub auf Mauritius,<br />

der die Sehnsucht nach mehr weckt.<br />

54 Wellness<br />

Thermalwasser de luxe: In diesen drei<br />

Wellnesstempeln (auf Teneriffa, Island und<br />

in der Toskana) ist Erholung garantiert.<br />

72 Design<br />

Wo Trendsetter Urlaub machen? Natürlich in den<br />

coolen Designhäusern der Welt. Unsere Wahl liegt<br />

diesmal in Athen, Büsum und Amsterdam.<br />

84 Neue Hotels<br />

Achtung, in diesen Luxusoasen sollte man sich<br />

einige Nächte gönnen – von Berg-Hideaway bis<br />

Strandschönheit.<br />

88 Das Daheimhotel<br />

Durchgestylte Hotels sind Inspirationsquellen<br />

für daheim: Designelemente zum Verlieben und<br />

Nachkaufen.<br />

94 Den Karwendel hinauf<br />

Keine Gnade für die Wade!<br />

Autor Martin Häußermann erreichte erst mit<br />

dem E-Bike und dann zu Fuß die Birkkarspitze<br />

auf 2.749 Metern Höhe.<br />

102 An der Elbe entlang<br />

Autor Markus Grenz begibt sich ganz nachhaltig<br />

zur Quelle der Elbe in Tschechien.<br />

DEUTSCHLAND<br />

112 Hamburg<br />

Wo die Hansestadt jetzt hip ist!<br />

Herzenstipps von Autorin und<br />

Hamburgerin Simone Sever.<br />

122 München<br />

Die bayerische Hauptstadt überrascht!<br />

Handverlesene Empfehlungen von Redakteurin<br />

und München-Liebhaberin Marie Tysiak.<br />

<strong>reisen</strong> <strong>EXCLUSIV</strong><br />

7


takeawayaway<br />

VIEL UM DIE OHREN?.<br />

Am Bahnhof oder Flughafen kann es schon<br />

einmal so laut sein, dass man die Musik vor<br />

lauter Trubel nicht hört. Mit den drahtlosen<br />

Over-Ear-Kopfhörern »Clam Anc« von Fresh ‘n<br />

Rebel werden die Umgebungsgeräusche ausgeblendet,<br />

sodass man seine Musik überall in Ruhe<br />

genießen kann. Um € 130,<br />

www.freshnrebel.com/de<br />

MACH MAL BLAU.<br />

SCHMUCKE.<br />

PALME.<br />

Für Sommer- & Urlaubsfeeling<br />

to go sorgt die schöne Kette mit<br />

Palmenanhänger von So Cosi.<br />

Kette »Under the Palm Tree«,<br />

925er-Sterlingsilber, goldplattiert<br />

oder rhodiniert mit Steinbesatz,<br />

€ 89, www.socosi.de<br />

Ich bin dann mal weg! Die neue Edition »North Coast« von<br />

Lipault Paris macht mit ihrem bunten Design Lust und Laune,<br />

sich auf und davon zu machen. Trolley packen und mit den<br />

vier Rollen federleicht durch den Flughafen an Bord rollen.<br />

Meer und Sonne, ich komme! 55 cm, € 111, www.lipault.de<br />

WENN WIR CRUISEN ....<br />

Was haben Dior und Vespa gemeinsam? Sie wurden beide<br />

1946 gegründet. Nun haben sie eine weitere Gemeinsamkeit:<br />

die Vespa 946 Christian Dior. Die Dior-Version der Vespa im<br />

elfenbeinfarbenen Metalliclack mit goldfarbenem Finish sowie<br />

Sitzbezug und Handgriffen aus blauem handvernähtem<br />

Echtleder wird in einer limitierten Edition ab Frühjahr 2021<br />

in den Dior-Boutiquen erhältlich sein. Ebenso das passende<br />

Zubehör wie Helm und Tasche. Preis auf Anfrage.<br />

PERFEKTES.<br />

WOCHENENDE.<br />

Zusammen mit »Johann« die Welt<br />

entdecken: Mit manchen Lieblingsstücken<br />

fängt jede Reise an und<br />

hört sie auch wieder auf. Interior-Designer<br />

Johann Alexander<br />

Stütz designt zeitlose, dennoch<br />

stilvolle Taschen aus hochwertigem<br />

Leder – und achtet dabei auf<br />

jedes Detail. Auf unnötige Nähte<br />

beispielsweise verzichtet er, da sie<br />

von Material und Design ablenken.<br />

Jede Tasche ist handgefertigt und<br />

ein Unikat. Tasche »Johann« aus<br />

Blankleder, € 1.200,<br />

www.johannalexanderstuetz.com<br />

Text: Ulrike Klaas; Fotos: PR (4), Daniella Petrovics<br />

8<br />

<strong>reisen</strong> <strong>EXCLUSIV</strong><br />

herbst <strong>2020</strong>


DIREKT<br />

AN DER<br />

SKIPISTE!<br />

Aktiv im Winter<br />

Wintererlebnis<br />

für die Familie<br />

Egal, ob sportlich-aktiv oder gemütlich,<br />

das Falkensteiner Hotel Cristallo bietet alles, was Familien<br />

im Winterurlaub suchen: ein abwechslungsreiches Aktivprogramm,<br />

eine hauseigene Skischule und eine erstklassige<br />

Wellnessanlage mit separatem Kinder-SPA sowie Kinderbetreuung<br />

im Falky-Land – und das alles mitten im<br />

Zentrum der Aktivregion Katschberg.<br />

MEHR INFOS UNTER<br />

falkensteiner.com/cristallo<br />

frühling 2016


eisenews<br />

VOM TOSENDEN MEER UMSCHLUNGEN<br />

Pater Noster ist Schwedens berühmtester und spektakulärster Leuchtturm, der abgelegen<br />

auf der winzigen Insel Hamneskär vor Marstrand an der schwedischen Westküste steht. Die<br />

extrem gefährlichen Gewässer, die die Insel umgeben, sind seit Jahrhunderten gefürchtet.<br />

Fast 110 Jahre lang lebten Generationen von Leuchtturmwärtern mit ihren Familien in dieser<br />

extremen Umgebung, kümmerten sich um den Leuchtturm und retteten schiffbrüchige<br />

Seeleute. Seit Kurzem wurden hier neun Gästezimmer für bis zu 18 Gäste, ein Restaurant,<br />

eine Bar und ein Café geschaffen. Übernachtungen auf Anfrage. www.paternoster.se/en/<br />

Noch ein wahrer Geheimtipp: Die Serra da Estrela ist noch relativ unbekannt – und ein atemberaubend schönes Naturparadies.<br />

Stille, kristallklare Bergseen treffen auf rauschende Wasserfälle. Wanderer und Biker begegnen auf insgesamt 375 Kilometern an<br />

gekennzeichneten Wegen seltenen Tier- und Pflanzenarten und machen Rast in traditionellen Dörfern mit kleinen Tante-Emma-<br />

Läden, wo man frisches Maisbrot oder den typischen »Schwarzen Kuchen«, namens Bolo Negro, kaufen kann. Auch das einzige<br />

Skigebiet Portugals findet sich hier. Kein Wunder, dass die Unesco das höchste Gebirge auf dem portugiesischen Festland nun<br />

als »Weltgeopark« unter besonderen Schutz gestellt hat. Definitiv auf unserer Bucketlist 2021! www.centerofportugal.com<br />

NEUER WELTGEOPARK IN PORTUGAL<br />

10<br />

<strong>reisen</strong> <strong>EXCLUSIV</strong><br />

herbst <strong>2020</strong>


AUF DEM PLANETENWEG<br />

DURCHS SONNENSYSTEM<br />

Fotos: Erik Nissen Johansen, Francisco T. Santos, Eggental Tourismus/Alex Filz, manuelatessaro.it, <strong>2020</strong> Urs Riggenbach/Lytefiresauna.com, Johnny Bonne Ritzau Scanpix<br />

Lust auf einen Trip ins Weltall? Dann auf<br />

ins Eggental nach Südtirol. In den Orten<br />

Gummer und Steinegg bekommt man einen<br />

der schönsten Nachthimmel Italiens zu sehen<br />

und die Milchstraße scheint hier zum Greifen<br />

nahe. Tagsüber erkundet man auf dem »Weg<br />

der Sterne« zwischen dem Planetarium in<br />

Gummer und der Sternwarte in Obergummer<br />

die neuen Stationen oder auf dem Planetenweg<br />

das Sonnensystem. Wer bei Vollmond<br />

dort urlaubt, kann an den kulinarischen<br />

Vollmondevents teilnehmen und genächtigt<br />

wird im Apollo-Zimmer des Hotel Oberwirt,<br />

mit nachgebauter Mondlandefähre »Eagle«.<br />

Eggental ist das erste europäische<br />

Sternendorf. www.eggental.com/de<br />

NACHHALTIG SCHWITZEN<br />

Nachhaltiges Urlauben wird für viele Reisende immer<br />

wichtiger. Nun können Wellnesssuchende auch nachhaltig<br />

schwitzen: in der ersten Solarsauna in den Schweizer Bergen,<br />

in Graubünden im Prättigau. Sie wird nicht nur mit Solarenergie<br />

betrieben, sondern ist auch mobil. Im Sommer steht sie<br />

neben dem Gasthaus Heuberge, im Winter hoch oben auf<br />

2.000 Metern. So springt man nach dem Saunagang in den<br />

Heubergsee und ruht danach in Liegestühlen – die grandiose<br />

Bergkulisse immer im Blick. www.heuberge.ch<br />

VON AMEISEN UND EIERN<br />

Seine Stühle schmücken noch heute Hotellobbys<br />

und verschönern Hotelzimmer. Arne Jacobsen gilt als<br />

einer der international bedeutendsten Architekten<br />

und Designer Dänemarks des 20. Jahrhunderts. Mit<br />

Kreationen wie dem Stuhl »Die Ameise« oder den<br />

Sesseln »Das Ei« und »Der Schwan« schuf er Designklassiker<br />

mit Weltruhm. Dabei war Jacobsen in erster<br />

Linie Architekt. Seine Entwürfe von Häusern rundherum<br />

aus Beton und Glas, sehr am deutschen Bauhaus<br />

orientiert, glichen einer Revolte. Im Trapholt Museum<br />

im jütländischen Kolding an der dänischen Ostsee ist<br />

bis zum 24. Mai 2021 die bisher größte und umfangreichste<br />

Ausstellung über Arne Jacobsen zu sehen.<br />

»Arne Jacobsen –<br />

Dänemarks Designer«,<br />

www.trapholt.dk/de


nachgelesen Text:<br />

Linda Ruckes<br />

Schwitzen in finnischen Saunen, abschalten in den Hamams des Osmanischen<br />

Reichs und neue Energie tanken in japanischen Quellen – jedes Land hat seine<br />

Entspannungs- und Badekultur. Doch alle zielen auf eines: abschalten vom Alltag<br />

und sich danach wie neugeboren fühlen. Eben wahre Jungbrunnen für Körper,<br />

Geist und Seele. Außergewöhnliche Entspannungsorte finden sich rund um den<br />

Globus. Wir stellen drei besonders außergewöhnliche vor.<br />

Das badet man gerne aus<br />

THERMAE BATH SPA, Großbritannien<br />

Baden gehen in Bath: In der englischen Stadt Bath lässt sich über den Dächern der Stadt baden.<br />

Bei Tag und Nacht genießt man im Open-Air-Rooftop-Pool des restaurierten Thermae Bath Spas<br />

grandiose Aussichten über die georgianische Stadtarchitektur und die umliegenden Hügel.<br />

Das mineralstoffreiche, 45 Grad Celsius warme Wasser mag man gar nicht mehr verlassen.<br />

Höchstens für eine wohltuende Anwendung wie die Watsu-Massage – eine Massage im Wasser<br />

aus Shiatsu- und Akupressurbewegungen.<br />

12 <strong>reisen</strong> <strong>EXCLUSIV</strong><br />

»Jungbrunnen - Die neue<br />

Wellness- und Badekultur«<br />

im gestalten Verlag mit Kari<br />

Molvar, erhältlich im Buchhandel.<br />

Der Preis beträgt € 39,90.<br />

ISBN: 978-3-89955-883-8<br />

FRIEDRICHSBAD,<br />

Baden-Baden<br />

»Nach zehn Minuten vergisst<br />

man die Zeit und nach 20<br />

Minuten die ganze Welt«,<br />

meinte schon Marc Twain über<br />

die Wirkung der Baden-Badener<br />

Wasserkreisläufe. Und<br />

behält bis heute recht damit.<br />

Die alte römische Badeanlage<br />

Friedrichsbad mit ihren<br />

historischen Kuppeln und<br />

kunstvollen Säulen ist schon<br />

beim Betreten besonders.<br />

Seit ihrer Eröffnung im Jahr<br />

1877 wird hier die römische<br />

Badekultur mit irischen<br />

Heißluftbädern zelebriert. An<br />

17 verschiedenen Stationen<br />

praktizieren Ruhesuchende<br />

das Wellnessprogramm aus<br />

der Antike – von Dampfbädern<br />

über Thermalduschen bis zu<br />

Seifenbürstenmassagen.<br />

MIRAMONTI BOUTIQUE<br />

HOTEL, Meran, Italien<br />

Eine Ruheoase inmitten der<br />

Natur auf 1.230 Metern: Nach<br />

dem Sport wie Hatha Yoga,<br />

Pilates oder der Einheit mit dem<br />

Personal Trainer kommt die<br />

Erholung. Ob baden gehen im<br />

japanischen Onsen, schwitzen<br />

in der finnischen Sauna oder bei<br />

besten Aussichten im Infinitypool<br />

entspannen. Das Miramonti<br />

Boutiquehotel liegt auf<br />

einem Bergmassiv oberhalb der<br />

Gemeinde Hafling in Südtirol<br />

und der Blick über die Gipfelwelt<br />

ist atemberaubend schön.<br />

herbst <strong>2020</strong><br />

Fotos: Courtesy of Thermae Bath Spa, Courtesy of Miramonti Boutique Hotel, Courtesy of CARASANA Bäderbetriebe GmbH, Jungbrunnnen, gestalten <strong>2020</strong>, Illustration: Irmun/Shutterstock.com, badahos/Shutterstock.com


AUTOREN<br />

Muskelkater<br />

hatte ich am nächsten<br />

hatteTag trotzdem.<br />

Tag trotzdem.<br />

Markus Grenz<br />

Martin Häußermann<br />

Simone Sever<br />

Ralf Johnen<br />

Thorsten Brönner<br />

Fotos: privat<br />

Markus ist unser<br />

Entdecker. Keine Region<br />

ist ihm zu abgelegen, keine<br />

Erfahrung zu extrem.<br />

Dabei ist es ihm am wichtigsten,<br />

Land und Leute<br />

gleichermaßen zu ergründen.<br />

Wie bei seinem<br />

Fahrradtrip entlang der<br />

Elbe in Tschechien, die er<br />

bis zur Quelle verfolgte.<br />

»Für mich war die Tschechoslowakei<br />

ein richtiges<br />

Entdeckerland, fern von der<br />

sonst so häufigen Uniformität<br />

so mancher EU-Destinationen.<br />

In Tschechien stößt<br />

man durchaus noch auf<br />

Ostblockcharme, wenn man<br />

von den Hochglanzseiten<br />

der europäischen Metropolen<br />

müde geworden<br />

ist. Doch ein Fahrradtrip<br />

entlang der Elbe oder eine<br />

Bergtour im Riesengebirge<br />

kann es mit jeder Konkurrenz<br />

in Europa aufnehmen.«<br />

instagram@<strong>reisen</strong>_exclusiv<br />

Martin ist unser Mann für<br />

die rasanten Erlebnisse.<br />

Dabei sind Straßen und<br />

Wege für den bekennenden<br />

Schwaben nicht nur<br />

Verbindungen von A nach<br />

B, sondern Erlebnisorte.<br />

Das gilt ganz besonders<br />

für die Berge. Denn dort<br />

ändert sich die Landschaft<br />

wirklich mit jedem<br />

Schritt – oder Pedaltritt.<br />

Für diese Ausgabe<br />

schwang sich Martin zunächst<br />

in den Sattel eines<br />

E-Mountainbikes, um<br />

dann die Wanderschuhe<br />

zu schnüren.<br />

»Bike and hike ist genial.<br />

Berge auf schmalen Pfaden<br />

durch schroffes Gelände<br />

zu erobern, ist genau mein<br />

Ding. Aber man muss ja<br />

nicht nur hoch, sondern<br />

auch wieder runter. Weil<br />

mich der Abstieg meist<br />

mehr anstrengt als der Aufstieg,<br />

war ich extrem dankbar<br />

für das Bike. Das trug<br />

mich ohne Kraftanstrengung<br />

vom Karwendelhaus ins Tal.<br />

Muskelkater hatte ich am<br />

nächsten Tag trotzdem.«<br />

instagram@martinunterwegs<br />

Feine Unterkünfte sind<br />

für Simone das i-Tüpfelchen<br />

jeder Reise, denn<br />

die Zeiten, in denen<br />

Hotels für sie lediglich<br />

als Schlafstätten dienten,<br />

sind längst Vergangenheit.<br />

Jetzt genießt sie die<br />

Menschen im Hotel, die<br />

Lobbys, die Restaurants,<br />

die Bars, die Spas … und<br />

ist stets auf der Suche<br />

nach dem besonderen<br />

Extra des Hauses, was<br />

ihr auf den letzten Reisen<br />

im Health Hotel Océano<br />

auf Teneriffa, im Shangri-<br />

La’s Le Touessrok auf<br />

Mauritius und im Designhotel<br />

Perianth unterhalb<br />

der Akropolis einfach<br />

gemacht wurde. Wenn<br />

unsere Autorin mal nicht<br />

auf Reisen ist, besinnt<br />

sie sich auf ihre Wurzeln<br />

und nimmt uns mit in ihre<br />

Heimatstadt Hamburg<br />

und sagt ganz klar:<br />

»Wer sich vom Wetter davon<br />

abhalten lässt, sich Hals<br />

über Kopf in die ›schönste<br />

Stadt der Welt‹ zu verlieben,<br />

ist selbst schuld!«<br />

instagram@aspirinia<br />

Ralf Johnen ist schon<br />

seit seiner Kindheit ein<br />

begeisterter Bahnfahrer.<br />

Es sollte einige Jahre<br />

seines Erwachsenenlebens<br />

dauern, bis er sich<br />

den Traum von einer<br />

Interrail-Tour erfüllt hat.<br />

Dieses Ereignis konnte<br />

er in der tschechischen<br />

Provinz mit einem Bierbad<br />

gebührend feiern. Allein<br />

die Fahrt mit dem Glacier<br />

Express schreit nach<br />

baldiger Wiederholung.<br />

»Vor Gerichten aus dem<br />

Speisewagen hatte ich trotz<br />

aller Bahnromantik Angst –<br />

bis ich die Bündner Capuns<br />

im Glacier Express bestellt<br />

habe. Formidabel!«<br />

instagram<br />

@boardingcompleted<br />

Thorsten ist am liebsten<br />

langsam unterwegs. Mit<br />

dem Rad, zu Fuß oder mit<br />

der Bahn reist er gerne in<br />

abgelegene Ecken. Nova<br />

Scotia hat er mit dem<br />

Trekkingrad umrundet<br />

und sich die schönsten<br />

Ecken erwandert. Neben<br />

der Natur haben ihm die<br />

charmanten Kleinstädte<br />

mit europäischem Flair<br />

gefallen.<br />

»Das Kanadafeeling setzt<br />

bereits ganz im Osten<br />

des Landes ein. Einsame<br />

Strandspaziergänge, paddeln<br />

auf Seen und immer<br />

wieder in endlose Wälder<br />

eintauchen. Dazwischen<br />

weht in den Städten und<br />

Dörfern noch der Geist der<br />

Pioniere. Nordamerika? Europa?<br />

Jeden Tag bekommt<br />

man die Kultur von beidem<br />

serviert, besonders beim<br />

Essen.«<br />

instagram@thorstenbroenner<br />

herbst <strong>2020</strong><br />

<strong>reisen</strong> <strong>EXCLUSIV</strong><br />

13


esskalation<br />

Clever essen<br />

Im Loungebereich des The Silo London machen es sich die Gäste auf Sitzhockern und an Tischen bequem, die aus dem Myzel,<br />

dem vegetativen Teil eines Pilzes, bestehen. Klingt vielleicht zunächst etwas irritierend, sieht aber sehr stylisch aus. Die Wandleuchten<br />

wurden von einem Töpfer aus der Nähe aus alten, im Restaurant verbrauchten Weinfl aschen gefertigt. Und für die<br />

Esstische des Restaurants wurden recycelter Kunststoff, Beine aus nachhaltigem Eschenholz und Korkdetails benutzt. Küchenchef<br />

Douglas McMaster setzt auch in der Küche die Zero-Waste-Philosophie auf höchstem Niveau um. Zutaten wie Butter und<br />

Hafermilch werden selbst produziert. Aus nicht mehr ganz frischem Obst und Gemüse werden Smoothies hergestellt und beim<br />

Fleisch wird darauf geachtet, alles zu verwerten, inklusive der Innereien. Das The Silo im kreativen Londoner Viertel Hackney<br />

Wick ist ein Zero-Waste-Restaurant, das beweist, dass sich Luxus, Stil und Nachhaltigkeit nicht widersprechen. Und das äußerst<br />

wohlschmeckend! www.silolondon.com<br />

14<br />

<strong>reisen</strong> <strong>EXCLUSIV</strong>


FutterNEID<br />

Jetzt auch so ein zartrosa Rinderfi let wie<br />

Joe Pantoliano in »Matrix« verzehren! Wer<br />

kennt es nicht: Der Film beginnt und beim<br />

Anblick des Essens läuft einem das Wasser<br />

im Mund zusammen. Das Kochbuch<br />

»Binging with Babish«, zum gleichnamigen<br />

Kultkanal auf YouTube, verhindert Futterneid<br />

beim Filme- oder Serienabend. Der<br />

amerikanische Filmemacher Andrew Rea<br />

alias Oliver Babish<br />

kocht 100 Rezepte<br />

aus Film<br />

und Fernsehen<br />

nach. Da wird zum<br />

wohl niedlichsten<br />

Kochfi lm aller<br />

Zeiten »Ratatouille«<br />

ein Confi t Byaldi<br />

kredenzt. »Dipping<br />

Sticks« knabbert<br />

man, während<br />

»Breaking Bad«<br />

läuft, und zum Abschluss werden noch<br />

Zitronenküchlein inspiriert von »Game of<br />

Thrones« auf dem Sofatisch platziert. Christian<br />

Verlag, 336 S., 100 Rezepte, € 34,99<br />

Geschmacks-<br />

SACHE<br />

Dass es für einen guten Drink<br />

oder Cocktail nicht unbedingt<br />

Alkohol braucht, beweist die<br />

alkoholfreie Barkarte der Bar<br />

am Steinplatz des Marriott<br />

Berlin. Als erste deutsche<br />

Hotelbar kredenzt sie den<br />

Gästen hochwertige Drinks,<br />

mit Namen wie »Chamomile<br />

Gro(o)ve«, ohne auf Hochprozentiges<br />

zu setzen. Stattdessen<br />

fi nden sich alkoholfreie<br />

Destillate in raffinierten Kreationen<br />

mit hausgemachtem<br />

Kombucha, Rosenwasser,<br />

Sirups und mit Kräutern,<br />

Gewürzen und Säften wieder.<br />

Versacken ohne Nachwirkungen!<br />

www.barsteinplatz.com<br />

Scharf wie<br />

NACHBARS LUMPI<br />

Die Ingwerknollen stammen aus<br />

Peru, sind bio und werden handverlesen.<br />

Zusammen mit Zitronenund<br />

Limettensaft, ein wenig braunem<br />

Rohrzucker und einem Schuss<br />

Mandelsirup entsteht<br />

ein feurig-scharfes<br />

Ingwerkonzentrat,<br />

das, einmal gekostet,<br />

zum ständigen<br />

Begleiter wird. Ob in<br />

Schorlen, Tees, Cocktails,<br />

Soßen, Suppen,<br />

Reisgerichten oder<br />

einfach nur verdünnt<br />

mit Wasser. Gefertigt<br />

wird Ben’s Ginger in<br />

einer kleinen Manufaktur<br />

in München.<br />

www.bensginger.de<br />

Hallo WACH!<br />

Wer denkt, kalter Kaffee ist nur etwas für heiße Tage, hat noch nicht den Cold Brew der Kölner<br />

Kaffeemanufaktur Van Dyck probiert. Fruchtig-frisch nimmt er geschmacklich mit nach Uganda<br />

und Peru. Aus fairem Handel und biologischem Anbau. Auch für unterwegs der perfekte Wachmacher<br />

für zwischendurch. 250 ml, um € 4<br />

Fotos: PR (4), Kevin Rechsteiner (2), Clare Lewington (2), Matt Russell Ltd<br />

Zu TISCH!<br />

Dinieren in außergewöhnlichem Ambiente: Ein kleines, aber<br />

feines Restaurant mit Charme befi ndet sich im schweizerischen<br />

Winterthur. Im Les Wagons isst das Auge im doppelten<br />

Sinne mit, denn. die Gäste speisen in drei liebevoll restaurierten<br />

Wagen aus dem Jahr 1923 der Uetlibergbahn. Auf dem Tisch<br />

landen ausnahmslos regionale Produkte. Wer nur auf einen<br />

Drink vorbeikommen möchte - kein Problem - die Bar heißt<br />

jeden Gast herzlich willkommen! www.leswagons.ch<br />

herbst <strong>2020</strong><br />

15


kleine weltenbummler<br />

PIPPI WIRD<br />

75 JAHRE<br />

Sie ist wohl der Inbegriff der kindlichen Anarchie und war die Heldin unserer<br />

Kindheit. Pippi Langstrumpf, das mutigste, stärkste und unabhängigste Mädchen<br />

der Welt, wird sage und schreibe 75 Jahre alt. Die Geschichten über das fröhlichfreche<br />

Mädchen mit den roten Zöpfen und den vielen Sommersprossen erfand die<br />

schwedische Schriftstellerin Astrid Lindgren zwar während des Zweiten Weltkrieges<br />

und veröffentlichte sie erstmals 1945 in Schweden, aber sie bringen Kinder<br />

noch heute zum Lachen. Unweigerlich möchte man nach dem Lesen der Geschichten<br />

zu diesem idyllischen Fleckchen Erde namens Småland <strong>reisen</strong> – mit seinen<br />

bunten Häusern, den vielen Seen und weiten Wäldern – und auf Pippis Spuren<br />

wandeln. Ein guter Anlaufpunkt ist die »Astrid Lindgrens värld« in Vimmerby, dem<br />

Heimatort der Autorin. Allerdings bleibt diese aufgrund der Corona-Pandemie<br />

vorerst bis 2021 geschlossen. Auch die Geburtstagsfeierlichkeiten sind verschoben.<br />

Aber in Småland erlebt man so oder so spannende Abenteuer. Allein wegen der<br />

atemberaubend idyllischen Natur lohnt sich ein Besuch immer.<br />

www.visitsmaland.se/en, www.astridlindgrensvarld.se/en<br />

16 <strong>reisen</strong> <strong>EXCLUSIV</strong>


Aufsteigen, die große Fahrt beginnt: Mit dem Dreirad<br />

von Banwood im Vintage-Look gehen kleine Entdecker<br />

nicht nur auf große Fahrt, es begleitet sie auch<br />

die halbe Kindheit – von den ersten Fahrversuchen<br />

ab zwei Jahren mit Schiebegriff, lernen Kinder<br />

dank der Pedale das Fahrrad fahren im Anschluss<br />

leichter. Bis zu sechs Jahre geeignet, € 144, über<br />

smallable.com<br />

Spaghettiiii<br />

Das perfekte Reiseaccessoire für kleine<br />

Weltenbummlerinnen: Die Handtasche in<br />

Kameraform »Straw Camera« von Mimi &<br />

Lula verwahrt Kleinigkeiten und lässt nicht<br />

nur die stolze Besitzerin strahlen. Um € 23,<br />

über tausendkind.de<br />

Fotos: PR (2), Astrid Lindgren’s World, Rosemarie Gearhart, Angelina Litvin, Land.Schnupern<br />

Um Kinder zum Wandern zu motivieren, braucht es schon mehr als ein in Aussicht<br />

gestelltes Eis am Ende der Etappe. Der Milch-Erlebnispfad Usseln bei Willingen ist ein<br />

Weg, wo Kinder vor lauter Abwechslung vermutlich gar nicht merken, dass sie am Ende<br />

ganze sechs Kilometer gewandert sind – und dabei viel über Kühe und Landwirtschaft<br />

gelernt haben. Beim Kuhglockenschlagen, Werfen von Fichtenzapfen durch die Löcher<br />

einer »Käse«-Plane, im Heustadl-Kino, an der Fernrohrstation »Wo ist die Kuh« und auf<br />

dem Kuhfl aden-Trampolin verfl iegt die Zeit. Im Muhseumscafé der Upländer Bauernmolkerei<br />

ist dann Endstation. Neu ist die Stempelpass-App. Einfach herunterladen,<br />

auf dem Weg die Fragen von Kuh Helma beantworten und Punkte sammeln.<br />

www.milchpfad-usseln.de<br />

herbst <strong>2020</strong><br />

17


events<br />

Museen sind gähnend langweilig? Unsere drei Tipps gewiss nicht!<br />

Hier lohnt es sich sogar, allein der Museen wegen hinzu<strong>reisen</strong>.<br />

DALÍ THEATRE-MUSEUM .<br />

in Figueres.<br />

1<br />

Ein Museum, das vor Kreativität sprüht, in<br />

dem es nicht rein um die Betrachtung der<br />

Werke und den Künstler geht, sondern<br />

darum, wie jeder das Werk an sich persönlich<br />

empfindet. Das Dalí Theatre-Museum in<br />

Figueres hat Salvador Dalí, einer der wohl<br />

bekanntesten spanischen Maler des 20.<br />

Jahrhunderts, selbst konzipiert und 1974 im<br />

alten Theater von Figueres eröffnet. Dalí ist<br />

in Figueres geboren und im Keller des Museums<br />

in einem Mausoleum begraben. Das Besondere<br />

ist zweifelsohne, dass der Maler hier<br />

nicht einfach nur seine Werke zusammengetragen<br />

hat, sondern eigens für das Museum<br />

erschaffen hat, wie den schwarzen Cadillac<br />

im Regen im Innenhof des Museums.<br />

Dabei hat er seine Werke nicht immer<br />

ausführlich erklärt. Mit Absicht.<br />

Vielmehr ging es ihm darum, dass<br />

sich die Besucher ihr eigenes Bild<br />

machen und ihre eigene Meinung<br />

bilden. Spannend für die ganze<br />

Familie! Der Eintritt kostet € 13,<br />

www.salvador-dali.org<br />

2 3<br />

VAN GOGH MUSEUM.in Amsterdam.<br />

JOSEPH BEUYS.im Museum Schloss Moyland.<br />

Er war der Rockstar der Kunstgeschichte. Um kaum<br />

einen Maler ranken sich so viele Mythen wie über<br />

Vincent van Gogh. Eine tragische Figur, die zu Lebzeiten<br />

von der Hand in den Mund lebte. Erst nach seinem<br />

Tod erlangte er eine solch große Berühmtheit. Kein<br />

anderes Museum zeigt so viele seiner Werke wie das<br />

Van-Gogh-Museum am Museumplein im Amsterdamer<br />

Stadtteil Oud-Zuid. 200 Gemälde, 500 Zeichnungen<br />

und 750 handgeschriebene Dokumente finden sich<br />

hier. Wunderbar aufbereitet und sehr informativ. Man<br />

erfährt von seinen psychischen Problemen, warum<br />

er sich selbst ein Stück vom Ohr abschnitt, von seinem<br />

Selbstmord und dass es so viele Selbstporträts<br />

gibt, weil Van Gogh kein Geld für Modelle hatte. Selbst<br />

Kunstmuffel sind nach dem Besuch zumindest beeindruckt.<br />

Mindestens zwei Stunden Zeit einplanen! Eintritt<br />

kostet € 19, www.vangoghmuseum.nl<br />

Er war der Mann mit der Weste und dem Filzhut.<br />

Ein Exzentriker. Verehrt von seinen Anhängern, aber<br />

durchaus umstritten bei vielen. Der deutsche Aktionskünstler<br />

Joseph Beuys war provokant und erlangte<br />

mit seiner Kunst Weltruhm. Unter Kunst verstand er<br />

nämlich auch Aktionen, Installationen und Lebenskonzepte.<br />

Für seine Werke benutzte er Fett, Filz, Blut<br />

und Dreck, Telefone, Röntgenbilder, Knochen und<br />

Haare und stellte sie in immer neuen Sinnzusammenhängen<br />

dar. Auch wenn er stets behauptete, es nicht<br />

zu sein, war er auch politisch aktiv. Er gilt als Mitbegründer<br />

der Grünen. Die weltweit größte Sammlung<br />

seiner Werke besitzt das Museum Schloss Moyland –<br />

idyllisch in der niederrheinischen Provinz gelegen und<br />

an sich schon einen Besuch wert. Neben dem Archiv<br />

gibt es auch immer wieder temporäre Ausstellungen.<br />

www.moyland.de<br />

Text: Ulrike Klaas; Fotos: Gottfried Evers, Jan Kees Steenman, Sergey Mind, Roger Higgins<br />

18<br />

<strong>reisen</strong> <strong>EXCLUSIV</strong>


BÜCHER<br />

Text: Ulrike Klaas<br />

LesePROVIANT<br />

Ob auf Reisen<br />

oder gemütlich auf<br />

dem Sofa: fünf<br />

Neuerscheinungen,<br />

die großen Lesespaß<br />

versprechen und<br />

mit auf Reisen<br />

gehen sollten.<br />

PARIS Alina reist nach Paris, in die Stadt, in<br />

der sie mit ihrem verstorbenen Liebsten glückliche<br />

Tage verbracht hat. In den Gärten von<br />

Paris trifft sie auf gleich zwei Männer. Schafft<br />

sie es, sich der Liebe wieder zu öffnen? »Der<br />

Garten unter dem Eiffelturm« ist ein berührender<br />

Liebesroman über Gefühle, Schuld und<br />

Vergebung – und die Gärten von Paris und der<br />

Normandie. Roman und Garten-Reiseführer in<br />

einem, mit vielen persönlichen Tipps der<br />

Autorin Elena Eden. 258 S., bestellbar über<br />

Amazon.de, € 9,99.<br />

ERDE Kleine Taten ganz groß: Felix aus<br />

Deutschland pflanzt Bäume, und Shalise aus<br />

Australien sammelt Müll am Strand. Zwölf<br />

Jungen und Mädchen rund um die Welt, die<br />

sich für unseren Planeten einsetzen – und mit<br />

ihren Geschichten Kinder begeistern, etwas<br />

gegen Klimawandel und Umweltzerstörung zu<br />

unternehmen. Bunt und lebendig illustriert<br />

von Adelina Lirius. »Groß genug, die Welt zu<br />

retten«, Loll Kirby, 32 S., Insel Verlag, € 16,95.<br />

ISLAND Der Auftakt zur einer Trilogie: Es ist<br />

ihr letzter Fall vor dem Ruhestand und Hulda<br />

Hermannsdóttir, Kommissarin bei der Polizei<br />

Reykjavík, riskiert ihr eigenes Leben. Der Tod<br />

einer jungen Frau wirft düstere Rätsel auf und<br />

die Zeit rennt. »Dunkel« des isländischen Bestsellerautors<br />

Ragnar Jónasson ist ein gelungener,<br />

stimmungsvoller Krimi mit überraschenden<br />

Wendungen, den man kaum mehr aus der<br />

Hand legen kann. 384 S., btb Verlag, € 15.<br />

HIMALAYA Persönliche Einblicke in die Gefühlswelt<br />

einer Bergsteiger-Legende: Reinhold<br />

Messner hat in »Gehe ich nicht, gehe ich kaputt«<br />

Zeugnisse von den höchsten Gipfeln der<br />

Welt gesammelt. Eigene Aufzeichnungen und<br />

Briefdokumente anderer berühmter Bergsteiger<br />

wie Weltzenbach, Hillary oder Buhl zeigen,<br />

was sie zu den großen Abenteuern angetrieben<br />

hat. Von bewegenden Schicksalen, großen<br />

Triumphen und einer absoluten Obsession.<br />

Unheimlich berührend! 288 S., Malik, € 24.<br />

WALD Wie beeinflussen Walnussblätter den<br />

Geschmack von Spreewaldgurken? Was ist das<br />

Geheimnis der neapolitanischen Holzofenpizza?<br />

Waldökologe und Lebensmittelexperte<br />

Artur Cisar-Erlach hat sich in »Der Geschmack<br />

von Holz – Auf der Suche nach dem wilden<br />

Aroma der Bäume« auf eine Reise rund um den<br />

Globus begeben, um zu erkunden, wie Holz<br />

schmeckt – und wie man es kocht, destilliert<br />

und fermentiert, dass es einen besonderen<br />

Geschmack entwickelt. Ein Muss für Foodies!<br />

336 S., Malik, € 22.<br />

herbst <strong>2020</strong> 19


da wollen wir hin<br />

WENIGER IST MEER<br />

Tiny Houses in Norddeutschland<br />

Wenn man am Abend auf der kleinen Terrasse bei einem guten Glas<br />

Wein tief die salzige Meeresluft einatmet, überkommt einen ein wohliges<br />

Gefühl der Zufriedenheit und eine angenehme Leere der Gedanken.<br />

Und das ist es, was ein Urlaub in den Tiny Houses bewirkt: ein gutes<br />

Gewissen. Die minimalistischen Häuschen sind Trend. Zu Recht. Sie stehen<br />

für Umweltbewusstsein und machen mit ihrem skandinavisch angehauchten,<br />

modernen Design auf kleinem Raum viel her. Und – das<br />

ist wohl der wichtigste Punkt in Sachen Entschleunigung – sie stehen<br />

meist allein für sich mitten in der Natur. Wie die Green Tiny Houses,<br />

einer der ersten Anbieter in Deutschland mit vier Standorten in Norddeutschland.<br />

Grünes Wohnen im Grünen, der Gedanke geht auf. Die<br />

Fassade besteht aus Superwood-Holz, komplett ohne chemisch-giftige<br />

Lacke und mit Klebstoffen aus unbehandeltem Seegras der Ostsee. Ein<br />

Green Tiny House steht im Nordseeheilbad Büsum, genauer hinter der<br />

Familienlagune Perlebucht. Nur wenige<br />

Schritte und man steht am Unesco-<br />

Weltnaturerbe Wattenmeer. Lieber Festland<br />

statt Insel: Am Harlesieler Deich<br />

in Carolinensiel fi ndet sich das zweite<br />

Green Tiny House. Lieber Wald statt<br />

Meer? Dann ist das Tiny House am<br />

Salemer See, in der waldreichsten Region<br />

Schleswig-Holsteins, perfekt zum<br />

Urlauben.<br />

Text: Ulrike Klaas, Fotos: Green Tiny Houses GmbH (4)<br />

Fotos: xxx<br />

Die Green Tiny Houses sind ab € 129 pro<br />

Nacht buchbar. Es ist Platz für zwei<br />

Erwachsene und zwei Kinder.<br />

www.greentinyhouses.com<br />

20<br />

<strong>reisen</strong> <strong>EXCLUSIV</strong><br />

herbst <strong>2020</strong>


VORFREUDE<br />

Reisen hat sich verändert. Doch die Vorfreude auf kommende<br />

Erlebnisse ist ungebrochen. Bei diesen drei Varianten reist man<br />

in seinem eigenen kleinen Kosmos – und ist inmitten<br />

atemberaubender Bergwelten unterwegs. Drei Roadmovies<br />

deluxe mit Höhen und Tiefen.<br />

EINEN GANG HERUNTERSCHALTEN<br />

Entschleunigung auf vier Rädern: Stilecht mit einem Oldtimer-Bulli unterwegs<br />

zu sein, hat etwas Entspannendes. Das beruhigende, monotone Röhren des<br />

Motors, eine PS-Zahl, die nur eine gelassene Fahrweise zulässt, und vor der<br />

Frontscheibe ziehen die Bayerischen Alpen in ihrer ganzen Pracht vorüber.<br />

Fenster herunterkurbeln, Radio aufdrehen und sich die Bergluft um die Nase<br />

wehen lassen. Herrlich! Wer dabei lieber mehr PS unter dem Hintern hat,<br />

kann sich auch ein neueres Bulli-Modell mieten. PaulCamper ist eine<br />

Camper-Sharing-Plattform, wo private Van- und Wohnmobilbesitzer ihre<br />

Fahrzeuge an reiselustige Abenteurer vermieten – neben München in vielen<br />

weiteren großen Städten Deutschlands. www.paulcamper.de<br />

Foto: Daniel J. Schwarz<br />

21


22 herbst <strong>2020</strong>


VORFREUDE | Schweiz<br />

SCHÖNE SCHWEIZER KURVEN<br />

Majestätisch klettert die Gotthardpassstraße bei Airolo den schroffen Berg empor. Auf den Schweizer<br />

Alpenpässen ist der Fahrspaß gigantisch, die Aussichten sind atemberaubend und lassen das Herz jedes<br />

Bergeliebhabers höherschlagen. Deswegen ist den Serpentinenstraßen des Landes ein eigener Roadtrip auf<br />

der Grand Tour of Switzerland gewidmet. Mehr über die Route entlang der fünf schönsten Alpenpässe mit<br />

absoluter Adrenalingarantie erfahrt ihr hier: <strong>reisen</strong>exclusiv.com/grand-tour-schweiz<br />

Foto: Freedom_wanted/shutterstock.com<br />

<strong>reisen</strong> <strong>EXCLUSIV</strong><br />

23


VORFREUDE | Südtirol<br />

Rallye klingt zunächst nach Zeitdruck und Wettbewerb. Doch die Teilnehmer der alljährlichen <strong>Herbst</strong>rallye<br />

»Südtirol Classic Schenna Golden Edition <strong>2020</strong>« sind schon vor dem Start alle Gewinner. Denn bei diesem<br />

Rennen geht es um den puren Genuss. Vom 4. bis 11. Oktober <strong>2020</strong> erkunden Oldtimerliebhaber mit ihren<br />

Kultkarossen Südtirols wunderschöne Landstriche in und rund um Schenna bei Meran. Eisacktaler Törggele-<br />

Runde, Sundowner-Tour am Tschögglberg und die schönsten Pässe der Dolomiten im <strong>Herbst</strong>licht stehen auf<br />

dem Programm. Dazwischen probieren sich die Teilnehmer durch regionale Köstlichkeiten. Die Teilnahme kostet<br />

für 7 Tage € 1.680 und für 4 Tage € 1.380 für jeweils 2 Pers. (und ohne Unterkunft). Außerdem findet jedes<br />

Jahr eine Hauptrallye statt, die im Jahr <strong>2020</strong> ihr 35-jähriges Jubiläum gefeiert hätte. Die Geburtstagsfestivitäten<br />

sind nun auf den 4. bis 11. Juli 2021 verschoben. www.suedtirolclassic.com, www.schenna.com<br />

24


DER RENNER IN SCHENNA<br />

Foto: Tourismusverein Schenna/Patrick Schwienbacher<br />

herbst <strong>2020</strong><br />

<strong>reisen</strong> <strong>EXCLUSIV</strong><br />

25


KOLUMNE<br />

Kolumnistin Ala Zander hatte Glück im Unglück. Bei<br />

ihrem momentanen Kurzurlaub auf Santorin hatte sie<br />

einen Fahrradunfall. Ihr Ellbogen ist gebrochen, und sie<br />

hat eine Rippenfraktur. Aber die PR-Agenturchefin lässt<br />

es sich dennoch nicht nehmen, ihre Kolumne zu texten.<br />

Dann wird eben diktiert. Gute Besserung, Ala!<br />

E<br />

s war einmal dieses völlig verrückte Jahr <strong>2020</strong>, in dem im Februar<br />

plötzlich ein neuartiger Virus aus China über uns hereinbrach.<br />

Anfänglich als Grippe belächelt, ging dann plötzlich<br />

alles ganz schnell, und die gesamte Welt kam zum völligen<br />

Stillstand. Kurz vor dem finalen Lockdown endete meine letzte Geschäftsreise<br />

mehr als abrupt und ich fand mich mit zahllosen stornierten<br />

Flug<strong>reisen</strong> plötzlich in Bad Gastein wieder, meinem einzigen<br />

festen Wohnsitz in meinem rastlosen Reiseleben.<br />

In Österreich wurde der Lockdown zwar schnell und radikal umgesetzt,<br />

jedoch sieht »stay home« in einem entlegenen Bergdorf natürlich<br />

anders aus als in Großstädten und urbanen Ballungsräumen. Bei uns<br />

hieß das daher eher »stay alone«, und wir wurden von der Regierung<br />

gezielt aufgefordert, nach draußen zu gehen, sich an der frischen Luft<br />

zu bewegen und somit Lunge und Immunsystem zu stärken.<br />

Spätestens da verliebte ich mich übrigens noch ein bisschen mehr<br />

in unser Nachbarland.<br />

Mir als Radsportlerin kam das natürlich mehr als gelegen: Anstelle<br />

von drei bis fünf Flügen pro Woche, täglichen Meetings und Events<br />

konnte ich meine Arbeit hocheffizient am Laptop verrichten und hatte<br />

plötzlich mehr Zeit zum Fahrradfahren als je zuvor. So kam ich auch<br />

endlich dazu, die unendliche Vielzahl österreichischer Radwege zu erkunden,<br />

von denen ich zwar schon so viel gehört hatte, für die mir<br />

jedoch immer die nötige Zeit zum Entdecken fehlte.<br />

Eine der bekanntesten Radstrecken dürfte dabei wohl die »Ciclovia<br />

Alpe Adria« sein, die sich über 410 Kilometer von der Mozartstadt Salzburg<br />

bis nach Grado an der italienischen Adriaküste erstreckt. Je nach<br />

eigenem Fitnesslevel erradelt man diese landschaftlich spektakuläre<br />

Route durch die Alpen in fünf bis acht Tagesetappen, übernachtet in<br />

kleinen Gasthäusern und kann irgendwann ab Udine das Meer riechen.<br />

Ebenso einmalig ist der »Drau Radweg« von den Dolomiten bis an<br />

die kroatisch-slowenische Grenze. 510 Kilometer durch die einzigartige<br />

Bergkulisse Kärntens und zumeist entlang der Drau, des viertlängsten<br />

Nebenflusses der Donau. Ich gebe zu: Ich hatte vorher noch nie von der<br />

Drau gehört, und dabei handelt es sich um einen wirklich beachtlichen<br />

Strom. Ich durchradelte bekannte Ortsnamen wie Spittal und Villach<br />

(beide übrigens auch Teil des »Alpe Adria Radwegs«) und machte dabei<br />

auch gleich noch einen Abstecher an den wunderschönen Wörthersee.<br />

Ob der Nationalpark Hohe Tauern oder endlose Flussauen und Pinienwälder<br />

– für Naturliebhaber wie mich war das alles ein wirklich gigantisches<br />

Erlebnis und ich stellte mal wieder fest: Das Gute liegt so nah!<br />

Wovon ich auch noch nie gehört hatte? Von den »Krimmler Wasserfällen«,<br />

die mit 385 Metern Fallhöhe doch tatsächlich Österreichs<br />

höchste Wasserfälle sind und das glorreiche Ende des »Tauernradwegs«<br />

darstellen. Dieser startet im deutschen Grenzort Passau und<br />

zieht sich über 310 Kilometer über Salzburg und Zell am See durch<br />

eine wieder mal atemberaubende Bergkulisse, vorbei an Burgen und<br />

malerischen kleinen Orten. In den siebeneinhalb Wochen strikten<br />

Lockdowns waren ja leider alle Gasthäuser und Unterkünfte geschlossen,<br />

weshalb ich meine Verpflegung im Rucksack mitführte und ausschließlich<br />

Tagesrouten planen konnte.<br />

Kaum war allerdings in Österreich selbst alles wieder geöffnet, die<br />

Grenzen jedoch weiterhin dicht und meine internationalen Businesstrips<br />

nach wie vor tabu, machte ich mich endgültig auf und zog mit<br />

kompaktem Fahrradgepäck noch einmal richtig los. Endlich konnte<br />

ich in all den zauberhaften und urigen Gasthöfen einkehren und lecker<br />

essen gehen, um abends dann todmüde, aber glücklich in einer<br />

kleinen Pension zu übernachten. Ich entdeckte so viele niedlichen<br />

Ortschaften und Naturschauspiele, dass ich mich wirklich fragte, warum<br />

ich in all den Jahren besser über Südamerika und Südostasien<br />

Bescheid wusste als über das Land, in dem ich seit vier Jahren lebe ...<br />

Corona hat vieles verändert und sicherlich auch unser Reiseverhalten.<br />

Und nach dieser Erfahrung – die ich ausschließlich Corona<br />

verdanke – habe ich einmal mehr beschlossen, dass es nicht immer<br />

exotisch sein muss, um außergewöhnlich zu sein ...<br />

Fotos: Ala Zander (3)<br />

26 <strong>reisen</strong> <strong>EXCLUSIV</strong><br />

herbst <strong>2020</strong>


RUNDREISE<br />

Wenn ich nicht hier bin,<br />

bin ich aufm SONNENDECK<br />

Es gibt kaum ein entschleunigenderes Abenteuer als eine Fahrt auf einem Hausboot. Während<br />

der Kapitän das Boot sicher über den Canal du Midi im Süden Frankreichs mit seinen zahlreichen<br />

Schleusen lenkt, entspannt man sich auf dem Sonnendeck im Whirlpool und betrachtet die<br />

abwechslungsreiche Landschaft, die träge vorüberzieht. Abends ankert man in malerischen, kleinen<br />

Hafenstädtchen und der Koch serviert bei Sonnenuntergang ein köstliches Menü an Deck. Sollte<br />

es dann überhaupt noch einen Wunsch geben, kümmert sich der Steward darum. Belmond Afloat<br />

bietet beispielsweise eine 7-tägige Fahrt von Carcassonne nach Bèziers an, kostet um € 7.823 p. P.<br />

www.belmond.com<br />

DU BIST SO<br />

HEISS WIE<br />

EIN VULKAN<br />

Gewappnet für das nächste<br />

Outdoorabenteuer? Der<br />

Tagesrucksack von Cotopaxi<br />

macht mit seinem kunterbunten<br />

Design Laune, die<br />

Welt zu entdecken. Es muss<br />

ja nicht gleich der Namensgeber<br />

der Marke Cotopaxi<br />

sein, der mit 5.897 Metern<br />

zweithöchste Berg Ecuadors<br />

und einer der höchsten aktiven<br />

Vulkane der Erde. Jeder<br />

Rucksack der Serie Del Dia<br />

ist ein Unikat, denn die Näherinnen<br />

auf den Philippinen<br />

fertigen sie aus Stoffresten<br />

anderer Rucksäcke. »Tarak<br />

20 L Backpack«, um € 120.<br />

Über www.globetrotter.de<br />

Fotos: PR (2), Belmond Afloat<br />

Einmal um die Welt<br />

Arbeiten und nebenbei die Welt entdecken – doch wie<br />

stelle ich das an? »Das Handbuch für digitale Nomaden.<br />

Praktische Tipps und Inspiration für ein multilokales<br />

Leben« gibt Antworten auf beispielsweise folgende<br />

Fragen: Wie stelle ich es mit dem Berufswechsel an,<br />

wie läuft die Auftragsakquise, welche Ziele lohnen sich<br />

für digitale Nomaden? Jetzt einarbeiten und, sobald es<br />

wieder möglich ist, den Traum vom »Arbeiten unterwegs«<br />

erfüllen. Lonely Planet, 192 S., € 19,99.<br />

herbst <strong>2020</strong> 27<br />

<strong>reisen</strong> <strong>EXCLUSIV</strong>


text & fotos<br />

BThorsten Brönner<br />

Nova<br />

Scotia<br />

KÜSTENROADMOVIE<br />

Die Küstenstraßen von Nova Scotia zählen zu den schönsten Nordamerikas.<br />

Mal sind sie lieblich wie in einem Heimatfilm, mal rau wie in einer Naturdoku.<br />

Sie führen einen zu Leuchttürmen, zu heimeligen Kleinstädten und zum<br />

größten Tidenhub der Welt. Hinein ins eigene Urlaubskino – denn die Fahrt<br />

um die Halbinsel gleicht einem Roadmovie.<br />

28


RUNDREISE | Nova Scotia<br />

Ein Wunder der Natur ist der immense Tidenhub an der Bay of Fundy. Hier ist gemessen worden, dass die gezeitenabhängige<br />

Erhebung bis zu 21 Meter beträgt. Zum Vergleich: Bei der Nordsee sind es etwa zwei bis drei Meter.<br />

herbst <strong>2020</strong><br />

<strong>reisen</strong> <strong>EXCLUSIV</strong><br />

29


Bildschön – ein Attribut, das zu Nova Scotia passt wie der Hummer ins Meer. Egal ob im schnuckeligen Lunenburg oder<br />

auf der spektakulären Cape-Breton-Insel, die Atmosphäre und die Aussichten sind unvergesslich schön.<br />

30


AAls Startort bietet sich Halifax an. Ist es Zufall, dass es sich die Provinzhauptstadt<br />

in der Mitte dieses malerischen Fleckens Erde gemütlich<br />

macht? Halifax führt Reisende aus Europa behutsam an Kanada<br />

heran. Hier der Hafen mit seiner Flaniermeile und den Pubs, dort der<br />

Uhrturm, darüber die sternförmig angelegte Zitadelle Fort George.<br />

Die Klänge eines Dudelsacks tragen die Gedanken von der Alten Welt<br />

hin zur Neuen. Also los. Zum Meer!<br />

SOUNDTRACK DER REISEX<br />

Raus aus der Stadt, rauf auf den Highway 333. Sofort setzt das Roadmovie-Feeling<br />

ein. Eine breite Asphaltstraße mit aufgepinselten gelben<br />

Linien. Bäume und Seen fliegen vorbei. Die Füße wippen mit der<br />

Radiomusik. Der Highway wippt mit – auf und ab. Linker Hand öffnet<br />

sich eine Bucht nach der anderen. Sie geben das Terrain für die<br />

Straße 333 vor. Sie schwenkt hin und her. Dann das offene Meer. Auto<br />

abstellen und strahlend in das Dorf Peggy's Cove laufen. Den dahinter<br />

aufragenden Leuchtturm kennt hier in den Canadian Maritimes, den<br />

Seeprovinzen, jedes Kind. Ein schlanker, weißer Bau mit roter Haube.<br />

Auf drei Seiten klatschen die Wellen ans Land. Das ist der Soundtrack<br />

der Reise. Er klingt auf der Runde immer ähnlich, aber nie gleich.<br />

Auf die St. Margarets Bay folgt die Stadt Lunenburg. Die bunt bemalten<br />

Holzhäuser und alten Kapitänsvillen sehen aus, als wären sie<br />

in Norwegen ins Meer gepurzelt und hierher getrieben. Lunenburg<br />

wurde von deutschen Siedlern gegründet. Das Schmuckkästchen ist so<br />

gut erhalten, dass es die Unesco adelte. An der Lunenburg Waterfront<br />

kuscheln sich Cafés und Restaurants aneinander. Wie wäre es, den Tag<br />

mit einem Hummergericht und einem Wein aus dem Annapolis Valley<br />

zu beschließen? Zum Einstimmen für die nächsten Reisestationen.<br />

MAL EUROPA, MAL WIE EIN WESTERN AM MEERX<br />

Auf der Westseite von Nova Scotia schneidet das Annapolis Valley malerisch<br />

in die grünen Hügel. Das Tal ist gut 100 Kilometer lang, bis<br />

zu 15 Kilometer breit und erinnert stark an Europa. Auf der Fahrt<br />

über die verschlafenen Country-Roads fällt in den gepflegten Gärten<br />

die Flagge der Akadier auf. Sie gleicht der Trikolore Frankreichs und<br />

trägt als Zusatz im blauen Streifen einen goldenen Stern. Zeit<strong>reisen</strong>de<br />

fahren zum rekonstruierten Fort Port-Royal oder zum britischen Fort<br />

Anne. Wälder rahmen Wiesen, Felder und Weingüter ein. In den Rebzeilen<br />

reifen Trauben für Weiß- und Schaumweine. Die leicht wellige<br />

Gegend erinnert an das deutsche Weinanbaugebiet Pfalz.<br />

Das nächste Déjà-vu gibt es ein Stück gen Norden in der Kulturlandschaft<br />

Grand Pré. Hier rangen Siedler dem Meer durch Eindeichung<br />

und Schleusen fruchtbares Land ab. In dem flachen Landstrich<br />

wähnt man sich eher in den Niederlanden als in Kanada. Von der zweiten<br />

Unesco-Welterbestätte der Reise bis zur Nummer drei sind es nur<br />

wenige Minuten – die Bay of Fundy. Diese stellt das heimische Wattenmeer<br />

in den Schatten.<br />

RUNDREISE | Nova Scotia<br />

Würde ein Filmregisseur einen Western ans Meer verlegen, dann sicher<br />

hierher. Sonderbar geformte rote Felsen mit Naturbögen, mal mit<br />

Bäumen drauf, mal ohne. Man könnte meinen, hier hätte jemand den<br />

Stöpsel aus der Badewanne gelassen und alles wurde wild durcheinander<br />

gestrudelt: angeschwemmte Äste, ein Streifen Kieselsteine<br />

und weiter draußen gluckst die See. Sie liegt spiegelblank da und gibt<br />

das Himmelsblau wieder. Einer riesigen Umwälzpumpe gleich hebt<br />

und senkt sich der Atlantik. Bis zu 21 Meter Tidenhub – das ist Weltrekord.<br />

Das Binnenmeer ist 220 Kilometer lang, 60 Kilometer breit und<br />

bei Ebbe eine Spielwiese für Naturfreunde und bei Flut ein Eldorado<br />

für Wale. Hierhin kommen die Meeresriesen gerne. Ganz zur Freude<br />

der geduldigen Beobachter.<br />

SPAZIERGANG ÜBER DEM SANKT-LORENZ-GOLFX<br />

Mit der Cape-Breton-Insel serviert Nova Scotia sein Filetstück am<br />

anderen Ende der Provinz. Bereits die Anfahrt ist ein Erlebnis. Allmählich<br />

ansteigend hangelt sich der Cabot Trail am tiefblauen Sankt-<br />

Lorenz-Golf entlang. 300 Kilometer feinstes Landschaftskino. Nova-<br />

Scotia-Urlauber, die in den Cape-Breton-Highlands-Nationalpark eintauchen,<br />

können sich ein wenig wie Entdecker fühlen.<br />

26 Wanderwege ziehen sich durch die Wälder. Der Skyline Trail ist<br />

der spektakulärste Weg. Der gekieste Pfad führt über eine tundraartige<br />

Hochebene mit Wiesen und offenen Kiefernwäldern. Hinter einer<br />

Kuppe geht es auf einem Holzbohlenweg weiter. Meist führen Panoramawege<br />

nach oben. Doch der Skyline Trail senkt sich, vollführt einen<br />

Bogen und springt in mehreren Geländestufen den Hügel hinunter.<br />

Mit jedem Schritt kommt man dem Meer ein Stückchen näher. Viele<br />

Stufen sind türkis angemalt für jene Tage, wenn der dichte Seenebel<br />

die Küsten Nova Scotias verschluckt. Oft streicht der Wind über den<br />

offenen Hang und sorgt für freie Sicht. Den Weißkopfseeadlern und<br />

den Basstölpeln gefällt es. Sie machen hier genauso Jagd auf Beute<br />

wie die Blauwale, Buckelwale, Pottwale, Minkwale und Grindwale. Die<br />

Augen scannen das Wasser ab. Ob sich eine Fluke zeigt? Unbedingt<br />

bis zum Abend bleiben, bis sich der Sonnenball senkt, die Küste in<br />

goldenes Licht taucht und im Meer versinkt. Der Skyline Trail ist dazu<br />

einer der besten Plätze im Land.<br />

Das Roadmovie setzt zum Finale an. Egal ob im Sommer die Lupinen<br />

auf den Wiesen Spalier stehen oder im Oktober der Indian Summer<br />

die Küstenwälder zum Leuchten bringt – diese Fahrt vergisst keiner.<br />

INFO<br />

Tourism Nova Scotia c/o TravelMarketing Romberg,<br />

Schwarzbachstr. 32, 40822 Mettmann, Tel. 02104 797454,<br />

www.novascotia.com/de<br />

Hilfreich ist die Karte: www.novascotia.com/map<br />

Mehr spannende Infos rund um Nova Scotia auf dem Kanada-<br />

Blog: www.kanadastisch.de/provinzen/atlantic/nova-scotia/<br />

herbst <strong>2020</strong><br />

<strong>reisen</strong> <strong>EXCLUSIV</strong><br />

31


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IM HUMMERLAND<br />

Die maritime kanadische Provinz Nova Scotia scheint losgelöst von Zeit und Raum.<br />

Ihre natürliche Schönheit bekommt eine zusätzliche Attraktion – und die<br />

lernt man am besten genussvoll auf der Zunge kennen.<br />

32<br />

<strong>EXCLUSIV</strong><br />

frühling 2016


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Fotos: Tourism Nova Scotia (2), Tourism Nova Scotia/Jive Photographic, Tourism Nova Scotia/Dean Casavechia, Natalia Lisovskaya/Shutterstock.com<br />

Hier sind die Hummer der Hammer!<br />

Fragt man Einheimische in Nova Scotia, welche Spezialität man unbedingt<br />

einmal probieren sollte, kommt diese Antwort sehr häufig: Lobster,<br />

auf Deutsch Hummer! Das ist kein Wunder. Schließlich kann man in<br />

Nova Scotia zu jeder Jahreszeit die Meerestier-Delikatesse schlemmen.<br />

Und zwar fangfrisch. Je nach Ort und Jahreszeit können die Fangkörbe<br />

auch selbst einmal eingeholt werden. Und wer einen fangfrischen Lobster<br />

in bester Qualität ergattern möchte, der besucht einfach einen der<br />

Häfen und kauft direkt vor Ort. Dann jedoch muss selbst zubereitet werden.<br />

Wer das lieber umgehen möchte, nimmt an einem wahrhaft authentischen<br />

Hummererlebnis teil. Das geht am besten bei einem Lobster-<br />

Supper in einem der Küstenorte. Serviert wird er dort in allen möglichen<br />

Facetten. Ein Beispiel wäre die kanadische Variante des norddeutschen<br />

»Fischbrötchens«, die sogenannte »Lobster Roll«, die mit frischem Hummerfleisch<br />

und Mayo in Weißbrot auch der perfekte Picknicksnack für<br />

zwischendurch ist.<br />

Highway to Shells<br />

Die Bay of Fundy ist ein Wunder der Natur.<br />

Ihr hoher Tidenhub bereichert die Bucht derart,<br />

dass Wale sich hier gern zeigen. Zudem<br />

ist der näherreiche Meerboden ideal für die<br />

Königin der Muscheln: die Jakobsmuschel.<br />

Wer sie frisch aus dem Meer mag, kauft sie<br />

am besten gleich im Hafen von Digby. Übrigens schon allein sehenswert,<br />

weil dort die größte Jakobsmuschel-Flotte der Welt vor Anker liegt.<br />

Glücklicherweise lässt sich die Jakobsmuschel – die hier sehr saftig und<br />

zart ist – vielseitig servieren. Unser Favorit: Leicht angebraten, in der<br />

Mitte glasig, garniert auf einer Portion Pasta mit Knoblauch und Butter.<br />

Wo der Eiswein wächst<br />

Kenner wissen Bescheid, aber die Allgemeinheit wundert sich oft darüber,<br />

dass in der doch eher kühl anmutenden Provinz der Wein Tradition hat und<br />

die Trauben auch exzellent wachsen und gedeihen. Heute gibt es mehr als<br />

600 Hektar Rebfläche und etwa 20 Weingüter in verschiedenen Regionen<br />

der Provinz. Unbedingt probieren sollte man den besten Weißwein Nova<br />

Scotias, den Tidal Bay. Als erster Appellationswein ganz Nordamerikas<br />

passt dieser frische Weißwein perfekt zu den Meeresfrüchten, für die Nova<br />

Scotia weltberühmt ist. Besonders rund um das hübsche Örtchen Wolfville<br />

an den Hängen des Annapolis Valley nahe der Bay of Fundy sind exzellente<br />

Weingüter ansässig, die den ein oder anderen Gaumenschmeichler<br />

ausschenken. Eine weitere Spezialität Nova Scotias ist der Eiswein. Mal<br />

den eher lieblichen Wein gekostet? Es lohnt sich: Glücklicherweise bieten<br />

die meisten Weingüter Weinproben an, bei denen auch Eisweine probiert<br />

werden können.<br />

Good Cheer Trail<br />

Ein weiteres Highlight im Schlemmerparadies Nova Scotia ist der »Good<br />

Cheer Trail« – die Route verbindet mehr als 50 Produzenten von Wein, Bier,<br />

Cider und Spirituosen und macht es Besuchern kinderleicht, sich durch<br />

Nova Scotia durchzuprobieren. Auf dem »Good Cheer Trail« trifft man die<br />

Brauer und Handwerker, die ihre ganze Leidenschaft in die Herstellung<br />

eines guten Bieres, Weins oder einer Spirituose stecken. Man kann auf<br />

der Tour Nordamerikas ersten Single-Malt-Whisky direkt aus dem Fass<br />

trinken und lokale Küche genießen. Wie wäre es mit einem Cheese-Tasting<br />

bei einem nahe gelegenen Bauernhof oder einer Fischsuppe – gepaart mit<br />

dem perfekten Nova-Scotia-Wein? Oder man trinkt ein exzellentes Glas<br />

Rum, der in der Festung von Louisbourg hergestellt wurde; genau dort, wo<br />

Soldaten ihn vor Jahrhunderten genossen haben. Prost!<br />

INFO<br />

Mehr Informationen über Nova Scotia finden<br />

Sie unter: www.novascotia.com/de<br />

herbst <strong>2020</strong><br />

<strong>reisen</strong> <strong>EXCLUSIV</strong><br />

33


RUNDREISE | Interrail<br />

34


B text<br />

Ralf Johnen<br />

Vom Felsenkeller<br />

zum Matterhorn<br />

Eine Bahnreise zu den Elitebrauereien Europas<br />

verrät viel über die Bierkultur des Kontinents.<br />

Ganz nebenbei wird ein solcher Trip zu einer<br />

eindrucksvollen Entdeckungsreise durch die Vielfalt<br />

des Kontinents. Autor Ralf Johnen hat sich mit<br />

dem Interrail-Ticket 1. Klasse einen<br />

Jugendtraum erfüllt.<br />

herbst <strong>2020</strong><br />

<strong>reisen</strong> <strong>EXCLUSIV</strong><br />

35


RUNDREISE | Interrail<br />

Leuven an einem Mittwoch<br />

Bierchen und Bitterballen zum Sonnenuntergang.<br />

Die Rotterdamer nennen es »borrelen«.<br />

Rotterdam an einem Dienstag<br />

Mit Geschichte und Tradition hat diese Stadt nichts am Hut. Dafür bekommt<br />

hier jede noch so abgefahrene Idee eine faire Chance. Das zeigt<br />

sich schon an der Empfangshalle des Bahnhofs: ein futuristischer Bau<br />

in Form eines verzogenen Bumerangs, dessen zinkverkleidete Fassade<br />

so dynamisch wirkt, als handele es sich um ein Terminal für bemannte<br />

Weltraumflüge.<br />

Wenig später entdecken wir würfelförmige Wohnhäuser und eine<br />

Markthalle, deren bewohnbare Außenwände schicke Appartements<br />

beherbergen. An den Ufern der Maas bewundern wir die Erasmusbrücke,<br />

deren eleganter Pylon Erinnerungen an einen Schwanenhals<br />

weckt. Dahinter: Wolkenkratzer und in der Ferne mit Containern beladene<br />

Ozeanriesen, Vorboten des größten Hafens Europas.<br />

Nach der Stadtsafari wächst unsere Neugier, wie sich dieses Umfeld<br />

auf die Arbeit der örtlichen Braumeister auswirkt. Also überqueren<br />

wir die Maas, um die Fenix Food Factory aufzusuchen. Das<br />

angenehm abgerockte Etablissement ist in einer ausgemusterten<br />

Lagerhalle untergebracht, wo sich die Kaapse Brouwers angesiedelt<br />

haben. Das schummrige Lokal wird von Kerzen erleuchtet, in deren<br />

Schein wir den Hinweis auf eine Produktlinie namens »Kaapse Karloffs<br />

Experimental« entdecken. Wir ordern das »Kaapse Grettir«, das<br />

die Braumeister des Hauses gemeinsam mit einem isländischen Kollegen<br />

produziert haben. Zu den Ingredienzen gehört eine frühblühende<br />

Thymianart, die auch auf der subarktischen Insel gedeiht und die dem<br />

Bier eine Minznote verleiht.<br />

Stunden später sitzen wir in der »Wunderbar«, einem Lokal, das mit<br />

allerlei Deutschlandzitaten überrascht. Während wir wie gebannt auf<br />

die Aktivitäten einer Kuckucksuhr starren und uns an einem örtlichen<br />

Weizenbier laben, resümieren wir: Offenbar färbt der Charakter einer<br />

Stadt auch auf ihre Gerstensäfte ab. Eine These, die wir mit auf unsere<br />

zweite Etappe nehmen.<br />

Nach dem Frühstück sitzen wir im Zug nach Leuven. Die belgische<br />

Universitätsstadt mag übersichtlich sein, doch mit AB InBev hat hier<br />

der größte Brauereikonzern der Welt seinen Hauptsitz. Zunächst aber<br />

wenden wir uns der historischen Altstadt zu, die schon im 15. Jahrhundert<br />

eine erste Blütezeit erlebte. Damals war Flandern eines der<br />

größten Handelszentren, was in beträchtlichem Reichtum resultierte.<br />

Aus dieser Epoche stammt das spätgotische Rathaus, das mit seiner<br />

schlanken Statur und seinen üppigen Ornamenten wie aus einem Film<br />

von Tim Burton gefallen scheint.<br />

Doch Leuven besitzt auch eine schroffe Seite. Rund um das Viertel<br />

Tweewaters waren vor langer Zeit die Brauereien beheimatet. Dazu<br />

gehört auch Stella Artois, ein weithin bekanntes Bier nach Pilsener<br />

Brauart, einem Stil, der erst nach der Erfindung effzienter Kühlsysteme<br />

Ende des 19. Jahrhunderts seinen Siegeszug antreten konnte. Das<br />

1926 lancierte Stella wurde so erfolgreich, dass sich der Mutterkonzern<br />

InBev 2008 den amerikanischen Marktführer Anheuser-Busch<br />

(»Budweiser«) einverleiben konnte.<br />

Der Besuch der Brauerei lehrt uns, dass wenig gegen ein frisch<br />

gezapftes Stella spricht. In Gedanken aber sind wir bereits bei unseren<br />

Leihfahrrädern, mit denen wir rund zehn Kilometer gen Norden<br />

fahren. Unser Ziel ist die Kleinbrauerei Hof ten Dormaal. Während<br />

draußen in den Feldern Kohorten von Rennradfahrern ihren Idolen<br />

nacheifern, weiht uns Braumeister Jef Janssens in die Geheimnisse des<br />

Familienbetriebs ein. »Wir sind ein Bauernhof, und wir befinden uns<br />

genau in der richtigen Klimazone. Also bauen wir Hopfen und Malz<br />

selbst an.« Ein Alleinstellungsmerkmal, das nach seiner Kenntnis kein<br />

anderer Betrieb aufweist.<br />

Hinzu kommt ein feines Händchen für traditionelle und experimentelle<br />

Biersorten. Zunächst kredenzt er mit dem »Zure van Tildonk«<br />

ein Lambiek, womit wir uns schon tief in den Feinheiten belgischer<br />

Braukunst befinden. Das Sauerbier kommt nämlich ohne Hefezufuhr<br />

aus, weil diese in der Region rund um Brüssel in der Luft enthalten ist.<br />

Dies löst eine spontane Vergärung aus. Es folgen ein cremiges Amber<br />

und ein Oak Aged Gin Donker, das mit seinen zwölf Prozent Alkohol<br />

vier Monate in einem ausgemusterten Ginfass gelegen hat. Genug für<br />

die Schlussfolgerung, dass ein großer Brauereistandort den kreativen<br />

Umgang mit den Ingredienzen beflügelt.<br />

Autarke Produzenten: Die Brauerei Hof ten<br />

Doormaal stellt alle Zutaten selbst her.<br />

36<br />

<strong>reisen</strong> <strong>EXCLUSIV</strong>


Die Markthalle von Rotterdam<br />

war schon bei ihrer Eröffnung<br />

eine architektonische Ikone.<br />

Die Kubushäuser hingegen haben<br />

sich nicht durchgesetzt.<br />

Offenbar färbt der Charakter einer Stadt<br />

auch auf ihre Gerstensäfte ab.<br />

herbst <strong>2020</strong> 37


RUNDREISE | Interrail<br />

Hübsch herausgeputzt: Die Altstadt von Pilsen erfreut mit barocken Kaufmannshäusern.<br />

Hier sieht man rot: Steinig und steil<br />

ist die Piste am Gornergletscher,<br />

samtrot die Farbe des Nürnberger<br />

Stadtbieres.<br />

<strong>reisen</strong> <strong>EXCLUSIV</strong>


In der freundlichen fränkischen Metropole<br />

sind schwangere Frauen dazu verpflichtet,<br />

vier Liter Bier zu trinken – pro Tag.<br />

Fotos: Ralf Johnen (6), Glacier Express, Philip Gow, Philippe Verreault-Julien, Mike van den Bos, Nicole Baster<br />

Nürnberg an einem Donnerstag<br />

Von Experimentierfreudigkeit zeugt auch der Hauptbahnhof von Lüttich,<br />

wo wir in den ICE Richtung Frankfurt umsteigen. Der Spanier<br />

Santiago Calatrava hat den Bahnhof in den Adelsstand eines Instagram-<br />

Hotspots erhoben. Nach ein paar geruhsamen Stunden erreichen wir<br />

am Nachmittag Nürnberg. Hier gilt bis heute offziell ein kurioses Gesetz,<br />

das uns bei der Reiseplanung aufgefallen war: In der freundlichen<br />

fränkischen Metropole sind schwangere Frauen dazu verpflichtet, vier<br />

Liter Bier zu trinken – pro Tag. Die Regel stammt noch aus dem Mittelalter<br />

und ist ernährungsmäßig weniger bedenklich, als es heute klingt,<br />

denn das Trinkwasser war in Städten oft stark verschmutzt und Bier<br />

hatte lediglich zwei Prozent Alkohol.<br />

Wie wir bei einem Rundgang durch die örtlichen Felsenkeller lernen,<br />

waren seinerzeit Dutzende Brauereien in der Stadt aktiv. Sie alle<br />

waren verpflichtet, für die Lagerung Kühlräume anzulegen. So konnte<br />

ein unterirdisches Labyrinth entstehen, dessen Eingang sich stilgerecht<br />

neben einem Gersten verarbeitenden Betrieb befindet: der Hausbrauerei<br />

Altstadthof. Das legendäre Bier überzeugt mit einer wunderbar<br />

rötlichen Farbe und einer ausgewogenen Aromapalette. Auch der<br />

größte Fan sollte sich nicht allein darauf beschränken, denn in Franken<br />

produziert man unzählige köstliche Biere, die aufgrund ihrer geringen<br />

Herstellungsmengen selbst bei Puristen als Craft Beer durchgehen.<br />

Pilsen an einem Freitag<br />

Restaurierte Patrizierhäuser mit verspielten Giebeln begrüßen uns im<br />

Zentrum von Pilsen. Die westböhmische Stadt hat sich fein herausgeputzt<br />

in den vergangenen Jahren. Doch am Stadtrand lebt weiterhin<br />

der ruppige Charme des Ostblocks. Hier steht auch jene Attraktion,<br />

die selbst für Besucher aus Übersee zu einem Zugpflaster geworden<br />

ist: die Brauerei von Pilsner Urquell. In den Katakomben können wir<br />

das Getränk vor der Filtrierung verkosten, was an der Gesamtdiagnose<br />

wenig ändert: Dieses Bier ist dank seines niedrigen Alkoholgehalts<br />

und des hohen Hopfenanteils ein guter Durstlöscher.<br />

Wie wir in unserem abendlichen Domizil erfahren, beschränkt<br />

sich die Verwendung aber nicht nur hierauf. Vielmehr hat das Hotel<br />

Purkmistr das Gebräu zweckentfremdet: Das Spa des Hauses bietet<br />

ein Bad in einem warmen Gemisch aus Bier und Wasser an. Daneben<br />

steht ein Zapfhahn, aus dem eiskaltes Urquell strömt. Apart.<br />

Ein Sonntag in den Schweizer Alpen<br />

Aus logistischen (und gesundheitlichen) Gründen legen wir vor dem<br />

Höhepunkt des Trips einen reinen Reisetag ein. So stehen wir am<br />

Sonntagmittag am Bahnsteig von Chur. In der Hauptstadt des ostschweizerischen<br />

Kantons Graubünden nehmen wir im Panorama-<br />

wagen des Glacier Expresses Platz, wo sich sofort die Überzeugung<br />

einstellt, dass Bahnfahren die Krönung aller Mobilitätsformen ist. Gemächlich,<br />

elegant und sehr verlässlich bahnt sich der Zug seinen Weg<br />

durch die Bergwelten – nicht selten fernab jeder Straße.<br />

In Andernach haben wir Gelegenheit, den Waggon zu verlassen.<br />

Doch nach der Überwindung des 2.033 Meter hohen Oberalppasses, des<br />

höchsten Punkts der Strecke, stehen wir in dickem Nebel. Wir trösten<br />

uns im Zug mit köstlichen Bündner Capuns, mit Spätzleteig gefüllte<br />

und heimischem Käse überbackene Mangoldblätter. Dazu ordern wir ein<br />

Zermatt-Bier mit dem Matterhorn auf dem Etikett. Es stammt aus der<br />

höchstgelegenen Brauerei Europas. Auf den Anblick des fotogenen Berges<br />

müssen wir indes bis zum Vormittag warten, denn wir treffen erst<br />

nach Einbruch der Dunkelheit in dem mondänen Ferienort ein. Es wird<br />

ein Anblick, der nostalgische Gefühle weckt und die guten, alten Zeiten<br />

des Reisens lebendig werden lässt. Wie eine Interrail-Tour durch Europa.<br />

INFO Die Interrail-Tickets sind in verschiedenen Varianten für die<br />

1. und 2. Klasse erhältlich. Los geht es bei vier frei wählbaren<br />

Reisetagen innerhalb eines Monats (€ 328 in der 1. Klasse,<br />

€ 246 in der 2. Klasse), drei Monate ohne Reisebeschränkungen<br />

kosten € 1.202 (1. Klasse) bzw. € 902 (2. Klasse). Bei den<br />

Tickets mit limitierten Reisetagen muss der Verlauf der Reisetage<br />

jeweils zu Beginn von Hand eingetragen werden. Bei den<br />

meisten Hochgeschwindigkeitszügen (wie ICE oder Thalys), vielen<br />

Panoramazügen (wie dem Glacier Express) und einigen Nachtzügen<br />

(etwa den ÖBB Nightjets) müssen lediglich Zuschläge und<br />

Reservierungsgebühren bezahlt werden. www.interrail.eu<br />

Rotterdam, rotterdam.info<br />

Kaapse Grettir von Kaapse Brouwers, www.kaapsebrouwers.nl<br />

Fluffy IPA von Vet & Lazy, lazy.vet<br />

Leuven, www.visitleuven.be<br />

De Zure van Tildonk (Lambiek) von Hof ten Doormaal,<br />

hoftendormaal.com<br />

Brut Bier von Brouwerij de Vlier, www.brouwerijdevlier.be<br />

Stella Artois, www.stellaartois.com<br />

Nürnberg, tourismus.nuernberg.de<br />

Rotbier von der Hausbrauerei Altstadthof,<br />

www.hausbrauerei-altstadthof.de<br />

Schlenkerla Rauchbier, www.schlenkerla.de<br />

Pilsen, www.pilsen.eu<br />

Pilsner Urquell, www.pilsnerurquell.com<br />

Zermatt, www.zermatt.ch<br />

»Matterhorn« von Zermatt Bier, www.zermattbier.ch<br />

herbst <strong>2020</strong><br />

<strong>reisen</strong> <strong>EXCLUSIV</strong><br />

39


text & fotos<br />

BMarie Tysiak<br />

»FRIESLAND? Meinst du Ostfriesland?« war eine häufige Reaktion, bevor ich mich in die<br />

fast nördlichste Provinz der Niederlande aufmachte. Friesland zählt zu den unbekannteren<br />

Zielen in unserem schönen Nachbarland. Doch hier gibt es viel zu entdecken, denn die<br />

niederländischen Friesen haben sich ihre ganz besondere Kultur bewahrt. Bis heute<br />

sprechen sie zum Beispiel ihre eigene Sprache. Unsere Redakteurin Marie Tysiak war<br />

zu Besuch in Friesland, das weit mehr als Kühe, Küste und Käse hervorgebracht hat.<br />

40 <strong>reisen</strong> <strong>EXCLUSIV</strong>


RUNDREISE | Friesland<br />

Ich glaube, ich spinne! Da, wo einst Kriminelle ihre Straftaten absaßen, nippen<br />

Gäste heute entspannt in der Beachbar an ihrem Cocktail. Leeuwarden überrascht<br />

mit historischen Gebäuden wie dem alten Gefängnis, in denen sich nun<br />

angesagte Restaurants, Bars, Ateliers und kleine Lädchen befinden.<br />

herbst <strong>2020</strong><br />

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»Sprache macht menschlich«: In Leeuwarden<br />

finden sich kunstvolle Plätze und ungewöhnliche<br />

Unterkünfte wie die alte Post, nun ein Grandhotel<br />

– und war zur Recht Kulturhauptstadt 2018.<br />

Schief ansehen? Das muss man den<br />

Turm von Leeuwarden nicht, das ist<br />

er ganz von allein. Nicht die einzige<br />

Kuriosität, die Guide Christina auf<br />

einer Stadtführung zeigt.<br />

42<br />

<strong>reisen</strong> <strong>EXCLUSIV</strong>


RUNDREISE | Friesland<br />

Unweigerlich neige ich den Kopf leicht. Dann schaue ich mich auf<br />

dem weiten Platz um. Nein – der Turm Oldehove ist wirklich schief,<br />

und zwar nicht nur ein bisschen. Christina, die mir im Namen von<br />

A guide to Leeuwarden die Hauptstadt Frieslands zeigt, lacht. »Das<br />

bildest du dir nicht ein«, und sie zückt das erste Bild aus ihrer Mappe.<br />

»Hier«, beginnt sie zu erklären, »siehst du, wie diese spätgotische Kirche<br />

aus dem 16. Jahrhundert aussehen sollte!« Ein prachtvolles Bauwerk<br />

auf ihrem Ausdruck kontrastiert mit dem einsamen Turm aus<br />

rotem Backstein vor mir. Denn was der Bauherr nicht beachtete: Leeuwarden<br />

wurde gegründet, indem sich drei Dörfer auf Warften zusammenschlossen.<br />

Das sind aufgeschüttete Erdhügel, die vor Sturmfluten<br />

schützen sollen. Und genau unter dem Turm befindet sich einer dieser<br />

ersten Hügel, der noch zu Bauzeiten der Kirche unter dem Gewicht<br />

absackte. Sie wurde nie fertig gebaut – alles, was blieb, ist der schiefe<br />

Turm von Leeuwarden. Heute bietet er von oben den schönsten Blick<br />

über die Stadt. Nur schwindelfrei sollte man sein, denn beim Aufstieg<br />

scheint nichts unter den Füßen ebenerdig zu sein.<br />

Es ist nicht die einzige Kuriosität, die ich auf unserer Stadtführung<br />

entdecken sollte. Christina ist aus Deutschland, doch blieb nach ihrem<br />

Studium in Leeuwarden und leitet heute unter anderem die deutschen<br />

Stadtführungen. Es fühlt sich fast ein wenig an, als würde ich mit<br />

einer Freundin durch die beschauliche Innenstadt bummeln. »Schau<br />

mal«, Christina zieht mich zu einem schmalen Fenstersims eines alten<br />

Hansehauses. Darauf stehen fünf kleinste Figürchen, die eine Alltagsszene<br />

am Spielplatz abbilden. Die Miniaturmenschen von Leeuwarden,<br />

die sich über die Stadt verteilen, sind eines der unzähligen Kunstprojekte<br />

hier. Ob Street-Art oder das renommierte Fries Museum – die<br />

Stadt sprüht vor Kreativität. Deswegen bemühten sich die Einwohner<br />

höchstpersönlich um die Bewerbung zur Kulturhauptstadt 2018 – und<br />

erhielten die Ernennung!<br />

Ich lerne schnell: Die Friesen sind hartnäckig und anders als der<br />

Rest der Niederlande, oder zumindest betonen sie das gerne. Jedenfalls<br />

sprechen sie heute noch ihre eigene Sprache: Friesisch. Besonders<br />

auf dem Dorf lernen viele Kinder erst in der Schule Niederländisch.<br />

Auch ist man stolz auf die kreativen Errungenschaften der Friesen.<br />

Der berühmteste von ihnen ist wohl M. C. Escher, der Anfang des 20.<br />

Jahrhunderts mit seinen unmöglichen Figuren und Grafiken weltbekannt<br />

wurde. Eschers prunkvolles Geburtshaus, ein Palais aus dem 17.<br />

Jahrhundert, beherbergt heute das Keramikmuseum in Leeuwarden.<br />

Ein kleiner Geheimtipp ist sein Kellerraum, der als eine Art lebensgroßes<br />

Escher-Gemälde jeden Orientierungssinn der Besucher täuscht.<br />

Das Geburtshaus von Mata Hari, nur wenige Straßen weiter an einer<br />

schönen Gracht gelegen, steht hingegen aktuell leer. Das Fries Museum<br />

stellt eines ihrer aufreizend opulenten Kostüme aus.<br />

Von hier aus führt Christina mich an den schönen Shops der »Kleine<br />

Kerkstraat« und den unzähligen Cafés der Nieuwestad durch schmale<br />

Gassen in den Osten der Innenstadt. Prunkvoll erstrahlt die Schönheit<br />

aus der niederländischen Neorenaissance, in der auch ich in meiner Zeit<br />

in Leeuwarden nächtigen werde. Das Post Plaza ist das schönste Grandhotel<br />

der Stadt und bestimmt eine der ungewöhnlichsten Unterkünfte<br />

der ganzen Niederlande. Dort, wo früher in der gigantischen Eingangshalle<br />

Briefe an den Schaltern entgegengenommen wurden, werden<br />

heute Drinks in der Bar des Grand Café ausgeschenkt. Das ehemalige<br />

Telefonistinnenzimmer dient für Feierlichkeiten. Doch überall im Hotel<br />

erinnern Fotos und Artefakte an das Hauptpostamt, das von 1904 bis in<br />

die 1990er-Jahre Leeuwarden von hier mit der Welt verband.<br />

Nur wenige Minuten weiter bleiben wir vor einem weiteren historischen<br />

Prunkstück der Stadt stehen: dem ehemaligen Gefängnis im<br />

Herzen von Leeuwarden. Beim ersten Anblick erinnert es an eine<br />

herrschaftliche Festung umrahmt von einem Wassergraben. Auch hier<br />

zeigt sich wieder, wie es den Friesen gelingt, sich ihre Geschichte und<br />

Kultur zu bewahren und doch dabei tolle neue Orte der Moderne zu<br />

erschaffen. Während wir über das Kopfsteinpflaster der Fußgängerbrücke<br />

unter dem eisernen Tor in den Innenhof schreiten, steigt ein mulmiges<br />

Gefühl in mir auf. Gitterstäbe versperren die Fenster, in denen<br />

noch bis 2007 Kriminelle ihre Strafe absaßen. Als das Gebäude den<br />

Feuerschutzrichtlinien für Strafanstalten nicht mehr standhielt, verlagerte<br />

man das Gefängnis in ein neues Gebäude am Stadtrand. Und<br />

heute? Natürlich beherbergt der Komplex allerlei kreative Projekte.<br />

»Die öffentliche Stadtbibliothek nimmt zum Beispiel diesen linken<br />

Flügel ein«, zeigt Christina auf einen Teil des ockerfarbenen Baus.<br />

»Und in den ehemaligen Zellen«, sie weist ein Stück weiter, »haben<br />

heute viele kleine Läden ihre Ausstellungsfläche.« Wir treten durch<br />

den ersten Innenhof in einen weiteren. Sand, Liegestühle, bunte Deko-<br />

herbst <strong>2020</strong><br />

<strong>reisen</strong> <strong>EXCLUSIV</strong><br />

43


RUNDREISE | Friesland<br />

Auch Oranjewoud im Süden Frieslands<br />

hat einige Überraschungsmomente<br />

in petto: herrschaftliche<br />

Häuser aus dem 17. Jahrhundert<br />

und sehenswerte Kunst im<br />

Museum Belvédère.<br />

rationen und Lampions zieren den Hof. »Da hinten ist das Proefverlof,<br />

eines der schönsten Restaurants der Stadt.« Gleich am Wassergraben<br />

werden auf der Terrasse edle Steaks und Seafood serviert. »Manche<br />

Einwohner aus Leeuwarden <strong>reisen</strong> mit ihrem eigenen Boot zum Restaurant<br />

an«, führt Christina fort, als wir das ehemalige Gefängnis wieder<br />

durch das Tor verlassen und ein Boot unter der Brücke passiert.<br />

Wie sehr Leeuwarden von Wasser und Kanälen bestimmt ist, lerne<br />

ich des Abends, als ich einen weiteren Einwohner der Stadt kennenlerne.<br />

Hette van den Brink, den Gondoliere von Leeuwarden, treffe ich<br />

am Museumshafen, er hat seine original venezianische Gondel schon<br />

fertig gemacht. Es ist ein perfekter Sommerabend, die einstündige<br />

Fahrt auf dem elf Meter langen Kahn über die Grachten der Stadt vorbei<br />

an den vielen Segelbooten und schönen Häusern versetzt mich in<br />

Verzückung. Leeuwarden kann absolut mit Italien mithalten, nicht nur<br />

dank des schiefen Turms.<br />

Die Tage in Leeuwarden vergehen viel zu schnell. Doch zum Glück<br />

habe ich noch einen weiteren Ort in Friesland auf dem Programm.<br />

Weite Felder und saftige Wiesen, die hier und da mit grasenden Kühen,<br />

Seen oder manchmal einer historischen Windmühle bespickt<br />

sind, begleiten mich auf dem Weg nach Süden. Dass es nur noch<br />

knapp drei Stunden bis nach Köln sind, verdränge ich.<br />

»Oranjewoud«, zu Deutsch der orangene Wald, liegt etwas versteckt,<br />

jedoch umso majestätischer im Süden von Friesland. Ich folge<br />

schmalen Alleen und idyllischen Kanälen. Der erste Landsitz taucht<br />

am Wegesrand zwischen hohen Eichen auf. Gut ein halbes Dutzend<br />

herrschaftlicher Häuser aus dem 18. Jahrhundert thront heute noch<br />

in diesem versteckten Winkel der Niederlande. Daher rührt auch der<br />

Name Oranjewoud: Besonders die Königsfamilie pflegte in dem dichten<br />

Wald ihre Sommerhäuser und nutzte den nahen Wald als Jagdgründe.<br />

Die Idylle hier ist kaum zu übertreffen. Heute ist der Landschaftspark<br />

ein Paradies für Fahrradfahrer und Wanderer. Und auch<br />

Kunstliebhaber kommen natürlich ebenso wieder nicht zu kurz. Deshalb<br />

bin auch ich heute hier.<br />

Ich parke gleich vor dem modernen Glasbau, der sich wie selbstverständlich<br />

über einen der vielen Kanäle im Park spannt. Es ist Mittagszeit<br />

und heiß, Kinder springen von der kleinen Holzbrücke mit einem<br />

lauten Platsch ins kühle Nass, das von Schilf und Springbrunnen<br />

umrahmt ist. Im Glasbau des Museum Belvédère erwartet mich nicht<br />

nur eine heiß ersehnte Klimaanlage, sondern auch modernste Kunst –<br />

ein toller Kontrast zu der geschichtsträchtigen Landschaft. Die aktuelle<br />

großformatige Foto- und Videoausstellung zur Generation Z – also<br />

den Jugendlichen, die um die Jahrtausendwende geboren sind – lässt<br />

tief einblicken in die Gedanken der Teens auf der Suche nach Identität,<br />

Zugehörigkeit und persönlichen Werten in einer Welt, die von Großereignissen<br />

und Digitalität bestimmt wird.<br />

Zum Abschluss meiner Reise freue ich mich noch auf ein Highlight<br />

in der Region Friesland: ein Mittagessen im »De Heeren van Harinxma«,<br />

dem einzigen Michelin-Sterne-Restaurant von Friesland. Es<br />

liegt prachtvoll im alten Landsitz Lauswolt, das außerdem Frieslands<br />

einziges Fünf-Sterne-Hotel und den schönsten Golfplatz der Provinz<br />

beherbergt. Auf den Tisch, so wurde mir versprochen, kommen raffnierte<br />

und regionale Köstlichkeiten, die größtenteils im eigenen Garten<br />

angepflanzt werden. Beim Aussteigen bin ich mir sicher: Auch hier<br />

werden mich die Friesen wieder überraschen mit ihren einzigartigen<br />

und ganz speziellen Kreationen!<br />

INFO Mehr Informationen zur Provinz finden Sie auf der Website des<br />

Fremdenverkehrsamtes Visit Friesland unter: www.friesland.nl/de<br />

LEEUWARDEN<br />

A Guide to Leeuwarden. Spannend gestaltete private und kostenfreie<br />

öffentliche Stadtführungen durch Leeuwarden, auch auf<br />

Deutsch möglich. www.aguidetoleeuwarden.nl/de<br />

Post Plaza. Die schönste Unterkunft in Leeuwarden, eindrucksvoll<br />

im alten Postamt gelegen. Vier-Sterne-Hotel mit 82 Zimmer,<br />

DZ um E 116. www.post-plaza.nl/en/index.html<br />

Gondeltour. Die schönste Art, Leeuwarden vom Wasser aus zu<br />

erkunden. Einstündige Fahrt ab E 18,50. www.gondolatours.nl<br />

Proefverlof. Edles Restaurant im ehemaligen Gefängnis von<br />

Leeuwarden mit Terrasse am Wassergraben. www.proefverlof.frl/de<br />

SÜDFRIESLAND<br />

Museum Belvédère. Museum für moderne Kunst im Oranjewoud<br />

inmitten seiner herrschaftlichen Landgüter gelegen.<br />

www.museumbelvedere.nl<br />

Landgut Lauswolt. Frieslands einziges Michelin-Sterne-<br />

Restaurant, das lokale Zutaten in köstliche Kreationen<br />

verwandelt. www.lauswolt.nl/de<br />

Reise-Tipps finden Sie unter auf.reise/friesland-tipps<br />

44<br />

<strong>reisen</strong> <strong>EXCLUSIV</strong> herbst <strong>2020</strong>


Special<br />

LIEBLINGSHOTELS<br />

Es gibt Hotels, die inspirieren, verzaubern und sind einfach unvergesslich schön.<br />

Wir haben tief in unseren Herzen gekramt und küren für Sie dieses Jahr wieder unsere absoluten<br />

Lieblingshotels, zu denen wir augenblicklich zurückkehren möchten. Und weil wir wissen,<br />

wie schwierig weite Reisen in diesen Zeiten sein können, sind es diesmal vor allem Hotels in Europa,<br />

die wir wärmstens empfehlen können! Doch auch ein bisschen Fernweh darf sein.<br />

Deswegen ist auch ein tropisches Traumhotel dabei.<br />

LUXUS WELLNESS DESIGN<br />

Foto: Aman Hotels; Illustration: Kapreski/Shutterstock.com<br />

46 Shangri-La’s<br />

Le Touessrok Resort & Spa<br />

Es ist der absolute Sehnsuchtsort unserer<br />

Autorin Simone auf der wunderschönen<br />

Insel Mauritius.<br />

Lieblings<br />

HOTELS<br />

<strong>2020</strong><br />

84 Neue Hotels<br />

Diese schicken Schuppen, die gerade frisch<br />

geöffnet haben, stehen ganz oben<br />

auf unserer Wunschliste!<br />

54 Océano Hotel Health Spa<br />

Eine Thalassotherapie? Autorin Simone ließ<br />

sich auf den heilenden Selbstversuch im<br />

Océano Hotel Health Spa ein.<br />

60 Natural Spa &<br />

Golf Resort Terme di Saturnia<br />

Im Süden der Toskana lädt das Natural<br />

Spa & Golf Resort Terme di Saturnia zu ganz<br />

viel Entspannung und italienischem<br />

Dolce Vita ein.<br />

64 The Retreat<br />

at Blue Lagoon<br />

Dort, wo Vulkane brodeln und heißes<br />

Thermalwasser aus dem Erdinneren<br />

sprudelt, verwöhnt das The Retreat<br />

an der blauen Lagune!<br />

72 Perianth Hotel<br />

Das Perianth Hotel im Herzen von Athen<br />

verwirklicht Designträume.<br />

76 Boat&Co Amsterdam<br />

Direkt am Wasser hat das durchgestylte<br />

Hotel Boat&Co eröffnet. Ein Garant für eine<br />

grandiose, bunte und gut gelaunte Zeit.<br />

80 Lighthouse Hotel & Spa<br />

Das Lighthouse Hotel & Spa verzaubert mit<br />

moderner Gemütlichkeit alle Landratten<br />

und Seemänner.<br />

88 Wohnträume<br />

Wir zeigen ausgewähltes Interieur der<br />

Spitzenhotels weltweit für Ihr Zuhause.<br />

<strong>reisen</strong> <strong>EXCLUSIV</strong><br />

45


LUXUS<br />

Ob Privatvilla mit Pool und eigenem Strandabschnitt für die ganze Familie oder ein schönes Doppelzimmer für romantische Stunden zu zweit,<br />

Shangri-La's Le Touessrok im Nordosten der schönen Insel Mauritius lässt mitten im Indischen Ozean so manchen Traum wahr werden.<br />

Shangri-La's Le Touessrok Resort & Spa<br />

Mauritius


Mein<br />

SEHNSUCHTSORT<br />

Noch vor der weltweiten Corona-<br />

Krise durfte <strong>reisen</strong> <strong>EXCLUSIV</strong>-Autorin<br />

Simone Sever den Äquator überfl iegen, um<br />

für einige Tage im luxuriösen Shangri-La<br />

Le Touessrok Resort & Spa auf<br />

Mauritius zu entspannen. Dass diese<br />

Reise eine derart nachhaltige Wirkung<br />

nicht nur auf das Wohlbefi nden unserer<br />

<strong>reisen</strong>den Reporterin haben würde, konnte<br />

zu dem Zeitpunkt noch niemand ahnen.<br />

herbst <strong>2020</strong><br />

<strong>reisen</strong> <strong>EXCLUSIV</strong><br />

47


LUXUS<br />

»SHANGRI-LA IST EIN SYNONYM<br />

FÜR DAS PARADIES ODER AUCH EIN<br />

IDEALER RÜCKZUGSORT.«<br />

Der Indische Ozean ist gefühlt nur einen leichten und erfrischenden<br />

Hauch kühler als die Morgensonne auf der<br />

Südhalbkugel. Ein weißes Boot wiegt sich kaum sichtbar<br />

auf den sanften Wellen, in den Sand hat jemand ein riesengroßes<br />

Herz gemalt. Der erste Morgen im Shangri-La's Le<br />

Touessrok Resort & Spa, Mauritius fühlt sich an, als wäre ich mitten<br />

im Paradies gelandet, und doch habe ich zu dem Zeitpunkt noch keinerlei<br />

Vorstellung, was dieser Sehnsuchtsort noch alles kann.<br />

BUTLERESS BHARTEE PACKT AUS<br />

Aber der Reihe nach: Knapp 16 Stunden Anreise von meiner Haustür<br />

zur Zimmertür an die Ostküste des Inselstaats Mauritius liegen<br />

hinter mir, als mich Bhartee, meine Butleress, in die Feinheiten der<br />

Junior-Suite Frangipani Club 210 einweist. Hier darf ich die nächsten<br />

sechs Nächte und sieben Tage wohnen. »Alles in der Minibar«, erklärt<br />

mir Bhartee, »ist im Zimmerpreis inkludiert!«. Sogleich reicht sie mir<br />

ein Glas mit gekühltem Kokoswasser. Frisches Obst und eine Flasche<br />

Rosé-Champagner sind ein zimmerkategorienabhängiger Willkommensgruß.<br />

Wer so begrüßt wird, bei dem katapultiert sich das Wohlgefühl<br />

auf einer nach oben offenen Richterskala gleich mal haushoch<br />

übers Ziel hinaus. Der Blick auf den Coral Beach, direkt unter meinem<br />

Balkon, produziert noch mehr Glücksendorphine. Farben und Formen<br />

des knapp 70 Quadratmeter großen Zimmers spiegeln die Natur draußen<br />

vor dem Fenster: stilisierte Wellen, die im offenen Badezimmer<br />

mit frei stehender Badewanne als Sichtschutz an Türen zu Dusche und<br />

WC dienen. Korallen anmutende Kunstobjekte und formschöne Skulpturen<br />

aus Treibholz schmücken Wohn- und Schlafbereich. Die natürlichen<br />

Sandtöne der Steinfliesen und des sanft geschwungenen Sofas<br />

sind akzentuiert mit meerblauen Kissen. Im Badezimmer rund um die<br />

frei stehende Wanne spenden hölzerne Gefäße Duschgel, Shampoo,<br />

Conditioner und außerdem Sonnencreme und Mückenschutz. Die üblichen<br />

Accessoires wie Wattepads und Nagelfeile sind natürlich verpackt,<br />

auf Plastik wird weitestgehend verzichtet.<br />

Während ich mich auf dem Balkon noch immer nicht sattsehen kann<br />

am Indischen Ozean, der gerade unter dunklen Wolken helltürkis aufleuchtet,<br />

ist meine Butleress schon dabei, mein Gepäck in die Schränke<br />

zu räumen.<br />

EIN GARTEN EDEN<br />

In der offenen Hotellobby begrüßen Anthurien, prachtvolle Flamingoblumen<br />

und Strelitzien als raumfüllende Blumenarrangements die<br />

neuen Gäste. Wer mag, holt sich kurz ein Eis. Mango und Zitronensorbet<br />

sind nur zwei von insgesamt zwölf hausgemachten Sorten und die<br />

perfekte Wegenahrung für einen Spaziergang über das 34 Hektar große<br />

Gelände. Das Areal des Resorts kommt einem Garten Eden gleich:<br />

Palmen, die den strahlend blauen Himmel berühren, Hibiskusblüten<br />

in sattem Rot. Zauberhafte Frangipani in leuchtendem Weiß oder in<br />

der rosafarbenen Edition. Am Erwachsenenpool – es gibt natürlich<br />

auch noch einen Familienpool – ist es ruhig, nur der Soundtrack der<br />

gelben Webervögel, die ihre Nester hoch oben in der Palmenkrone<br />

kunstvoll drapiert haben, ist zu hören. Wenig später vergesse ich beim<br />

Schwingen in einer hölzernen Hängeschaukel Zeit und Raum.<br />

Es ist diese unendliche Ruhe, die Unaufgeregtheit und die Gastfreundschaft<br />

mit der Hand auf dem Herzen und einem angedeuteten<br />

Kopfnicken, einer Begrüßung, der ich überall im Hotel, an der Rezeption,<br />

am Pool, am Strand, in den Restaurants begegne: herzlich,<br />

einzigartig und zu jeder Zeit aufmerksam. Barthee etwa ist gleich am<br />

ersten Tag aufgefallen, dass ich gern Kokoswasser trinke. Jetzt steht<br />

jeden Abend ein frisches Glas in meiner Minibar, obwohl das gesunde<br />

Getränk sonst eigentlich nur am Anreisetag offeriert wird.<br />

ZEITLOS GLÜCKLICH<br />

Bereits nach wenigen Stunden habe ich meinen Terminkalender komplett<br />

vergessen, mein Zuhause im kalten Norddeutschland ist nur noch<br />

48 <strong>reisen</strong> <strong>EXCLUSIV</strong><br />

herbst <strong>2020</strong>


Es ist die Definition von maßgeschneidertem Luxus: In den drei privaten Beachvillen des Shangri-La's Le Touessrok Resort & Spa trifft zeitgenössischer<br />

Stil auf tailormade Interieur, geschmückt mit lokalen Kunstobjekten, und verzaubert so den Gast mit mediterraner Leichtigkeit.<br />

herbst <strong>2020</strong><br />

<strong>reisen</strong> <strong>EXCLUSIV</strong><br />

49


LUXUS<br />

Wolke-Sieben-Feeling: die Füße im Sand, einen<br />

kühlen Signature-Cocktail in der Hand, das<br />

sanfte Rauschen der Wellen … Am Hibiskusstrand<br />

sitzt es sich nicht nur während des<br />

Sonnenuntergangs am Republik Beach Club &<br />

Grill mehr als bequem.<br />

50


Im Bett faulenzen<br />

und dem Rauschen<br />

der Wellen lauschen,<br />

in den geschmackvollen<br />

Deluxe-Coral-<br />

Zimmern kann man<br />

sich nur wohlfühlen.<br />

»SHANGRI-LA, SO HEISST ES, IST EIN<br />

FIKTIVER ORT, AN DEM DIE MENSCHEN<br />

IN FRIEDEN UND HARMONIE LEBEN.«<br />

Fotos: Shangri's Le Touessrok Resort & Spa (7); Illustration: Kapreski/shutterstock.com<br />

eine grau bewölkte Erinnerung in meiner Gedankencloud. Das scheint<br />

auch anderen Gästen in dieser Glücksoase ähnlich zu ergehen und damit<br />

niemand etwa seine Foot-Reflexology im Spa »Chi« am Wednesday<br />

oder eine Tischreservierung im »Safran«, dem Indian Restaurant, am<br />

Saturday vergisst, reicht ein vorbeispazierender Blick in formschöne<br />

Sandbehälter, die überall auf dem Hotelgelände aufgestellt sind. »Wed«<br />

verrät, dass es Mittwoch ist. Mir verrät es: terminlos glücklich!<br />

Geflochtene Ruheinseln, weich gepolsterte Tagesbetten – immer mit<br />

genügend Abstand – verschaffen am weitläufigen Hibiskusstrand niemals<br />

das Gefühl von Menschenansammlungen. Die Exklusivität ist auch<br />

bei ausgeschöpfter Kapazität der 200 Zimmer und Suiten und der drei<br />

privaten Beachvillen nicht nur ein Wort, sondern ein gefühltes Erlebnis.<br />

Auf einer der Ruheinseln stelle ich meine Tasche ab, frische flauschige<br />

Badetücher liegen bereit, und bevor ich es mir gemütlich machen<br />

will, geht mir das stets freundliche und zuvorkommende Hotelpersonal<br />

bereits zur Hand. Eine Kühlbox mit kaltem Wasser in<br />

einer Glasflasche steht nun für mich bereit. Ich muss nur noch ruhen<br />

und genießen und kurz noch einmal das Gesicht eincremen, als mich<br />

Owen vom Beachcast mit sanfter Stimme fragt, ob meine Sonnenbrille<br />

ein Putztuch vertragen könnte. Im Ernst? Mir wird tatsächlich meine<br />

Sonnenbrille geputzt? Ich bin so voller Dankbarkeit und kann das<br />

Glück jetzt noch viel besser sehen.<br />

DANKE FÜR DEN FISCH!<br />

Das japanische Fine-Dining-Restaurant »Kushi« verwöhnt am Abend<br />

mit allerfeinstem Fisch und Meeresgetier in Sushi- und Sashimivariationen:<br />

Lobster, Lachskaviar, Thunfisch, Seeigel … eine Crème brûleé<br />

von Grüntee als Dessert. Wer braucht nachts noch Träume, wo hier im<br />

Indischen Ozean auf der schönen Insel Mauritius doch Paradies und<br />

Schlaraffenland ineinander verschmelzen?<br />

ROBINSONESQUE<br />

Mit dem hoteleigenen Boot setze ich über auf die Ilot Mangénie, die<br />

Privatinsel des Shangri-La's Le Touessrok Resort & Spa. Der hölzerne<br />

Steg im aquamarinfarbenen Ozean, an dem mein Boot anlegt, könnte<br />

auch als kitschige Fototapete Karriere machen. Schon die kurze Bootsfahrt<br />

produziert körpereigene Glückshormone im Nanosekundentakt.<br />

Die wenigen Passagiere, die mit mir die Bootsfahrt genießen durften,<br />

schlurfen nun zum öffentlichen Strandabschnitt des Eilands. Ich lande<br />

in luxuriöser Einsamkeit mit Beach-Cabana, frischem Obst und auf<br />

Eis gelegtem Rosé, mit Weezer im Ohr stimme ich ein »On an Island<br />

in the sun … and it makes me feel so fine I can't control my brain. Hip<br />

hip« Lautes Singen, Selbstgespräche – hier ist außer meinem Butler für<br />

den Tag keine Menschenseele weit und breit zu sehen. Badewannenwarm<br />

ist das Wasser und der Strand führt flach und weichsandig in<br />

hüfttiefe Glückseligkeit. Vereinzelt ziehen Wolken über das Inselchen.<br />

Zum Mittag ist der Tisch gedeckt, von der Ceviche mit fangfrischem<br />

Fisch in Kokosmilch, die im »Ilot Mangénie Beach Restaurant« für<br />

mich geordert wurde, werde ich für den Rest meines Lebens träumen.<br />

Hand aufs Herz, mein Dank könnte nicht herzlicher sein. Meinen<br />

Sehnsuchtsort habe ich auf dieser Reise gefunden.<br />

Nachtrag: Sommer <strong>2020</strong>. Die Welt im Corona-Ausnahmezustand.<br />

Wenn die Nachrichten zu sehr überfordern, fliehe ich in Gedanken zu<br />

meinem Shangri-La, und wenn ich Bekannten und Freunden auf der<br />

Straße begegne, grüße ich Sie mit gebührendem Abstand und mit der<br />

Hand auf meinem Herzen.<br />

INFO<br />

Shangri-La's Le Touessrok Resort & Spa, Trou d‘Eau Douce,<br />

Mauritius. DZ für 2 Pers. inkl. Frühstück ab E 320.<br />

www.shangri-la.com/mauritius/shangrila/<br />

Air France www.airfrance.de und Air Mauritius,<br />

www.airmauritius.com fl iegen direkt von Paris.<br />

Unsere Reise-Tipps finden Sie unter auf.reise/mauritius-tipps<br />

herbst <strong>2020</strong><br />

<strong>reisen</strong> <strong>EXCLUSIV</strong><br />

51


WAHRE SCHÄTZE SIND DIESE BEAUTYPRODUKTE,<br />

UM DIE GESICHTSHAUT WIEDER AUF VORDERMANN<br />

ZU BRINGEN. LUXURIÖSE BEAUTY MIT ANTI-AGING-<br />

EFFEKT – EINFACH GOLDWERT!<br />

Goldwert<br />

2 |<br />

1<br />

GOLDJUNGE<br />

Anti-Aging-Pflege aus den<br />

Tiefen des Ozeans: Das<br />

»SeaCreation The Serum«<br />

von Barbor reduziert<br />

vorhandene Alterserscheinungen<br />

für ein verjüngtes<br />

Hautbild. 30 ml, € 180<br />

1 |<br />

2<br />

GOLDRAUSCH<br />

Schlafmangel? Mit der<br />

»Overnight Wrinkle<br />

Resisting Cream« nun kein<br />

Problem mehr, denn<br />

die Nachtcreme von Shiseido<br />

vertuscht gekonnt<br />

schlaflose Nächte, indem<br />

sie gezielt die Falten<br />

bekämpft. 50 ml, € 95<br />

1 |<br />

3 |<br />

4 |<br />

3 |<br />

3<br />

GOLDGRÄBER<br />

Für mehr Ausstrahlung<br />

und Vitalität: Die<br />

Tagespflege »Excellence<br />

Énergie or soin jour« von<br />

Eisenberg wirkt wie<br />

Urlaub für die Haut.<br />

Seidenpeptide mit einer<br />

zarten Goldschicht reduzieren<br />

Zellstress. 50 ml,<br />

€ 239<br />

4<br />

GOLDSCHATZ<br />

Avocado-, Tomatenkernund<br />

Hagebuttenöl sowie<br />

Retinoid fördern die<br />

natürliche Zellerneuerung<br />

der Haut. Australisches<br />

Sandelholz-Extrakt unterstützt<br />

die Reduzierung<br />

von Entzündungen und<br />

Fältchen. Votary, »Intense<br />

Night Oil – Rosehip und<br />

Retinoid«, 50 ml, € 175<br />

Text & Produktion: Ulrike Klaas; Fotos: Jennifer Latuperisa-Andresen<br />

52<br />

<strong>reisen</strong> <strong>EXCLUSIV</strong>


BEAUTY<br />

5 |<br />

5<br />

GOLDIG<br />

Essenzen aus acht Blüten aus der<br />

ganzen Welt vermischen sich in<br />

diesem regenerierenden Elixier.<br />

Glättet Falten und duftet himmlisch.<br />

Darphin, »Essential Oil Elixier –<br />

8-Flower Nectar Oil«, 15 ml, € 126<br />

6<br />

GOLDMARIE<br />

Entschlackende und entgiftende Tonerdemaske<br />

»Detoxing Amazon Clay<br />

Mask« von Shamanic auftragen und<br />

nach dem Abwaschen den Anblick<br />

der erfrischten und leicht gebräunten<br />

Haut genießen. 38 g, € 39<br />

8 |<br />

7<br />

GOLDSCHÖN<br />

Schützt mit Hyaluronsäuren Nacht<br />

für Nacht vor Feuchtigkeitsverlust<br />

und lässt die Haut morgens<br />

taufrisch aussehen. »Moonlit<br />

Meadows Moisturizer« von<br />

Bynacht, 50 ml, € 140,<br />

über niche-beauty.com<br />

8<br />

GOLDEN GOAL<br />

Schmeckt auch der Haut gut:<br />

Das »Imperial Serum« aus der<br />

Anti-Aging-Linie »Caviar Power«<br />

strafft und festigt. Von Klapp<br />

Cosmetics, 40 ml, um € 102<br />

9<br />

GOLDEN EYE<br />

Das sehr leichte Fluid »Glacial<br />

Radiance« repariert sonnen- und<br />

UV-geschädigte Haut. Pigmentstörungen<br />

werden aufgehellt und<br />

der Teint wird wieder ebenmäßig.<br />

Von der neuen deutschen Beautymarke<br />

ten.twelve. 30 ml, € 129<br />

6 |<br />

10<br />

GOLDESEL<br />

Stress ade! Die Nachtcreme »Le<br />

Lift Crème de nuit« von Chanel<br />

beruhigt die Haut von den Strapazen<br />

des Tages mit natürlichen<br />

Inhaltsstoffen und optimiert die<br />

Zellerneuerung. 50 ml, € 125<br />

9 |<br />

7 |<br />

10 |<br />

herbst <strong>2020</strong><br />

<strong>reisen</strong> <strong>EXCLUSIV</strong><br />

53


WELLNESS<br />

Océano Hotel Health Spa Teneriffa<br />

54


Die heilende<br />

KRAFT DES MEERES<br />

Das Rauschen der Wellen ist allgegenwärtig und mein<br />

Begleiter für die nächsten Tage. Im Océano Hotel Health Spa<br />

im Norden Teneriffas, der größten kanarischen Insel, liegt schon<br />

der Einwochenplan der Thalassotherapie für <strong>reisen</strong> <strong>EXCLUSIV</strong>-<br />

Autorin Simone Sever bereit. Ein Selbstversuch.<br />

herbst <strong>2020</strong> <strong>reisen</strong> <strong>EXCLUSIV</strong><br />

55


WELLNESS<br />

Wenn die Sonne am Abend im<br />

Atlantischen Ozean vor der<br />

Nordküste Teneriffas versinkt,<br />

ist der Leuchtturm Faro de la<br />

Punta Hidalgo ein echter Place<br />

to be, dann färbt das sanfte<br />

Sonnenlicht den 50 Meter<br />

hohen weißen futuristischen<br />

Betonquader mal rosa, mal<br />

orange … und immer<br />

einzigartig.<br />

56


DER FARO DE LA PUNTA DEL HIDALGO,<br />

DER EHER WIE EINE FUTURISTISCHE<br />

KIRCHE AUS STAR WARS ANMUTET,<br />

RAGT IN DIE HÖHE.<br />

Eigentlich weiß ich nur, dass Thalasso irgendwas mit Meer<br />

bedeutet. Wikipedia verrät: »Thalasso bezeichnet die Behandlung<br />

von Krankheiten mit kaltem oder erwärmtem<br />

Meerwasser, Meeresluft, Sonne, Algen, Schlick und Sand.«<br />

Das Meer als unerschöpfliche Energiequelle überzeugt mich<br />

schon jetzt in meinem Designzimmer 309 in der dritten Etage des<br />

Hotels. Meine bodentiefen Glastüren zum Balkon mit gläserner Begrenzung<br />

geben den unverbauten Blick auf die pulsierenden Elemente<br />

des Atlantiks frei. Selbst heute, bei leichtem Wind, brechen sich die<br />

atlantischen Wogen hörbar mit voller Kraft am Lavagestein direkt unter<br />

mir. Ich muss ausspannen, will – muss – etwas für mich tun, mir<br />

Zeit und Erholung gönnen. Das Océano, welches in den 1970er-Jahren<br />

als weiße Burg am spanischen Strand gebaut wurde, unterzog sich im<br />

Jahr 2019 einer Schönheitskur. Jünger, strahlender, formschöner hat<br />

es sich jetzt positioniert. Das Haus am Meer setzt sich spielerisch mit<br />

Licht und Schatten in Szene und strahlt so hell wie nie zuvor. Das<br />

könnte ich auch gebrauchen. Mein 7-Tage-Plan wartet.<br />

SALZ AUF MEINER HAUT<br />

Die Sonne ist bereits aufgegangen, vor dem Frühstück steht Workout<br />

mit leichten Stretching- und Entspannungsübungen auf dem Programm<br />

– freiwillig! Der Wind fegt inzwischen deutlich angestrengter<br />

über das Wasser, ich kann das Salz auf meinen Lippen beinahe spüren.<br />

Beim Salzölpeeling nach dem Frühstück fühle ich mich ein bisschen<br />

wie ein gepökelter Salzhering und schlafe bei der anschließenden Relaxmassage<br />

bereits nach wenigen Minuten ein. Rauf aufs Zimmer, fix<br />

umziehen für einen kleinen leichten Snack am Mittag. Ein persönliches<br />

Gespräch mit dem Arzt, ein Kaffee am Nachmittag … immer in<br />

Bewegung bleiben.<br />

Auch Anfang des Jahres hat die Sonne wärmende Kraft, die Liegen am<br />

neu platzierten, jetzt dem Meer zugestreckten Pool erlauben Glückseligkeit.<br />

Direkt vor dem Hotelgelände, nur einige Stufen und Schritte<br />

zur Wasserkante, liegt das Piscina Natural, ein öffentliches und recht<br />

erfrischendes atlantisches Naturbecken. Es kostet viel Überwindung,<br />

sich einzulassen, doch nach ein paar kraftvollen Schwimmzügen<br />

kommt die Körperwärme langsam zurück. Im kuscheligen Océano-Bademantel<br />

sind es nur wenige Schritte zurück zu meiner Hotelgartenliege.<br />

Streut mir das Sandmännchen plötzlich Müdigkeit in die Augen<br />

oder ist es das Meerwasser, das erste Wirkung zeigt? Zum leichten<br />

Dinner im neu renovierten Restaurant La Marea des Océano Hotel<br />

Health Spa sitzt es sich stilvoll in modernen Möbeln und dezenten<br />

Farbwelten. Einzige farbintensive Pracht sind die Gerichte wie etwa<br />

mein bestellter Salat Océano mit Shrimps, Avocado, Roter Bete und<br />

Papaya – die übrigens tatsächlich hier auf der Insel wachsen –, die das<br />

zuvorkommende Restaurantpersonal am Tisch serviert.<br />

Der Sound der Wellen, den ich als Luxusgut verstehe, wiegt mich<br />

bereits am frühen Abend bei geöffneter Balkontür in den tiefen Schlaf<br />

und singt mir zum Sonnenaufgang ein Lied.<br />

DER STRESS DER ENTSPANNUNG<br />

Geschmackvoll:<br />

Wiederverwendbare<br />

Wasserflaschen finden<br />

die Gäste auf den<br />

Zimmern im Océano<br />

Hotel Health Spa.<br />

Robin wartet auf der anderen Straßenseite im COHM, im Center of<br />

Healthy Motion, auf mich. Er ist mein Personal Trainer für die nächsten<br />

50 Minuten und zeigt mir Übungen, die ich in meinen Tagesablauf<br />

einbauen kann. Er erklärt, wie ich Wände zum Dehnen meiner nicht<br />

vorhandenen Muskeln nutze, wie ich »in Schwung« komme. Ganz<br />

sanft, meinem derzeitigen sportlichen Aktionslevel, der eher unterschwellig<br />

ist, entsprechend. Kein Überfordern, kein Belächeln. Nach<br />

meiner ersten Stunde mit ihm fühle ich mich schon mindestens wie<br />

Simone Biles, die erfolgreiche Olympionikin, und das nicht nur des<br />

gemeinsamen Vornamens wegen.<br />

herbst <strong>2020</strong><br />

<strong>reisen</strong> <strong>EXCLUSIV</strong><br />

57


WELLNESS<br />

EINE FARBINTENSIVE<br />

PRACHT, DER SALAT<br />

OCÉANO MIT SHRIMPS,<br />

AVOCADO, ROTER BETE<br />

UND PAPAYA.<br />

DIE VOLLE PACKUNG<br />

Mein Luxuskörper bekommt eine Algenpackung. Ich sehe aus wie Fiona<br />

– Shreks Liebste. Der »Duft« ist jedoch für mein Trüffelnäschen eine<br />

kleine Herausforderung. Die Kraft des Meeres wickelt mich wie einen<br />

Wrap in Frischhaltefolie und meine Wasserliege verschluckt mich, als<br />

würde sie jeden, den sie in die Fänge bekommt, »sous-vide« kochen<br />

wollen. Tatsächlich hinkt der Vergleich gar nicht so sehr, denn meine<br />

Haut fühlt sich nach der Behandlung und der entschlackenden Dusche<br />

mindestens wie schonend gegarter Schweinebauch an.<br />

Am Nachmittag katapultieren mich die warmen und weichen Hände<br />

meiner Therapeutin so schnell in den totalen Relaxmodus, dass<br />

ich derart entspannt bin und beim Umdrehen auf den Rücken erstens<br />

kaum weiß, wo ich mich gerade befinde, und dann auch noch fast von<br />

der Liege plumpse.<br />

DER WEG IST DAS ZIEL<br />

Wirklich viel ablenkende Abwechslung gibt es hier im hohen Norden<br />

der Insel Teneriffa nicht, die meisten Touristen bevorzugen den Süden<br />

mit Strand und Sonne. In Punta del Hidalgo dominiert das schroffe,<br />

schwarze Lavagestein. Manchmal weht es kräftig. Der Wind ist bereits<br />

auf dem Weg, sagt der Wetterfrosch. Zeit für einen Spaziergang.<br />

Die Küstenlinie ist hier und da mit Ferienbettenburgen der 70er-Jahre<br />

geschmückt. Überbleibsel, die einst für Modernität standen und noch<br />

heute einen spannenden Kontrast zum schwarzen Lavagestein bilden.<br />

Das Océano Hotel Health Spa hat den Sprung ins Heute geschafft. Mit<br />

einer aufwendigen Restaurierung und einigen einschneidenden Umgestaltungen<br />

macht es jetzt seinem Thema Gesundheit und Erneuerung<br />

als Jungbrunnen alle Ehre.<br />

Die Wellen sind heute größer als am ersten Tag. Plötzlich ragt<br />

der Faro de la Punta del Hidalgo, ein weißer Leuchtturm, der eher<br />

wie eine futuristische Kirche aus Star Wars anmutet, vor mir in den<br />

wolkenlosen Himmel. Seine außergewöhnliche Form soll an Basaltsäulen,<br />

wie sie auf der vulkanischen Insel im Orotava-Tal auf der<br />

nördlichen Mitte Teneriffas vorkommen, erinnern. Sein strahlendes<br />

Weiß steht im direkten Kontrast zu den dunklen Bergen des Anaga-<br />

Gebirges im Hinterland. Die Landschaft wird eintöniger, Geröllwege,<br />

die Wände der Bananenplantagen mit Wandmalereien von Außerirdischen<br />

verschönert. Astronauten, Affen, Yoda … Bizarre Felsformationen<br />

in Schwarz dazu der teils azurblaue Atlantik mit weißen Wellenkronen.<br />

Die Kraft des Meeres scheint hier endlos und das meditative<br />

Rauschen und Brechen des Wassers beamt mich in meine Gedankenwelt,<br />

in der ich die Zeit vergesse. Die Sonne ist bald schon auf dem<br />

Weg in die Nacht, noch strahlt sie und hüllt alles in ihr weiches Licht.<br />

Der Leuchtturm im Abendlicht ist noch einmal so schön. Ich kann den<br />

Teide, Spaniens höchsten Berg, sehen. Er ist gerade einmal nicht in<br />

Nebel eingehüllt. Zeit für mein Dinner.<br />

PALMEN MIT STURMFRISUR<br />

Der Wind, der die Insel über den Atlantik in der Nacht erreicht hat,<br />

lässt die Wellen donnern und Gischt spritzend an Land rollen. Irgendwann<br />

mitten in der Nacht musste ich die Balkontür schließen. Die<br />

himmelhohen Palmen im Hotelgarten tragen Sturmfrisur, der Pool ist<br />

aufgebracht und glitzert im Morgenlicht mit Tausenden von kleinen<br />

Wellen. Der Naturpool wird immer und immer wieder von riesigen<br />

Wellen überrollt.<br />

Während draußen die Meeresgewalten mir den Zugang zum Wasser<br />

unmöglich machen, steht für mich Aquafitness im 34 Grad Celsius<br />

warmen Thalasso-Pool, ein Meerwasserwannenbad mit Hydromassage<br />

und Ocean-Balancing, auf dem Programm. Alles findet im<br />

Spa statt. Am überraschendsten ist die Aquafitness, die richtig Spaß<br />

macht. Alles so schön leicht. Ich bin außerdem deutlich jünger als<br />

meine Mitturner, fühle mich geradezu wie ein Küken. Easy gymnastics<br />

also. Aber dann ist die Stunde vorbei. Raus aus dem Wasser, halbwegs<br />

sportlich elegant will ich den Pool verlassen und erlebe, wie ich vom<br />

Schwebezustand zurück in die erdangezogene Realität komme. Eben<br />

noch Wassernixe, jetzt Seeelefant. Wasser kann so viel!<br />

INFO<br />

Océano Hotel Health Spa Preis im DZ Superior pro Nacht für<br />

zwei Pers. ab € 202 inkl. Halbpension Balance. Eine Woche<br />

Behandlungspaket OCÉANO Weight Control inkl. Thalassoanwendungen<br />

ab € 1.060 excl. Unterkunft. www.oceano.de<br />

Fotos: Océano Hotel Health Spa (4), Simone Sever (4), Illustration: Kapreski/shutterstock.com, Illustration: Kapreski/shutterstock.com<br />

58 <strong>reisen</strong> <strong>EXCLUSIV</strong><br />

herbst <strong>2020</strong>


Zimmer und Suiten mit Aussicht: Den Atlantik und das<br />

Piscina Natural haben die Gäste aus jedem der 96 Zimmer<br />

und Suiten des Océano Hotel Health Spa im Blick.<br />

herbst <strong>2020</strong><br />

<strong>reisen</strong> <strong>EXCLUSIV</strong><br />

59


WELLNESS<br />

text Marie Tysiak<br />

Thermalvergnügen<br />

IN DER TOSKANA<br />

Dort, wo seit Jahrtausenden heißes<br />

Quellwasser aus dem Erdinneren strömt, lädt das<br />

Traditionshotel »Terme di Saturnia« ein, den Körper zu<br />

verwöhnen. Nicht nur die Wärme und Wohligkeit des<br />

Thermalwassers bringt heilende Energien, natürlich<br />

darf eine gehörige Portion Dolce Vita nicht fehlen.<br />

Schwebezustand: Im<br />

Hotel Terme di Saturnia<br />

in der Toskana gleitet<br />

man entspannt durch<br />

den Tag – im Spa und in<br />

den nahen Wasserfällen<br />

Cascate del Mulino.<br />

60


Terme di Saturnia<br />

Natural Spa & Golf Resort Toskana<br />

Es ist noch früh. Die ersten Sonnenstrahlen<br />

blitzen hinter dem Hügel<br />

hervor, auf dem die alte Mittelalterstadt<br />

Saturnia mit ihrem historischen<br />

Kirchturm der Chiesa di Santa<br />

Maria Maddalena, gerahmt von stattlichen<br />

Zypressen, thront. Ich gleite aus meinem<br />

kuscheligen Bademantel und den Latschen<br />

hinein in das dampfende Wasser. Es glitzert<br />

türkis, ich kann den steinigen Untergrund<br />

sehen, so klar ist es. Eine Poolnudel<br />

unter meine Knie, eine weitere hinter<br />

den Kopf, und so treibe ich, die Augen<br />

geschlossen, durch den toskanischen Morgen.<br />

Das heiße Wasser verpasst mir glatt<br />

eine Gänsehaut, so schön wärmt es mich<br />

durch.<br />

Der Schwefelgeruch kitzelt in meiner<br />

Nase. In 200 Metern Tiefe sammelt sich<br />

an den Hängen des Monte Amiata Regenwasser<br />

und mischt sich mit Schwefel<br />

und anderen Mineralien. Hier, etwa 30<br />

Kilometer entfernt, sprudeln pro Sekunde<br />

500 Liter des heilenden Thermalwassers<br />

aus der Erde. Schon seit drei Jahrtausenden<br />

wissen die Menschen um die heilende<br />

Wirkung dieses stets 37,5 Grad Celsius<br />

heißen Bads und strömen nach Saturnia.<br />

EIN SCHWEFELDRINK<br />

VERTREIBT GELENKSCHMERZ<br />

Auch das Hotel »Terme di Saturnia« hat Tradition.<br />

Seit über 100 Jahren hat der herrschaftliche<br />

Naturstein-Travertin-Bau für<br />

Erholungsuchende seine Pforten geöffnet,<br />

letztes Jahr wurden die 130 klassischen<br />

Zimmer umfangreich renoviert. Hier trifft<br />

Marmor auf goldene Wasserhähne, Fischgrätenparkett<br />

hinter historischen Schiebetüren<br />

auf klassisch geschwungene Bettenrücken.<br />

Das Luxushotel liegt idyllisch zwischen<br />

den seichten Hügeln dieser versteckten<br />

Ecke der Toskana. Der gigantische Pool,<br />

der direkt von dem natürlichen Schwefelwasser<br />

gespeist wird, ist nur den Hotelgästen<br />

vorbehalten. Das beliebte Fotomotiv<br />

der Toskana, die Wasserfälle Cascate<br />

del Mulino, wohin das Wasser von hier aus<br />

fließt, wird hingegen vermutlich jetzt schon<br />

von Besuchern überrannt.<br />

Doch so kommt es, dass ich hier noch<br />

völlig allein in dem heißen Wasser des Hotelpools<br />

schwebe und gar nicht gemerkt<br />

habe, wie, noch in meinen schlaftrunkenen<br />

Gedanken versunken, mein Zeh nun<br />

herbst <strong>2020</strong><br />

<strong>reisen</strong> <strong>EXCLUSIV</strong><br />

61


WELLNESS<br />

ES HANDELT SICH NICHT<br />

UM EINEN GEWÖHNLICHEN<br />

WELLNESSBEREICH.<br />

auf der anderen Seite des Beckens anstößt. Ich öffne die Augen. Die<br />

Sonne ist ein Stückchen höher am tiefblauen Frühlingshimmel geklettert.<br />

Zeit, in den Tag zu starten. So ein heißes Refugium, das den<br />

Körper in sofortige und absolute Entspannung versetzt, das hätte ich<br />

gerne zu Hause. Eine wahre Wohltat für meinen jungen, doch von Rückenschmerzen<br />

geplagten Körper. Bevor ich unter die Dusche hüpfe,<br />

genehmige ich mir noch zwei Gläser des schwefelhaltigen Wassers aus<br />

dem dafür vorgesehenen Brunnen im Park. Es kostet reichlich Überwindung<br />

– aber es soll unsagbare Kräfte bringen, Krankheiten und<br />

Gelenkschmerzen vorbeugen! Was macht man nicht alles für die Gesundheit.<br />

Ich schlucke brav das stinkende Wasser hinunter.<br />

SCHLAG UM SCHLAG ZUM GOLFPROFI<br />

Nach einem herzhaften Frühstück mit reichlich italienischem Dolce<br />

Vita – frischer Prosciutto di Parma, bester Espresso, mindestens zwanzig<br />

verschiedene Käsesorten – im schönen Innenhof stehe ich kurze Zeit<br />

später gestriegelt am Golfplatz. Golfmanager Procolo Sabbatino hat sich<br />

für heute Vormittag ein ganz schönes Meisterwerk vorgenommen: mir<br />

das Golfspielen beibringen. Ich weiß nichts übers Golfen. Aber hier, auf<br />

diesem legendären Platz – von Ronald Fream entworfen, 18 Löcher, 72<br />

Par und 6.316 Meter lang – mit eigener Golfschule, in der wunderschönen<br />

hügeligen Landschaft der Maremma, soll sich das ändern.<br />

Dieser Platz biete ein paar schöne Löcher zum Üben, betont der<br />

Golf Manager, als wir uns im Golfkart zu Loch 1 aufmachen. Außerdem,<br />

so Sabbatino, sei sein Sohn zu einem erfolgreichen Golfspieler<br />

aufgestrebt. Sein Einfluss und Training sollten also Früchte tragen.<br />

Und tatsächlich: Nach zwei Stunden Golfkartdüsen über den Platz –<br />

was mir besonders viel Freude bereitet hat – und vielen Fehlschlägen<br />

schaffe ich einen erstaunlich guten Abschlag, auf den ich sogar ein<br />

wenig stolz bin.<br />

NACH DEM SPORT KOMMT DIE ENTSPANNUNG<br />

Am Golfklub wird anschließend aufgetischt. Der Picknickkorb, den<br />

Sabbatino aus seinem »Kofferraum« zaubert, ist reich gefüllt – und<br />

natürlich darf auch eine Flasche des besten Bianco di Pitigliano nicht<br />

fehlen, schließlich sind wir in Italien. Dazu gibt es Brot mit Olivenöl<br />

des hoteleigenen Hains, eine Tarte mit gegrilltem Gemüse. Es folgt<br />

ein Stück Mandarinenkuchen. Hach, das Genießen kann in Italien so<br />

einfach sein. Und wenn jede Golfsession so endet, habe ich meinen<br />

neuen Sport gefunden.<br />

Mehr noch als für seinen Golfkurs hat sich das Hotel einen Namen<br />

als Spa-Destination gemacht. Dass es den Titel »Best Medical Spa« in<br />

Italien gewonnen hat, verrät: Es handelt sich nicht um einen gewöhnlichen<br />

Wellnessbereich. Auch hier steht die naturheilende Wirkung des<br />

Thermalwassers im Mittelpunkt. Die Spa-Produkte werden aus den<br />

schwefelhaltigen Feststoffen des Quellwassers hergestellt. Wer mag,<br />

bekommt eine ordentliche Schlammpackung davon ins Gesicht, oder<br />

gleich auf den ganzen Körper. Darüber hinaus werden auch Schönheistbehandlungen<br />

von Botox bis Laserhaarentfernung angeboten.<br />

Ich widme mich diesem Wochenende aber gänzlich meinem Rücken.<br />

Und so fühle ich mich nach einer Saturnia Deep Massage revitalisiert<br />

und wie in Watte gebauscht. Ganz ungewohnt, nämlich mal nicht im<br />

Bademantel, schlendere ich hinunter in die offene Showküche im Speisesaal<br />

der Terme di Saturnia. Hier treffe ich Roberto Rossi zum Kochkurs,<br />

der bereits fleißig dabei ist, Zutaten zu schnippeln – mit einer<br />

absurden Geschwindigkeit! Ihm gehört das Restaurant Il Silene ganz<br />

in der Nähe – und er hat das Konzept für das hauseigene Restaurant<br />

1919 maßgeblich mitgestaltet. Für seine Kochkünste hat er 2014 den<br />

Michelin-Stern bekommen. Der große Mann legt das Messer weg und<br />

schiebt nun mit seinen ebenso großen Händen feinsäuberlich Mehl zu<br />

einem großen Haufen zusammen.<br />

KEIN ITALIENBESUCH OHNE HAUSGEMACHTE PASTA<br />

Er grüßt mich, und dann geht es auch schon los. Wir machen Pasta.<br />

Und dann Trüffelrisotto. Aber immer nur kleine Portionen, »damit ich<br />

noch Platz fürs Abendessen später habe«. Wenn Rossi wüsste, wie viel<br />

ich von den italienischen Köstlichkeiten verdrücken kann! Er ist ein geselliger<br />

wie pragmatischer Genosse – und ein Glas Wein zum Abschluss<br />

darf natürlich auch nicht fehlen – die angebrochene Flasche Wein vom<br />

Risotto soll schließlich nicht verkommen, er schmunzelt. Willkommen<br />

in Italien, wo der Sinn fürs süße Leben dich durch den Tag begleitet.<br />

Zum Glück habe ich noch ausreichend Appetit und Platz für das<br />

spätere Abendessen im schlichten, aber schicken 1919 mit Blick auf<br />

den Pool. Es ist ein Gedicht! Zur Vorspeise wähle ich Polpo in hauseigenem<br />

Olivenöl. Die folgenden handgemachten Tortelli mit Ricotta<br />

und Spinat, garniert mit Trüffeln, zergehen im Mund. Als mein Hauptgang<br />

kommt, Wildschwein gleich hier aus Maremma, bin ich im siebten<br />

Himmel. Natürlich harmoniert die Weinbegleitung perfekt mit<br />

jedem Gang.<br />

Mein Blick schweift nach draußen zum dampfenden Becken. Ich<br />

mag den Gedanken, dass seit Jahrtausenden die Menschen in diesen<br />

Kurort pilgern, um in den heilenden Quellen Kraft zu tanken. Aber<br />

zum wahren Wohlgefühl gehört eben auch eine gehörige Portion Dolce<br />

Vita – und das kann die Terme di Saturnia. Ich erhebe mein Glas<br />

und danke Saturn, der der Legende nach diese Quellen erschaffen hat.<br />

INFO<br />

Das Fünf-Sterne-Traditionshaus Terme di Saturnia Natural Spa<br />

& Golf Resort lädt mit seinem ausgezeichneten Spa,<br />

Restaurant 1919 und seinem 18-Loch-Golfkurs in den Kurort<br />

Saturnia ein. Der 37,5 Grad heiße Außenpool des Hotels wird<br />

direkt von der Thermalquelle gespeist. Das Hotel verfügt über<br />

130 Zimmer, eine Übernachtung im DZ kostet ca. E 290.<br />

Mehr Infos finden Sie unter www.termedisaturnia.it/de<br />

Fotos: Terme di Saturnia (3), Jarno Cobbaert, aaltair/Shutterstock.com, JUDr. Martin Kovacs/Shutterstock.com; Illustration: Kapreski/shutterstock.com<br />

62<br />

<strong>reisen</strong> <strong>EXCLUSIV</strong> herbst <strong>2020</strong>


Vorhang auf für ein entspanntes<br />

Dolce Vita! Ob<br />

in den modernen Zimmern<br />

oder im Außenpool, der dank<br />

Thermalquelle mit 37,5 Grad<br />

Celsius wohlig warm ist.<br />

herbst <strong>2020</strong><br />

63


WELLNESS<br />

text<br />

Jennifer Latuperisa-Andresen<br />

Erholung auf der<br />

UNVOLLENDETEN INSEL<br />

64


The Retreat at Blue Lagoon Island<br />

Europas jüngste Insel, Island, wirkt oftmals<br />

wie ein fremder Planet. Und genau dort, wo Wasserdampf<br />

aus der Erde steigt und Elemente ihre Kräfte messen, steht<br />

ein Wellnesshotel, das genauso einzigartig ist wie das Land<br />

selbst. The Retreat ist ein Spa-Hotel-Tempel, in dem Wohlsein<br />

auf Design trifft. Und das muss einem ja gefallen.<br />

herbst <strong>2020</strong><br />

<strong>reisen</strong> <strong>EXCLUSIV</strong><br />

65


WELLNESS<br />

Wer schon mal mit einem Urlaub in Island geliebäugelt<br />

hat, weiß sicherlich von der Blauen Lagune. Nein, es<br />

ist nicht die kitschige Hollywoodproduktion gemeint,<br />

mit der Brooke Shields in den 1980er-Jahren Karriere<br />

machte, sondern das dampfende Freibad auf der Halbinsel Reykjanes.<br />

Es ist womöglich das berühmteste Bad der Welt. Selbst Touristen,<br />

die nur für ein Stunden-Stopover hier im Norden zwischenlanden, lassen<br />

sich mit Bussen zu dem warmen Becken fahren, dem zusätzlich<br />

auch noch eine heilende Wirkung nachgesagt wird.<br />

Auch wir möchten dorthin. Es ist Winter, und so kommt uns der<br />

Dampf, der über dem schneebedeckten Boden aufsteigt, vor wie das<br />

Tor zu einer Zauberwelt. Diese Magie wird von den Lichtverhältnissen<br />

Islands im Winter nur unterstrichen. Wir befinden uns sozusagen<br />

im Lichtblick, in den vier Stunden Mittagssonne, die ein Foto ohne<br />

Blitz erlauben. Die Blaue Lagune hat etwas Magisches. Ganz klar. Die<br />

knallblaue Farbe einerseits, der wabernde Dampf andererseits und<br />

eine Aura, die tatsächlich auf einer anderen Ebene, nennen wir sie<br />

Metaebene, berührt. Auch wenn man nicht an Elfen glaubt, so wie die<br />

Isländer es tun.<br />

Man merkt es, wir kommen also schon verliebt in diesem Wellnesshotel<br />

an, das so beeindruckend ist, dass meine isländische Bekannte mir neidvolle<br />

Nachrichten schreibt, weil sie unbedingt auch einmal dort ein<br />

Wochenende verbringen will. »The Retreat«, so schreibt mir Alexandra,<br />

»ist THE PLACE in Island. Hier möchte man an kalten Wintertagen<br />

sein.« Ich vermute, sie übertreibt, doch möchte diese Annahme bereits<br />

beim Betreten der Lobby revidieren.<br />

Um ehrlich zu sein, fehlen mir die Worte, eben diese Situation und<br />

Atmosphäre zu beschreiben, in die wir mit Daunenjacke und Ohrenschützer<br />

hineinplatzen, fast so, als würde man sich ungebührend in<br />

einem Tempel benehmen. Die Wände um uns herum sind aus nacktem<br />

66<br />

<strong>reisen</strong> <strong>EXCLUSIV</strong> herbst <strong>2020</strong>


ES IST EIN SKANDINAVISCHES<br />

»SCHÖN« AUS DESIGNKLASSIKERN<br />

UND GERADEN LINIEN.<br />

Fotos: The Retreat at Blue Lagoon Iceland (2), Jennifer Latuperisa-Andresen,<br />

helgalaufephotos, Jamie Orlando Smith; Illustration: Kapreski/shutterstock.com<br />

herbst <strong>2020</strong><br />

Klare Linien bestimmen<br />

die Architektur innen wie<br />

außen. Dagegen ist die<br />

wilde, unzähmbare Landschaft<br />

vor dem Fenster ein<br />

spannender Kontrast.<br />

So spannend, dass man<br />

sich gleich gegen das<br />

TV-Gerät auf dem Zimmer<br />

entschieden hat.<br />

67


WELLNESS<br />

Wer suchet, der findet. Das vermutlich<br />

regenerierende Wasser der Lagune wurde bei<br />

Entwicklungsarbeiten an einem nahe gelegenen<br />

geothermischen Kraftwerk entdeckt.<br />

Beton oder eben aus Glas. Dann wiederum geben sie eine Sicht preis,<br />

die so zauberhaft anders erscheint, dass sie einen gleich in eine neue<br />

Welt versetzt. Schneekristalle landen auf den Fensterscheiben und<br />

schmelzen dahin. Damit versinnbildlichen sie unsere Gefühle. Mein<br />

Gott, ist das schön hier.<br />

Und Schönheit ist relativ. Das hiesige »Schön« muss man auch<br />

mögen. Es ist ein skandinavisches »Schön« aus Designklassikern und<br />

geraden Linien. Es ist ein Ton in Ton mit der Natur. Eine korrespondierende<br />

Ergänzung zum Außen ist das Innen. Allerdings mit viel<br />

Purismus und wenig Prunk. Aber dennoch edel. So edel, dass einem<br />

gleich klar wird: Hier schlürft man gerne Champagner. Aber nicht im<br />

Prada-Blüschen gekleidet, sondern im Bademantel. Kein Scherz.<br />

Egal zu welcher Tageszeit. Der Gast im The Retreat trägt Flausch.<br />

Und zwar ausgiebig gerne. Der Grund? Ganz einfach: Die Thermalbadlagune<br />

lockt immer und das dazugehörige Spa des Luxushotels ebenso.<br />

Dazu auf allerhöchstem Wellnessniveau. Für die Hotelgäste gibt<br />

es einen exklusiven Lagunenzutritt. Was wir zudem empfehlen können?<br />

Das Reinigungsritual und eine Floating Massage. Letzteres ist<br />

die Schwimmnudelversion der Schwerelosigkeit. Aber auch wenn es<br />

lustig klingt, es ist wunderbar. Dazu die knackige Kälte, die auf den<br />

Wangen kitzelt, während das heilende Wasser den Körper umgarnt.<br />

Wirklich wundervoll.<br />

Und dennoch geht es noch weltbewegender. Und damit meine ich<br />

nicht die durchgestylten Zimmer mit der kostenlosen Minibar und der<br />

atemberaubenden Aussicht auf die widerspenstige Natur Islands. Ich<br />

meine damit auch nicht die wunderbaren Beautyprodukte, auf Hotelzimmern<br />

gerne »Amenities« genannt, denn wer braucht schon Bulgari,<br />

wenn er Blue Lagoon haben kann? Ich meine auch nicht die kostenlosen<br />

Yogaklassen, die jeden Morgen stattfinden, und auch nicht den Nordlichterbalkon,<br />

der Ausblick auf die tanzenden Lichter gewährt. Ich spreche<br />

vom Genuss auf höchstem Niveau, serviert im Restaurant Moss.<br />

Dabei passiert beim Servieren auf dem Teller so viel fürs Auge,<br />

dass die Geschmacksknospen schon Polonaise tanzen, ohne auch nur<br />

einen Bissen genommen zu haben. Doch dann kommt’s. Die naturbelassene<br />

Jakobsmuschel trifft auf Granita vom Apfel, Pulver aus Skyr<br />

komplementieren den fangfrischen Lachs, und das Lamm wird am<br />

Tisch über Tannennadeln weitergeräuchert. Diese Küche ist einzigartig<br />

gut. Unsere Prognose: Der Michelin-Stern wird kommen. Und das<br />

wäre doch ein toller Grund, um zurückzukehren: zur dampfenden Lagune<br />

auf der sprudelnden Insel zwischen den Welten.<br />

INFO<br />

The Retreat at Blue Lagoon Iceland<br />

Nordurljosavegur 11, 240 Grindavík, Iceland<br />

PACKAGE FÜR GENIESSER Zwei Nächte im DZ, inkl.<br />

Frühstück, unbegrenzte Nutzung des Spas und der Lagunen plus<br />

Vier-Gänge-Abendessen im Lava-Restaurant und ein Sieben-Gänge-Menü<br />

im Moss für je zwei Pers. Buchbar ab ca. E 2.020 für<br />

zwei Pers. www.bluelagoon.com/accommodation/retreat-hotel<br />

Unsere Reise-Tipps finden Sie unter auf.reise/island-tipps<br />

Hallo Gaumenschmeichler! Ein Besuch<br />

im Restaurant Moss vergisst der Gast<br />

nicht so schnell. Jeder Gang ist ein<br />

Erlebnis. Ach Quatsch, eine kleine<br />

Offenbarung!<br />

68<br />

<strong>reisen</strong> <strong>EXCLUSIV</strong><br />

herbst <strong>2020</strong>


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Nachhaltiger Luxusurlaub – geht das?<br />

Luxushotel oder Bio-Bauernhof? Der Stanglwirt in Tirol ist beides. Mit viel Herzblut verwandelte<br />

Familie Hauser den traditionsreichen über 400 Jahre alten Gasthof in ein Fünf-Sterne-Bio- und<br />

Wellnessresort. Nachhaltiges Denken spielte dabei schon immer eine wichtige Rolle – selbst<br />

als das Thema noch nicht en vogue war.<br />

Fotos: Stanglwirt, Alexander Heil, Paul Dahan<br />

Ein Bio-Bauernhof mit integriertem Luxushotel – inmitten einer traumhaften<br />

Bergkulisse erwartet Urlauber im Stanglwirt einzigartiger Luxus mit<br />

diesem brillanten Twist. Was das Bio- und Wellnessresort so einzigartig<br />

macht, ist die Verbindung aus gemütlicher Tiroler Lebensart und luxuriösem<br />

Ambiente, der gelungene Mix aus Tradition und Moderne, Innovation<br />

und Historie.<br />

Vorreiterrolle in der nachhaltigen Hotellerie – Balthasar Hauser hat<br />

das Bio-Hotel aus Überzeugung mit natürlichen Materialien aus der Region<br />

gebaut. Das Ziel: seinen Stanglwirt bestmöglich in die Natur integrieren.<br />

Milchprodukte kommen größtenteils vom hauseigenen Bio-Bauernhof<br />

und das Wasser aus der Kaiserquelle, die auf dem Stanglwirt-Grund<br />

entspringt. Mit Pioniertaten wie begrünten Dächern (1976), der mit dem<br />

Innovationspreis ausgezeichneten Rindenheizung (1980), einer Wärmepumpenanlage,<br />

die nur mit der kalorischen Energie des Quellwassers<br />

die Wellnesswelten heizt (2014), und vielen weiteren richtungsweisenden<br />

Ideen stellte der Stanglwirt schon früh die Weichen für nachhaltiges<br />

Wirtschaften.<br />

Außergewöhnliches Wohlfühl-Ambiente – Auf exklusiven Komfort und Platz<br />

muss im Stanglwirt niemand verzichten: In den neu gestalteten, 12.000<br />

Quadratmeter großen Spa- und Wellnesswelten gibt es u. a. acht Saunen<br />

und Dampfbäder, Europas größtes hoteleigenes Solebad, ein 25-Meter-Sportschwimmbecken<br />

mit Omega-Zeitmessung, eine Wasserfallgrotte,<br />

einen Naturbadesee und eine Kinderwasserwelt mit 120-Meter-Rutsche<br />

und Pool-Kino. Im neuen »Kräuter Spa« stehen den Gästen neben dem<br />

preisgekrönten Massage- und Medical-Beauty-Programm auch Naturkosmetik-Behandlungen,<br />

teils aus dem eigenen Kräutergarten, zur Auswahl.<br />

Auch für sportliche Gäste gibt es ein vielfältiges Angebot: Im 500 Quadratmeter<br />

großen Fitnessgarten trainieren, Tennis auf einem der zahlreichen<br />

In- und Outdoorplätze spielen oder das private Lipizzanergestüt besuchen.<br />

INFO<br />

Bio- und Wellnessresort Stanglwirt, Kaiserweg 1, 6353 Going am<br />

Wilden Kaiser · Tel. 0043 (0) 5358 2000, www.stanglwirt.com<br />

herbst <strong>2020</strong><br />

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<strong>Herbst</strong>liche Auszeit für alle Sinne<br />

im Hotel Therme Meran<br />

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Wenn die Natur in Rot- und Orangetönen zu leuchten beginnt, der Duft gerösteter Kastanien<br />

in der Luft liegt und sich die Weinlese dem Ende neigt, begrüßt das Vier-Sterne-Superior-Hotel Therme<br />

Meran seine Gäste zur besonders verlockenden herbstlichen Jahreszeit.<br />

Durch beste Innenstadtlage dient es als idealer Ausgangspunkt für Wanderungen<br />

in der Umgebung, Verkostungen von original Südtiroler Spezialitäten,<br />

jungem Wein und gerösteten Kastanien beim Törggelen.<br />

Nach einem herbstlichen Ausflug in die Berge oder einem Bummel<br />

durch das charmante Meran entspannen Gäste des Hotels Therme Meran<br />

auf der Sky-Spa-Terrasse bei einem einmaligen 360-Grad-Panorama,<br />

im neu gestalteten Garden Spa oder in den Bädern der angrenzenden<br />

Therme Meran, die bequem über den Bademanteltunnel erreichbar ist.<br />

Der 3.200 Quadratmeter große Rooftop-Wellnessbereich ist das Highlight<br />

des Hotels: Ob ein Bad unter freiem Himmel im beheizten 22 Meter<br />

langen Sole-Infinitypool nehmen oder in den Panorama-Saunen, im<br />

Dampfbad sowie bei einer ausgewählten Spa-Anwendung abschalten,<br />

die Meraner Bergwelt scheint stets zum Greifen nah. Kulinarisch ver-<br />

wöhnt Küchenchef Karlheinz Falk mit regionalen und internationalen<br />

Kreationen und bringt damit das Beste aus Südtirol und der Welt auf<br />

den Teller.<br />

Eine Übernachtung im Designzimmer des Hotels Therme Meran inklusive<br />

eines reichhaltigen Frühstücksbüffets und eines abwechslungsreichen<br />

Vier-Gänge-Menüs am Abend ist ab 172 Euro pro Person buchbar.<br />

Gäste haben zudem kostenlosen Zutritt zum neu gestalteten Garden Spa,<br />

zum Sky Spa sowie zu den Bädern der Therme Meran.<br />

INFO<br />

Hotel Therme Meran, Thermenplatz 1, 39012 Meran (BZ), Italien<br />

Tel. 0039 (0) 473 259000, www.hotelthermemeran.it<br />

Fotos: PR, www.guenterstandl.de<br />

herbst <strong>2020</strong>


DESIGN<br />

Design<br />

GOES ZEN<br />

Im Fünf-Sterne-Designhotel Perianth in Griechenlands<br />

Kapitale Athen fand <strong>reisen</strong> <strong>EXCLUSIV</strong>-Autorin<br />

Simone Sever das Stadthotel ihrer Interieurträume.<br />

72<br />

herbst <strong>2020</strong>


Perianth Hotel Athen<br />

herbst <strong>2020</strong><br />

<strong>reisen</strong> <strong>EXCLUSIV</strong><br />

73


DESIGN<br />

Das graue Bauhausgebäude aus den 1930er-Jahren liegt mitten<br />

im historischen Herzen Athens. Hier, wo einst ein Blumenmarkt<br />

das Leben bunt gestaltete, ist die Stimmung immer<br />

noch trubelig, reihen sich heute Cafés an Restaurants,<br />

Blumenstände an Bars, hat sich das an der Außenfassade<br />

farblich zurückhaltende Perianth in die farbenfrohe Umgebung eingefügt.<br />

Das Perianth – Blütenhülle in der Bedeutung – ist als Hommage<br />

an Vergangenes, aber auch als Zeichen der Wiedergeburt Athens zu<br />

verstehen. Ein Klassiker der Zukunft, die bereits begonnen hat.<br />

Platz nehmen in den Lounges,<br />

die auf den Etagen<br />

zum Betrachten der Kunst<br />

einladen, die an fast jeder<br />

gerundeten Ecke hängt.<br />

Avantgardistisch: Die Themen-Suiten des Hotels<br />

treiben den Zeitsprung auf die Spitze. Bis ins<br />

Detail ausgeklügelt, widmen sie sich je einem<br />

Künstler oder einer Epoche. Diese Suite zeigt sich<br />

ganz in den Formen des russischen Bildhauers<br />

Alexander Archipenko.<br />

74


GÖTTLICHER IST NUR DIE<br />

AKROPOLIS, UND DIE HAT DAS<br />

PERIANTH FEST IM FOKUS.<br />

Fotos: PR/Design Hotels (4), Simone Sever (2); Illustration: Kapreski/shutterstock.com<br />

Autorin Simone Sever hätte diesen formschönen<br />

Stuhl der griechischen Shootingstar-Architekten<br />

von K-Studio am liebsten in ihren Koffer gepackt.<br />

Die Straßen sind eng, der Blick vom Balkon der Hotel-Junior-Suite auf<br />

die Hausfront der anderen Seite misst keine fünf Meter. Auf dem Agia-<br />

Irini-Platz sind fast alle Außenplätze besetzt, beinahe ist das Klingen<br />

der Glaswürfel in den Cappuccini Freddi zu hören. Bereits morgens<br />

um elf hat das Thermometer die 30 Grad fest im Visier. Durch die<br />

dichte grüne Baumkrone sind unter wolkenlosem, griechisch blauem<br />

Himmel in gar nicht weiter Ferne die unverkennbaren und leuchtenden<br />

Säulen der Akropolis zu erspähen. Ein himmlischer Anblick. Die<br />

Farben der Perianth-Junior-Suite 205 sind mindestens genauso schön,<br />

wenn auch eher gedeckt. Pudrig graublau die samtenen Kissen, auf<br />

denen sich das Haupt von der Hitze des Tages ausruhen kann. Einen<br />

Hauch farbintensiver im Samt, steht kreisrund und formschön der<br />

Schreibtischstuhl im Sonnenstrahl. Der frei stehende Kleiderschrank<br />

aus warmem, handschmeichelndem Walnussholz schwebt über grau<br />

poliertem und von Bronze durchbrochenem Terrazzoboden, der den<br />

nackten Füßen im Sommer – ebenso wie die Klimaanlage – Linderung<br />

vom griechischen Sommer ermöglicht. Vor dem Pastell der Wände<br />

über marmornen Ablagen, die sich durch den Raum ziehen, leuchtet<br />

an gebogenen Messingschienen dezent und unaufdringlich das Lichtsystem<br />

und erscheint in seiner Ganzheit als eigenes Kunstobjekt. Kein<br />

Wunder, schließlich haben Griechenlands Shootingstar-Architekten<br />

von K-Studio, die unter anderem auch für das Restaurant Barbouni in<br />

Costa Navarino verantwortlich zeichneten, Hand angelegt.<br />

Im interpretierten neomodernen Stil der 1940er-Jahre hat K-Studio<br />

das Perianth zu einem Zen-Ort der Ruhe inmitten des Athener<br />

Trubels gestylt und das nicht nur wegen des Zen-Centers, das sich im<br />

ersten Stockwerk befindet und zu regelmäßigen Yoga- und Meditationstreffen<br />

lädt. 38 modern komponierte Zimmer inklusive einer Penthouse-Suite,<br />

die mit eigenem Pool verwöhnt. Göttlicher ist nur die<br />

Akropolis, und die hat das Perianth fest im Fokus.<br />

INFO<br />

Perianth Hotel www.perianthhotel.com<br />

Design Hotels Die Junior-Suite gibt es für etwa € 230 die Nacht<br />

inkl. Frühstück. Das Penthouse für € 880. www.designhotels.com<br />

Unsere Reise-Tipps finden Sie unter auf.reise/athen-tipps<br />

herbst <strong>2020</strong><br />

<strong>reisen</strong> <strong>EXCLUSIV</strong><br />

75


DESIGN<br />

Boat&Co Amsterdam<br />

Wer es farbenfroh und<br />

total durchgestylt mag,<br />

der ist im Boat&Co<br />

richtig. Die Appartements<br />

sind Rückzugsort<br />

und Fenster zur Welt in<br />

einem. Hier hat man den<br />

Schiffsverkehr im Blick,<br />

die Yogatreibenden am<br />

Ufer oder einfach nur<br />

sein Buch.<br />

76


text<br />

Jennifer Latuperisa-Andresen<br />

Amsterdam<br />

FROHLOCKT<br />

Für viele Deutsche sicher noch eine<br />

Unbekannte: der Stadtteil Houthaven<br />

in Amsterdam. Doch hier hat ein neues<br />

Hotel eröffnet. Der Name? Boat&Co.<br />

Die Location? Direkt am Wasser. Und<br />

idealer Ausgangspunkt für eine tolle<br />

Zeit in einer wirklich coolen Stadt.<br />

herbst <strong>2020</strong><br />

<strong>reisen</strong> <strong>EXCLUSIV</strong><br />

77


DESIGN<br />

GANZ NACH DEM<br />

MOTTO: »BUNT IST<br />

BEZAUBERND«.<br />

Longstay-Hotels leiden, meiner Erfahrung nach, meist darunter,<br />

dass sie keinen Charakter haben. Meist sind sie so<br />

modern wie nötig, so gemütlich wie möglich und so konform<br />

eingerichtet, dass sie jeden ansprechen und dann doch<br />

wieder keinen. Bloß nicht zu viel Farbe, ohne Chichi in der<br />

Dekoration. Am besten unauffällig. Massenkonform. Doch Gott sei<br />

Dank, das Boat&Co ist anders. Und zwar grundlegend.<br />

Wer das neue Haus – Boat&Co – in Amsterdam betritt, ist zugleich<br />

in einem Film von Wes Anderson gelandet. Wes Anderson sagt Ihnen<br />

nichts? Dann lohnt es sich, den einen oder anderen Film nachzuholen.<br />

Die Ausstattung der Filme kann man jedoch an diesen Fotos des Hotels<br />

ein wenig ablesen. Sie verspricht Lebensfreude.<br />

Weiche Materialien vermischen sich mit erdigen Farben, während<br />

der architektonische Entwurf von Kollhoff & Pols lose auf dem ikonischen<br />

Stil der Amsterdamer Schule basiert. Große Backsteinfassaden<br />

wurden mit markanten Erkern kombiniert, während Dachgauben aus<br />

Stahl die Charakteristik der architektonischen Bewegung neu definieren.<br />

Um noch einmal zu Wes Anderson zurückzukehren: Seine Filme<br />

beweisen Mut zur Farbe. Und dieser Manier folgt auch das Boat&Co.<br />

Ganz nach dem Motto: »Bunt ist bezaubernd«.<br />

Die Wände sind gerne lachsfarben oder türkis. Das Telefon ist rosa,<br />

die Couch samtgrün und die Stühle sind gelb. Die Zimmerdecke ist Beton<br />

belassen und die Lampe aus Messing. Es mischt sich. Es vergnügt.<br />

Der Look ist also modern und mehr als auffällig, doch was auch<br />

gleich auffällt: An der Rezeption wird mit sehr viel Herz begrüßt. Das<br />

mag einerseits an der Situation liegen: Wer ein Hotel kurz vor einer<br />

Pandemie eröffnet, hat die schlimmsten Monate seiner Unternehmensgeschichte<br />

bereits hinter sich. Das ist weder gut fürs Geschäft<br />

noch für das junge Team, das sich natürlich ohne Gäste auch nur<br />

schlecht auf deren Anforderungen eingrooven kann.<br />

Doch das ist beim Empfang des Boat&Co schon mal ganz anders. So<br />

freundlich bin ich lange nicht willkommen geheißen worden, und<br />

ich muss sagen, mein Appartement mit Blick auf die IJ verbindet die<br />

Freiheit eines Zuhauses mit einer Designer-Inneneinrichtung und<br />

dem Komfort des Hotelservices. Ob eine Suite oder ein gemütliches<br />

Studio; alle Zimmer verfügen über eine voll ausgestattete Küche und<br />

komfortable Bereiche zum Arbeiten, Essen oder Entspannen. Genau<br />

wie zu Hause. Aber hier hat eben dieses Zuhause auf Zeit einen Wellness-Bereich<br />

im Erdgeschoss (den ich mir wegen der Hygienevorschriften<br />

nicht ansehen konnte), ein tolles Restaurant mit einladender<br />

Terrasse und die Möglichkeit an Yoga-Stunden teilzunehmen. Klingt<br />

frohlockend!<br />

Das Restaurant Vessel und seine Bar hatte ich ja bereits erwähnt.<br />

Chefkoch Ricardo van Ede und sein Team kreieren Gerichte, die Freude<br />

machen. Nicht zu sehr abgehoben, familienfreundlich und gleichzeitig<br />

richtig lecker. Ohne unnötigen Schnickschnack. Eine Artischocke<br />

als Vorspeise zum Zuzeln, Pavlova als Nachtisch und die besten<br />

Süßkartoffelpommes der westlichen Hemisphäre. Einfach köstlich.<br />

Auch wenn es kaum einer macht, es lohnt, sich die Zeit zu nehmen,<br />

einmal einen Blick in die umfassende Broschüre zu werfen, die in<br />

jedem Appartement ausliegt. Hier bekommt man nützliche Shoppingtipps,<br />

hat eine Liste an Sehenswertem in der Umgebung und weiß,<br />

welche Richtung man einschlagen sollte. Fahrräder werden selbstverständlich<br />

ebenfalls verliehen und die Radwege in Amsterdam sind<br />

wirklich ein Traum.<br />

Dank der zahlreichen Tipps des Hotels wird der Spaziergang Richtung<br />

Centraal zu einem Hipster-Shoppingerlebnis. Kleine süße Läden,<br />

frisch gerösteter Kaffee und niedliche Boutiquen reihen sich aneinander.<br />

Die 20 Gehminuten werden zum Einkaufsspaß.<br />

Wer mag, kann auch die Fähre nehmen, muss dann aber am Trendviertel<br />

NDSM einen Zwischenstopp einlegen, um umzusteigen. Und<br />

ja, es könnte sein, dass man dort hängen bleibt. Denn auch dort gibt<br />

es viel Kunst und Gastronomisches zu entdecken. Boat&Co liegt dementsprechend<br />

zwar nicht an einer Gracht, dafür aber voll im Trend.<br />

Fotos: PR/Boat&Co (7), Jennifer Latuperisa-Andresen (2), Rinke Dohmen; Illustration: Kapreski/shutterstock.com<br />

INFO<br />

Boat&Co, Revaleiland 500, 1014 ZG Amsterdam, Niederlande,<br />

www.boatandco.nl<br />

Appartement inklusive Frühstück, plus 30-Euro-Gutschein für ein<br />

Essen im Vessel und Fahrräder ab E 159 die Nacht.<br />

78 <strong>reisen</strong> <strong>EXCLUSIV</strong> herbst <strong>2020</strong>


Das Trendviertel NDSM Amsterdam ist ein<br />

wenig alternativ und gleichzeitig künstlerisch-innovativ.<br />

Das Beste: Es ist nur eine<br />

Fährfahrt vom Hotel entfernt und bietet<br />

abwechslungsreiche kulinarische Möglichkeiten.<br />

Dabei hat man dann wahlweise die<br />

Kunst oder das Wasser im Blick.<br />

Für den perfekten Sundowner muss man nicht lange suchen. Die Vessel<br />

Kitchen & Bar serviert Köstliches. Die Küche ist innovativ – und die Drinks<br />

sind sensationell lecker.<br />

herbst <strong>2020</strong><br />

<strong>reisen</strong> <strong>EXCLUSIV</strong><br />

79


DESIGN<br />

text<br />

Jennifer Latuperisa-Andresen<br />

Moin Moin<br />

AUS DEM LEUCHTTURM<br />

Aus dem Büsumer Lighthouse Hotel & Spa blickt man<br />

weit hinaus auf die Nordsee. Oder eben auf das Watt.<br />

Je nach Uhrzeit. Aber ganz ehrlich, ob Wasser<br />

oder Watt, Hauptsache happy.<br />

80


Lighthouse Hotel & Spa Büsum<br />

herbst <strong>2020</strong><br />

<strong>reisen</strong> <strong>EXCLUSIV</strong><br />

81


DESIGN<br />

Egal ob Bibliothek, Restaurant oder Wellnessbereich – das schnuckelige Büsumer Hotel hat einen wunderbaren Wohlfühlfaktor.<br />

Und zwar mit einer großen Portion Stil, Hipness und Lebensfreude.<br />

82


DIE ZIMMER SIND EIN ORT<br />

DER GLÜCKSELIGKEIT.<br />

Fotos: PR/Lighthouse Hotel & Spa (5), Jennifer Latuperisa-Andresen (3); Illustration: Kapreski/shutterstock.com<br />

Eine Begrüßung, die mir auch<br />

Köln manchmal rausrutscht. Mir fällt<br />

»Moinmoin«.<br />

auch auf, dass es immer mehr Menschen<br />

auf der Zunge liegt. Doch das Moin – um es einmal klarzustellen –<br />

gehört nicht allein dem Morgen, sondern passt in jede Tageszeit. Moin<br />

moin ist Synonym für »Hallo«, für »Schön, dich zu sehen« und für<br />

»Herzlich willkommen«. Die Trilogie an Bedeutung schwingt auch in<br />

der Begrüßung an der Rezeption mit. Zu der kurzen Einweisung in die<br />

verschiedenen Ebenen des Hauses wird ein Apfelpunsch gereicht. Hinter<br />

uns knistert der Kamin der Lobby. Ein Pärchen spielt am Hochtisch<br />

Schach, und es fühlt sich an, als würde man in einer Lodge zum Skiurlaub<br />

einchecken, dabei könnten die Berge kaum weiter entfernt sein.<br />

Aber der erste Eindruck täuscht. Nichts am Lighthouse Hotel<br />

ist wirklich alpin. Ganz im Gegenteil. Es ist eher ein durchgestylter<br />

Designertempel. Hier trifft Holz auf Glas, Industriechic auf Countrystyle.<br />

Urgemütlich lautet das Motto in diesem Hotel an der deutschen<br />

Nordseeküste.<br />

Das Hausensemble steht übrigens dort, wo einst das Gesundheitszentrum<br />

Vitamaris stand. Kurzum das Hallenbad des Ortes mit Blick<br />

aufs Meer. Das Lighthouse Hotel liegt heute dementsprechend neben<br />

dem echten Büsumer Leuchtturm. Der wiederum wird fast vom Hotelkomplex<br />

versteckt oder steht, seitdem es hier eher hip zugeht, etwas<br />

verloren am Museumshafen. Die Lage – keine Frage – ist klasse. Kein<br />

Hotel liegt so exzellent in Büsum wie dieses. Auf der einen Seite die<br />

Nordseepromenade, auf der anderen Seite der Hafen und der Beginn<br />

der Fußgänger-Einkaufszone.<br />

Wer Einsamkeit sucht, ist hier wohl falsch. Wer Trubel mag, dafür<br />

richtig. Und ich rede nicht vom Halligalli der Feierwütigen. Ich rede<br />

vom Leben. Von Fischbrötchen gegenüber, von Eisdielen und von kleinen<br />

Modegeschäften, die hauptsächlich Regenjacken in jeglicher Couleur<br />

anbieten. Sagen wir es so, Büsum ist keine pittoreske Schönheit.<br />

Und das Lighthouse steht ganz schön wuchtig am Platz und macht das<br />

Städtchen rein architektonisch nicht wirklich schöner.<br />

Aber es erfreut sich auch großer Beliebtheit. Und das nicht grundlos.<br />

Die Außenterrasse ist Sommer wie Winter (Heizpilzen und Decken<br />

sei Dank) ein himmlisches Plätzchen. Der Blick klebt geradezu<br />

am Horizont, während die Schickeria am Aperol und die echt coolen<br />

Charaktere am Landgang-Bierchen nippen. Mehr braucht es nicht, um<br />

glücklich zu sein. Doch Moment, meine Aufzählung fängt erst an.<br />

Großes Lob an das Spa. Endlich mal eine Wohlfühloase, die dieses Attribut<br />

auch tatsächlich ausstrahlt. Und umsetzt: beispielsweise mit den<br />

wunderbaren Massagen, die selbst einen noch so verkorksten Rücken<br />

entspannen. Und die Atmosphäre profitiert von der weitläufigen Architektur<br />

und dem hellen und dennoch sehr warmen Interieur. Der Gast im<br />

Bademantel fühlt sich hier wohl bei einer Tasse Grünem Tee und dem<br />

neuesten Klatsch aus der Bunten. Es ist ein ungezwungenes Wohlgefühl.<br />

Und das führt sich fort, beispielsweise in der niedlichen Bibliothek,<br />

in der es zahlreiche Bildbände gibt, die nicht nur zum Schmökern<br />

einladen, sondern gleich zum Zücken der Wunschliste, wo auf<br />

Erden man noch urlauben möchte. Natürlich wenn alles wieder geht.<br />

Und selbstverständlich sind die Zimmer auch ein Ort der Glückseligkeit.<br />

Denn die Gäste werden nicht nur modern, mit allerlei Schnickschnack<br />

beherbergt. Sie werden auch verwöhnt. Das Bett ist ein Traum,<br />

die überlange Bettdecke im Winter ein Geschenk und das Bad ist geräumig,<br />

mit tollen, nachhaltigen Amenities bestückt und die Dusche,<br />

ja, die würde ich gerne einpacken, oder zumindest daheim nachbauen.<br />

Und ja, ein cooles, durchdachtes Interieur gehört zum Markenzeichen<br />

der Heimathafen-Hotels. Zu dieser Marke gehört auch das legendäre<br />

Beach Motel beispielsweise in St. Peter Ording oder die Bretterbude<br />

in Heiligenhafen. Wer dort schon mal war, weiß, dass Suiten<br />

auch gerne von »Partnern« wie Jever oder Mini ausgestattet werden.<br />

Es mischt sich Surfer-Boho-Chic mit Landhausstil und das sieht in<br />

Kombination immer so gut aus, dass sich jede zweite Frau ihr Wohnzimmer<br />

exakt so einrichten möchte.<br />

Und ja, wer nach einem langen Spaziergang, oft an der windigen<br />

Nordsee, heimkehrt ins Hotel, der darf ruhig im Restaurant Landgang<br />

einkehren. Denn es schmeckt. Hier wird serviert, was der Norden hergibt.<br />

Und das ist reichhaltig. Selbst Eintopf zum Mittagstisch ist eine<br />

Wonne, aber Achtung – Kohl sollte man mögen, denn schließlich liegt<br />

Büsum in Dithmarschen und das ist sozusagen das Königreich des Kohls.<br />

Und auch wenn Büsum nicht der allerschönste Ort in Schleswig-Holstein<br />

ist, dann möchte man doch hierher zurück, denn irgendwie<br />

verliebt man sich schnell in den modernen, schicken Schuppen,<br />

der alle Wünsche im Handumdrehen und als Kinderspiel erfüllt. Ja,<br />

da ist Wiederkommen ein Leichtes. Auch weil hier alle willkommen<br />

geheißen werden. Also auch die Vierbeiner. Und deswegen sagen wir<br />

zum Abschied »Auf Wiedersehen« und nicht wie im Norden üblich nur<br />

schnöde »Tschüss«.<br />

INFO<br />

Lighthouse Hotel & Spa, Am Museumshafen 11, 25761 Büsum,<br />

Tel. 04834 9842-0, www.hotel-lighthouse.de<br />

DZ ab € 139 inkl. Frühstück und einer Minibar-Füllung<br />

herbst <strong>2020</strong><br />

<strong>reisen</strong> <strong>EXCLUSIV</strong><br />

83


NEUE HOTELS<br />

text<br />

Ulrike Klaas<br />

Tauisch<br />

DIE SCHÖNSTEN<br />

NEUEN LUXUSHOTELS<br />

Sie sind urlaubsreif? Da haben wir ein paar<br />

brandneue Tipps für Sie. Von Bergblick bis<br />

Strandschönheit, von kunstvoll bis gediegen.<br />

In diesen neu eröffneten Hotels sollten Sie<br />

sich ein paar Nächte gönnen.<br />

84<br />

<strong>reisen</strong> <strong>EXCLUSIV</strong>


Maslina Resort<br />

ALLEIN AUF WEITER FLUR:<br />

Camp Sarika by Amangiri, Utah, USA<br />

Platz, Weite, farbgewaltige Sonnenuntergänge, Lagerfeuerromantik<br />

und ein Sternenhimmel, der sprachlos macht. Über das Camp Sarika<br />

gibt es so viel zu erzählen, dass man gar nicht weiß, wo man beginnen<br />

soll. Zunächst einmal: Im Herzen des Navajo Nation Reservats gelegen<br />

und von fünf Nationalparks umgeben strotzt die Umgebung nur so vor<br />

rauer, wilder Naturschönheit. Umso schöner, dass man das Camp von<br />

oben betrachtet nicht ausmachen kann. Es passt sich wie ein Chamäleon<br />

der Natur inmitten der bizarren Tafelberge, Felsschlote und der<br />

rostroten Einsamkeit an. Nachhaltig versteht sich, so bestehen die Dächer<br />

der zehn Zeltpavillons beispielsweise aus weichem Leinwandstoff<br />

aus recycelten Plastikflaschen. Das Camp ist der neue Außenposten<br />

des Amangiri, eines der Mutterhäuser der Luxushotelkette Aman, und<br />

verspricht noch mehr Privatsphäre und noch mehr Naturerlebnis. So<br />

erlesen wie die Gäste ist auch das Interieur der Luxuszelte: Maßgefertigte<br />

Möbel aus Nussbaumholz und Leder schaffen ein gediegenes,<br />

gemütliches Ambiente. Privater Pool, Feuerstelle und Teleskop finden<br />

sich im Außenbereich der jeweiligen Zelte. Und wenn man dann am<br />

Abend unter dem grandiosen Sternenhimmel sitzt, während das Lagerfeuer<br />

wärmt und heimelig knistert, wird man ganz ehrfürchtig,<br />

an einem so fantastischen und einzigartigen Ort urlauben zu dürfen.<br />

€ 2.500 pro Nacht. www.aman.com/resorts/amangiri/camp-sarika<br />

HOTEL ZUM WOHLFÜHLEN:<br />

Villa Copenhagen, Kopenhagen, Dänemark<br />

Ehrfürchtig spaziert man über den traumhaft schönen Fischgrätenboden,<br />

streicht über die weichen Stoffe der Möbel und bestaunt die den<br />

kompletten Lobbybereich überspannende Glaskuppel. Das Grandhotel<br />

Villa Copenhagen im Herzen der dänischen Hauptstadt mit seinen<br />

390 Zimmern ist so fotogen, dass die Gäste nach ihrem Besuch wahrscheinlich<br />

ein ganzes Fotoalbum zusammenstellen könnten. Schon<br />

von außen, denn das ehemalige Postamt ist ein imposantes Gebäude.<br />

Innen fasziniert der Mix aus authentischer nordischer Lässigkeit, historischen<br />

Elementen gepaart mit architektonischen Höhepunkten und<br />

einem urgemütlichen, stilvollen Ambiente. Man könnte Stunden verweilen<br />

und den Blick von der Dachterrasse auf die Stadt genießen oder<br />

sich im Spa entspannen. Doch irgendwann sollte man zumindest kurz<br />

die Luxusherberge verlassen. Allein wegen des Tivoli-Gartens direkt<br />

nebenan. DZ ab € 225 die Nacht. www.villacopenhagen.com<br />

HIER STEHT DIE ZEIT STILL:<br />

Maslina Resort, Hvar, Kroatien<br />

Es fällt leicht, im Maslina Resort den Alltag hinter sich zu lassen. Es<br />

ist diese Aussicht, diese himmlische Lage, die einen schon nach wenigen<br />

Minuten alles vergessen lässt. Das Maslina Resort auf der kroatischen<br />

Insel Hvar nahe der Hafenstadt Stari Grad liegt direkt an der<br />

malerischen Bucht von Maslinica – eingebettet zwischen Olivenhainen,<br />

denen das Resort auch seinen Namen verdankt. Nur 50 Zimmer<br />

und Suiten sowie drei Villen, vorwiegend eingerichtet mit regionalen<br />

Materialien wie Terrakotta, Holz, Stein und Kupfer, hält das Resort bereit<br />

– den Blick auf die Bucht von Maslinica und die vorgelagerten Inseln<br />

muss man auch hier nicht missen. Auch nicht von den Terrassen<br />

der beiden Restaurants, wo Pinien die Luft würzen und Gerichte mit<br />

regionalen Zutaten, teils aus dem eigenen Biostrandgarten, die Geschmackssinne<br />

verwöhnen. Schön hier! Ab € 240 das DZ pro Nacht.<br />

www.maslinaresort.com<br />

IM AUGE DES BETRACHTERS:<br />

Forestis, Dolomiten, Italien<br />

Von draußen vom Walde komm ich her, ich muss euch sagen, hier<br />

entspannt man sich sehr! Im Juli <strong>2020</strong> eröffnete das Hotel Forestis auf<br />

1.800 Metern Höhe, das zuerst einmal mit dem Offensichtlichen begeistert:<br />

einer Ruhe und Stille inmitten abgelegener Natur. Bewaldete<br />

Berge, wohin das Auge blickt. Am Horizont erheben sich die mächtigen<br />

schneebedeckten Kuppen der Dolomiten. Extrem zurückgenommen<br />

ist das Interieur der beiden Penthousesuiten, die sich jeweils<br />

auf 200 Quadratmetern und zwei Etagen erstrecken. Gedeckte helle<br />

Farben und viel Naturholz schaffen ein edles und gemütliches Ambiente.<br />

Absoluter Lieblingsplatz: der eigene Pool. Hier möchte man<br />

verweilen, bis einem Schwimmhäute wachsen, so grandios liegt einem<br />

die Bergwelt zu Füßen. Eben eine Wellnessauszeit auf höchstem Niveau.<br />

Nichts soll das Auge des Betrachters vom Eigentlichen ablenken:<br />

der Entspannung! Höchstens die köstliche Waldküche des hoteleigenen<br />

Restaurants. Zimmer ab € 250 p. P. die Nacht, Penthousesuite ab<br />

€ 750 p. P. (Nebensaison), inklusive Frühstück und Abendessen (ohne<br />

Getränke). www.forestis.it/de<br />

Forestis<br />

Villa Copenhagen<br />

herbst <strong>2020</strong> <strong>reisen</strong> <strong>EXCLUSIV</strong><br />

85


NEUE HOTELS<br />

AUSTOBEN UND AUSRUHEN:<br />

Falkensteiner Hotel Kronplatz, Südtirol, Italien<br />

Wenn der Berg ruft, sollte man ins neue Falkensteiner Hotel Kronplatz<br />

einchecken. Das Hotel ist der ideale Ort für all jene, die Hummeln im<br />

Hintern haben. Hier kann man sich so richtig austoben: Skifahrer starten<br />

im Winter direkt von der benachbarten Talstation des Aktivberges<br />

Kronplatz auf die 119 Pistenkilometer. Und im Sommer brechen<br />

Wanderer zu Tagestouren auf und Mountainbiker stürzen sich Downhill-Strecken<br />

hinunter. Aber das Luxushotel ist auch der perfekte<br />

Rückzugsort zum Ausruhen. Seinen geschundenen Körper entspannt<br />

man bestens im Spa des Hauses oder auf den modernen, mit warmen<br />

Farben eingerichteten Zimmern, wo man sich sofort heimisch fühlt.<br />

Das Hotel begrüßt ausschließlich Erwachsene. Eine Nacht im DZ ab<br />

€ 349. www.falkensteiner.com/hotel-kronplatz<br />

DA IST WAS IM BUSCH:<br />

Mugie House, Kenia<br />

Das neue Luxuscamp der Governors’ Camp Collection ist ebenso einsam<br />

wie erlesen. Auf einem Hügel verteilen sich gerade einmal neun<br />

aus Stein gebaute Cottages. Es gibt ein Haupthaus mit einem sensationellen<br />

Infinitypool, wo die Gäste auch zu den Mahlzeiten hinkommen<br />

können, fünf Cottages für zwei Personen, ein Familiencottage und<br />

zwei Suiten mit Privatpool auf der Veranda. Die Cottages sind nicht nur<br />

komfortabel und stilvoll, sondern ihre maximal 18 Bewohner kommen<br />

den wilden Tieren Kenias ganz nah. Ob beim Dinner im Haupthaus,<br />

von wo aus man das Wasserloch bestens beobachten kann, von der<br />

Terrasse der Cottages oder bei den täglichen Game-Drives. Ab € 428 p.<br />

P. und Nacht, inklusive Verpflegung und Unternehmungen.<br />

www.governorscamp.com<br />

Room Mate Macarena<br />

Falkensteiner Hotel Kronplatz<br />

NACH ALLEN REGELN DER KUNST:<br />

Artist Hotel, Tel Aviv, Israel<br />

Mit Blick auf Kunst einchecken, mit Blick auf Kunst aufwachen und<br />

mit Blick auf Kunst die Gegend rund um das Artist Hotel erkunden: Im<br />

neuesten Prachtstück der israelischen Boutiquehotelgruppe Atlas Hotels,<br />

dem Artist Hotel in Tel Aviv, hat man stets die israelische Kunstszene<br />

im Blick. Werke junger, vielversprechender Künstler aus dem<br />

Land sowie der Doron Sebbag Art Collection zieren die öffentlichen<br />

Bereiche und die 56 Zimmer. Dabei fällt die Kunst dank des hellen,<br />

minimalistischen Designs besonders ins Auge. Die Lage des neuen<br />

Hotels ist ebenfalls ideal: Die gesamte Ben Yehuda Street, auf der auch<br />

das Artist Hotel liegt, ist gepflastert mit den prominentesten Kunstgalerien<br />

Israels. Weiterer netter Pluspunkt: Der Bugrashov Beach ist<br />

fußläufig erreichbar. DZ ab ca. € 185 inklusive Frühstück.<br />

www.atlas.co.il/artist-hotel-tel-aviv<br />

MITTENDRIN STATT NUR DABEI:<br />

Room Mate Macarena, Madrid, Spanien<br />

»Dieses Hotel bedeutet mir sehr viel, weil mein Vater mich immer<br />

zum Friseur im Erdgeschoss des Gebäudes gebracht hatte«, sagt Kike<br />

Sarasola, Präsident und Gründer der Room Mate Hotels, über seine<br />

neueste Eröffnung. Das Room Mate Macarena mit seinen 130 Zimmern<br />

befindet sich sehr zentral an einer der Hauptstraßen Madrids,<br />

der Calle Gran Vía, und zeigt sich im Inneren erfrischend bunt. Von<br />

der Lobby im neunten Stock, die mit überdimensionalen Blättern<br />

dekoriert ist, die an die großen Meister der Fallas-Figuren erinnern<br />

sollen, und mit ihrem hellen Holz einen schönen Kontrast zum dunkelgrünen<br />

Teppich bilden, der einem Moosteppich gleicht. Oder im<br />

angrenzenden Frühstücksraum, wo Hochreliefs aus eingelassenen<br />

Spiegeln die Wände bedecken. Auch in den Zimmern findet sich der<br />

arabeske Einfluss und das Spiel mit kontrastierenden Farben wieder.<br />

Doch das Haute-Couture-Design ist nur das Zweitschönste am Hotel.<br />

Das Schönste: Der Blick von der Dachterrasse auf Madrid. Die Stadt<br />

scheint den Besuchern zu Füßen zu liegen. € 108 pro Nacht fürs DZ.<br />

www.room-matehotels.com/de/macarena-gran-via/<br />

Illustration: Kapreski/shutterstock.com; Foto: Joe Flechter Photograpy (2), Nikola Radovani, Forestis, www.astridkbh.com, Falkensteiner Hotels, Ludovic Magnoux & Martin Mendez/We are Heroes SL/www.heroesagency.eu, Govenors Camp Collecction/Alisa Bowen, Darrit Goffen<br />

86 <strong>reisen</strong> <strong>EXCLUSIV</strong> herbst <strong>2020</strong>


Artist Hotel<br />

Mugie House<br />

Avantgardistisch: Die Themen-Suiten des Hotels treiben den Zeitsprung<br />

auf die Spitze. Bis ins Detail ausgeklügelt, widmen sie sich je<br />

herbst <strong>2020</strong><br />

<strong>reisen</strong> <strong>EXCLUSIV</strong>


DURCHGESTYLTE HOTELS SIND<br />

NICHT NUR RÜCKZUGSOASE,<br />

SONDERN AUCH INSPIRATION.<br />

UND ZWAR FÜR DIE HEIMISCHEN<br />

VIER WÄNDE. HIER EIN PAAR<br />

RÄUME, DEREN DESIGNELEMENTE<br />

WIR GERNE AUCH IN UNSEREM<br />

ZUHAUSE SEHEN WÜRDEN.<br />

DAS Daheim<br />

88<br />

<strong>reisen</strong> <strong>EXCLUSIV</strong> herbst <strong>2020</strong>


LIFESTYLE<br />

Foto: Apartment 7/Tiberio Sorvillo<br />

HOTEL<br />

LESEecke.<br />

Entdeckt haben wir die<br />

beiden Designklassiker im<br />

Apartment 7 in Südtirol.<br />

Und sofort war klar: Die<br />

möchten wir für die heimische<br />

Leseecke! »Gräshoppa<br />

Stehlampe« von Gubi in<br />

Schwarz, € 769,<br />

www.shop.gubi.com.<br />

Den »Hardoy Butterfl y<br />

Chair« gibt es bei Manufakturplus<br />

mit verschiedenen<br />

Bezügen zu kaufen – von<br />

Acryl bis Bio-Büffelleder,<br />

Preisspanne von € 585<br />

bis € 2.220,<br />

www.manufakturplus.de<br />

<strong>reisen</strong> <strong>EXCLUSIV</strong><br />

89


PLATZhalter.<br />

Besonders Wohnobjekte<br />

machen ein Zuhause erst<br />

zu einem Zuhause. Wie<br />

die Stühle von The Masie,<br />

die unserem Zuhause<br />

zweifelsohne industriellen<br />

Schick einhauchen. »Stuhl<br />

Vechio industriell« aus der<br />

Copper Edition, um € 52,<br />

www.themasie.com/de.<br />

Inspiriert hat uns das Hotel<br />

Coco Barn nahe Biarritz.<br />

PLANSCHbecken.<br />

Wir waren einfach nur baff, als wir diesen Traum von einer Badewanne im Hotel La Maison Saarlouis erblickt haben.<br />

Daraufhin haben wir keine Kosten und Mühen gescheut, um herauszufi nden, wo es dieses fürstliche Planschbecken zu kaufen gibt:<br />

Badewanne »Admiral Copper Effect« der italienischen Marke Devon&Devon, um € 5.340, www.devon-devon.com<br />

90<br />

<strong>reisen</strong> <strong>EXCLUSIV</strong>


LIFESTYLE<br />

LICHTkünstler.<br />

Gibt es ein Instagram-<br />

Zuhause? Ein Zuhause,<br />

wo jedes Eckchen schön<br />

ist? Ja! Vor allem, wenn<br />

handgemachte Holzleuchten<br />

wie die des<br />

finnischen Labels Secto<br />

Design alles in eine<br />

heimelige Atmosphäre<br />

tauchen – wie im Hotel<br />

Forsthofgut in Leogang.<br />

Verschiedene Größen<br />

und Designs sind beispielsweise<br />

über<br />

www.connox.de erhältlich.<br />

Hier kostet die<br />

große »Octo Pendelleuchte«<br />

in Walnuss<br />

oder Birke ab € 780<br />

(bei 54 Durchmesser).<br />

Fotos: Sven Paustian, Patricia Hendychova-Estanguet, Forsthofgut/Lorenz Marko 2016/Loewenzahn.at<br />

herbst <strong>2020</strong><br />

<strong>reisen</strong> <strong>EXCLUSIV</strong><br />

91


LIEBLINGSplatz.<br />

Ein Ort, an dem man sich wirklich daheim fühlt: Auch Balkon und Terrasse verlangen nach Aufmerksamkeit.<br />

Der faltbare Loungesessel »Cuba Chair« von Carl Hansen ist ein Designklassiker und verschönert das<br />

Draußen – entdeckt im Maslina Resort in Hvar. Gurtgefl echt in Weiß, Schwarz oder naturfarben erhältlich.<br />

Um € 610. www.carlhansen.com<br />

WELLENreiter.<br />

Upgrade für Daheim!<br />

Schockverliebt waren wir<br />

im schönen Hotel New<br />

Wave auf Norderney,<br />

Stylische und farbenfrohe<br />

Designelemente wie die<br />

Balkonmöbel von fermob<br />

mussten wir unverzüglich<br />

auch für zu Hause recherchieren.<br />

Voilà: Kleines<br />

Tischchen/Fußhocker aus<br />

der Luxemburg Collection,<br />

€ 185, Sessel aus der<br />

Bellevie Collection, € 885,<br />

www.fermob.com.<br />

Fotos: Nikola Radovani, PR/Hotel New Wave<br />

92<br />

<strong>reisen</strong> <strong>EXCLUSIV</strong><br />

frühling 2016


AKTIV EUROPA<br />

Angenehmen FLUG<br />

Über den Dingen zu schweben, kann ganz schön aufregend sein. Vor allem, wenn es dabei so<br />

rasant zugeht wie auf der Baumwipfelschwebebahn Harz. Mit zwölf bis 15 Stundenkilometer<br />

gleiten die Todesmutigen eine 1.000 Meter lange, kurvige Strecke vom Burgberg in das Kalte<br />

Tal. Mal sind die Baumwipfel zum Greifen nah, mal bereitet die freie Tiefe Herzklopfen. Und in<br />

der Ferne erhebt sich der höchste Berg des Harz, der Brocken. Die sechs Minuten vergehen<br />

sprichwörtlich wie im Flug. Wer noch mehr Höhenflug braucht, der erkundet noch den<br />

Baumwipfelpfad. www.baumwipfelpfad-harz.de<br />

AUS<br />

EINEM<br />

GUSS<br />

Es wiegt gerade einmal so<br />

viel wie zwei Wasserfl aschen,<br />

wird aus einem einzigen<br />

Stück Kohlefaser gefertigt und<br />

seinem Besitzer auf den Leib<br />

geschnitten. Der kalifornische<br />

Fahrradhersteller Superstrata<br />

hat das weltweit erste individualisierbare<br />

Unibody-Carbon-<br />

Bike auf den Markt gebracht.<br />

Das Superstrata Terra Bike<br />

kommt aus dem 3-D-Drucker.<br />

Dadurch ist der Carbonrahmen<br />

an Körpergröße, Gewicht, Armund<br />

Beinlänge, bevorzugte<br />

Sitzposition und gewünschte<br />

Steifi gkeit anpassbar –<br />

und kommt komplett ohne<br />

Schrauben und Kleben aus.<br />

Um € 2.800, auch als E-Bike<br />

erhältlich, um € 4.000,<br />

www.superstrata.bike<br />

Fotos: BaumSchwebeBahn Harz, Berghammer, PR/Superstrata (2)<br />

Stockemblem und Hut<br />

stehen dem Wanderer gut<br />

Einst waren sie der europäische Stempel im Reisepass. Die Stöcke früherer<br />

Generationen kamen nicht ohne aus. Stolz trug man sie wie eine Trophäe am<br />

Wanderstock: Stockembleme schienen lange Jahre aus der Mode gekommen.<br />

Nun wird das fast vergessene Stück europäischer Reisekultur wiedererweckt.<br />

Kein Wunder, denn die individuellen Motive von Berghammer sind einfach<br />

kultig. Wer mag, kann das Revival aktiv mitgestalten und auf der Homepage<br />

abstimmen, welches Ziel als Nächstes ein Motiv bekommt. Die Stockwappen<br />

kosten um € 5 bis € 7 pro Stück. www.derberghammer.com<br />

herbst <strong>2020</strong> 93<br />

<strong>reisen</strong> <strong>EXCLUSIV</strong>


AKTIV EUROPA | Österreich<br />

fotos<br />

BMiriam Meyer & Martin Häußermann<br />

94<br />

<strong>reisen</strong> <strong>EXCLUSIV</strong>


text<br />

BMartin Häußermann<br />

SATTELFEST<br />

MIT FAHRRAD UND FUSS DIE BERGWELT ÖSTERREICHS ERKUNDEN.<br />

REISEN <strong>EXCLUSIV</strong>-REPORTER MARTIN HÄUSSERMANN HAT E-BIKE UND<br />

WANDERN MITEINANDER KOMBINIERT ZU EINER AUSSICHTSREICHEN<br />

BIKE-AND-HIKE-TOUR IM KARWENDELGEBIRGE, DIE SICH<br />

WUNDERBAR FÜR EIN AKTIVWOCHENENDE EIGNET.<br />

95


»NEIN, NEIN,<br />

UNSERE BIKESTRECKE<br />

IST ECHT ENTSPANNT.«<br />

Ich bin früh dran. Die Straßen nach Scharnitz in Tirol waren frei, das<br />

eigene E-Mountainbike schnell aus dem Auto geladen und startklar<br />

gemacht. Da bleibt noch Zeit für einen Eiskaffee im Café Länd, direkt<br />

neben dem Wanderparkplatz, der auch ein Bikerparkplatz ist. Nach<br />

meiner Einschätzung – und der Zahl an Autos mit Fahrradträgern und<br />

Bullis – sind hier mindestens so viel Biker am Start wie Fußgänger.<br />

Das ist auch nicht weiter verwunderlich, schließlich ist das Angebot<br />

an Wegen riesig groß.<br />

Hier kann man sich die Schuhe für eine kleine einstündige Rundwanderung<br />

oder auch für Mehrtagestouren schnüren. Eine vergleichbare<br />

Vielfalt finden auch die Bergradler vor. Vom Parkplatz aus lässt sich<br />

eine gemütliche Tour starten, die gut elf Kilometer lang ist. Der Anstieg<br />

von 360 Höhenmetern ist auch für mäßig trainierte Biker gut zu schaffen,<br />

mit einem E-Bike ohnehin. Scharnitz ist aber auch der Etappenort<br />

des Bike Trail Tirol. Der ist mit einer Strecke von rund 1.000 Kilometern<br />

und Aufstiegen von sage und schreibe 27.000 Höhenmetern der<br />

längste zusammenhängende Mountainbike-Rundkurs der Alpen. Hier<br />

startet auch die Etappe Nummer sieben, die bis zum Achensee führt –<br />

die sogenannte Karwendeldurchquerung. Luftlinie wären das ungefähr<br />

45 Kilometer, die Wegstrecke für diese Etappe wird mit 62 Kilometern<br />

angegeben. Ob man das wirklich in einem Tag schafft?<br />

Wie ich so sinniere, sehe ich auf einmal Tassilo, einen befreundeten<br />

Bergsportler, um die Ecke biegen. Er hat mich auf die Idee zu dieser<br />

Tour gebracht und ist mit ein paar weiteren Gleichgesinnten mit der<br />

Bahn angereist. Die sind, das muss ich zugeben, ökologisch korrekter<br />

unterwegs als ich. Immerhin sind wir Gäste eines Naturparks. Tatsächlich<br />

fährt vom Münchner Hauptbahnhof aus eine Regionalbahn nach<br />

Scharnitz, die auch Fahrräder mitnimmt. Das haben sich meine Mit<strong>reisen</strong>den<br />

aber gespart und sich bei einem Sportgeschäft in der Nähe<br />

Leihräder besorgt, teils mit Elektrounterstützung, teils ohne.<br />

Tassilo fährt ausschließlich mit Muskelkraft, schließlich bezeichnet die<br />

Sportskanone Bikebergsteigen als ihr Hobby. Da packt der Sportler<br />

sein Rad, kurbelt den Berg hinauf, soweit es irgend geht, dann wird<br />

geschoben oder notfalls getragen, bis der Gipfel erreicht ist – um von<br />

dort dann wieder abzufahren. »Da wurden wir schon von manchen<br />

Bergwanderern ungläubig angeschaut«, erzählt der Wahlmünchner<br />

und grinst. Ich schaue ebenfalls ungläubig und frage vorsichtig, ob er<br />

das auch mit uns vorhat. Zwar ist mein Liteville dank Carbonrahmen<br />

nicht übermäßig schwer, aber rund 22 Kilogramm wären auch hier zu<br />

stemmen. Das will man keinen Berg hochtragen. Tassilo scheint meine<br />

Gedanken zu lesen, grinst noch ein bisschen breiter und beruhigt:<br />

»Nein, nein, unsere Bikestrecke ist echt entspannt.«<br />

Womit er tatsächlich recht hat. Mehr als das. Denn heute müssen<br />

wir nur das Karwendelhaus erreichen. Auf dem Wegweiser an unserem<br />

Startort lese ich: »Länge 17,9 km, Höhenmeter 850, Schwierigkeit:<br />

mittelschwierig.« Tatsächlich entpuppt sich unsere erste Etappe<br />

als schön ausgebauter Forstweg, der über weite Strecken dem fröhlich<br />

vor sich hinplätschernden Karwendelbach folgt und an diesen Abschnitten<br />

auch nur leicht ansteigt. Zu Fuß wäre das ein ziemlicher<br />

Hatsch, wie der Österreicher zu mühsamen, etwas eintönigen Wanderungen<br />

sagt. Deshalb bin ich froh, im Sattel zu sitzen. Mit dem Fahrrad<br />

hat man in diesem langen Streckenabschnitt – zumindest aufwärts<br />

– genau das richtige Tempo, um die Landschaft zu genießen, ohne dass<br />

es langweilig wird.<br />

Aber 850 Höhenmeter schafft man bei dieser Streckenlänge nicht<br />

allein mit leichten Anstiegen. An manchen Passagen bin ich sehr<br />

dankbar um den elektrischen Schub, der meine Muskelkraft wirkungsvoll<br />

ergänzt. Und zwar schon ziemlich kurz nach dem Start. Denn<br />

nachdem wir die Isarbrücke überquert haben, folgt ein kurzer, steiler<br />

Anstieg bis zum Brandlegg. Ein guter Ort für einen ersten Fotostopp,<br />

96 <strong>reisen</strong> <strong>EXCLUSIV</strong> herbst <strong>2020</strong>


AKTIV EUROPA | Österreich<br />

Keine Gnade für die Wade! Bei den Anstiegen zum Karwendelhaus<br />

ist Autor Martin froh um sein E-Mountainbike – und<br />

dankbar für die tierische Ablenkung.<br />

Das Ziel immer vor Augen: Die erste Etappe bis zum Karwendelhaus bewältigt man<br />

auf zwei Rädern. Die Birkkarspitze ganz in der Ferne erklimmt man dann aber zu Fuß.<br />

sommer 2019<br />

97


AKTIV EUROPA | Österreich<br />

Steilvorlage: Das Schlauchkar, ein<br />

ewig lang scheinendes Geröllfeld,<br />

gilt es auf dem Weg zur Birkkarspitze<br />

zu überqueren, während sich die<br />

umgebenden Gipfel langsam<br />

aus dem Nebel schälen.<br />

98


»GEHT ZEITIG LOS,<br />

DAMIT IHR VOR DEM GROSSEN REGEN<br />

WIEDER ZURÜCK SEID.«<br />

schließlich sieht man hier in die benachbarten Täler. Nach rund zehn<br />

Kilometern entlang des Bachs folgt die nächste Rampe, bei der ich<br />

auf Unterstützungsstufe zwei hochschalte. So meistere ich auch die<br />

Serpentinen bis zur Hochalm, auf deren saftigen Wiesen Kühe weiden.<br />

Die interessieren sich nicht weiter für zweibeinige und zweirädrige<br />

Touristen. Auch das Kalb am Wegesrand interessiert sich mehr fürs<br />

Grünfutter, bis ich »Muuh« rufe. Zugegeben etwas albern für einen<br />

erwachsenen Menschen, aber da mein jüngerer Sohn nicht dabei ist,<br />

der das bei sich bietender Gelegenheit zur Belustigung anderer auch<br />

immer tut, muss ich selbst aktiv werden. Das Kalb dreht kurz den<br />

Kopf, schaut gelangweilt und frisst dann sofort weiter.<br />

Kurz danach erreiche ich den Hochalmsattel auf 1.803 Metern,<br />

der die Mühen für den letzten Anstieg mit einem wunderbaren Panoramablick<br />

belohnt. Anschließend rolle ich zum Karwendelhaus auf<br />

1.771 Metern, einer traditionellen Berghütte, die wie ein Adlerhorst<br />

über dem Karwendeltal thront. Noch scheint die Sonne auf der Terrasse<br />

mit Aussicht ins Tal und Blick auf die Westliche Karwendelspitze.<br />

Das erste Weizenbier schmeckt köstlich. Doch während wir trinken,<br />

ziehen dicke Wolken auf und bei einigen sind die Gläser noch nicht<br />

leer, da treiben uns die ersten Regentropfen ins Haus. Auch hier gelten<br />

in diesen Tagen Corona-Hygieneregeln. Wir tragen beim Weg durchs<br />

Haus Mundschutz und nutzen unsere eigenen mitgebrachten Schlafsäcke.<br />

Denn die sonst üblichen Decken werden derzeit nicht ausgegeben.<br />

Das Karwendelhaus ist zwar mehr als 110 Jahre alt, doch Ausstattung<br />

und Technik sind absolut zeitgemäß. So stammt der Strom für die<br />

Hütte aus einem eigenen Wasserkraftwerk. Schon bei der Ankunft ist<br />

mir beispielsweise die Bike-Servicestation aufgefallen, an der man die<br />

Reifen aufpumpen und E-Bikes an insgesamt fünf Steckdosen aufladen<br />

kann. Letzteres ist deshalb erwähnenswert, weil der Deutsche Alpenverein,<br />

zu dem auch die Karwendelhütte gehört, zu E-Mountainbikes<br />

– vorsichtig gesagt – ein eher distanziertes Verhältnis hat. Aber Hüttenwirt<br />

Andreas Ruech denkt da anders. Als gelernter IT-Spezialist ist<br />

er eher dem Fortschritt zugewandt als traditionsbewusste Bergsportler.<br />

So taucht er auch prompt mit dem Tablet auf, nachdem wir – je<br />

nach Gusto – unseren Schweinebraten oder Kaspressknödel vertilgt<br />

haben. Er gibt uns den Alpinwetterbericht für den folgenden Tag.<br />

Während er uns informiert, möchte man lieber nicht draußen sein.<br />

Nicht nur, dass es schüttet wie aus Kübeln, es zieht ein schweres Gewitter<br />

durch. Plötzlich wird es im Fenster taghell, unmittelbar kracht<br />

es buchstäblich donnernd. Wie wir am anderen Tag erfahren, hat der<br />

Blitz in die Antenne des Karwendelhauses, die aber einige Hundert<br />

Meter weiter steht, eingeschlagen. Das Internetsignal ist weg, das Telefon<br />

tot. Doch wir sind optimistisch für den zweiten Teil unserer Unternehmung.<br />

»Ihr habt ein Zeitfenster zwischen sieben Uhr früh und<br />

zwei Uhr Nachmittags, also geht zeitig los, damit ihr vor dem großen<br />

Regen wieder zurück seid«, sagt Andreas.<br />

Wir wollen am anderen Tag die Birkkarspitze erklimmen, mit<br />

2.749 Metern der höchste Gipfel des Karwendels. Nicht mit dem Fahrrad<br />

schiebend auf dem Rücken, wie Tassilo das gemacht hat, sondern<br />

ganz klassisch zu Fuß. Mit kleinem Gepäck, alles was wir nicht brauchen<br />

lassen wir in unserem Basislager zurück. So ähnlich wie bei ganz<br />

großen Expeditionen.<br />

Am anderen Morgen um sieben Uhr ist die Welt tatsächlich wieder<br />

in Ordnung. Der Regen hat den Staub von unseren Bikes gespült und<br />

sommer herbst <strong>2020</strong> 2019 <strong>reisen</strong> <strong>EXCLUSIV</strong> 99


»OB EINE ABFAHRT<br />

AUF DEM KINDERRAD<br />

DIE BESSERE LÖSUNG<br />

GEWESEN WÄRE?«<br />

das Gewitter hatte tatsächlich reinigende Wirkung, denn die Sicht ist<br />

deutlich besser geworden. Ein stärkendes Frühstück soll die Energiespeicher<br />

nochmals aufladen, unser Bergführer Franz leistet uns Gesellschaft.<br />

Er war am frühen Morgen von Scharnitz mit dem E-Bike<br />

hochgefahren, ich würde sagen, er ist gebrettert, wenn ich höre, dass<br />

er erst kurz vor sechs losgefahren ist. Wir haben am Vortag zweieinviertel<br />

Stunden gebraucht, allerdings inklusive diverser Fotostopps.<br />

Vorsichtig frage ich, wie die Schwierigkeit unserer Bergtour denn<br />

einzuordnen ist: »Mit ein bisschen Kondition und Trittsicherheit<br />

schafft man das leicht«, sagt Franz. Und Hüttenwirt Andreas ergänzt:<br />

»Wer die kleine Kletterpassage gleich hinter dem Haus schafft, der<br />

kommt auch auf den Gipfel.« Schlüsselstelle nennen Alpinisten eine<br />

solche Passage. Direkt hinter dem Karwendelhaus geht es einen<br />

schmalen Pfad durch Lawinenverbauungen hinauf. Ich habe schon<br />

meine Wanderstöcke ausgepackt, um sie aber an der Schlüsselstelle in<br />

eine Hand zu nehmen. Denn hier empfiehlt es sich, immer eine Hand<br />

an den Drahtseilsicherungen zu haben, die in den Felsen eingelassen<br />

sind. Konzentration ist gefordert. Tritt suchen, am Seil festhalten und<br />

sich dann langsam, aber sicher über die großen Steinbrocken nach<br />

oben schieben. Danach geht es durch das Schlauchkar, ein ewig lang<br />

scheinendes Geröllfeld, nach oben. Auch wenn Franz vorher noch<br />

sagte, diese Tour könne ein geübter Bergwanderer auch allein gehen,<br />

bin ich ganz froh, dass hier einer die Spur legt und ich einfach hinterhergehen<br />

muss. Ich bin froh, dass alles trocken ist und sich auch<br />

die Altschneefelder, die hier bis in den Juli hinein liegen können, an<br />

ein paar schattige Ecken verzogen haben. Über den Schlauchkarsattel<br />

erreichen wir die Birkkarhütte.<br />

Wer nun Kaiserschmarrn oder ein frisches Bier erwartet, wird herb<br />

enttäuscht, diese relativ neue Hütte ist nichts als ein Schlechtwetterunterstand.<br />

Zwei Bänke, ein Tisch, das war’s. Ach ja: Ein Scherzkeks<br />

hat tatsächlich ein Kinderfahrrad hochgetragen und an der Hütte<br />

angekettet. Nach einer kurzen Trinkpause geht es los zum Gipfelsturm.<br />

Die Wanderstöcke bleiben in der Hütte. Die wären auf dem<br />

letzten Streckenabschnitt hinderlich. Denn jetzt ist tatsächlich ein<br />

bisschen Kraxelei angesagt. Da sollte man die Hände frei haben. Eine<br />

alpine Höchstleistung ist das zwar nicht, aber anstrengen muss man<br />

sich schon. Und Tassilo hatte sicher recht mit seinem Hinweis: »Mit<br />

Halbschuhen würde ich da nicht raufgehen.« Als Lohn für die Mühe<br />

wartet am Gipfel ein fantastischer Ausblick. Von den Hohen Tauern<br />

über die Ötztaler Alpen und bis ins Bayerische Voralpenland erstreckt<br />

sich das scheinbar endlose Panorama.<br />

Mit Blick auf das erwähnte Zeitfenster beschränken wir uns auf<br />

der höchsten Erhebung des Karwendelgebirges auf eine kurze Trinkund<br />

Vesperpause sowie ein coronagerechtes Gruppenfoto. Denn bisher<br />

haben wir mit dem Wetter mehr als Glück gehabt – und wollen<br />

dieses nicht herausfordern. Fünf Stunden nach unserem Start sind<br />

wir wieder am Karwendelhaus. Trotz der Wanderstöcke, die bergab<br />

ja wirkungsvoll bremsen und Druck von den Beinen nehmen, spüre<br />

ich unten meine brennenden Oberschenkel. Ob eine Abfahrt auf dem<br />

Kinderrad die bessere Lösung gewesen wäre?<br />

INFO<br />

ANREISE<br />

Mit der Bahn: ab München Hauptbahnhof mit der Regionalbahn<br />

nach Scharnitz; Fahrtdauer ca. zwei Stunden; Fahrradmitnahme<br />

möglich (kostet E 6 extra).<br />

E-BIKE-VERLEIH<br />

Wer ohne eigenes Mountainbike anreist, hat die Möglichkeit, sich<br />

in Seefeld eines zu leihen. Der Bike-Verleih ist im Zentrum von<br />

Seefeld, etwa fünf Gehminuten vom Bahnhof entfernt. Im Verleih<br />

sind Mountainbikes (E 20 pro Tag) und E-Bikes (E 35 pro Tag) der<br />

Marke Cube. Von Seefeld zum Startpunkt der Tour in Scharnitz<br />

braucht man knapp eine Stunde (ca. 13 km). www.sport-norz.at<br />

Weitere Informationen www.seefeld.com<br />

100 <strong>reisen</strong> <strong>EXCLUSIV</strong><br />

herbst <strong>2020</strong>


AKTIV EUROPA | Österreich<br />

Gipfelglück: Am Gipflekreuz der<br />

Birkkarspitze – mit 2.749 Metern die<br />

höchste Erhebung des Karwendelgebirges<br />

– ist gute Laune angesagt.<br />

101


AKTIV EUROPA | Tschechien<br />

Auf dem Weg<br />

zur Quelle<br />

text & fotos<br />

BMarkus Grenz<br />

102<br />

herbst <strong>2020</strong>


Wer in Tschechiens Landesteil Böhmen dem Verlauf<br />

der Elbe folgt, der wird viele Entdeckungen machen. Das gut<br />

ausgebaute Bahnnetz ist wie prädestiniert für eine Reise<br />

(fast) bis ins Riesengebirge.<br />

Fließender Übergang: Im<br />

tschechischen Melnik treffen<br />

Elbe und Moldau aufeinander.<br />

Hier ist die Elbe nur ein kleiner<br />

Nebenfluss, sie mausert sich<br />

aber auf ihren 900 Kilometern<br />

bis zur Nordsee zu einem der<br />

größten Flüsse Europas.<br />

<strong>reisen</strong> <strong>EXCLUSIV</strong><br />

103


»Ein Pilsener<br />

Urquell gefällig?<br />

Die Happy Hour<br />

hat begonnen.«<br />

... fragt mich die aufmerksame Kellnerin mit ihrem<br />

reizenden Akzent und zückt Block und Stift.<br />

Gerade haben wir die Grenze zwischen Deutschland<br />

und Tschechien passiert und ab jetzt ist die<br />

ganze Fahrt über Happy Hour. Damit sich auch die<br />

Tschechen das Angebot im Speisewagen des Zugs<br />

leisten können, werden die Preise beim Grenzübertritt<br />

einfach halbiert. »Den Lendenbraten mit<br />

den böhmischen Knödeln und eine Cola, bitte«,<br />

entscheide ich mich. Trotz Hochsommer kann ich<br />

der schweren tschechischen Küche in diesem stimmigen<br />

Ambiente nicht widerstehen. Aber an ein<br />

Bier traue ich mich bei gefühlten 40 Grad Außentemperatur<br />

noch nicht heran.<br />

Der Speisewagen macht seinem Namen alle<br />

Ehre: ein geräumiger Wagen, frische Tischdecken,<br />

freundliche Kellnerinnen, eine richtige Speisekarte,<br />

alles zum Wohlfühlen. Es ist zwar nicht der<br />

Orientexpress, aber immerhin wird hier noch richtig<br />

gekocht. »Das gibt es leider nur noch in den<br />

sechs Zügen, die täglich zwischen Prag und Berlin<br />

bzw. Hamburg unterwegs sind«, erzählt mir unsere<br />

Fremdenführerin Barbora Fajkusova zwischen<br />

zwei Happen ihres Schnitzels und wendet den<br />

Blick wieder den vorüberfließenden Landschaften<br />

der Böhmischen Schweiz zu, durch die sich zu<br />

unseren Füßen die Elbe ihren Weg bahnt. Dieses<br />

blaue Band wird mein roter Faden für die kommenden<br />

Tage – und zwar so lange, bis ich bis zu ihrer<br />

Quelle vorstoßen werde. Und ich finde, dass dieses<br />

sanfte, aber unaufhaltsame Gleiten im Zug und das<br />

beständige und zeitlose Fließen des Flusses ganz<br />

herrlich miteinander korrespondieren. Tschechien<br />

ist mit seinem dichten Schienennetz wie gemacht<br />

für nachhaltiges Reisen.<br />

Nachdem wir einmal die Bahn gewechselt haben,<br />

erreichen wir unser Ziel in der tschechischen<br />

Provinz, den 20.000-Seelen-Ort Melnik. Aufmerksam<br />

schlendern wir durch das Städtchen, das zu<br />

Zeiten des Kommunismus auch nicht viel anders<br />

ausgesehen haben wird. Ein süßes Örtchen, Kopfsteinpflaster<br />

und Glockenturm im Zentrum, die<br />

historischen Fassaden allerdings frisch getüncht.<br />

Drumherum drängeln sich eher gesichtslose<br />

Zweckbauten in unterschiedlichen Stadien der Erhaltung,<br />

etwas weiter außerhalb gruppieren sich<br />

die für Tschechien so typischen mäßig aufgeräumten<br />

Höfe von Betrieben, die umrahmt sind von »abgefressenen«<br />

Mäuerchen.<br />

Doch so ganz tief in der Provinz bin ich hier,<br />

rund 35 Kilometer nördlich von Prag, nicht gelandet.<br />

Und »bedeutungslos» ist dieses Melnik in<br />

Mittelböhmen schon gar nicht. Ich stehe auf der<br />

Terrasse von Schloss Melnik, an diesem klaren Tag<br />

zeichnen sich in der Ferne die Spitzen des Böhmischen<br />

Mittelgebirges ab und rund 70 Meter unter<br />

mir treffen die Wasserstraßen aufeinander. »Der<br />

Zusammenfluss von Elbe und Moldau ist ein zentraler<br />

Punkt des Elbeverlaufs in Tschechien«, kommentiert<br />

unsere Fremdenführerin Barbora. Ganz<br />

104 <strong>reisen</strong> <strong>EXCLUSIV</strong> herbst <strong>2020</strong>


AKTIV EUROPA | Tschechien<br />

Alles böhmische Dörfer?<br />

Um genau zu sein, liegt das<br />

beschauliche, aber geschichtsträchtige<br />

Städtchen Melnik in<br />

Mittelböhmen. Oben auf dem<br />

Berg thront das Schloss.<br />

schmal, und fast hätte ich sie übersehen, fließt<br />

die Elbe, in Tschechien Labe genannt (»Fluss«),<br />

an meinem linken Bildrand vom Riesengebirge<br />

kommend als kleiner Nebenfluss in die Moldau,<br />

die fortan eben Elbe heißt, und wird in<br />

rund 900 Kilometern in die Nordsee münden.<br />

»Hier war immer ein Zentrum der Macht«,<br />

stellt Jiri Lobkowicz fest und lässt mit ein<br />

klein wenig Besitzerstolz die Augen über den<br />

Schlosshang wandern, der voller Weinreben ist.<br />

Niemand um uns herum würde in dem freundlich<br />

dreinblickenden und gemütlich fülligen<br />

Mann in Jeans und kurzärmeligem Hemd, das<br />

über den Hosenbund schlabbert, einen richtigen<br />

Prinzen und Schossherrn vermuten. Doch<br />

der unprätentiös auftretende Herr Anfang 60<br />

ist Nachkomme eines der seit 800 Jahren zentralen<br />

Adelsgeschlechter Tschechiens. Doch<br />

wie für so viele Adelige war das Europa des 20.<br />

Jahrhunderts ein gefährliches Pflaster. »Mein<br />

Vater flüchtete erst vor den Nazis nach Prag und<br />

dann vor den Kommunisten in die Schweiz«,<br />

erzählt uns Prinz Jiri Lobkowicz während der<br />

Schlossbesichtigung. Er selbst wurde im Land<br />

der Eidgenossen geboren und machte Karriere<br />

als Bankier in Städten wie Paris, London oder<br />

New York. Als nach der Samtenen Revolution<br />

und dem Ende des Kommunismus in der damaligen<br />

Tschechoslowakei unvorbelastete und<br />

qualifizierte Fachleute mit tschechischen Wurzeln<br />

heiß begehrt waren, kam er ins Land der<br />

Vorväter zurück. Er wurde Regierungsberater<br />

und Politiker, auch in der späteren Tschechischen<br />

Republik. Und er, bzw. seine Familie,<br />

bekam einen großen Teil des alten Besitzes zurück.<br />

»Es war sogar fast die Hälfte des Inventars<br />

erhalten geblieben«, berichtet der wiedereingesetzte<br />

Schlossherr beim Gang durch die Räume,<br />

die heute zum Teil als Museum dienen.<br />

Mittlerweile kämen rund 80.000 Besucher<br />

im Jahr ins Schloss Melnik. Viele steigen hinunter<br />

in den historischen Weinkeller. »Die<br />

Winzerei ist ein Hobby von mir«, übt sich Jiri<br />

Lobkowicz in Understatement. Denn was der<br />

»Hobby-Winzer« und hauptberufliche Wirtschaftsökonom<br />

da Jahr für Jahr seinen Reben<br />

abgewinnt, ist nicht weniger als eine Menge<br />

von 80.000 Litern. Schon nicht schlecht. Er<br />

kredenzt uns im acht Grad kühlen Gewölbe<br />

105


AKTIV EUROPA | Tschechien<br />

einen roten Ludmilla mit fruchtiger Note. Die heiliggesprochene Namensgeberin<br />

des Weines war im Schloss Melnik geboren worden, als<br />

dies noch eine Burg aus Holz war. Ludmilla hatte nicht nur die Christianisierung<br />

Böhmens getragen, sondern war auch Großmutter und<br />

Erzieherin des heiligen Wenzel, des Nationalpatrons der Tschechen.<br />

Jiri Lobkowicz erinnert an eine weitere Entwicklungslinie, die ihn mit<br />

der früheren Hausherrin verbindet – sie ist auch die Patronin der Winzer:<br />

»Die heilige Ludmilla hat den Weinbau in Böhmen nach Melnik<br />

gebracht. Danach hat es hier immer eine Winzerei gegeben. Ich führe<br />

also mit dem Weinbau eine lange Tradition fort.« Auch wenn sie mit<br />

ihrem Jahresausstoß im Vergleich zu den großen Anbaugebieten in<br />

Europa doch nicht viel mehr als einen Tropfen im Ozean darstellt.<br />

Oder alternativ eine Momentaufnahme im Fluss des großen Taktgebers<br />

dieser Region, der Elbe. Besser gesagt: In einem sehr kurzen<br />

Moment wäre die Jahresweinproduktion hier in der Elbe vorübergeflossen,<br />

etwas mehr als eine Zehntelsekunde bezogen auf die durchschnittliche<br />

Durchflussmenge von 711 Kubikmetern Wasser pro<br />

Sekunde im Flussbett. Daran muss ich denken, als mich das monotone<br />

Klackern des Zuges am folgenden Vormittag ein wenig schläfrig<br />

macht. Wir sind auf dem Weg nach Ostböhmen, immer entgegen der<br />

Fließrichtung, auf dem Weg zur Quelle. Unser nächster Stopp: Pardubitz,<br />

mit dem Auto rund 140 Kilometer von Melnik entfernt.<br />

Ein wunderschön restaurierter Ortskern mit eher mäßig interessanten<br />

Wohn- und Gewerbegebieten drumherum: Diesem Muster<br />

entspricht auch die Hauptstadt der gleichnamigen Region. Das wird<br />

mir klar, nachdem wir mit unseren Fahrrädern die für Pkw gesperrte<br />

Hauptstraße mit kommunistischem Flair hinter uns gelassen und das<br />

60 Meter hohe Grüne Tor mit großer Turmuhr im Renaissance-Stil<br />

durchfahren haben. Jetzt hoppeln wir über das Kopfsteinpflaster des<br />

Marktplatzes. Hinter der alten Stadtmauer liegt die Altstadt und die<br />

zeigt sich wie aus dem Ei gepellt. Doch wir lassen die gemütlichen<br />

Cafés hier hinter uns, »fliegen« vorbei am alten Rathaus, passieren die<br />

restaurierte Wasserburg »Schloss Pardubitz« und schenken auch der<br />

»Automatischen Mühle«, einer ehemaligen Industrieanlage, die heute<br />

ein kulturelles Zentrum ist, nur einen kurzen Blick. Unser Ziel ist das<br />

Wasser.<br />

Das funkelt auch schon einige Minuten später blau in der gleißenden<br />

Sonne. Da ist sie also wieder, die Begleiterin unserer Reise, die<br />

Elbe. Schon schlägt mein Herz ein bisschen höher, denn hier tobt das<br />

pralle Sommervergnügen. Wir passieren eine Brücke, von der sich die<br />

Jugend der Stadt ins Wasser wirft. Um sie herum zockeln zahlreiche<br />

Paddler durch die Fluten. Am Ufer fläzen sich die Sonnenanbeter auf<br />

Betonstufen. Hier zeigt der Elberadweg seine wahren Reize. Die Strecke<br />

lässt uns wie von selbst durch die Elbauen gleiten – 380 Kilometer<br />

führt einer der schönsten Radwanderwege Europas durch Tschechien.<br />

Wir nehmen heute nur insgesamt 20 Kilometer unter die Räder, unser<br />

Ziel ist ein beliebter Ausflugsort. Mit uns sind zahllose Radler und<br />

Rollschuhfahrer unterwegs. Immer wieder passieren wir Wassersportler<br />

und vergnügungssüchtiges Jungvolk, das den blendenden Sommer<br />

am und auf dem Wasser genießt. Dann biegen wir ab, entfernen uns<br />

wieder vom Fluss und fahren nach einer kurzen Strecke ein ins Reich<br />

der Lebkuchen.<br />

»Wir haben hier keinen Premierminister, sondern den Lebkuchenkönig«,<br />

begrüßt uns der »Zöllner« am Tor zum Lebkuchenmuseum und<br />

händigt uns tatsächlich einen kleinen Fantasiepass in Lebkuchenbraun<br />

aus. Ich muss ein wenig schmunzeln wegen des – in bester großväterlicher<br />

Märchenerzählermanier gehaltenen – Vortrages. Das Museum<br />

selbst setzt den Eindruck unterbrechungslos fort. Es wird auch Knusperhäuschen<br />

genannt und hat seine Heimat in einem ehemaligen Jägerschloss,<br />

einem geräumigen Fachwerkbau, gefunden, das von verschiedenen<br />

Lebkuchenbäckereien unterstützt und von zwei Familien<br />

betrieben wird. Die Produktion der süßen Kuchen ist ein wichtiger<br />

Wirtschaftsfaktor für die Region. Zusammen mit der nahen Burg »Kuneticka<br />

Hora«, in der es im Sommer neben einer tollen Aussicht auf<br />

das Umland ein Open-Air-Theater gibt, einem Pferdehof und Streichelzoo<br />

und einer Gastronomie, bildet dieses Knusperhäuschen ein<br />

Ausflugsensemble für die ganze Familie. Hänsel und Gretel jedenfalls,<br />

die als Figuren den Eintritt ins Museum markieren, hätten dieses mit<br />

Lebkuchen aller Art vollgestopfte Gebäude geliebt. Ich stecke mir als<br />

Proviant für den Rückweg noch einen dicken Kuchen in die Tasche.<br />

Denn für einen etwas aus der Form geratenen Radfahrer wie mich<br />

können die zehn Kilometer ganz schön lang werden.<br />

Und daran sollte ich sehr guttun, weiß ich einen Tag später, als<br />

ich doch ein wenig gerädert wieder im Zugabteil sitze, die Zwischenmahlzeit<br />

war mir sehr willkommen. Erneut hat mich die Schläfrigkeit<br />

gepackt, das Ziehen in den Beinen und das schmerzende Gesäß vermischen<br />

sich in meinem Kopf angenehm mit dem monotonen Klackern<br />

der Gleise. Doch schon bald werde ich unbarmherzig aus meinem Zustand<br />

gerissen, wir müssen umsteigen. Ins Riesengebirge zu kommen,<br />

erfordert mehr Logistik als gewohnt, noch zweimal wechseln wir den<br />

Riesenrad: Auf dem<br />

Schloss beeindrucken<br />

nicht nur stolze Pfaue,<br />

sondern auch der urige<br />

Weinkeller mit besonderen<br />

Tropfen.<br />

106<br />

herbst <strong>2020</strong>


USA | New York<br />

Spitzenlage: Unter<br />

dem Schloss fließt im<br />

Tal die Moldau in die<br />

Elbe und gedeiht der<br />

Wein, für den Melnik<br />

berühmt ist.<br />

Foto: Honza Kopta/Shutterstock.com<br />

Freiheit im Fokus. Doch Achtung,<br />

die Tickets zur Begehung der Statue<br />

of Liberty sind häufig schon Monate<br />

im Voraus ausverkauft. Deswegen<br />

unbedingt früh genug planen.<br />

»Ich führe mit dem Weinbau<br />

eine lange Tradition fort.«<br />

Schlossherr Jiri<br />

Lobkowicz zeigt stolz<br />

sein Anwesen, das für<br />

Besucher zugänglich ist.<br />

Die Familie Lobkowicz<br />

gehört zu einem der<br />

ältesten böhmischen<br />

Adelsgeschlechter.<br />

sommer 2019<br />

<strong>reisen</strong> <strong>EXCLUSIV</strong><br />

107


AKTIV EUROPA | Tschechien<br />

Stillleben am Wegesrand und unverstellter<br />

Weitblick: die Wandertruppe auf ihrem Weg<br />

zu Spindlermühle, das oft als Perle des<br />

Riesengebirges beschrieben wird.<br />

Wo sich im Winter Hunderte Skifahrer im Riesengebirge die Pisten hinunterwerfen,<br />

herrscht im Sommer zum Glück nur für Schafe Hochbetrieb. Auch<br />

die Elbquelle hat man ganz für sich allein.<br />

108 <strong>reisen</strong> <strong>EXCLUSIV</strong><br />

herbst <strong>2020</strong>


»Die eigentliche Quelle<br />

befindet sich 200 Meter<br />

entfernt.«<br />

Zug und an der Endhaltestelle in Vrchlabi Labi (»Obere Elbe«) geht<br />

es mit dem Bus weiter. »Und, wieder fit, Markus?«, fragt mich unsere<br />

Fremdenführerin Barbora, der die Drahteseltour vom vergangenen<br />

Tag so gar nichts anhaben konnte, als wir unsere Unterkunft in der<br />

Ortschaft Spindleruv Mlyn (»Spindlermühle«) erreichen. Wir haben<br />

zwar nur rund 100 Kilometer von Pardubitz aus zurückgelegt, doch<br />

die Welt um uns herum ist eine andere geworden. Die flache Landschaft<br />

ist passé, wir sind nun auf rund 700 Metern Höhe.<br />

Zum Ausruhen ist wenig Zeit. »Na, alle bereit?«, begrüßt uns unser<br />

Bergführer Radek, ein kerniger Naturbursche mit Fließjacke, Dreitagebart<br />

und einer guten Portion Abenteuerlust, die ihm im leicht rot angebrannten<br />

Gesicht geschrieben steht. Während wir langsam unseren<br />

Aufstieg unter die Wanderschuhe nehmen, erwachen meine Lebensgeister<br />

wieder. Radeks sind schon längst hellwach. »Spindlermühle ist<br />

der bekannteste Ort für Touristen auf der tschechischen Seite des Riesengebirges«,<br />

erzählt er uns in ziemlich gutem Deutsch, während wir<br />

unseren Ausgangspunkt immer weiter hinter uns zurücklassen. Wie<br />

auch sonst auf meiner Reise durch Böhmen ist hier die deutsche Sprache<br />

weitverbreitet. Das heute oft Perle des Riesengebirges genannte<br />

Spindlermühle wurde im späten 18. Jahrhundert von Waldarbeitern<br />

gegründet, die aus dem benachbarten Schlesien kamen und das nötige<br />

Holz für den hiesigen Silberabbau liefern sollten. Den Namen entlehnte<br />

die Gemeinde tatsächlich der Mühle eines Herrn Spindler, die<br />

damals in der Mitte der Siedlung gestanden hatte, aber mittlerweile<br />

längst verschwunden ist. Schon seit Mitte des 19. Jahrhunderts wurde<br />

das Örtchen mehr und mehr zum Touristenhotspot. Heutzutage kann<br />

sich die Einwohnerzahl im Winter schon mal verzehnfachen, der Ort<br />

verfügt über einige der besten Skipisten im Riesengebirge.<br />

Was mich betrifft, so ziehe ich die hügelige Landschaft im Sommer<br />

allemal vor. Längst ist mein Ziehen in den Beinen vergessen, um uns<br />

herum grünt und blüht es, als wollte uns die Natur zeigen, wie pralles<br />

Leben auszusehen hat. Wir marschieren entlang der polnisch-tschechischen<br />

Grenze, die mitten durch den Nationalpark führt. 600 Kilometer<br />

Wanderwege und 400 Kilometer für Radfahrer gibt es hier, das<br />

sorgt für Konjunktur auch in den schneearmen Monaten. »Aber man<br />

darf nie vergessen, dass man in den Bergen ist. Das Wetter kann sich<br />

schnell rapide ändern, und das mehrmals am Tag«, erläutert Radek, als<br />

wir uns nach rund zwei Stunden einen Zwischenstopp auf dem Weg<br />

zur Quelle gönnen und mit einer böhmischen Kartoffelsuppe stärken.<br />

Die letzte Etappe steht an.<br />

Immer höher winden wir uns die schmaler werdenden Wege hinauf,<br />

von Zeit zu Zeit fällt unser Blick auf die Elbe, die hier nicht viel mehr<br />

als ein ziemlich breiter Bach ist. Immer mal wieder löschen wir unseren<br />

Durst mit dem eiskalten klaren Wasser, das aus Quellen am<br />

Wegesrand heraussprudelt, und genießen den Ausblick, der mit seinen<br />

sanft abfallenden und ansteigenden Hängen, auf denen knorrige<br />

Fichten auf sattgrünen Wiesen wachsen, fast wie ein geschönter Tourismusprospekt<br />

daherkommt. Je länger wir aufsteigen, desto mehr ersetzen<br />

borstige Büsche die schlanken Bäume, wir nähern uns unserem<br />

Ziel auf 1.386 Metern Höhe.<br />

Und dann stehen wir davor! Auf einem Bergkamm auf der sogenannten<br />

»Labska louka« (Elbwiese) und von gerundeten Steinblöcken<br />

umgeben präsentiert sich die »pramen Labe«, die Elbquelle, fast wie<br />

ein kleiner Brunnen, der allerdings nur rund 40 Zentimeter tief ist.<br />

Auf dem Grund funkeln uns kleine silberfarbene Münzen entgegen,<br />

die unseren Vorgängern wohl Glück beim Abstieg und im weiteren<br />

Leben bescheren sollten. »Das ist hier aber nur die symbolische Elbquelle,<br />

die man für die Besucher angelegt hat. Die richtige befindet<br />

sich rund 200 Meter entfernt«, erläutert Radek und deutet auf das<br />

uns umgebende Torfmoor. Aus Gründen des Naturschutzes wollen die<br />

Parkbetreiber die Besucher aus dem, mit struppiger Wiese bewachsenen<br />

Moor heraushalten. »Da gibt es aber auch nicht viel zu sehen«,<br />

erläutert unser Führer, während ich die 26 Wappen betrachte, die auf<br />

einem Mäuerchen aufgemalt sind – die bedeutendsten Städte, durch<br />

die die Elbe auf ihrem Weg in die Nordsee fließt. Ich betrachte Adler<br />

und Löwen von Melnik, das weiße Pferd von Pardubitz und die stilisierten<br />

Fichten von Spindlermühle, lasse meine bisherige Reise Revue<br />

passieren. Am anderen Ende der Mauer befindet sich das goldene<br />

Schild mit Kugelbake, einem nautischen Zeichen, der Stadt Cuxhaven.<br />

Bis das Elbwasser dort angelangt ist und in die Nordsee fließen kann,<br />

wird es 1.094 Kilometer zurücklegen müssen. Diesen Elbetrip spare<br />

ich mir aber für das nächste Mal auf.<br />

INFO<br />

ANREISE<br />

Bahn: Sechsmal täglich kann man mit dem Eurocity (EC)<br />

von Hamburg bzw. Berlin nach Böhmen <strong>reisen</strong> (Infos unter<br />

czech-transport.com, www.cd.cz/de oder www.bahn.de). Alle<br />

Züge passieren auch Prag. Außerdem fährt die Deutsche Bahn<br />

mehrfach täglich von verschiedenen Bahnhöfen in Deutschland<br />

mit dem ICE nach Prag. Eine interessante Option ist das Elbe-Labe-<br />

Ticket, mit dem man mit der S-Bahn in Dresden starten kann und<br />

an verschiedenen Orten in Böhmen hält (www.vvo-online.de).<br />

Tschechische Zentrale für Tourismus - CzechTourism<br />

Wilhelmstraße 44, 10117 Berlin, Tel. + 49 30 204 4770<br />

berlin@czechtourism.com, www.visitczechrepublic.com<br />

herbst <strong>2020</strong><br />

109


FAHR<br />

LIFESTYLE<br />

RAD<br />

Albert Einstein behauptete<br />

einst, ihm sei die Relativitätstheorie<br />

auf dem Fahrrad<br />

sitzend eingefallen.<br />

Genialität hat also auch<br />

auf dem Sattel Platz.<br />

Was man sonst noch<br />

zum erfolgreichen<br />

Radeln braucht,<br />

zeigen wir hier.<br />

1 |<br />

1<br />

Guter Rat ist teuer? Nicht in Sachen<br />

Sicherheit. Der Kopfschutz von<br />

Hövding zählt zum sichersten Equipment,<br />

das es gibt, und er wird als<br />

Kragen um den Hals getragen. Bei<br />

einem Sturz löst der Airbag innerhalb<br />

von einer Sekunde aus. Mit der App<br />

verbunden, gibt es zudem hilfreiche<br />

Features, wie die Benachrichtigung<br />

der hinterlegten Notfallnummer, mit<br />

Standortinfo bei einem Unfall oder<br />

den Überblick über gefahrene Kilometer.<br />

»Hövding 3«, um € 300<br />

2 |<br />

3 |<br />

4 |<br />

5 |<br />

6 |<br />

9 |<br />

Text & Produktion: Ulrike Klaas; Fotos PR (5), Alexander Crispin<br />

2<br />

Eat, sleep, bike!<br />

Der New-Balance-Sneaker<br />

kombiniert modernes Design<br />

mit 1970er-Jahre-Stil und<br />

sieht nicht nur im Straßenverkehr<br />

stylisch aus. »New<br />

Balance 327«, € 110<br />

3<br />

Das fünfte Rad am Wagen<br />

ist die Fahrradtasche im<br />

Kurierstil von Ortlieb ganz<br />

gewiss nicht, sondern sie ist<br />

unerlässlich auf dem Weg<br />

zur Arbeit (mit integriertem<br />

Laptopfach), zum Sport oder<br />

auch auf einer längeren Radtour.<br />

Robust, wasserdicht und<br />

mit extra Polster trägt er sich<br />

federleicht auf dem Rücken.<br />

Mit 17 l, 23 l und<br />

27 l erhältlich, ab € 90<br />

4<br />

Rad mal: Helm oder Faltwunder?<br />

Die Größe des<br />

Closca-Helmes lässt sich in<br />

nur einer Sekunde um fast die<br />

Hälfte reduzieren, indem man<br />

ihn einfach zusammenfaltet.<br />

So lässt er sich in Tasche oder<br />

Rucksack mühelos verstauen.<br />

Perfekt auf Reisen oder auch<br />

im Alltag. »Helmet Loop«,<br />

340 g (Größe M), € 70<br />

5<br />

Ein Rad schlagen könnte man<br />

vor Freude beim Anblick des<br />

E-Bikes Ella Cruise Hybrid.<br />

In leuchtendem Gelb und<br />

Retro-Look düst man mit der<br />

7-Gang-Nabenschaltung von<br />

Shimano und der Antriebstechnologie<br />

von Bosch entspannt<br />

durch die Stadt und<br />

schaltet mit hydraulischer<br />

Felgenbremse auch mal einen<br />

Gang runter. Farbe: yellow ’n’<br />

white, 24,9 kg, € 2.399<br />

6<br />

Mit Rad und Tat zur Seite:<br />

Mit der Jacke von Haglöfs ist<br />

Mann für alle Wetterbedingungen<br />

gewappnet. Atmungsaktiv,<br />

wasserdicht, leicht und<br />

mit jeder Menge Bewegungsfreiheit<br />

kann die nächste<br />

Mountainbike-Tour kommen.<br />

Und in Signalgelb ist man für<br />

jedermann sichtbar. »L.I.M<br />

Jacket Men«, € 250<br />

110<br />

<strong>reisen</strong> <strong>EXCLUSIV</strong> herbst <strong>2020</strong>


DEUTSCHLAND<br />

Fotos: »Katharina Grosse. It Wasn’t Us«, Ausstellungsansicht Hamburger Bahnhof – Museum für Gegenwart – Berlin, <strong>2020</strong>/Courtesy KÖNIG<br />

GALERIE, Berlin, London, Tokyo/Gagosian/Galerie nächst St. Stephan Rosemarie Schwarzwälder, Wien © Katharina Grosse/VG Bild-Kunst, Bonn<br />

<strong>2020</strong>/Foto: Jens Ziehe, SMG Mende © Stuttgart-Marketing, zaidi razak/Shutterstock.com<br />

BERLIN<br />

Im Rausch der Farben<br />

Ein raumgreifendes, multidimensionales Kunstwerk, das die Fantasie beflügelt. Ein aus Spray<br />

und Kunststoff geschaffener Farbrausch, der die Besucher zunächst überfordert. Aber je länger<br />

man das begehbare Kunstwerk in der historischen Halle des Hamburger Bahnhofs – Museum<br />

für Gegenwartskunst – in Berlin betrachtet, um so mehr offenbart es sich. Oder auch nicht.<br />

Bilder verschwimmen, Farben gehen ineinander über. Die Künstlerin Katharina Grosse hat sich<br />

»aus dem Gebäude herausgemalt«. Ihre spektakuläre Ausstellung »It Wasn‘t Us«, die noch bis<br />

zum 10. Januar 2021 zu sehen sein wird, soll Raum und Zeit aufheben – und der Besucher soll<br />

Mitwirkender sein. Sich selbst eine Meinung bilden und ruhig irritiert werden.<br />

Sehr sehenswert für Alt und Jung. Eintritt kostet € 10, www.smb.museum<br />

STUTTGART Wo die Waldelefanten lebten<br />

Früher war das Betreten strengstens verboten. Schwere Maschinen mühten sich in den<br />

Steinbrüchen ab, den Naturstein Travertin abzubauen. Heute wird ausdrücklich darum<br />

gebeten, die ungewöhnliche Parkanlage zu besuchen. Zwischen grünen Wiesen, wild<br />

bewachsenen Abbruchkanten, Weinreben und nostalgisch erhaltenen Kranbahnen spazieren<br />

Besucher entlang der Industriegeschichte. Den Travertinpark im Stadtteil Hallschlag<br />

des Stuttgarter Stadtbezirks Bad Cannstatt sollte man sich nicht entgehen lassen.<br />

Allein wegen des herrlichen Blicks auf Bad Cannstatt und das Neckartal. Wer seinem<br />

Wissen über den Naturstein Travertin auch etwas über die urzeitliche Entwicklung<br />

Stuttgarts hinzufügen möchte, dem sei ein Besuch im staatlichen Museum für Naturkunde<br />

empfohlen. Dort sind auch Reste von Urmenschen, Waldelefanten und Fossilien,<br />

die im Travertinpark gefunden worden sind, ausgestellt. www.stuttgart-tourist.de<br />

MÖNCHEN-<br />

GLADBACH<br />

AB IN DIE<br />

GALAXY<br />

Fast erschreckt man sich,<br />

wie lebensgroß Lara Croft,<br />

Spiderman oder Darth Maul<br />

plötzlich vor einem stehen.<br />

Eine echte Überraschung ist<br />

die »Stars of the Galaxy«-Ausstellung<br />

in Mönchengladbach.<br />

Sehr liebevoll und mit großer<br />

Sammlerleidenschaft wurden<br />

hier die Stars der Galaxien<br />

versammelt und Szenen aus<br />

dem Star-Wars-Universum in<br />

zahlreichen Dioramen und<br />

Modellen gezeigt. Wer Zeit<br />

mitbringt, sollte auch an einer<br />

Führung teilnehmen. Eine sehr<br />

unterhaltsame Ausstellung,<br />

die sich auch für Nicht-<br />

Stars-Wars-Fans lohnt.<br />

www.starsofthegalaxy.de<br />

herbst <strong>2020</strong><br />

<strong>reisen</strong> <strong>EXCLUSIV</strong><br />

111


DEUTSCHLAND | Hamburg<br />

Hamburg<br />

Musik,<br />

die Welt,<br />

ein Dorf<br />

112<br />

<strong>reisen</strong> <strong>EXCLUSIV</strong> herbst <strong>2020</strong>


Heimat. Hafen. Sehnsuchtsort.<br />

Die Hansestadt ist für <strong>reisen</strong> <strong>EXCLUSIV</strong>-<br />

Autorin Simone Sever mehr als nur ihr Zuhause.<br />

Für die gebürtige Hamburgerin spielt in<br />

»Hamburch« die Musik, die ihr Herz berührt.<br />

113


DEUTSCHLAND | Hamburg<br />

Schachzug: Wer sich vom »Schietwetter«<br />

abhalten lässt, Hamburg<br />

zu lieben, der ist selbst schuld!<br />

114<br />

<strong>reisen</strong> <strong>EXCLUSIV</strong>


BBeim<br />

legendären Hans-Albers-Song »Das Herz von St. Pauli« stimmt<br />

sie am liebsten gleich mit ein – auch außerhalb des Millerntor-Stadions<br />

des FC St. Pauli. Heißt es »In Hamburg, da bin ich Zuhaus'«, werden<br />

ihre Augen vor lauter Lokalkolorit schon mal rot. Zum Sonnenuntergang<br />

am Elbufer, wenn die großen Pötte flussabwärts so manches Mal<br />

von Hamburg bis nach Haiti aufbrechen, hüpft ihr Herz besonders<br />

hoch, während Spotify ihre Hamburg-Playlist spielt. Die Welt scheint<br />

zum Greifen nah und das nicht nur viele Seemeilen von der Elbmündung<br />

entfernt hinter dem Horizont der sieben Weltmeere. »Der Hafen,<br />

die Lichter, die Sehnsucht begleiten das Schiff in die Ferne hinaus.«<br />

Die weite Welt ist auch mitten in Hamburg zu finden. »Hamburg. Hafenstadt.<br />

Weltmetropole«, sagen die Einen. »Hamburg. Kleinstadt mit<br />

Größenwahn und schlechtem Wetter«, murren Andere. Die Wahrheit<br />

unserer Autorin liegt mittenmang, also irgendwo dazwischen, denn<br />

für sie ist Hamburg von jedem ein bisschen: das Dorf, in dem sie die<br />

Nachbarschaft beim Einkauf trifft und bei einem Straßenschnack gern<br />

mal die Zeit vergisst, und die Welt, weil sie sich an fast jeder Ecke<br />

probieren und studieren lässt. Also: »Butter bei die Fische!«, meint<br />

die Hamburgerin, wenn es gilt, zur Sache zu kommen. »Wer sich vom<br />

Wetter davon abhalten lässt, sich Hals über Kopf in diese ›schönste<br />

Stadt der Welt‹ wie im Hamburger Understatement die knapp Zweimillionenstadt<br />

mit Alster und Elbe genannt wird, zu verlieben, der ist<br />

einfach selbst schuld!«<br />

Zugegeben, das Hamburger Schietwetter, das mit betongrauem<br />

Himmel, Niesel- oder Starkregen nicht allein an den <strong>Herbst</strong> gebunden<br />

ist, kann schon mal ein klitzekleines bisschen auf die Nerven gehen,<br />

zeigt es sich auch im Sommer feucht und verhangen. »Hamburg im<br />

Regen«, ein Schlager von Mary Roos, der seit 1974 in regelmäßigem<br />

Turnus Bestätigung findet. Dennoch, meiner Schönen im hohen Norden<br />

kann das nichts anhaben, denn diese, meine Stadt strahlt schließlich<br />

auch ohne Sonne und ganz ehrlich, Hamburg hat deutlich besseres<br />

Wetter, als häufig gejammert wird. Im Frühling erblüht die grünste<br />

Stadt der Bundesrepublik mit 14 Prozent Grün- und Erholungsflächen<br />

üppig und macht beinahe Stockholm Konkurrenz. An Japan erinnert<br />

im Mai seit 1968 (es sei denn, es wird Corona-bedingt abgesagt) das<br />

alljährlich stattfindende japanische Kirschblütenfest, das die 30-jährige<br />

Städtepartnerschaft mit Osaka feiert. Im goldenen Oktober kann<br />

es Hamburg locker mit dem Indian Summer der US-amerikanischen<br />

Ostküste aufnehmen, wenn sich die etwa 250.000 Bäume der grünen<br />

Metropole ins richtige Licht setzen.<br />

Denn er muss aus Hamburch sein …<br />

Im Blitzlicht erstrahlt seit der Eröffnung im Januar 2017 die Elbphilharmonie,<br />

das musikalische Wahrzeichen der Stadt, das im Vergleich<br />

internationaler Konzerthäuser mit ausgezeichneter Architektur wie<br />

etwa der Chinesischen Nationaloper in Peking oder dem Sydney Opera<br />

House mithalten kann. Mitten im Hafen überragt es nicht nur die ankommenden<br />

Luxusliner. An manchen Abenden steht neben den konzertanten<br />

Werken auch kostenloses Drama auf dem Programm, wenn<br />

beim Blick von der für Besucher kostenfreien Plaza der Sonnenuntergang<br />

schon mal besonders kitschig daherkommt. Wer je die feurigen<br />

Lichtspiele in den Wolken – ja, häufig sind da Wolken und das ist auch<br />

gut so! – über den Hafenkransilhouetten bestaunen durfte, der weiß,<br />

was Hamburger Drama ist, der kann sich doch nur schockverlieben in<br />

diese großartige Stadt. An einem dieser spektakulären Sonnenuntergänge,<br />

als einmal der Himmel in der gesamten Rotpalette zu brennen<br />

schien, wurde sogar mal die Feuerwehr gerufen. Das kann nur ein<br />

Zugereister gewesen sein, der die Schönheit nicht erkennen konnte …<br />

»Ein jeder … kann das nicht, denn er muss aus Hamburch sein.«<br />

Besonders intensiv leuchtet im Abendrot »Die rote Stadt«, wie Boris<br />

Meyn die Hamburger Speicherstadt in seinem historischen Kriminalroman,<br />

der im Jahr 1886 spielt, nennt. 2015 wird der weltweit größte<br />

zusammenhängende Hafenspeicherhauskomplex zum Unseco-Weltkulturerbe<br />

ernannt. Eine Barkassenfahrt durch diese Backsteinroman-<br />

Oldtimer gehören<br />

selbstverständlich<br />

zum Stadtbild Havannas.<br />

Gerade in der Autorestauration<br />

zeigen<br />

sich die Kubaner sehr<br />

kreativ. Und natürlich<br />

auch bei der Hundebekleidung.<br />

herbst <strong>2020</strong> 115<br />

<strong>reisen</strong> <strong>EXCLUSIV</strong>


Aber mal ehrlich, wer braucht Berge,<br />

wenn der Hafen mitten in der Stadt liegt?<br />

Es gibt den Hamburger Berg<br />

und auch Bergedorf.<br />

Also zurück<br />

ans Wasser!<br />

Wenn du von Süden kommst,<br />

ist Hamburg direkt vor Grönland<br />

tik gehört zu Hamburg wie das Wasser, das unter den 2.500 Brücken<br />

fließt. Übrigens stellt Hamburg Venedig, was die Anzahl der Brücken<br />

angeht, damit deutlich in den Schatten. Noch mehr La-Serenissima-Feeling<br />

kommt bei einer Fahrt mit einer echten venezianischen<br />

Gondel auf. Hamburg macht auch das möglich. Alles schafft die Stadt<br />

an der Elbe aber auch nicht. Berge sind ziemlich unterrepräsentiert<br />

in der Hansestadt, wobei es den Hamburger Berg und auch Bergedorf<br />

gibt. Hamburgs herausragendste Landschaftserhebung, der Hasselbrack<br />

in den Harburger Bergen, ist zumindest 116 Meter hoch. Aber<br />

mal ehrlich, wer braucht Berge, wenn der Hafen mitten in der Stadt<br />

liegt? Also zurück ans Wasser! Mit einer Weltreise an nur einem Tag<br />

lockt das Miniatur Wunderland die ganze Familie in die immer größere<br />

Ausstellung und sie ist längst über alle Grenzen bekannt. Die<br />

länderübergreifende Kirmes, die im Juni <strong>2020</strong> neu eröffnete, ist der<br />

neueste Clou der Eisenbahnwelt. In Hamburg nennt man Kirmes übrigens<br />

Dom und das, weil auf dem Heiligengeistfeld bis zum Jahr 1805<br />

der Alte Mariendom stand. Mit derlei Wissen kann man übrigens den<br />

einen oder anderen Hamburger so richtig begeistern. Nichts liebt der<br />

Einheimische mehr als Besucher, die seine Stadt ehren!<br />

Ein paar Schritte weiter, wo einst Rinder und Schafe gehandelt wurden,<br />

liegt heute das kulinarische Einkaufsparadies des Schanzenviertels.<br />

In der Rindermarkthalle treffen sich zum Wochenendeinkauf<br />

nicht nur die Anwohner des Viertels. Von bio bis vegan, von Alkohol<br />

bis Schokolade, von Blumen bis Wagyu … zwischendurch ’ne Stulle<br />

von Brot & Stulle auf die Hand und los geht’s zur Shoppingtour durch<br />

die Schanze und durch das Karoviertel. Lustige, singende Flamingos,<br />

bunte Vögel als Anstecker oder Servietten mit freundlicher Message,<br />

also viel Buntes und Verspieltes, das man »dringend« benötigt, ist im<br />

Karolinenviertel vis-à-vis der Rindermarkthalle bei Snaps zu finden.<br />

Ähnlich bunt, wenngleich auch elegant und very sophisticated, sind<br />

die kleidenden Angebote bei Herrn von Eden, der mit seinen farbschönen<br />

Zweiteilern schon Jan Delay angezogen hat.<br />

Weiter Richtung Schanzenviertel in die Bartelstraße, wo im Minimarkt<br />

das Warenangebot eher minimalistisch und hygge ist: schwedische<br />

Wolldecken, dänische Designerkerzenleuchter … ein Blick in die<br />

Schaufenster ist immer auch Neuinspiration für zu Hause. Nur wenige<br />

Schritte entfernt sieht man von Mittwoch bis Samstag hin und wieder<br />

Das Fenster zur Welt:<br />

Containerschiffe-Gucken<br />

gehört in Hamburg<br />

zum Zeitvertreib.<br />

116<br />

<strong>reisen</strong> <strong>EXCLUSIV</strong>


DEUTSCHLAND | Hamburg<br />

herbst <strong>2020</strong><br />

117


Klingt nach »Island in the Sun« und fühlt sich<br />

genauso an, wenn die Füße im Elbsand stecken,<br />

die Sonne brennt, das Alsterwasser schmeckt<br />

und es plötzlich dunkel wird.<br />

118<br />

<strong>reisen</strong> <strong>EXCLUSIV</strong><br />

herbst <strong>2020</strong>


DEUTSCHLAND | Hamburg<br />

Puristischers Ambiente, bester Flat White der Stadt. Im Tornquist wird Kaffee zur Kunst.<br />

Wo zu finden? Im Schanzenviertel!<br />

Menschenschlangen stehen. Warum? Ein Blumenladen verkauft ohne<br />

viel Schnickschnack, das, was die Lkws aus den Niederlanden nach<br />

Hamburg fahren konnten und was der kleine Laden schlucken kann.<br />

»Tulpen aus Amsterdam«, auch fürs Hotelzimmer. Immer mittwochs<br />

geht’s los, so lange, bis alle Blumen verkauft sind. Der halale Schlachter,<br />

der Obst- und Gemüsemann an der Ecke, die einheimischen türkischen<br />

Mütter, die man vom Spielplatz kennt, die Restaurants Lokmam<br />

und Pamukkale … Wenn die Temperaturen die 25 Grad Celsius überschreiten,<br />

ist dies genau die richtige Ecke für türkisches Lebensgefühl.<br />

Inschallah Hamburg, meine Perle!<br />

Wenn du von Norden kommst,<br />

liegt Hamburg in Afrika.<br />

Die Straße hoch thront Hamburgs beliebtester Störfaktor, das Autonome<br />

Zentrum Rote Flora, nur wenige Meter vom Transit, einer südostasiatischen<br />

Tapasbar entfernt, in der sich das mitteljunge und stylische<br />

Publikum unter roten Lampions vielversprechende Appetithappen wie<br />

»My Ex«, »Duck in Pyjamas«, »Almost Nude« servieren lässt. Im Transmontana<br />

auf der Piazza gegenüber verführen portugiesische Natas, diese<br />

köstlichen Blätterteigtörtchen mit Pudding lieben Touristen und Ansässige<br />

gleichermaßen. Das Bistro Carmagnole in der angrenzenden<br />

Juliusstraße kann französische Küche, Artischocken, Espresso-Martinis<br />

und noch viel mehr und manchmal kann es ganz schön schanzigschick<br />

wirken. Auf dem Weg Richtung Hafen wird es uriger, denn da<br />

liegt Schorsch, Hamburgs wohl berühmteste Currywurstbude. Im engen<br />

schlauchartigen Büdchen wird die Currywurst unbedingt scharf<br />

geordert, der Durst stilgerecht mit einem Astra oder einer Ananas-Anjola-Brause<br />

gelöscht. Extra scharf bestellen hier nur die ganz Harten,<br />

vielleicht ja die Tätowierer von »187 Ink«, dem Tattooshop um die<br />

Deutschrapper von »187 Straßenbande« und dem flächendeckend bemalten<br />

Gzuz. Kristoffer Klauß aka Gzuz, das steht für Ghetto-Zeug<br />

unzensiert, ist im Beginner-Song »Ahnma!« von Lokalmatador Jan Delay<br />

– der, der sich auch gern bei Herrn von Eden im Karoviertel einkleidet<br />

– neben den sympathischen Größen, dem legendären Fußballer<br />

der 1960er-Jahre und dem damals besten Mittelstürmer der Welt,<br />

Uwe Seeler, und dem deutschen Reggaemusiker Gentleman zu sehen.<br />

Bei warmem Wetter dröhnt seit dem Sommer 2016 »Was los, Digga,<br />

ahnma’«, diese Hamburg Hymne, gern durchs Viertel. 30 Jahre früher<br />

erkannte auch Bernd Begemann das Potenzial der Hafenstadt und<br />

brannte die Zeile »Unten am Fluss, unten am Hafen, wo die großen<br />

Schiffe schlafen« in so manch Hamburger Gedächtnis. Mit Blick auf<br />

die schlafenden Schiffe begrüßt das Salt & Silver Lateinamerika seine<br />

Gäste mit »Bienvenidos, liebe Freunde der lateinamerikanischen Geschmacksakrobatik«.<br />

Erst einen Pisco Sour, dann ein Menu del Mare<br />

mit Jakobsmuscheln, Leche de tigre, mit Schmorgurken-Tempura und<br />

Seeteufel … to die for!<br />

»Reeperbahn, du geile Meile«<br />

Zum Sterben schön und lecker sind auch die dreiteiligen Überraschungs-Flights,<br />

die im The Chug Club, einer Cocktailbar im Herzen<br />

St. Paulis, als flüssige Kunstwerke auf Basis von Tequila und Mezcal<br />

serviert werden und an Mexiko denken lassen. Das Motto: »Chug yourself!«<br />

Unbedingt den Thyme Machine mit Mezcal und Blaubeerwodka,<br />

die Buttermilch-Margarita mit Tequila Reposado und Agavensirup, den<br />

Catch me if you can, Death by Erdnuss, Give Peach a Chance … kosten.<br />

Dann mal Prost! »Auf der Reeperbahn nachts um halb eins …«<br />

herbst <strong>2020</strong><br />

119


Hans Albers »Das Herz von St. Pauli«<br />

Lotto King Karl »Hamburg, meine Perle«<br />

Udo Lindenberg »Reeperbahn«<br />

Jan Delay, Beginner und Gzuz »Ahnma«<br />

Heidi Kabel »An de Eck steiht ’n Jung mit’n Tüddelband«<br />

»In Hamburg sagt man Tschüss«<br />

Mary Roos »Hamburg im Regen«<br />

und der kleine Hunger quält? Nichts ist irgendwie typischer St. Pauli<br />

und Schanze und Hamburch, als frühmorgens nach durchzechter<br />

Nacht ein klassisches Mettbrötchen oder eine echt große Portion Bauernfrühstück<br />

bei Erika’s Eck zu vertilgen. Hier, wo sich noch in den<br />

80er-Jahren die Zeitung lesenden Schlachter neben Nachtschwärmern<br />

der naheliegenden Clubszene zum Frühstück trafen, sieht man zwar<br />

heute keine blutbeschmierten Kittel mehr, die belegten Brötchen sind<br />

aber immer noch legendär. Der Kaffee kommt im Becher. Kaffee können<br />

Hamburger übrigens – und das auch schon seit mehr als 150 Jahren,<br />

wie zum Beispiel das Kaffee-Museum in der Speicherstadt wissen<br />

lässt. Viele Cafés servieren den dunklen Wachmacher inzwischen mit<br />

einer Menge Zusatzwissen und in wahrer Baristaqualität. Im Schanzenviertel<br />

liegen vis-à-vis gleich zwei Kaffeekönner. Das gemütliche<br />

Nachbarschaftscafé Kopiba punktet mit eigener Röstung. French<br />

Press, Latte, Espresso, Macchiato … you name it! Mit viel Liebe zum<br />

Detail wird jeder Kaffee wie ein Kunstwerk behandelt. Die selbst gebackenen<br />

und teils veganen Kuchen sind ebenfalls köstlich. Wer einen<br />

richtigen Wachmacher braucht, bestellt Deathpresso, der mit dem<br />

Untertitel »Schlafen kannste, wenn du tot bist« daherkommt. Auf der<br />

anderen Straßenseite im Tornqvist in deutlich reduziertem Ambiente<br />

ist auch das Kaffeeangebot überschaubarer. Man konzentriert sich auf<br />

Flat White, Handbrew und Shot. Weniger ist mehr und deswegen stehen<br />

auch nur zwei Bohnensorten zur Auswahl, die wechseln allerdings<br />

alle zwei Wochen. Dazu bekommt der, der fragt, eine Menge Wissen<br />

über die jeweilige Kaffeebohne, das Land und Kaffee im Allgemeinen.<br />

Wer viel weiß, hat viel zu erzählen, und das Hamburger Schanzenviertel<br />

kennt jede Menge Storys. Etwa die Geschichten der Hamburger<br />

Juden und von all den anderen, die von den Nazis deportiert und ermordet<br />

wurden, deren Namen in den Stolpersteinen von Gunter Demnig<br />

vor so manchem Haus nicht nur in diesem Viertel zu finden sind.<br />

Die Geschichte vom Schulterblatt eines Wals, das als Erkennungszeichen<br />

über einem Wirtshaus hing und der Hauptschlagader des heutigen<br />

Viertels seinen Namen verliehen hat. Und wem die Gehplatten<br />

mit »A I H« an der Schanzenstraße, dem Schulterblatt und der Piazza<br />

auffallen, dem sei erklärt, dass es sich hierbei um die Grenze von Altona<br />

und Hamburg handelt, die im 18. Jahrhundert hier verlief. Damals<br />

war Altona noch unter dänischer Regentschaft und lag »all to nah«<br />

(also allzu nah) an Hamburg.<br />

»In Hamburg sagt man Tschüss«<br />

Fehlt eigentlich nur noch Insel- oder Karibikfeeling, um die Weltreise<br />

in der schönsten Stadt der Welt rund zu machen. Wie das funktionieren<br />

soll? Man stelle sich das so vor: die nackten Füße im warmen Sand,<br />

dazu ein erfrischendes Getränk. Klingt nach Island in the Sun und<br />

fühlt sich genauso an, wenn die Füße im Elbsand stecken, die Sonne<br />

brennt, das Alsterwasser (so nennt man in Hamburg die Mischung<br />

aus Bier und Limonade) schmeckt und es plötzlich dunkel wird. Ein<br />

Containergigant hat sich vor die Sonne geschoben. Nur ein paar Meter<br />

von den nackten Füßen entfernt ragt das Riesenschiff bis fast in die<br />

Wolken. Der beste Platz für derartige Szenarien ist die Strandperle, die<br />

Mutter aller Hamburger Beachclubs. Aber auch Strandpauli, ein Beachclub,<br />

der sich mitten im Hafenpanorama platziert hat, bietet beste<br />

Aussichten. Kunterbuntes Mobiliar, chillige Musik und wieder kommt<br />

ein Schiff vorbei »Unten am Fluss, unten am Hafen …«, bis die großen<br />

Schiffe schlafen. Und wenn dann der Regen einsetzt, warten Hamburger<br />

auf besseres Wetter, »denn wir lassen uns die legendäre Stimmung<br />

nicht verderben.« Und so lange hören wir Hans, Lotto, Udo, Jan, Heidi,<br />

Mary und all die Lieder, die Hamburg mitten ins Herz treffen.<br />

INFO<br />

Mehr Infos zur Hansestadt unter Hamburg Tourism<br />

www.hamburg-tourism.de<br />

Unsere Reise-Tipps finden Sie unter auf.reise/hamburgtipps<br />

Fotos. Julia Solonina (3), Jennifer Latuperisa-Andresen (2), Robert Katzki, Tim Gerds, Vicky Hladynets, Simone Sever, Malte Dibbern<br />

120<br />

<strong>reisen</strong> <strong>EXCLUSIV</strong>


DEUTSCHLAND | Hamburg<br />

Rampenlicht: Auf der Reeperbahn<br />

weisen Neonlichter<br />

Nachtschwärmern den Weg in<br />

die Etablissements. Auf dem<br />

Kiez ist schon immer mehr<br />

erlaubt gewesen als anderswo.<br />

sommer 2016<br />

<strong>reisen</strong> <strong>EXCLUSIV</strong><br />

121


B text<br />

Marie Tysiak<br />

MÜNCHEN<br />

MAL ANDERS<br />

MÜNCHEN – DEUTSCHLANDS TRADITIONELLE<br />

LANDESHAUPTSTADT. DIESEN RUF WIRD DIE<br />

SCHÖNE BAYERISCHE METROPOLE EINFACH<br />

NICHT LOS. DABEI KANN MÜNCHEN WEIT MEHR<br />

ALS LEDERHOSEN, BREZEN UND OKTOBERFEST.<br />

DENN HIER IST AUCH EIN TREFFPUNKT DER<br />

KREATIVEN. WIR ZEIGEN EUCH BESONDERE<br />

ORTE UND ERLEBNISSE IN MÜNCHEN.<br />

122<br />

<strong>reisen</strong> <strong>EXCLUSIV</strong>


DEUTSCHLAND | München<br />

Foto: _derManu_/Photocase<br />

herbst <strong>2020</strong><br />

123


DEUTSCHLAND | München<br />

DAS NEUESTE PROJEKT DES<br />

LEBENDIGEN STADTQUARTIERS?<br />

DAS GRÖSSTE MOBILE<br />

RIESENRAD DER WELT.<br />

Kutter ahoi! Die »Alte Utting« ankert auf einer alten Zugbrücke in München-Sendling und ist nun eine angesagte Szene-Bar.<br />

124 <strong>reisen</strong> <strong>EXCLUSIV</strong> herbst <strong>2020</strong>


Flaschensammlung: Im<br />

Szeneviertel Haidhausen<br />

finden sich hippe Craftbeer-Brauereien<br />

wie das<br />

»Hopfenhäcker«.<br />

Fotos: Intrepix/shutterstock.com, Alte Utting, Nico Kaiser/Flickr, Sigi Müller/München Tourismus<br />

HAIDHAUSEN<br />

WO SICH ALLTAG UND KUNST TREFFEN<br />

SZENEVIERTEL MIT CRAFT-BEER-BRAUEREI<br />

Lange galt Haidhausen als Münchens Schmuddelviertel, doch das hat<br />

sich in den letzten Jahrzehnten geändert. Die Altbauten im »Franzosenviertel«,<br />

wie Haidhausen aufgrund seiner französischen Straßennamen,<br />

breiten Boulevards und großen Plätze genannt wird, wurden<br />

renoviert. Cafés und kleine Shops haben sich eingenistet. An der Isar<br />

treten im alten Muffatwerk berühmte Künstler auf, das Müllersche<br />

Volksbad im Jugendstil gleich nebenan ist zweifelsohne Münchens<br />

schönstes Schwimmbad. Sicherlich hat der »Gasteig« als Kulturzentrum<br />

samt Philharmonie und Stadtbibliothek dazu beigetragen, dass<br />

man bei einer Fahrt mit der Straßenbahn durch Haidhausen an jeder<br />

Ecke aussteigen möchte. Unser persönlicher Tipp für Haidhausen: In<br />

der Weißenburger Straße hat sich Werner Schuegraf nach jahrelanger<br />

Tätigkeit als Brauer seinen Traum erfüllt: seine eigene Craftbeer-Brauerei<br />

»Hopfenhäcker«. Seit 2016 braut er seine sieben unterschiedlichen<br />

Kreationen im Hinterhof. Vorne, im Restaurant »Meisterstück«, werden<br />

rauchige Bratwurst und Rippchen mit hausgemachtem Senf und<br />

Brot serviert. Gerne werden auf Empfehlung des Hauses die einzelnen<br />

bayerischen Leckereien samt Bierbegleitung zum unkonventionellen,<br />

kreativen und unheimlich leckeren Mehr-Gänge-Menü.<br />

www.dasmeisterstueck.de, www.hopfenhaecker.de<br />

AUF DEN OLYMPIATURM<br />

AUSSICHT AUF MÜNCHEN<br />

Im Norden Münchens ragt auf dem ehemaligen Olympiagelände der<br />

fast 300 Meter hohe Fernsehturm in den Himmel. Mit einem Aufzug<br />

können Besucher auf die offene Aussichtsplattform auf 190 Metern<br />

fahren. Von dort oben blickt man auf den wunderschön angelegten<br />

Olympiapark und die Stadt dahinter. Auch das Olympische Dorf, in<br />

dem sich 1972 die tragisch endende Geiselnahme abspielte, ist gut erkennbar.<br />

Ein Pavillon im Park gedenkt der Opfer und zeigt den Tathergang.<br />

Wer möchte, kann im Olympiaturm im Drehrestaurant 181 mit<br />

Rundumblick auf München speisen und anschließend im Park oder auf<br />

einem Bötchen auf dem Olympiasee die Seele baumeln lassen.<br />

www.restaurant181.com<br />

WERKSVIERTEL MITTE<br />

SPIELWIESE FÜR KREATIVE<br />

KONZERTE, LOFTS, SHOPS & BARS<br />

Unmittelbar hinter Münchens Ostbahnhof errichtete 1949 die neu gegründete<br />

Firma Pfanni ihr Werk. In den orangefarbenen Industrieblöcken<br />

wurden küchenfertiges Kartoffelpüree und Knödel hergestellt,<br />

die in den 1960er-Jahren aus keinem Haushalt mehr wegzudenken<br />

waren. Als Pfanni 1996 seine Produktion nach Mecklenburg-Vorpommern<br />

verlegte, entstand im alten Werk ein berüchtigtes Partyareal.<br />

Doch seit 2017 hat sich eine Initiative des Brachgeländes angenommen.<br />

Im »Werksviertel-Mitte« sind seither Loftwohnungen<br />

und Künstlerateliers in die alten Baucontainer gezogen, lässige Rooftop-Bars<br />

laden ins »Container Collective« ein, Konzerte und Musicals<br />

füllen die ehemaligen Lagerhallen mit Leben. Ein Friseur extra für<br />

Kinder oder eigene Schafe auf dem Dach – im Werksviertel Mitte sind<br />

der Kreativität keine Grenzen gesetzt. Das neueste Projekt des lebendigen<br />

Stadtquartiers? Das größte mobile Riesenrad der Welt. Bei<br />

einem Weißwurstfrühstück kann man hier aus 78 Metern München<br />

bestaunen. www.werksviertel-mitte.de<br />

GLOCKENBACHVIERTEL & GÄRTNERPLATZ<br />

PERFEKT FÜRS BAR-HOPPING<br />

SCHWULEN- & KNEIPENVIERTEL<br />

Das Glockenbachviertel ist Münchens bekanntestes Szeneviertel. Zu<br />

Recht. Die vielen sanierten Altbauten, unzählige Kneipen und Bars –<br />

das Viertel ist eines der schönsten (und teuersten!) Münchens, nicht<br />

nur auf das Nachtleben bezogen. Zu alteingesessenen Bars – wie<br />

z. B. der Dachterrasse des »Hotel Deutsche Eiche« – kommen immer<br />

wieder innovative Neueröffnungen hinzu. Auch die Rooftop-Bar des<br />

Hotels »The Flushing Meadows« hat sich schnell zum beliebten Treffpunkt<br />

im Viertel etabliert. Oft zählt man den schönen und geselligen<br />

Gärtnerplatz samt gleichnamigem Viertel zum Glockenbachviertel<br />

dazu, denn auch hier reihen sich schöne Bars, Shops und Cafés aneinander.<br />

Übrigens ist in diesen Stadtteilen auch die Schwulen- und<br />

Lesbenszene Münchens angesiedelt! www.deutsche-eiche.de,<br />

https://flushingmeadowshotel.com/bar<br />

Ein Herz für die Vielfalt:<br />

Im Glockenbachviertel<br />

zeigen die Ampeln<br />

schwule und lesbische<br />

Pärchen.<br />

herbst <strong>2020</strong>


BAHNWÄRTER THIEL CLUB + VERANSTALTUNGSLOCATION<br />

HIER WIRD’S LAUT UND BUNT<br />

126<br />

<strong>reisen</strong> <strong>EXCLUSIV</strong>


DEUTSCHLAND USA | New | München York<br />

Foto: Bahnwärter Thiel<br />

Bahnwärter Thiel ist der Inbegriff<br />

der alternativen Szene Münchens:<br />

Auf dem Gelände des ehemaligen<br />

Schlachthofs stapeln sich besprühte<br />

Schiffscontainer zu einem<br />

Eingang, dahinter versteckt sich<br />

eine ganz eigene Welt. Ein ausrangierter<br />

Eisenbahnwaggon wird zur<br />

Bar, die alten Container zu Münchens<br />

legendärstem Technoclub.<br />

Unter der shabby-silbernen Diskokugel<br />

trifft sich hier am Wochenende<br />

die junge Szene, einige<br />

wohnen in Campingwagen gleich<br />

dahinter. Das Kollektiv, das den<br />

Bahnwärter Thiel betreibt, veranstaltet<br />

auch Festivals, Konzerte<br />

und andere tolle Aktionen in der<br />

Stadt – ihr neuestes Projekt ist die<br />

Alte Utting, ein Ausflugsdampfer,<br />

der nun auf einer stillgelegten<br />

Zugbrücke seinen letzten Anker<br />

als coole Szenebar mit Liveveranstaltungen<br />

fand.<br />

www.bahnwaerterthiel.de,<br />

www.alte-utting.de<br />

herbst <strong>2020</strong><br />

127


WO NAHM DIE DEUTSCHE<br />

STREET-ART-SZENE IHREN ANFANG?<br />

NEIN, NICHT IN BERLIN.<br />

STREET-ART GRAFFITITOUR<br />

WAS MAN VON MÜNCHEN NIE GEDACHT HÄTTE<br />

Wo nahm die deutsche Street-Art-Szene ihren Anfang? Nein, nicht<br />

in Berlin. Auch wenn die Hauptstadt München längst die Show gestohlen<br />

hat – es war 1985 in Geltendorf in München, wo eine Gruppe<br />

Teenies nachts einen ganzen Zug besprühte und damit den Startpunkt<br />

der Street-Art-Szene in Deutschland setzte. Noch heute zieren Grafftis<br />

der Künstler von damals die Brücken und Hauswände Münchens,<br />

längst sind »Loomix« und seine Freunde zu Berühmtheiten in der<br />

weltweiten Street-Art-Szene geworden. Auch wenn nicht mehr so viele<br />

Brachflächen zur Verfügung stehen – an den berüchtigten »Halls of<br />

Fame« in der Dachauer Straße, unter der Donnersbergerbrücke, in Untergiesing<br />

unter der Brudermühlbrücke oder am Alten Viehhof an der<br />

Tumblinger Straße reihen sich die bunten Gemälde aneinander. Am<br />

besten schaut man sie sich mit jemandem an, der von Anfang an dabei<br />

war und sich bestens auskennt: Martin Arz. Leidenschaftlich erzählt<br />

der Buchautor und Künstler von der Street-Art-Szene in München, er<br />

kennt die berühmten Sprayer persönlich und weiß, wo ihre schönsten<br />

Werke zu finden sind. Ein toller, spannender und bunter Blick auf ein<br />

etwas anderes München.<br />

Buchbar ist eine Street-Art-Tour über München Safari.<br />

Martin Arz hat auch ein Buch zur Street-Art-Szene in München<br />

veröffentlicht: »Munich Walls«. www.muenchen-safari.de,<br />

hirschkaefer-verlag.de/munich-walls/<br />

KULTURDACHGARTEN + KINO, MOND & STERNE<br />

MÜNCHENS GRÜNE OASEN OUTDOOR-EVENTS<br />

München ist grün! Nicht nur an der Isar und im Englischen Garten,<br />

überall in der Stadt laden kleine und große Naturoasen zum Verweilen<br />

ein. Eine besonders schöne von ihnen ist der Kulturdachgarten. Seit<br />

2018 darf auf dem Dach des Alpina Parkhauses am Stachus zwischen<br />

viel Holz und Grün open air entspannt werden. Der Blick über München<br />

ist toll, das Essen köstlich. Es gibt außerdem einen Garten, der<br />

von jedermann bepflanzt werden darf. www.kulturdachgarten.de<br />

Auch im schönen Westpark lockt eine ganz besondere Location an<br />

den Westsee: das Freiluftkino »Kino, Mond & Sterne«. Internationale<br />

Foodtrucks, dahinter ein kreisrundes Treppenareal, auf dem des<br />

Abends die Kinobesucher ihre Picknickdecken und Campingstühle<br />

ausbreiten. Gezeigt werden Blockbuster und Independent-Filme und<br />

auch die tollen Filmtouren von Moving Adventures Medien mit Fokus<br />

auf Outdoorfilmen füllen im Frühling das Kino unter dem Sternenhimmel.<br />

www.kino-mond-sterne.de<br />

Das Schöne ist: Dank der Lage im Süden kann man in München auch<br />

prima im Frühling oder <strong>Herbst</strong> viel Zeit in den schönen Parks und<br />

Rooftop-Bars verbringen!<br />

TOLLWOOD–FESTIVALS KUNST- & THEATERFEST<br />

IMMER WAS ZU FEIERN<br />

München ist die Stadt der Festivals! Ein besonders schönes von ihnen<br />

ist das Tollwood-Festival – gleich zweimal im Jahr. Die Sommervariante<br />

findet im Olympiapark statt, im Winter werden auf der Theresienwiese<br />

für vier Wochen die Zelte zum Weihnachtsmarkt aufgeschlagen.<br />

Das Programm gestaltet sich bei beiden Festivals ähnlich<br />

und basiert auf drei Programmpunkten: Beim Markt der Ideen werden<br />

Projekte vorgestellt, Besucher zum Nachdenken und Mitmachen<br />

animiert. Es gibt z. B. fiktive Shops und Spiele, die auf Rassismus<br />

und andere Missstände in der Gesellschaft aufmerksam machen. Natürlich<br />

darf auch eine gute Gastronomie nicht fehlen – und die ist auf<br />

dem Tollwood-Festival ausschließlich biozertifiziert. Und zuletzt das<br />

Kulturprogramm, das aus Musik, Theater, bildender Kunst und allerlei<br />

Performances besteht. Von Jazzkonzerten bis zu Theatergruppen<br />

auf Stelzen ist alles vertreten. Ein tolles Festival! Viele Programmpunkte<br />

sind kostenfrei. www.tollwood.de<br />

»HEY MINGA«–TOUREN VW-BULLI-STADTTOUR<br />

OLDSCHOOL MIT DEN LOCALS UNTERWEGS<br />

Die Münchner nennen ihre Stadt gerne liebevoll »Minga«. Und die<br />

möchten sie Besuchern zeigen. Deswegen cruisen die jungen Guides<br />

von »Hey Minga« mit historischen VW-Bussen durch die Straßen und<br />

zeigen Touristen und Locals die schönsten Ecken abseits von Marienplatz<br />

und Co. Bei spannenden Informationen lernt man hier auch als<br />

Kenner von München noch ganz viel Neues über die Stadt. Start ist<br />

im Werksviertel Mitte, gestoppt wird am Bahnwärter Thiel oder z. B.<br />

in Untergiesing. www.heyminga-touren.com<br />

MUSEUM OF URBAN AND CONTEMPORARY ART<br />

Ende 2016 hat Deutschlands erstes Museum für Street-Art eröffnet –<br />

im Herzen der Münchner Innenstadt. Schon von außen weisen Wandmalereien<br />

den Weg zum Museum of Urban and Contemporary Art<br />

(kurz MUCA). Zugegeben, die privat initiierte Ausstellung ist (noch)<br />

vergleichsweise klein, aber für Street-Art-Fans gibt es ein paar echte<br />

Highlights. Zum Beispiel zeigte das Museum in seiner kurzen Historie<br />

schon jetzt die höchste Banksy-Dichte in Deutschland. Die Ausstellungen<br />

wechseln, die Website informiert über aktuelle und kommende<br />

Projekte. Auch in Workshops können sich Groß und Klein selbst<br />

kreativ austoben. Persönlicher Tipp: unbedingt im Museumsrestaurant<br />

vorbeischauen! www.muca.eu<br />

Fotos: Günter Lenz, Mekawy/shutterstock.com, Tod Seelie/MUCA, Marie Tysiak, HeyMinga<br />

128 <strong>reisen</strong> <strong>EXCLUSIV</strong><br />

herbst <strong>2020</strong>


DEUTSCHLAND | München<br />

Kreativ und bunt ist das<br />

erste Museum für Street-<br />

Art in Deutschland<br />

(MUCA).<br />

INFO Viele spannende Tipps und Informationen rund um München liefert München<br />

Tourismus unter: www.einfach-muenchen.de<br />

ÜBERNACHTEN<br />

Das Jams Hotel in Haidhausen hat nach umfangreichen Renovierungen<br />

wieder eröffnet – als Musikhotel. Stilvoll und modern eingerichtet, ist<br />

jedes Zimmer mit einem Schallplattenspieler ausgerüstet. LPs ausleihbar.<br />

DZ ab E 170 ohne Frühstück. www.jams-hotel.com<br />

Unsere Reise-Tipps finden Sie unter<br />

auf.reise/muenchen-tipps<br />

129


CHECK OUT<br />

Impressum<br />

Auf geht’s<br />

KOFFER VON<br />

MANDARINA DUCK<br />

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erscheint viermal im Jahr bei der<br />

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Emil-Hoffmann-Str. 55–59<br />

50996 Köln<br />

Tel.: 02236 84880<br />

Fax: 02236 848824<br />

E-Mail: info@<strong>reisen</strong>exclusiv.com<br />

www.<strong>reisen</strong>exclusiv.com<br />

Chefredakteurin<br />

Jennifer Latuperisa-Andresen<br />

Art Director<br />

Alessandro Riggio<br />

Redaktion<br />

Sinan Altinova, Ulrike Klaas,<br />

Linda Ruckes, Frank Störbrauck,<br />

Marie Tysiak<br />

Mitarbeiter dieser Ausgabe<br />

Jan Malte Andresen<br />

Thorsten Brönner<br />

Celina Fuhrmann<br />

Markus Grenz<br />

Martin Häußermann<br />

Ralf Johnen<br />

Simone Sever<br />

Ala Zander<br />

Anzeigenleitung<br />

Susanne Gorny, sg@ella-verlag.com<br />

Anzeigen<br />

Andrea Vogel, av@ella-verlag.com<br />

Marketing & Kooperationen<br />

Margot Cremer,<br />

mcremer@ella-verlag.com<br />

Korrekturen<br />

Bärbel Philipp, textperlen.de<br />

Dokumentation<br />

Sebastian Münter<br />

Titelbild Océano Hotel/ Intermar<br />

Marketing Management GmbH/<br />

Peter Aldag<br />

Druck Bonifatius, Paderborn<br />

Vertrieb<br />

VU Verlagsunion KG, Hamburg<br />

130<br />

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