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1 Die Situation der Industriemeister Metall in den ... - Meistersite

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1 <strong>Die</strong> <strong>Situation</strong> <strong>der</strong> <strong>Industriemeister</strong> <strong>Metall</strong> <strong>in</strong> <strong>den</strong><br />

Betrieben<br />

Im Teil 1 wird die <strong>Situation</strong> <strong>der</strong> <strong>Industriemeister</strong> <strong>in</strong> <strong>den</strong> Betrieben dargestellt. Im E<strong>in</strong>zelnen wer<strong>den</strong><br />

folgende Punkte ausgeführt:<br />

Zahlen und Fakten zum <strong>Industriemeister</strong> <strong>Metall</strong><br />

Seite 17<br />

Hier wer<strong>den</strong> die Branchen dargestellt, <strong>in</strong> <strong>den</strong>en <strong>Industriemeister</strong> <strong>Metall</strong><br />

arbeiten, und die Berufe, aus <strong>den</strong>en sich <strong>Industriemeister</strong> rekrutieren.<br />

<strong>Die</strong> Anzahl von <strong>Industriemeister</strong>n und vergleichbaren Qualifikationen<br />

wird berichtet, ebenso die Teilnahme an diesbezüglichen Fortbildungsprüfungen.<br />

Beschreibende Darstellungen zur <strong>Situation</strong> <strong>der</strong> Meister Seite 21<br />

Historische Entwicklung <strong>der</strong> Meisterfunktion Seite 21<br />

Hier wird die Entwicklung des Meisters <strong>in</strong> <strong>der</strong> jüngeren Vergangenheit<br />

kurz erläutert. Es geht vor allem um die Entwicklungen, die die<br />

Rolle des Meisters bee<strong>in</strong>flusst und verän<strong>der</strong>t haben.<br />

Meister <strong>in</strong> Großbetrieben Seite 24<br />

Hier wird über e<strong>in</strong>e Untersuchung <strong>der</strong> beson<strong>der</strong>en Bed<strong>in</strong>gungen für<br />

Meister <strong>in</strong> Großbetrieben berichtet, die <strong>in</strong> <strong>den</strong> 1990er Jahren zur<br />

Grundlage für die Neuordnungsarbeiten wurde.<br />

Meister <strong>in</strong> Kle<strong>in</strong>- und Mittelbetrieben Seite 25<br />

Hier wird über e<strong>in</strong>e Untersuchung <strong>der</strong> beson<strong>der</strong>en Bed<strong>in</strong>gungen für<br />

Meister <strong>in</strong> Kle<strong>in</strong>- und Mittelbetrieben berichtet, die <strong>in</strong> <strong>den</strong> 1990er<br />

Jahren zur Grundlage für die Neuordnungsarbeiten wurde.<br />

<strong>Die</strong> neue Rolle des Meisters Seite 27<br />

Hier wird über e<strong>in</strong>e Untersuchung berichtet, die sich mit <strong>der</strong> neuen<br />

Rolle des Meisters beschäftigte. Sie wurde <strong>in</strong> <strong>den</strong> 1990er Jahren zur<br />

Grundlage für die Neuordnungsarbeiten.<br />

Beispiele für die Meisterposition aus aktuellen betrieblichen Erkundungen Seite 27<br />

Hier wer<strong>den</strong> e<strong>in</strong>ige Beispiele vorgestellt, <strong>in</strong> <strong>den</strong>en das Aufgabengebiet<br />

des <strong>Industriemeister</strong>s <strong>in</strong> jeweils e<strong>in</strong>em konkreten Betrieb benannt<br />

wird. E<strong>in</strong> Beispiel <strong>der</strong> Firma MAN Nutzfahrzeuge wird etwas<br />

detaillierter beschrieben.<br />

Betriebliche Personalpolitiken und <strong>Industriemeister</strong> Seite 36<br />

Hier wird berichtet, welche H<strong>in</strong>weise e<strong>in</strong>e Untersuchung zu <strong>den</strong> betrieblichen<br />

Personalpolitiken ergab, die für die <strong>Industriemeister</strong> Bedeutung<br />

haben. Es geht u.a. um das Interesse, Führungskräfte auch<br />

aus <strong>der</strong> Facharbeiterschaft zu rekrutieren.<br />

Weiterbildung von <strong>Industriemeister</strong>n Seite 37<br />

Hier wird über e<strong>in</strong>e Untersuchung <strong>der</strong> berichtet, die sich mit <strong>der</strong><br />

Weiterbildung von <strong>Industriemeister</strong>n vor 1997 beschäftigt, und mit<br />

<strong>den</strong> Grün<strong>den</strong>, aus <strong>den</strong>en die Neuordnung angegangen wurde..<br />

Konsequenzen aus <strong>den</strong> Untersuchungen zum <strong>Industriemeister</strong><br />

Hier wer<strong>den</strong> wesentliche Erkenntnisse <strong>der</strong> <strong>Situation</strong> <strong>der</strong> <strong>Industriemeister</strong><br />

<strong>Metall</strong> <strong>in</strong> <strong>den</strong> letzten zehn Jahren zusammengefasst.<br />

Seite 39<br />

13


14<br />

In <strong>den</strong> vergangenen fünfzehn Jahren hat sich die Rolle des Meisters im Industriebetrieb stark<br />

verän<strong>der</strong>t. <strong>Die</strong> alte Rolle des Meisters, <strong>der</strong> <strong>in</strong> se<strong>in</strong>em Zuständigkeitsbereich fachlich umfassend<br />

kompetent ist, <strong>der</strong> je<strong>den</strong> e<strong>in</strong>zelnen Mitarbeiter durch Anweisung direkt führt und die Ergebnisse<br />

kontrolliert, wurde verdrängt. Zunehmend handelte <strong>der</strong> neue Meister als Leiter und Koord<strong>in</strong>ator<br />

von Gruppen aus selbstverantwortlichen Fachkräften. Im Übergang von <strong>der</strong> alten zur neuen Rolle<br />

entstehen zahlreiche Konflikte und Reibungen zwischen <strong>den</strong> aktiven Meistern, <strong>den</strong> zugeordneten<br />

Fachkräften und <strong>den</strong> jeweiligen übergeordneten Vorgesetzten.<br />

<strong>Die</strong> neue Verordnung über die Prüfung für <strong>Industriemeister</strong> <strong>Metall</strong> traf also auf e<strong>in</strong>e dynamische<br />

Ausgangslage bei <strong>der</strong> angesprochenen Zielgruppe und <strong>in</strong> dem betroffenen Wirtschaftsbereich.<br />

<strong>Die</strong> Auswirkungen <strong>der</strong> dynamischen und konfliktträchtigen Verhältnisse <strong>in</strong> <strong>der</strong> betrieblichen Praxis<br />

zeigten sich auch <strong>in</strong> <strong>der</strong> beruflichen Fortbildung zum <strong>Industriemeister</strong> - bei <strong>den</strong> Lehrgangsanbietern<br />

und –beteiligten. Das galt <strong>in</strong> <strong>den</strong> Jahren vor <strong>der</strong> neuen Verordnung, und es gilt <strong>in</strong> verän<strong>der</strong>ter<br />

Weise bis heute. Wesentliche Merkmale <strong>der</strong> <strong>Situation</strong> <strong>in</strong> <strong>der</strong> Zeit des Erlasses – 1997 – haben<br />

sich <strong>in</strong>zwischen weiterentwickelt. So ist die betriebliche Arbeitsorganisation weiter <strong>in</strong> Richtung<br />

des E<strong>in</strong>satzes qualifizierter Fachkräfte, <strong>der</strong> Dezentralisierung von Verantwortung, <strong>der</strong> Flexibilisierung<br />

und zeitweiligen bzw. projektbasierten Zuständigkeiten gegangen, Aspekte, die <strong>den</strong><br />

neuen <strong>Industriemeister</strong> <strong>Metall</strong> unterstützen. An<strong>der</strong>erseits hat sich <strong>der</strong> Anteil produktiver Arbeit<br />

<strong>in</strong> <strong>der</strong> Gesamtwirtschaft weiter reduziert, <strong>der</strong> Trend zur <strong>Die</strong>nstleistungstätigkeit setzt sich fort.<br />

E<strong>in</strong> starker Trend be<strong>in</strong>haltet die Durchdr<strong>in</strong>gung <strong>der</strong> Produktion mit Computeranwendungen. So<br />

war im Zusammenhang von Untersuchungen <strong>in</strong> über 50 Betrieben, die im Zusammenhang <strong>der</strong><br />

Modellprojekte des BIBB stattfan<strong>den</strong>, ke<strong>in</strong>e Meistertätigkeit mehr zu f<strong>in</strong><strong>den</strong>, die nicht <strong>in</strong> irgende<strong>in</strong>er<br />

Weise mit dem E<strong>in</strong>satz des Computers verbun<strong>den</strong> war.<br />

Wesentlich jedoch ersche<strong>in</strong>t, dass <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er <strong>Situation</strong> steigen<strong>der</strong> Wertschätzung <strong>der</strong> qualifizierten<br />

und leistungsstarken Facharbeiter die betrieblichen Aufstiegspfade für diese Zielgruppe offengehalten<br />

wer<strong>den</strong> sollten. <strong>Die</strong>ses Ziel bestand, um e<strong>in</strong>erseits die facharbeiternahen Führungspositionen<br />

mit Personen aus <strong>der</strong> Facharbeiterschaft besetzen zu können, an<strong>der</strong>erseits <strong>den</strong> gewünschten<br />

Nachwuchs für die <strong>Metall</strong>berufe rekrutieren zu können, <strong>den</strong>en die Aussicht auf berufliche<br />

Karriere auch bei <strong>der</strong> Berufswahl wichtig ist.<br />

Stand <strong>der</strong> Erkenntnis aus Untersuchungen <strong>der</strong> letzten Jahre<br />

<strong>Die</strong> Rolle des Meisters im Industrieunternehmen hat wie gesagt <strong>in</strong> <strong>den</strong> letzten Jahren ihr Profil<br />

verän<strong>der</strong>t. In <strong>den</strong> 90er Jahren durchgeführte Untersuchungen 6 haben zwar e<strong>in</strong>e Abbau <strong>der</strong> Hierarchieebenen<br />

<strong>in</strong> vielen Betrieben festgestellt, zugleich jedoch das Fortbestehen <strong>der</strong> aus <strong>der</strong><br />

Facharbeiterposition hervorgehen<strong>den</strong> Führungsfunktion berichtet. <strong>Die</strong> Unternehmen haben zum<br />

Teil ihren Sprachgebrauch <strong>der</strong> neuen Aufgabenstellung <strong>in</strong> <strong>der</strong> Meisterebene angepasst. Verwendet<br />

wer<strong>den</strong> neue Bezeichnungen für die Mitarbeiter des unteren und mittleren Managements,<br />

wie Gruppenleiter, Teambetreuer o<strong>der</strong> Leistungse<strong>in</strong>heit-Verantwortlicher. Allen ist jedoch geme<strong>in</strong>sam,<br />

dass e<strong>in</strong>e (zeitweilige) Führungsrolle e<strong>in</strong>gerichtet und stabilisiert wird, <strong>der</strong>en Inhaber<br />

aus <strong>der</strong> Facharbeiterebene stammt. Der laufende Wandel <strong>der</strong> Arbeitswelt <strong>in</strong> Deutschland 7 ist<br />

verbun<strong>den</strong> mit spezifischen Kun<strong>den</strong>anfor<strong>der</strong>ungen, zunehmen<strong>der</strong> Komplexität <strong>der</strong> Arbeitssysteme<br />

und Globalisierung <strong>der</strong> Märkte sowie daraus abgeleiteten, verän<strong>der</strong>ten Organisationsstrukturen.<br />

So wur<strong>den</strong> e<strong>in</strong>zelne Arbeitsprozesse zu vollständigen Arbeitsabläufen zusammengefasst.<br />

Gefor<strong>der</strong>t ist mehr Eigenverantwortlichkeit <strong>der</strong> Mitarbeiter, Kompetenzen wer<strong>den</strong> auf untere<br />

Hierarchieebenen verlagert.<br />

E<strong>in</strong>e <strong>der</strong> Schlüsselfunktionen <strong>in</strong> <strong>der</strong> Produktion kommt dem <strong>Industriemeister</strong> zu. Wur<strong>den</strong> die <strong>Industriemeister</strong><br />

zeitweise als Entwicklungsverlierer des betrieblichen Verän<strong>der</strong>ungsprozesses bezeichnet,<br />

so zeigen Untersuchungen seit <strong>den</strong> 1990er Jahren e<strong>in</strong>e Behauptung <strong>der</strong> entsprechen<strong>den</strong><br />

Personengruppe im betrieblichen Machtgefüge. Der Wettbewerb <strong>der</strong> <strong>Industriemeister</strong> mit<br />

<strong>den</strong> Technikern und Ingenieuren dauert an. In mittelständischen Betrieben ist <strong>der</strong> <strong>Industriemeister</strong><br />

sogar mehr als zuvor als Führungskraft notwendig und unverzichtbar. Der <strong>Industriemeister</strong><br />

von morgen wird diesen Anfor<strong>der</strong>ungen jedoch nur gerecht, wenn er auch entsprechend auf


diese Tätigkeit vorbereitet wird. Das aktuelle und künftige Profil des <strong>Industriemeister</strong>s wird bestimmt<br />

durch Aufgaben bei <strong>der</strong> Planung, Vorbereitung und Organisation <strong>der</strong> Produktion sowie<br />

durch se<strong>in</strong>e Verantwortung, Mitarbeiter zu motivieren und zu führen. Verän<strong>der</strong>te Produktionsformen<br />

und mo<strong>der</strong>ne Kommunikationstechniken stellen darüber h<strong>in</strong>aus neue Anfor<strong>der</strong>ungen.<br />

Dazu gehören e<strong>in</strong> wachsen<strong>der</strong> Grad an Selbstorganisation, Teamfähigkeit, Zusammenarbeit mit<br />

Spezialisten und <strong>der</strong>en E<strong>in</strong>satz im Betrieb, fachübergreifende Qualifikationen und fachspezifische<br />

Kompetenz, Beurteilungskompetenz betriebswirtschaftlicher Zusammenhänge, Qualitätsmanagement<br />

und konsequenter E<strong>in</strong>satz für <strong>den</strong> betrieblichen Umweltschutz sowie ständige Bereitschaft<br />

zur Weiterbildung.<br />

1.1 Zahlen und Fakten zum <strong>Industriemeister</strong> <strong>Metall</strong><br />

<strong>Die</strong> Zielgruppe <strong>der</strong> angehen<strong>den</strong> <strong>Industriemeister</strong> ist e<strong>in</strong>e Teilgruppe <strong>der</strong> angehen<strong>den</strong> Führungskräfte<br />

<strong>in</strong> <strong>der</strong> Produktion, die aus e<strong>in</strong>er Facharbeiterlaufbahn entstammen. Sie s<strong>in</strong>d zum Teil noch<br />

ausschließlich mit Fachaufgaben beschäftigt, teilweise haben sie bereits anteilig Führungsfunktionen,<br />

etwa als Gruppensprecher o<strong>der</strong> Projektleiter. <strong>Die</strong> genaue Anzahl <strong>der</strong> <strong>in</strong> <strong>den</strong> jeweiligen Positionen<br />

zu f<strong>in</strong><strong>den</strong><strong>den</strong> Personen ist nicht ermittelbar. Allerd<strong>in</strong>gs lässt sich e<strong>in</strong> Bild bezüglich <strong>der</strong><br />

Branchen, <strong>in</strong> <strong>den</strong>en die Zielpersonen arbeiten, und <strong>der</strong> Herkunftsberufe zeichnen.<br />

Beschäftigte Anteil an <strong>der</strong> Anzahl <strong>der</strong><br />

Branche<br />

im Jahr 1999 <strong>Metall</strong>branche Betriebe<br />

Masch<strong>in</strong>enbau 930.000 27% 6770<br />

Automobilbau 755.000 22% 1110<br />

Elektrotechnik 655.000 19% 3215<br />

EBM-Waren 250.000 7% 2600<br />

Fe<strong>in</strong>mechanik 215.000 6% 2150<br />

<strong>Metall</strong>bau 190.000 5% 2570<br />

Stahlverformung und Walzwerke 175.000 4,5% 2165<br />

Gießerei 65.000 2% 450<br />

Luftfahrzeugbau 65.000 2% 95<br />

<strong>Metall</strong>erzeugung 60.000 2% 225<br />

Schienenfahrzeugbau und sonst. Fahrzeugbau 55.000 1,5% 220<br />

Büromasch<strong>in</strong>en 40.000 1% 200<br />

Schiffbau 25.000 1% 110<br />

3.480.000 100% 22000<br />

Abbildung 3: Verteilung <strong>in</strong> <strong>den</strong> für die <strong>Industriemeister</strong> <strong>Metall</strong> relevanten Branchen8 Der beschäftigungsstärkste Teilbereich ist <strong>der</strong> Masch<strong>in</strong>enbau mit ca. 930.000 Beschäftigten und<br />

6770 Betrieben, also e<strong>in</strong>er durchschnittlichen Belegschaft von 140 Mitarbeitern. Der Automobilbau<br />

folgt mit 755.000 Beschäftigten und 1110 Betrieben, das ergibt e<strong>in</strong>e durchschnittliche Belegschaft<br />

von 680 Mitarbeitern, allerd<strong>in</strong>gs gehören zu dieser Gruppe e<strong>in</strong>ige sehr große Unternehmen,<br />

die zahlreichen wesentlich kle<strong>in</strong>eren Unternehmen gegenüberstehen. Kernbereiche <strong>der</strong><br />

<strong>Metall</strong>berufe s<strong>in</strong>d auch die Fe<strong>in</strong>mechanik und <strong>der</strong> <strong>Metall</strong>bau mit 215.000 bzw. 190.000 Beschäftigten.<br />

E<strong>in</strong>ige Sektoren waren <strong>in</strong> <strong>den</strong> vergangenen Jahren stark rückläufig, etwa die Gießereien<br />

und <strong>der</strong> Schiffbau.<br />

<strong>Die</strong> Hauptgruppe <strong>der</strong> <strong>Metall</strong>berufe, aus <strong>den</strong>en sich die <strong>Industriemeister</strong> <strong>Metall</strong> rekrutieren, ist die<br />

<strong>der</strong> Industriemechaniker <strong>in</strong> <strong>der</strong> Berufsordnung <strong>der</strong> Schlosser, vor allem die Industriemechaniker-<br />

Masch<strong>in</strong>en- und Systemtechnik und die Industriemechaniker-Betriebstechnik. <strong>Die</strong> Gesamtzahl ist<br />

allerd<strong>in</strong>gs <strong>in</strong> <strong>den</strong> Jahren von 1996 bis 2001 um gut 50.000 Personen rückläufig gewesen und<br />

15


16<br />

lag 2001 bei 716.000 Zugehören<strong>den</strong>. Zweitgrößte Gruppe ist die <strong>der</strong> Mechaniker, darunter die<br />

Fe<strong>in</strong>mechaniker und die Industriemechaniker Produktionstechnik, mit e<strong>in</strong>er Gesamtzahl von etwa<br />

423.000.<br />

Beschäftigte und Arbeitslose <strong>in</strong> <strong>den</strong> <strong>Industriemeister</strong> <strong>Metall</strong>-relevanten<br />

Berufen (ohne Personen <strong>in</strong> Ausbildung, Selbständige und Beamte)<br />

1996 2001<br />

<strong>Metall</strong>verformer / <strong>in</strong>nen (spanend) (221 - 226) 238.069 227.504<br />

Fe<strong>in</strong>blechner / <strong>in</strong>nen, Installateure / <strong>in</strong>nen (261 - 263) 379.117 313.398<br />

Schlosser / <strong>in</strong>nen (Berufsordnungen 271 - 275) 768.650 716.019<br />

darunter:<br />

Masch<strong>in</strong>enschlosser / <strong>in</strong>nen, auch: -helfer, Industriemechaniker-<br />

Masch<strong>in</strong>en- u. Systemtechnik, Masch<strong>in</strong>enbaumechaniker (273)<br />

Betriebsschlosser / <strong>in</strong>nen, Reparaturschlosser / <strong>in</strong>nen, auch: -helfer, Industriemechaniker-Betriebstechnik<br />

(274)<br />

242.056 225.146<br />

190.028 167.487<br />

Mechaniker / <strong>in</strong>nen (281 - 286) 423.994 423.720<br />

darunter:<br />

Fe<strong>in</strong>mechaniker / <strong>in</strong>nen, auch: -helfer, Orthopädie-, Chirurgie-,<br />

Industriemechaniker - Geräte- und Fe<strong>in</strong>werktechnik, Werkzeugmechaniker-Instrumententechnik,<br />

Büchsenmacher (284)<br />

Sonstige Mechaniker / <strong>in</strong>nen, z.B. Näh-, Büromasch<strong>in</strong>en-, Zweirad-,<br />

Kälte-, Industriemechaniker - Produktionstechnik, Teilezurichter, Kälteanlagenbauer,<br />

Masch<strong>in</strong>enzusammensetzer (285)<br />

38.226 38.626<br />

80.338 91.470<br />

Werkzeugmacher / <strong>in</strong>nen (Berufsordnung 291) 126.819 119.914<br />

Zusammen 1.936.649 1.800.555<br />

Abbildung 4: Beschäftigte und Arbeitslose <strong>in</strong> <strong>den</strong> <strong>Industriemeister</strong> <strong>Metall</strong>-relevanten Berufen,<br />

berechnet auf <strong>der</strong> Basis <strong>der</strong> sozialversicherungspflichtig Beschäftigten 9<br />

<strong>Die</strong>se Gruppe ist <strong>in</strong> <strong>den</strong> Jahren von 1996 bis 2001 allerd<strong>in</strong>gs nicht rückläufig gewesen. Dagegen<br />

haben die Fe<strong>in</strong>blechner und Installateure <strong>in</strong> <strong>den</strong> 5 Jahren ca. 17,5% verloren und liegen 2001<br />

bei ca. 314.000 Zugehören<strong>den</strong>. Weitere Herkunftsberufe s<strong>in</strong>d die <strong>Metall</strong>verformer und die<br />

Werkzeugmacher. Insgesamt verloren die <strong>Metall</strong>berufe zwischen 1996 und 2001 knapp<br />

140.000 Zugehörende und zählen noch ca. 1.800.000 Personen.


Industriemechaniker 274<br />

Schlosser etc. ohne I-Mech 270<br />

Mechaniker etc. 280<br />

Werkzeugmacher etc. 290<br />

<strong>Metall</strong>verformer etc. 220, 230, 240<br />

Fe<strong>in</strong>blechner etc.250, 260<br />

Elektriker etc. 310<br />

Modellbauer 500<br />

Bauberufe 400<br />

Technische Zeichner etc. 635<br />

1,4<br />

1<br />

1<br />

0,7<br />

4,4<br />

7,4<br />

14,5<br />

13,2<br />

24,7<br />

31,8<br />

0 5 10 15 20 25 30 35<br />

<strong>Die</strong> Zusammensetzung <strong>der</strong> Teilnehmer an <strong>Industriemeister</strong>lehrgängen bezüglich ihrer Herkunftsberufe<br />

10 ergab <strong>in</strong> <strong>der</strong> Befragung im Jahr 2002, dass ca. e<strong>in</strong> Drittel auf e<strong>in</strong>er Ausbildung als Industriemechaniker<br />

aufbaut, e<strong>in</strong> weiteres Viertel aus <strong>den</strong> naheliegen<strong>den</strong> Schlosserberufen<br />

stammt, weitere große Gruppen <strong>den</strong> Werkzeugmachern, <strong>Metall</strong>verformern und Fe<strong>in</strong>blechnern<br />

zuzuordnen s<strong>in</strong>d. (Angaben <strong>in</strong> % von allen Antworten<strong>den</strong>, n = 500)<br />

Abbildung 5: Zusammensetzung <strong>der</strong> Teilnehmer an Lehrgängen für angehende <strong>Industriemeister</strong><br />

<strong>Metall</strong><br />

<strong>Die</strong> Zahl <strong>der</strong> Teilnehmer an <strong>den</strong> <strong>Industriemeister</strong>-Prüfungen schwankte seit dem Beg<strong>in</strong>n <strong>der</strong><br />

1990er Jahre und war <strong>in</strong>sgesamt rückläufig. Laut Statistischem Bundesamt legten im Jahr 2001<br />

<strong>in</strong>sgesamt 3876 Personen Fortbildungsprüfungen zum <strong>Industriemeister</strong> <strong>Metall</strong> ab, von <strong>den</strong>en<br />

3205 die Prüfung bestan<strong>den</strong>11 . Mit <strong>der</strong> neuen Verordnung war die Hoffnung verbun<strong>den</strong>, diese<br />

Fortbildung zu stabilisieren und mit neuem Leben zu füllen.<br />

<strong>Die</strong> Gruppe <strong>der</strong> bereits tätigen Meister, zusammengesetzt aus <strong>Industriemeister</strong>n, Werkmeistern<br />

und Ausbildungsmeistern, umfasste laut Institut für Arbeitsmarkt und Berufsforschung im Jahr<br />

2001 gut 131.000 Personen, auch dies e<strong>in</strong> Rückgang von ca. 8% <strong>in</strong>nerhalb von 5 Jahren. <strong>Die</strong><br />

Statistik zeigt weiter <strong>den</strong> ger<strong>in</strong>gen Anteil an Frauen und Auslän<strong>der</strong>n <strong>in</strong> diesen Funktionen, ebenso<br />

e<strong>in</strong>e durchschnittliche Alterung, vor allem durch die rückläufige Zahl <strong>der</strong> unter 35 Jährigen <strong>in</strong><br />

Meisterpositionen. Der Hauptteil ist im produzieren<strong>den</strong> Gewerbe tätig, allerd<strong>in</strong>gs gew<strong>in</strong>nt <strong>der</strong><br />

<strong>Die</strong>nstleistungssektor an Anteilen.<br />

<strong>Die</strong> Meister s<strong>in</strong>d Absolventen <strong>der</strong> dualen beruflichen Aufstiegsfortbildung. Sie konkurrieren mit<br />

Technikern und Fachhochschul-Ingenieuren um die Besetzung mittlerer Führungspositionen. Der<br />

Meisterbereich erstreckt sich nach <strong>den</strong> Angaben des Instituts für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung12<br />

auf folgende Personengruppen13 :<br />

- 910.000 Techniker / <strong>in</strong>nen (Berufsordnungen 621 - 629)<br />

- 130.000 <strong>Industriemeister</strong> / <strong>in</strong>nen, Werkmeister / <strong>in</strong>nen (auch: Ausbildungsmeister, -leiter (Berufsordnung<br />

629) 14<br />

- 660.000 Ingenieure / <strong>in</strong>nen (Berufsordnungen 601 - 607)<br />

Das Statistische Bundesamt gibt für das Jahr 2002 e<strong>in</strong>e Gesamtzahl von 181.000 Industrie-,<br />

Werk- o<strong>der</strong> Ausbildungsmeister / <strong>in</strong>ne / n an.<br />

17


18<br />

Beschäftigte und Arbeitslose, Bundesgebiet gesamt<br />

(ohne Personen <strong>in</strong> Ausbildung, Selbständige und Beamte)<br />

1996 2002<br />

Sozialversicherungspflichtig Beschäftigte (Anzahl) 142.925 129.120<br />

Bestandsentwicklung Index (1996=100) 100 90<br />

Beschäftigtengruppen<br />

Frauen 4,8% 6,2%<br />

Auslän<strong>der</strong> 2,2% 2,4%<br />

Unter 35 Jahre 17,0% 11,4%<br />

35 bis unter 50 Jahre 46,7% 54,1%<br />

50 Jahre und älter 36,3% 34,5%<br />

Branchenstruktur<br />

Produzierendes Gewerbe (1998–2001), darunter: 74,4% 71,0%<br />

Masch<strong>in</strong>en-, Fahrzeugbau (1998–2001) 23,2% 22,8%<br />

Baugewerbe (1998–2001) 2,5% 2,1%<br />

Übriges produzierendes Gewerbe (1998–2001) 48,7% 46,1%<br />

<strong>Die</strong>nstleistungssektor (1998–2001) 25,3% 28,7%<br />

Arbeitslose<br />

Arbeitslose mit diesem Zielberuf (Anzahl) 12.717 6.890<br />

Abbildung 6: <strong>Industriemeister</strong> / <strong>in</strong>nen, Werkmeister / <strong>in</strong>nen, Ausbildungsmeister, -leiter (629):<br />

Quantitative <strong>Situation</strong> <strong>der</strong> Zielgruppe laut Berufe im Spiegel <strong>der</strong> Statistik des<br />

IAB, berechnet auf <strong>der</strong> Basis <strong>der</strong> sozialversicherungspflichtig Beschäftigten 15<br />

Meisterlehrgang und Meisterprüfung<br />

<strong>Die</strong> angehen<strong>den</strong> <strong>Industriemeister</strong> <strong>Metall</strong> stellen <strong>den</strong> Großteil <strong>der</strong> Teilnehmerschaft bei <strong>den</strong> von<br />

Industrie- und Handelskammern <strong>in</strong> <strong>der</strong> Aufstiegsfortbildung durchgeführten gewerblichtechnischen<br />

Lehrgängen.<br />

2001 nahmen an <strong>den</strong> Weiterbildungsprüfungen zum <strong>Industriemeister</strong> <strong>Metall</strong> 9.313 Personen<br />

teil, von <strong>den</strong>en 7.845 (84%) die Prüfung bestan<strong>den</strong>.<br />

Industrie und Handel Handwerk an<strong>der</strong>e<br />

Teilnehmer<br />

an Prüfung<br />

Prüfung<br />

bestan<strong>den</strong><br />

<strong>Industriemeister</strong> / <strong>in</strong> 9.313 7.845<br />

Fachmeister / <strong>in</strong><br />

Handwerksmeister /<br />

<strong>in</strong><br />

1.776 1.484<br />

Teilnehmer<br />

an Prüfung<br />

Prüfung<br />

bestan<strong>den</strong><br />

30.245 27.925<br />

Teilnehmer<br />

an Prüfung<br />

Prüfung<br />

bestan<strong>den</strong><br />

Meisterprüfungen 3.109 2.503<br />

Abbildung 7: Teilnehmer an Fortbildungs- und Meisterprüfungen nach dem Statistischen Jahrbuch<br />

2003


1.2 Beschreibende Darstellungen zur <strong>Situation</strong> <strong>der</strong> Meister<br />

<strong>Die</strong> Meisterposition ist im Normalfall e<strong>in</strong>e Vorgesetztenposition. <strong>Die</strong>se wird von <strong>den</strong> Absolventen<br />

<strong>der</strong> <strong>Industriemeister</strong>ausbildung angestrebt und vergleichsweise häufig auch erreicht, bei 42%<br />

bereits e<strong>in</strong> Jahr nach Abschluss <strong>der</strong> Maßnahme (Erhebung des Bundes<strong>in</strong>stituts für Berufsbildung):<br />

"Von e<strong>in</strong>er Bedrohung <strong>der</strong> Meister <strong>in</strong> ihrem ureigenen Betätigungsfeld durch Techniker<br />

kann nicht die Rede se<strong>in</strong>." 16 <strong>Die</strong> Absolventenbefragung unter <strong>Industriemeister</strong>n17 brachte wi<strong>der</strong>sprüchliche<br />

Ergebnisse. So ist e<strong>in</strong>erseits e<strong>in</strong> überdurchschnittlich hoher Grad <strong>der</strong> Berufstätigkeit<br />

zu erkennen, die Meister gehören nicht zu <strong>den</strong> von Arbeitslosigkeit beson<strong>der</strong>s betroffenen<br />

Gruppen. Auch bekun<strong>den</strong> die Absolventen durchschnittlich positive Auswirkungen ihrer Fortbildung<br />

zum Meister. Allerd<strong>in</strong>gs gibt es Skepsis h<strong>in</strong>sichtlich <strong>der</strong> Erwartung an e<strong>in</strong>e angemessene<br />

Position als Meister im Betrieb.<br />

Den vor 1997 vorhan<strong>den</strong>en H<strong>in</strong>tergrund für die Neukonzeption <strong>der</strong> Prüfung bildete das verän<strong>der</strong>te<br />

Berufsbild des Meisters im Industriebetrieb. <strong>Die</strong> bisherige Ausbildung nach <strong>der</strong> bestehen<strong>den</strong><br />

Verordnung von 1977 galt als nicht mehr zeitgemäß, sie genügte <strong>den</strong> Anfor<strong>der</strong>ungen an<br />

zukünftige Meister nicht mehr18 . Bezüglich des Mo<strong>der</strong>nisierungsgrundes nannten die Beteiligten<br />

<strong>den</strong> technischen Fortschritt, mit dem mo<strong>der</strong>ne Informations- und Kommunikationstechniken <strong>in</strong><br />

allen betrieblichen Bereichen E<strong>in</strong>zug genommen haben. Sie erfor<strong>der</strong>ten neue Qualifikationen.<br />

Zum an<strong>der</strong>en enthalten verän<strong>der</strong>te Formen <strong>der</strong> Arbeitsorganisation, die nach <strong>der</strong> Ablösung tayloristisch<br />

geprägter Arbeitsteilungsformen entstan<strong>den</strong> s<strong>in</strong>d, die zunehmende Etablierung von<br />

Gruppen- und Teamarbeit. <strong>Die</strong> E<strong>in</strong>führung von neuen Produktionskonzepten - "Lean Management"<br />

19 war zu Beg<strong>in</strong>n <strong>der</strong> 1990er Jahre e<strong>in</strong> wesentliches Stichwort - bewirkte höhere Eigenverantwortlichkeit<br />

und erzw<strong>in</strong>gt umfassende Sozialkompetenz <strong>in</strong> <strong>der</strong> Rolle des Meisters.<br />

In <strong>der</strong> umfassen<strong>den</strong> Untersuchung <strong>der</strong> <strong>Situation</strong> im Meisterbereich im Zusammenhang des Programmes<br />

Arbeit und Technik Mitte <strong>der</strong> 1990er Jahre wurde die Frage erkundet, welche Bedeutung<br />

die <strong>Industriemeister</strong> <strong>in</strong> <strong>den</strong> neu organisierten Unternehmen überhaupt haben. Dabei entstand<br />

die E<strong>in</strong>schätzung, dass sich die betriebliche Funktion des Meisters trotz mehrerer Wellen<br />

arbeitsorganisatorischer Verän<strong>der</strong>ungen, die mit Funktionsverlust und Funktionsverschiebungen<br />

verbun<strong>den</strong> waren, immer wie<strong>der</strong> stabilisieren konnte20 . Erst im Laufe <strong>der</strong> späten 80er und <strong>der</strong><br />

frühen 90er Jahre wurde <strong>in</strong> Verb<strong>in</strong>dung mit <strong>der</strong> E<strong>in</strong>führung neuer Formen <strong>der</strong> Arbeitsorganisation<br />

über Krisenphänomene berichtet. <strong>Die</strong> Suche nach betrieblichen E<strong>in</strong>zellösungen zur Etablierung<br />

e<strong>in</strong>es „neuen Meistertyps“ erwies sich nach E<strong>in</strong>schätzung <strong>der</strong> untersuchen<strong>den</strong> Akteure als<br />

schwierig. Es wird <strong>der</strong> Zusammenhang dargestellt, dass für das Fortbestehen <strong>der</strong> Meister als<br />

zentraler Rolle und als Führungsfunktion <strong>in</strong>nerhalb vielfältiger betrieblicher Organisationslösungen<br />

e<strong>in</strong> M<strong>in</strong>destmaß an Geme<strong>in</strong>samkeiten zwischen <strong>den</strong> Meistern <strong>der</strong> e<strong>in</strong>zelnen Betriebe und<br />

Branchen bestehen bleiben muss bzw. auf verän<strong>der</strong>ter Grundlage neu entstehen muss. In diesem<br />

Zusammenhang wird die Neuverordnung <strong>der</strong> <strong>Industriemeister</strong>-Fortbildung für die <strong>Metall</strong><strong>in</strong>dustrie<br />

als bedeutsam angesehen21 .<br />

1.2.1 Historische Entwicklung <strong>der</strong> Meisterfunktion<br />

<strong>Die</strong> Darstellung des Meisters soll durch e<strong>in</strong>e kurze Bemerkung zur geschichtlichen Entwicklung<br />

<strong>der</strong> Meisterfunktion e<strong>in</strong>geleitet wer<strong>den</strong>. Erst daraus lässt sich ihre Entstehung überhaupt erklären.<br />

<strong>Die</strong> historische Entwicklung <strong>der</strong> Meisterrolle durchläuft e<strong>in</strong>e mehrere Jahrhun<strong>der</strong>te zurückgehende<br />

Geschichte. Alle Meisterprofessionen entstammen <strong>der</strong> zünftischen Tradition 22 . Sie<br />

wuchsen <strong>in</strong> relativ ungebrochener Entwicklung aus <strong>den</strong> Organisationen handwerklicher Arbeit,<br />

die bis <strong>in</strong>s Mittelalter zurückreichen. In <strong>den</strong> Gründungszeiten <strong>der</strong> handwerklichen Zünfte erkämpften<br />

sich die Meister e<strong>in</strong>en Status weitgehen<strong>der</strong> Machtbefugnisse, sie hatten nicht nur<br />

fachliche Hoheit über Ausbildung und Fertigung, son<strong>der</strong>n zudem umfassende rechtsprechende<br />

Kompetenzen für ihren Bereich und über die re<strong>in</strong> handwerkliche Betätigung h<strong>in</strong>ausreichende<br />

fachliche "Domäne" <strong>in</strong> architektonischer, konstruieren<strong>der</strong>, forschen<strong>der</strong> etc. H<strong>in</strong>sicht. Im Zuge<br />

<strong>der</strong> lndustrialisierung erwuchs dem Handwerk im Bereich <strong>der</strong> Produktion und Fertigung e<strong>in</strong>e<br />

Konkurrenz, die bald das Handwerk aus weiten Bereichen <strong>der</strong> produktiven Tätigkeiten verdrängte<br />

23 . Es entstan<strong>den</strong> Wirtschaftsbereiche <strong>in</strong> folgen<strong>der</strong> Teilung:<br />

19


20<br />

- handwerkliche Tätigkeit <strong>in</strong> handwerklicher Organisationsform 24 , <strong>in</strong> Kle<strong>in</strong>betrieben mit kle<strong>in</strong>en<br />

Stückzahlfertigungen, Reparaturen und gewerblichen Serviceleistungen, beispielsweise <strong>den</strong><br />

handwerklichen Baubetrieben, Karosseriebaubetrieben, Modellbauern u.ä. 25<br />

- handwerkliche Tätigkeiten <strong>in</strong> <strong>in</strong>dustrieller Organisationsform26 , wie im <strong>in</strong>dustriellen Baugewerbe,<br />

etwa dem Gewerbegebäudebau27 , o<strong>der</strong> im <strong>in</strong>dustriellen Großanlagenbau, etwa dem<br />

Schiffsbau28 - <strong>in</strong>dustrielle Tätigkeit <strong>in</strong> <strong>in</strong>dustrieller Organisationsform, etwa im Kraftfahrzeugbau, im Elektrogerätebau<br />

etc. 29<br />

- eigenständig professionalisierte Bereiche, die eigene, abgegrenzte Zugangswege zur Tätigkeitsausübung<br />

entwickelten, etwa Architekten, Ingenieure, Konstrukteure usw.<br />

Im Bereich <strong>in</strong>dustrieller Tätigkeit ergab sich mit Durchsetzung tayloristischer und fordistischer<br />

Pr<strong>in</strong>zipien e<strong>in</strong> Paradigma, welches anspruchsvolle gewerbliche Tätigkeiten weitgehend auszugrenzen<br />

versuchte30 . In e<strong>in</strong>igen umliegen<strong>den</strong> Bereichen verblieben Fel<strong>der</strong> menschlicher Facharbeit,<br />

<strong>in</strong> wesentlichen Segmenten <strong>der</strong> Produktion jedoch wurde die menschliche Arbeitsleistung<br />

eng an restriktive Masch<strong>in</strong>enabläufe gekoppelt und <strong>in</strong> ihren Möglichkeiten reduziert.<br />

Aus <strong>der</strong> Darstellung ergeben sich mehrere Problemfel<strong>der</strong> <strong>der</strong> Meisterwirtschaft, die es seitdem<br />

verstärkt zu beachten galt:<br />

- <strong>Die</strong> Tätigkeit <strong>der</strong> Meister wandelte sich. Sie fungieren weniger als Autorität an sich o<strong>der</strong> als<br />

fachliche Alleskönner, son<strong>der</strong>n eher als Bereichsmanager o<strong>der</strong> „Coach“ 31 .<br />

- Wesentlicher Druck <strong>in</strong> die Meisterposition wurde durch die Flexibilitätserfor<strong>der</strong>nisse von extern<br />

here<strong>in</strong>gebracht. <strong>Die</strong> Professionalisierung auf dem Gebiet <strong>der</strong> Bewältigung nicht geplanter Ablaufän<strong>der</strong>ungen<br />

(von <strong>der</strong> Verhandlung bis zum Störungsmanagement) ist zur wesentlichen<br />

Aufgabe herangewachsen.<br />

- Aus <strong>den</strong> Folgerungen neuer Produktionskonzepte32 , die sowohl die Maxime "so gut wie möglich“<br />

zum „so gut wie nötig“ abschwächen wollen (und <strong>den</strong> Abbau überzogener Kontrollmechanismen<br />

sowie die kun<strong>den</strong>spezifische Fokussierung von Gütemerkmalen betreiben) wie<br />

auch gleichzeitig kompromisslos Qualität (etwa im Rahmen <strong>der</strong> Umsetzung neuer Qualitätskonzepte<br />

wie dem „Total Quality Management“ 33 ) erfor<strong>der</strong>n, ergaben sich neue Dilemmata<br />

für die Meister, die dieses umsetzen sollten.<br />

- Meister fungieren <strong>in</strong> zunehmendem Maße als betriebliche Transfer- und Transformationsstelle.<br />

Verständigungsschwierigkeiten zwischen Ingenieur- und Facharbeiterebene können wesentlich<br />

über die Mittlerfunktion an <strong>der</strong> betrieblichen Schnittstelle "Meister" gelöst wer<strong>den</strong>.<br />

Hier ist e<strong>in</strong> Informationsfluss <strong>in</strong> bei<strong>den</strong> Richtungen auch durch Übersetzungstätigkeiten vorzunehmen<br />

und zu koord<strong>in</strong>ieren.<br />

- In e<strong>in</strong>er Zeit kont<strong>in</strong>uierlicher Verän<strong>der</strong>ungen wächst vorübergehend das Gewicht traditionell<br />

standfester Positionen. <strong>Die</strong> Unterspülung dieser alten Haltepfähle "Meister" verläuft parallel<br />

dazu, dass sich immer mehr Mitarbeiter an ihnen orientieren. <strong>Die</strong> frühzeitige und angemessene,<br />

adäquate E<strong>in</strong>beziehung <strong>der</strong> Meister <strong>in</strong> betriebliche Verän<strong>der</strong>ungen hat sich als wesentliche<br />

Aufgabe herausgestellt.<br />

- Neben <strong>der</strong> Meisterausbildung war und ist auch die För<strong>der</strong>ung des vorhan<strong>den</strong>en Meisterstammes<br />

notwendig. Dabei ist <strong>in</strong>sbeson<strong>der</strong>e darauf zu achten, dass die Meister rechtzeitig e<strong>in</strong>bezogen<br />

wer<strong>den</strong> - und dass sie dort abgeholt wer<strong>den</strong>, wo sie sich (subjektiv) gerade bef<strong>in</strong><strong>den</strong>.<br />

Der weitläufigen Unterschiedlichkeit <strong>der</strong> Meisterpraxis <strong>in</strong> <strong>der</strong> Montage ist dabei Rechnung zu<br />

tragen.<br />

- In <strong>der</strong> betrieblichen Hierarchie (Organigramm) wurde die Meisterposition neu zugeordnet. E<strong>in</strong>e<br />

Formalisierung <strong>der</strong> Aufgabenzuschnitte (durch Stellenbeschreibungen, Aufgabenbeschreibungen,<br />

etc.) war <strong>in</strong> <strong>den</strong> vergangenen Umbruchzeiten zunehmend wichtig und entlastete vor<br />

allem auch die, an <strong>den</strong>en immer weitere Aufgaben hängen bleiben - wie an <strong>den</strong> Meistern.<br />

Vor dem H<strong>in</strong>tergrund dieser Entwicklungen zeigten sich betriebliche Verän<strong>der</strong>ungen, <strong>der</strong>en<br />

Auswirkungen für die Meister <strong>in</strong> <strong>der</strong> Industrie <strong>in</strong> <strong>den</strong> 1990er Jahren nicht mehr sicher zu se<strong>in</strong><br />

schienen. Es wur<strong>den</strong> daher spezifische Untersuchungen <strong>in</strong>itiiert.<br />

Der Neuordnung vorausgehende Untersuchungen


Vor dem H<strong>in</strong>tergrund dieser heterogenen und nicht abgeschlossenen Entwicklung <strong>der</strong> <strong>Situation</strong><br />

<strong>der</strong> Meister hat <strong>der</strong> Projektträger Arbeit und Technik 1995 <strong>den</strong> Auftrag an e<strong>in</strong>en Verbund von<br />

12 Forschungs<strong>in</strong>stituten und 2 Betrieben erteilt, e<strong>in</strong>e Bestandsaufnahme <strong>der</strong> aktuellen <strong>Situation</strong><br />

und <strong>der</strong> zukunftsweisen<strong>den</strong> Richtung im Bereich <strong>der</strong> unteren und mittleren Produktionsführungskräfte<br />

zu erarbeiten. Der gesamte Untersuchungskomplex wurde <strong>in</strong> mehrere Untersuchungsfel<strong>der</strong><br />

aufgeteilt, so nach Betriebsgröße, Branche, Region, und h<strong>in</strong>sichtlich verschie<strong>den</strong>er<br />

Fragestellungen untersucht 34 .<br />

In <strong>der</strong> Summe stellte sich "die Zukunft des Meisters" überraschend positiv für die Meister dar:<br />

"<strong>Die</strong> Meisterposition steht nicht zur Disposition, da zunehmend mehr Aufgaben und Verantwortung<br />

an das untere Management delegiert wer<strong>den</strong>." 35 Als zentrale Aufgabenfel<strong>der</strong> wur<strong>den</strong> die<br />

Arbeitsvorbereitung, die Fertigungssteuerung, die Qualitätssicherung und die Personalführung<br />

genannt: "In mehrfacher H<strong>in</strong>sicht wurde nachgewiesen, dass <strong>der</strong>en Stellenwert und das dazugehörige<br />

Wissen zur Betriebsorganisation <strong>in</strong> <strong>den</strong> nächsten Jahren noch zunehmen wird." 36 <strong>Die</strong><br />

Auswirkungen auf die Qualifizierungsanfor<strong>der</strong>ungen fokussierten sich auf die Bewältigung <strong>der</strong><br />

verän<strong>der</strong>ten Betriebsorganisation und Mitarbeiterbeziehungen. <strong>Die</strong> Verän<strong>der</strong>ungen <strong>der</strong> Meistersituation<br />

führten zu e<strong>in</strong>er neuen Intensität des Wettbewerbs im Bereich zwischen Facharbeitern<br />

und Ingenieuren. <strong>Die</strong> Ten<strong>den</strong>z wurde als weitgehend offen bewertet.<br />

E<strong>in</strong>erseits stimmten vom Bundes<strong>in</strong>stitut für Berufsbildung befragte betriebliche Personalexperten<br />

zu 67% <strong>der</strong> Aussage voll zu: "<strong>Die</strong> Aufstiegsmöglichkeit für Facharbeiter liegt zukünftig weniger<br />

<strong>in</strong> <strong>der</strong> Übernahme e<strong>in</strong>er Vorgesetztenposition (Meister), son<strong>der</strong>n eher <strong>in</strong> <strong>der</strong> Übernahme technischer<br />

Spezialaufgaben." An<strong>der</strong>erseits führte die betriebliche Motivationsarithmetik zur Erhaltung<br />

tradierter Karriereperspektiven: 32% stimmten voll, 44% stimmten teilweise <strong>der</strong> Aussage zu: "Es<br />

ist wenig s<strong>in</strong>nvoll, Ingenieure anstelle von Technikern o<strong>der</strong> Fachspezialisten e<strong>in</strong>zusetzen, also auf<br />

herkömmlichen Aufstiegspositionen für Facharbeiter. <strong>Die</strong>s führt zu Konflikten und Frustrationen."<br />

37<br />

Grundsätzlich war davon auszugehen, das Führungselemente <strong>in</strong> <strong>der</strong> Arbeitstätigkeit eher zunehmen.<br />

<strong>Die</strong> Dezentralisierung von Verantwortlichkeiten und die Organisationsform <strong>der</strong> Gruppenarbeit<br />

bewirkten e<strong>in</strong>e Erfor<strong>der</strong>nis von Führungsaktivitäten an vielen Stellen und Phasen. E<strong>in</strong><br />

nicht-hierarchisches Arbeitssystem stellt erhöhte Ansprüche an Führungs- und Koord<strong>in</strong>ationsleistungen.<br />

Als Beschreibungsbereiche für die soziologische Sicht <strong>der</strong> Meisterrolle lassen sich die<br />

Dimensionen Aufgaben- und Funktionsstruktur (als Grundlage <strong>der</strong> sozialen Stellung), Autonomie<br />

und Kontrolle (be<strong>in</strong>haltet die Entscheidungsspielräume), Führungsstil und Autoritätsgrundlagen<br />

(bezieht sich auf das Machtgefüge) sowie Arbeitssituation und persönliche Orientierung (<strong>der</strong><br />

konkrete Handlungsrahmen <strong>der</strong> Akteure) verwen<strong>den</strong>38 . Bezogen auf die Gießerei-Industrie sieht<br />

auch Jaeger e<strong>in</strong>e "wachsende Bedeutung <strong>der</strong> Führungsaufgaben sowie <strong>der</strong> koord<strong>in</strong>ieren<strong>den</strong> und<br />

organisieren<strong>den</strong> Tätigkeits<strong>in</strong>halte".<br />

Wegen <strong>der</strong> grundsätzlichen Bedeutung und des Umfanges <strong>der</strong> Mitte <strong>der</strong> 1990er Jahre durchgeführten<br />

Arbeiten wer<strong>den</strong> e<strong>in</strong>ige <strong>der</strong> Untersuchungsergebnisse im Folgen<strong>den</strong> ausführlicher dargestellt.<br />

Es g<strong>in</strong>g um die differenzierte Entwicklung <strong>der</strong> neuen Rolle des Meisters <strong>in</strong> Großbetrieben<br />

und <strong>in</strong> Kle<strong>in</strong>- und Mittelbetrieben, um die Untersuchung betrieblicher Restrukturierungsprozesse<br />

und Konzepte und um die betriebliche Personalpolitik <strong>in</strong> bezug auf untere und mittlere Führungskräfte.<br />

<strong>Die</strong> Qualifizierung des Meisters und die Konzepte se<strong>in</strong>er Weiterbildung sowie die<br />

Rolle von Verbän<strong>den</strong> und rechtlicher Regelungen für die <strong>Situation</strong> des Meisters waren weitere<br />

Forschungsschwerpunkte. Für die Untersuchungen wurde e<strong>in</strong> Metho<strong>den</strong>-Mix aus exemplarischen<br />

Untersuchungen mit empirisch-analytischem Vorgehen und repräsentativen Erhebungen<br />

e<strong>in</strong>gesetzt. <strong>Die</strong>s hatte zum Ziel, e<strong>in</strong>e „Exploration <strong>der</strong> Gesamtproblematik“ 39 und ihrer unterschiedlichen<br />

Dimensionen zu erreichen sowie sich abzeichnende Entwicklungsten<strong>den</strong>zen und<br />

Lösungsansätze zu i<strong>den</strong>tifizieren40 .<br />

1.2.2 Meister <strong>in</strong> Großbetrieben<br />

21


22<br />

In <strong>der</strong> Untersuchung zur neuen Rolle und Funktion <strong>der</strong> Meister <strong>in</strong> Großbetrieben wur<strong>den</strong> mehrere<br />

Leitbil<strong>der</strong> für neue Meisterprofile i<strong>den</strong>tifiziert. <strong>Die</strong>se wer<strong>den</strong> weniger als klar def<strong>in</strong>ierte und<br />

abzugrenzende Funktionsbeschreibungen verwendet, son<strong>der</strong>n als Ausgestaltungsspielräume, die<br />

sich im Spannungsverhältnis von betriebs- und arbeitsorganisatorischer Dezentralisierung ansiedeln<br />

41 . <strong>Die</strong> e<strong>in</strong>zelnen Leitbil<strong>der</strong> können sich offenbar je nach betriebsspezifischer Ausrichtung<br />

überschnei<strong>den</strong>.<br />

<strong>Die</strong> als „Shop-Floor-Manager“ bezeichnete Variante zeigt das Pr<strong>in</strong>zip <strong>der</strong> betriebswirtschaftlichen<br />

Dezentralisierung im Vor<strong>der</strong>grund, die eigenverantwortlichen produktiven Bereiche regulieren<br />

sich <strong>in</strong> dieser Organisationsform weitgehend selbst. Es entwickelt sich e<strong>in</strong>e „Intrapreneurship“,<br />

das Unternehmertum im Unternehmen. Der Meister betreibt die Steuerung se<strong>in</strong>es Bereichs<br />

nach betriebswirtschaftlichen Effizienzgesichtspunkten <strong>in</strong> eigener Verantwortlichkeit. Häufig entsteht<br />

e<strong>in</strong> Verdrängungswettbewerb und / o<strong>der</strong> e<strong>in</strong>e Verschmelzung mit vorgelagerten Bereichen<br />

<strong>der</strong> Instandhaltung, <strong>der</strong> Arbeitsvorbereitung o<strong>der</strong> <strong>der</strong> Qualitätssicherung. <strong>Die</strong> frühere Vermittlungsfunktion<br />

des Meisters zwischen diesen Bereichen kann dann entfallen.<br />

Der Meister als „Coach“ wird als weiteres Leitbild beschrieben. Dabei wird die betriebswirtschaftliche<br />

Profilierung <strong>in</strong> <strong>den</strong> vom Meister betreuten unterschiedlichen Bereichen auf jeweils<br />

selbstgesteuerte Weise vorangetrieben. Der Meister unterstützt die Gruppen <strong>in</strong> ihrer eigenen<br />

Entwicklung. Auch hier bestimmt kostenorientiertes Denken und Handeln sowie die soziale<br />

Vermittlungsfunktion die Meisteraufgabe. <strong>Die</strong>se wird auf unterschiedliche Weise betriebsspezifisch<br />

austariert. <strong>Die</strong> Führung über Zielvere<strong>in</strong>barungen ist wesentliches Merkmal dieses Meisterprofils.<br />

Es wer<strong>den</strong> über e<strong>in</strong>e bestimmte Phase (e<strong>in</strong> Jahr) Vere<strong>in</strong>barungen getroffen über angestrebte<br />

Ziele und die zu <strong>der</strong>en Erreichung angestrebten Aktivitäten.<br />

E<strong>in</strong> weiteres Leitbild stellt die Mo<strong>der</strong>nisierung <strong>der</strong> traditionellen Meisterposition dar. Tayloristische<br />

Verhältnisse bleiben <strong>in</strong> dieser Variante bestehen. Es entsteht e<strong>in</strong>e grundsätzliche Dynamisierung<br />

und qualitative Verän<strong>der</strong>ung <strong>der</strong> Optimierungsaufgabe des vom Meister verantworteten<br />

Bereiches. Dadurch wird auch unter eher traditionellen Rahmenbed<strong>in</strong>gungen <strong>der</strong> kont<strong>in</strong>uierliche<br />

Verbesserungsprozess (KVP) als zentrale Meisteraufgabe angesehen, die nicht unbed<strong>in</strong>gt <strong>in</strong> Zusammenarbeit<br />

mit <strong>den</strong> dem Meister zugeordneten Arbeitskräften angegangen wird.<br />

E<strong>in</strong> letztes Leitbild enthält die Abschaffung <strong>der</strong> Meisterfunktion und Verteilung von dessen Aufgaben<br />

zwischen Facharbeitskräften und Führungskräften. <strong>Die</strong> betriebliche Ungewissheitszone im<br />

unteren bzw. mittleren Management, die bislang durch <strong>den</strong> Meister vermittelt wurde, wird dann<br />

vollständig <strong>in</strong> Zielvere<strong>in</strong>barungen und „Management by Objectives“ aufgelöst. Ob sich dieser<br />

Typ langfristig als e<strong>in</strong>e Variante durchsetzen wird, ist nach <strong>der</strong> E<strong>in</strong>schätzung <strong>der</strong> Untersucher<br />

noch ungewiss 42 . In <strong>der</strong> Summe wurde <strong>in</strong>nerhalb <strong>der</strong> betriebs- und arbeitsorganisatorischen Restrukturierungsbestrebungen<br />

weitgehend an <strong>der</strong> Meisterposition als produktionsnaher Führungsposition<br />

und als doppelte Vermittlungsfunktion festgehalten. <strong>Die</strong> betriebsspezifischen Ausgestaltungen<br />

<strong>der</strong> Führungsposition variieren <strong>in</strong> Aufgabenzuschnitt, Funktions- und Anfor<strong>der</strong>ungsprofil<br />

43 . Im Prozess <strong>der</strong> betrieblichen Umstrukturierung f<strong>in</strong>det e<strong>in</strong>e Polarisierung zwischen<br />

zwei Grundrichtungen <strong>der</strong> Meisterfunktion statt: <strong>der</strong> Meister als „Verschleißteil“ e<strong>in</strong>erseits und<br />

an<strong>der</strong>erseits <strong>der</strong> Meister als „Motor“ im Umstrukturierungsprozess.<br />

Der Meister steht <strong>in</strong> <strong>der</strong> „Verschleißteil-Option“ 44 mit dem betriebs- und arbeitsorganisatorischen<br />

Wandel unter e<strong>in</strong>em erhöhten Term<strong>in</strong>- und Kostendruck bei gleichzeitiger systematischer Verknappung<br />

<strong>der</strong> für die Bewältigung <strong>der</strong> Aufgabe verfügbaren Ressourcen. Bei härter wer<strong>den</strong><strong>den</strong><br />

Term<strong>in</strong>-, Effizienz- und Qualitätsanfor<strong>der</strong>ungen nimmt die Bedeutung des Meisters zu. Dabei<br />

kommt vor allem schnelles Reaktionsvermögen zur zielgenauen und effektiven Problemlösung<br />

zur Wirkung, über das Meister offenbar häufig verfügen.<br />

Der Meister als „Motor <strong>der</strong> Verän<strong>der</strong>ung“ 45 wird zum Garanten <strong>der</strong> effektiven Vermittlung zwischen<br />

betrieblichen Zielen und e<strong>in</strong>er selbständiger agieren<strong>den</strong> Produktionsebene, die durch<br />

Facharbeiter <strong>in</strong> Gruppen besetzt ist. Ziel <strong>der</strong> Verän<strong>der</strong>ung ist es, Entscheidungs- und Verantwortlichkeitsstrukturen<br />

wirksam zu dezentralisieren. In <strong>der</strong> Abstimmung <strong>der</strong> Verantwortlichkeiten<br />

zwischen Gruppen und Meistern müssen die neuen Zuständigkeiten <strong>in</strong> geeigneter Weise ausge-


wogen wer<strong>den</strong>. Häufig wer<strong>den</strong> nach <strong>den</strong> E<strong>in</strong>schätzungen <strong>der</strong> Untersuchung höhere Anfor<strong>der</strong>ungen<br />

an die allgeme<strong>in</strong>e, generalisierungsfähige Technikkompetenz <strong>der</strong> Meister gestellt, die<br />

generelle Kompetenz wird dem Detailwissen vorangestellt. In verstärkter Form wird die E<strong>in</strong>beziehung<br />

<strong>der</strong> Meister bereits <strong>in</strong> Planungsprozesse beobachtet, man erwartet von ihnen<br />

anspruchsvolle Verständigungs- und Transferleistungen zwischen direkten und <strong>in</strong>direkten Bereichen.<br />

Neue Anfor<strong>der</strong>ungen entstehen auch h<strong>in</strong>sichtlich <strong>der</strong> Personalführung. <strong>Die</strong> Zeit, <strong>in</strong> <strong>der</strong> e<strong>in</strong><br />

Meister „nur se<strong>in</strong>en Mantel <strong>in</strong> <strong>den</strong> Bereich hängen musste, damit <strong>der</strong> La<strong>den</strong> läuft“ ist nach Ansicht<br />

<strong>der</strong> Untersuchen<strong>den</strong> vorbei 46 . Ten<strong>den</strong>ziell lässt sich aus Sicht <strong>der</strong> Untersuchung e<strong>in</strong>e<br />

Schwerpunktverlagerung auf die Meister-Rolle des „Shop-Floor Managers“ diagnostizieren 47 .<br />

1.2.3 Meister <strong>in</strong> Kle<strong>in</strong>- und Mittelbetrieben<br />

E<strong>in</strong> weiterer Untersuchungsschwerpunkt wandte sich dem Meister <strong>in</strong> Kle<strong>in</strong>- und Mittelbetrieben<br />

zu 48 . Das topographische Bild für das traditionelle Meisterprofil <strong>in</strong> Kle<strong>in</strong>- und Mittelbetrieben<br />

wird dort als „unternehmerisches Handeln <strong>in</strong> <strong>der</strong> Produktion“ beschrieben 49 . Es wird gekennzeichnet<br />

durch folgende Merkmale:<br />

- <strong>Die</strong> Meister gelten als „starke Figuren“, sie bil<strong>den</strong> e<strong>in</strong> wichtiges Zentrum <strong>der</strong> Kompetenz und<br />

Initiative.<br />

- <strong>Die</strong> Meister haben e<strong>in</strong>e umfassende Qualifikation, bestehend aus theoretischem Wissen, praktischer<br />

und s<strong>in</strong>nlicher Erfahrung (ausgeprägter Empirismus).<br />

- Es f<strong>in</strong>det sich oft ke<strong>in</strong>e e<strong>in</strong>deutige Unterscheidung zwischen Meister- und Ingenieursaufgaben,<br />

Meister übernehmen auch Projektverantwortung aufgrund <strong>der</strong> ihnen zugeschriebenen<br />

großen Professionalität.<br />

- <strong>Die</strong> Meister s<strong>in</strong>d an Planungsprozessen beteiligt, d.h. sie s<strong>in</strong>d nicht nur Planexekutoren und<br />

Vollzugspersonen.<br />

- Meister besitzen e<strong>in</strong>e erhebliche Steuerungsmacht: da die Konjunktur- und Marktschwankungen<br />

oftmals ungefiltert <strong>in</strong> <strong>den</strong> Betrieb dr<strong>in</strong>gen, ist es Aufgabe von Meistern, unvorhersehbare<br />

Produktionsspitzen, „Schnellschüsse“ o<strong>der</strong> „Durststrecken“ zu bewältigen. <strong>Die</strong>se „Kont<strong>in</strong>genz-Bewältigung“<br />

gehört zum Lebenselexier <strong>der</strong> Meister im Kle<strong>in</strong>- und Mittelbetrieb50 . <strong>Die</strong><br />

Steuerungsmacht zeigt sich auch <strong>in</strong>nerbetrieblich beispielsweise <strong>in</strong> <strong>der</strong> Zusammenarbeit mit<br />

<strong>der</strong> Arbeitsvorbereitung.<br />

- <strong>Die</strong> Meister tragen Kostenstellenverantwortung und verfügen oft über e<strong>in</strong> Budget von mehreren<br />

hun<strong>der</strong>ttausend Mark. Betriebswirtschaftliches Denken ist für sie ke<strong>in</strong> neues Aufgabenfeld.<br />

- Meister s<strong>in</strong>d „Leistungspolitiker“: Führungspolitik ist im Kle<strong>in</strong>- und Mittelbetrieb Leistungspolitik.<br />

Neben <strong>der</strong> fachlichen Kontrolle ist dies zentrale Aufgabe und gleichzeitig <strong>der</strong> heikelste<br />

Punkt <strong>der</strong> Meisteraufgabe. Hier zeigt sich e<strong>in</strong>e „Pufferfunktion“ des Meisters am deutlichsten51<br />

.<br />

Der Meister im Kle<strong>in</strong>- und Mittelbetrieb ist hierarchisch gesehen hoch im Unternehmen angesiedelt,<br />

schon deshalb, weil zwischen ihm und <strong>der</strong> Unternehmensleitung nur zwei, manchmal auch<br />

nur e<strong>in</strong>e Hierarchieebene liegen. An<strong>der</strong>erseits ist er unmittelbar <strong>in</strong> <strong>den</strong> Produktionsalltag e<strong>in</strong>gebun<strong>den</strong>,<br />

da er mit se<strong>in</strong>er ganzen Person im Produktionsgeschehen steckt, technisch und fachlich<br />

<strong>in</strong>terveniert, kommunikativ steuert sowie Personal führt52 . Vor dem H<strong>in</strong>tergrund des traditionellen<br />

Meisterprofils wur<strong>den</strong> <strong>in</strong> <strong>der</strong> Untersuchung fünf Entwicklungsten<strong>den</strong>zen für <strong>den</strong> zukünftigen<br />

Meister herausgearbeitet53 :<br />

- Der Meister als unverrückbare Sozialfigur: Das bedeutet die Stabilisierung und Konsolidierung<br />

von Status und Funktion des Meisters. Er überlebt die aktuellen Mo<strong>der</strong>nisierungsanstrengungen<br />

unbeschadet. <strong>Die</strong> Sozialfigur „Meister“ bleibt mit ihren Charakteristika erhalten.<br />

- Der Meister als Instrument e<strong>in</strong>er forcierten Rationalisierungspolitik: <strong>Die</strong> klassische Meisterrolle<br />

erfährt e<strong>in</strong>e Akzentuierung. Er soll als eigenständiger Rationalisierungsakteur handeln und<br />

se<strong>in</strong>e Arbeit unter Rationalisierungsgesichtspunkten h<strong>in</strong>terfragen. <strong>Die</strong>se neue Rolle ist mit <strong>der</strong><br />

klassischen Meisterrolle nur schwer vere<strong>in</strong>bar und kann zu Fe<strong>in</strong>dseligkeiten seitens <strong>der</strong> Belegschaft<br />

führen.<br />

23


24<br />

- <strong>Die</strong> Transformation des Meisters: <strong>Die</strong> Meister lassen ihr traditionelles Aufgabenfeld <strong>der</strong> Arbeitsverteilung<br />

und <strong>der</strong> unmittelbaren Produktionslenkung vor Ort h<strong>in</strong>ter sich und verorten<br />

sich <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er verän<strong>der</strong>ten Organisationswelt neu (z.B. als Schnittstellenmanager).<br />

- <strong>Die</strong> Elim<strong>in</strong>ierung <strong>der</strong> Meisterfunktion: <strong>Die</strong> Meisterfunktion wird ersatzlos gestrichen o<strong>der</strong><br />

durch e<strong>in</strong>en an<strong>der</strong>en Vorgesetztentypus ersetzt.<br />

- <strong>Die</strong> Wie<strong>der</strong>geburt des Meisters: Der Meister, <strong>der</strong> abgeschafft wurde, wird im Zuge <strong>der</strong> Reorganisation<br />

wie<strong>der</strong> e<strong>in</strong>geführt.<br />

Angesichts <strong>der</strong> Entwicklungsten<strong>den</strong>zen im Wirtschaftssektor <strong>der</strong> <strong>in</strong>dustriellen Kle<strong>in</strong>- und Mittelbetriebe<br />

ist nach <strong>den</strong> Ergebnissen <strong>in</strong> diesem Feld nicht mit e<strong>in</strong>er breiten Erosion <strong>der</strong> Sozialfigur<br />

des Meisters zu rechnen. Im Gegenteil, es kann von e<strong>in</strong>er Konsolidierung und Stabilisierung ausgegangen<br />

wer<strong>den</strong>. <strong>Die</strong> Ursachen für diese Beharrungsten<strong>den</strong>zen zeigen sich auf mehreren Ebenen.<br />

So h<strong>in</strong>ken die Kle<strong>in</strong>- und Mittelbetriebe h<strong>in</strong>sichtlich <strong>der</strong> Dynamik <strong>der</strong> betrieblichen Mo<strong>der</strong>nisierungsprozesse<br />

mit ihren Reorganisationsbemühungen e<strong>in</strong>deutig <strong>der</strong> großbetrieblichen Sphäre<br />

h<strong>in</strong>terher. Das traditionelle Meisterprofil im Kle<strong>in</strong>- und Mittelbetrieb ist mit dem neuen Anfor<strong>der</strong>ungsprofil<br />

des Meisters kompatibel. Es enthält, so ergibt die Untersuchung, Anfor<strong>der</strong>ungen<br />

wie hohe Qualifikation, Initiativreichtum, Entscheidungsfreude, Verantwortungsbereitschaft, unternehmerische<br />

Orientierung, leistungspolitische Kompetenz und sozialarbeiterischen Umgang<br />

mit <strong>der</strong> Belegschaft.<br />

Wi<strong>der</strong>sprüchliche Effekte resultieren aus <strong>den</strong> neuen Arbeits- und Produktionskonzepten. Neue<br />

Produktionskonzepte enthalten die Ziele <strong>der</strong> E<strong>in</strong>fachheit, Direktheit und Komplexitätsreduktion,<br />

doch sie kommen nicht ohne Anpassung, Korrekturen und kompensierendes Handeln aus 54 .<br />

Trotz des als „rosig“ beschriebenen Bildes lassen sich e<strong>in</strong>ige Gefahrenquellen erkennen, die die<br />

Sozialfigur des Meisters <strong>in</strong> Frage stellen o<strong>der</strong> bedrohen. E<strong>in</strong>e Gefahrenquelle ist die „Unterschätzung<br />

<strong>der</strong> Komplexität und Kont<strong>in</strong>genz kle<strong>in</strong>er Betriebe“. Sie kann zu Elim<strong>in</strong>ierungsten<strong>den</strong>zen<br />

<strong>der</strong> Meisterposition führen. E<strong>in</strong>e weitere Gefahrenquelle birgt die „Neuprofilierung des Meisters“.<br />

Nicht gelungene Neuprofilierungen können <strong>den</strong> Meister <strong>in</strong> beträchtliche Dilemmata stürzen,<br />

wenn etwa <strong>der</strong> Meister zum „Rationalisierungsagenten“ wird. Er kann se<strong>in</strong>e Führungs- und<br />

Vermittlungsaufgaben nicht mehr im traditionellen S<strong>in</strong>ne wahrnehmen. E<strong>in</strong>e Gefahrenquelle<br />

zeigt sich als „Überfor<strong>der</strong>ung“ durch die notwendige aktive Gestaltung des betrieblichen Reorganisationsprojektes<br />

bei gleichzeitiger Ausführung des Tagesgeschäfts.<br />

Schließlich benennt die Untersuchung die Gefahrenquelle <strong>der</strong> „neuen Managementdiskurse“:<br />

die Sozialfigur des Meisters wird dabei durch e<strong>in</strong>en an<strong>der</strong>en Führungskraft-Sozialtypus ersetzt.<br />

Nicht mehr die Vermittlung, son<strong>der</strong>n die Transformation <strong>der</strong> unternehmerischen Ziele steht im<br />

Vor<strong>der</strong>grund. Hierfür wird e<strong>in</strong> neuer Sozialtypus benötigt, <strong>der</strong> mehr auf <strong>der</strong> Seite des Managements<br />

steht. <strong>Die</strong>se Ansätze zeigen sich unter an<strong>der</strong>em <strong>in</strong> dem Leitbild des „Shop-Floor-<br />

Managers“ 55 . Bislang wurde jedoch weitgehend an <strong>der</strong> Sozialfigur des Meisters festgehalten.<br />

Und er hat die Chance, e<strong>in</strong>en neuen Raum zu besetzen, e<strong>in</strong>e mo<strong>der</strong>nere Form <strong>der</strong> Vermittlung<br />

zu entwickeln, ohne an Gewicht und Autorität e<strong>in</strong>zubüßen. Insofern könnte <strong>der</strong> <strong>in</strong>dustrielle<br />

Kle<strong>in</strong>- und Mittelbetrieb e<strong>in</strong> „Bollwerk gegen die Erosion <strong>der</strong> Sozialfigur Meister“ 56 wer<strong>den</strong>.


1.2.4 <strong>Die</strong> neue Rolle des Meisters<br />

Der Prozess <strong>der</strong> Entwicklung neuer Formen <strong>der</strong> Arbeitsorganisation und e<strong>in</strong>er neuen Rolle des<br />

Meisters war Gegenstand e<strong>in</strong>er weiteren Untersuchung. Sie sieht <strong>den</strong> Meister <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em sich<br />

wandeln<strong>den</strong> Umwelt-System. Dennoch geht die Schere zwischen <strong>den</strong> Ansprüchen an das Verhalten<br />

bzw. die Leistung <strong>der</strong> Meister und ihrer realistischen Machbarkeit ause<strong>in</strong>an<strong>der</strong> 57 . Der Prozess<br />

<strong>der</strong> Rollenentwicklung ist gebun<strong>den</strong> an <strong>den</strong> Prozess <strong>der</strong> Unternehmensentwicklung, er ist<br />

mit personenbezogenen Entwicklungsprozessen gekoppelt. Unternehmensumstrukturierung und<br />

Rollenentwicklung bee<strong>in</strong>flussen sich gegenseitig. <strong>Die</strong> Untersuchen<strong>den</strong> führen folgende Kerndimensionen<br />

für die Verän<strong>der</strong>ung <strong>der</strong> Meisterrolle an: Verän<strong>der</strong>t wird die Art <strong>der</strong> Beteiligung <strong>der</strong><br />

Meister an <strong>der</strong> E<strong>in</strong>führung neuer Arbeits- und Produktionskonzepte und neuer Informations-<br />

und Kommunikationsstrukturen. Es wandelt sich die Kooperation zwischen Meistern, Management<br />

und an<strong>der</strong>en betrieblichen Bereichen.<br />

<strong>Die</strong> Qualifizierung <strong>der</strong> Meister wird modifiziert im H<strong>in</strong>blick auf neue Aufgaben und Tätigkeiten,<br />

beispielsweise die Wahrnehmung von Handlungsspielräumen und Handlungskontrolle, die Wertevermittlung,<br />

die Diffusion von Verantwortung. Schließlich entstehen an<strong>der</strong>e Mitarbeiter- bzw.<br />

Gruppenmerkmale bezüglich des Qualifikationsniveaus, <strong>in</strong>terkultureller Unterschiede sowie funktionaler<br />

und sozialer Gruppenstrukturen. Nach <strong>den</strong> Ergebnissen <strong>der</strong> Untersuchung wird e<strong>in</strong><br />

„neues Meisterprofil“ nur dann langfristig funktional se<strong>in</strong>, wenn es die Erwartungen <strong>der</strong> Gruppen<br />

<strong>in</strong>tegriert 58 . <strong>Die</strong> Autoren raten dazu, <strong>den</strong> Qualifizierungsbedarf bereits mit Beg<strong>in</strong>n e<strong>in</strong>er Umstrukturierung<br />

zu erheben, da <strong>in</strong> <strong>den</strong> untersuchten Betrieben die Problematik verdeutlicht wurde,<br />

dass e<strong>in</strong>setzende Schulungen zu spät stattf<strong>in</strong><strong>den</strong>. Wenn bereits im Vorfeld mögliche Schwierigkeiten<br />

und Bedarfe an Qualifizierung erhoben und erkannt wur<strong>den</strong>, ist die präventive Bedarfsdeckung<br />

möglich. Um die Gefahr <strong>der</strong> Überfor<strong>der</strong>ung zu verm<strong>in</strong><strong>der</strong>n, seien punktuell Zusatzqualifikation<br />

über externe Weiterbildung aufzubauen 59 .<br />

Auf die Infragestellung ihrer betrieblichen Zukunft reagieren Meister, <strong>in</strong>dem Mehrarbeit geleistet<br />

und versucht wird, die Anfor<strong>der</strong>ungen alle<strong>in</strong>e zu bewältigen. Oftmals beklagen Meister die <strong>Situation</strong><br />

und verbleiben gleichzeitig abwarten<strong>der</strong> Haltung. <strong>Die</strong> Analyse von Kr<strong>in</strong>gs u.a.(1997) bestätigte<br />

<strong>den</strong> Trend zur zunehmen<strong>den</strong> Aufgaben- und Verantwortungsdelegation an das untere<br />

Management. Damit <strong>der</strong> <strong>Industriemeister</strong> diesem Anfor<strong>der</strong>ungsprofil weiterh<strong>in</strong> gerecht wer<strong>den</strong><br />

kann, müsse er stärker als bisher an <strong>der</strong> Neugestaltung se<strong>in</strong>er eigenen Rolle mitwirken und <strong>den</strong><br />

gesellschaftlich verbürgten Status des Meisterberufs pflegen. H<strong>in</strong>sichtlich <strong>der</strong> gesellschaftlichen<br />

Dynamik werde <strong>der</strong> erfolgreiche Umgang mit Verän<strong>der</strong>ungen zu e<strong>in</strong>er Schlüsselqualifikation.<br />

Folgen<strong>der</strong> Handlungsbedarf wurde aus <strong>der</strong> Studie abgeleitet 60 :<br />

- Bereits <strong>in</strong> <strong>der</strong> Industrieausbildung und überbetrieblichen Weiterbildungen sollten zielgruppenadäquate<br />

Instrumente zum persönlichen Verän<strong>der</strong>ungsmanagement vermittelt wer<strong>den</strong>.<br />

- Es sollte e<strong>in</strong>e kle<strong>in</strong>ere zentrale Institution geschaffen und mit Ressourcen und Kompetenzen<br />

ausgestattet wer<strong>den</strong>, um gezielte Aktivitäten zur zukunftsweisen<strong>den</strong> Fortentwicklung des <strong>Industriemeister</strong>berufs<br />

und se<strong>in</strong>es Images zu <strong>in</strong>itiieren.<br />

- Auf betrieblicher Ebene sollten neue Führungskonzepte erarbeitet wer<strong>den</strong>, die die Zusammenarbeit<br />

von Meistern und ihren Vorgesetzten <strong>den</strong> Anfor<strong>der</strong>ungen mo<strong>der</strong>ner Arbeits- und<br />

Produktionskonzepte anpassen.<br />

1.2.5 Beispiele für die Meisterposition aus aktuellen betrieblichen<br />

Erkundungen<br />

<strong>Die</strong> betriebliche Meisterposition wurde im Rahmen <strong>der</strong> dieser Darstellung zugrunde liegen<strong>den</strong><br />

Arbeiten <strong>in</strong> <strong>den</strong> BIBB-Modellprojekten <strong>in</strong> ca. 50 Unternehmen ermittelt. <strong>Die</strong> Ergebnisse wer<strong>den</strong><br />

<strong>in</strong> <strong>den</strong> nachfolgen<strong>den</strong> Kapiteln anhand betrieblicher Aufgabenstellungen vorgestellt. An dieser<br />

Stelle sollen lediglich an e<strong>in</strong>igen Beispielen die Zuständigkeiten aufgelistet wer<strong>den</strong>. Im anschließen<strong>den</strong><br />

Abschnitt wer<strong>den</strong> mehrere Modelle <strong>der</strong> systematischen Darstellung vorgestellt.<br />

25


26<br />

Beispiel 1: Der Meister als Leiter e<strong>in</strong>er Halle, <strong>in</strong> <strong>der</strong> aus Blechen und Profilen Teilsegmente von<br />

Schiffen zusammengefügt wer<strong>den</strong> und <strong>in</strong> e<strong>in</strong>igen Fällen auch Verformungsarbeiten stattf<strong>in</strong><strong>den</strong>.<br />

<strong>Die</strong> Aufgaben des Meisters <strong>in</strong> <strong>der</strong> Flen<strong>der</strong> Werft s<strong>in</strong>d zum Zeitpunkt <strong>der</strong> Erkundung (2000) wie<br />

folgt geglie<strong>der</strong>t:<br />

- das vorgesehene Tagesprogramm durch die Gesamtleitung umsetzen<br />

- die Personale<strong>in</strong>satzplanung vornehmen und umsetzen<br />

- Ausfall von Anlagen und Masch<strong>in</strong>en <strong>in</strong> ihrer Auswirkung e<strong>in</strong>schätzen, betroffene Abteilungen<br />

<strong>in</strong>formieren und ggf. alternative Lösungen anwen<strong>den</strong><br />

- zusätzliche Aufträge aus <strong>der</strong> Reparaturabteilung e<strong>in</strong>fügen<br />

- Kle<strong>in</strong>aufträge <strong>der</strong> Ausrüstungsgewerke und von außerhalb (Fremdaufträge) <strong>in</strong> <strong>den</strong> Fertigungsablauf<br />

e<strong>in</strong>planen (e<strong>in</strong>beziehen)<br />

- Mitarbeiterqualifikation betreiben durch Jobrotation, samt E<strong>in</strong>weisung, Vormachen und Kontrollieren<br />

- <strong>den</strong> kont<strong>in</strong>uierlichen Verbesserungsprozess verantwortlich mittragen<br />

Bei e<strong>in</strong>er Erhebung <strong>der</strong> Tätigkeit des Meisters haben sich folgende Zeitanteile ergeben:<br />

- 60% <strong>der</strong> Arbeitszeit: Gespräche führen, davon mit Vorgesetzten 10%, mit an<strong>der</strong>en Abteilungen<br />

10% und mit Mitarbeitern 80%<br />

- 15 %<strong>der</strong> Arbeitszeit: Ortswechsel<br />

- 10 %<strong>der</strong> Arbeitszeit: Physisch arbeiten<br />

- 10 %<strong>der</strong> Arbeitszeit: Lesen<br />

- 5% <strong>der</strong> Arbeitszeit: Schreiben, rechnen<br />

In Besprechungen wird <strong>der</strong> Meister zu folgen<strong>den</strong> Themen sachlich gefor<strong>der</strong>t:<br />

- Fertigungsstand<br />

- Ablaufoptimierung<br />

- Instandhaltung se<strong>in</strong>er Anlagen<br />

- Investitionen<br />

- Organisationsanpassung<br />

- Zeichnungs<strong>in</strong>halte<br />

- Gestaltung <strong>der</strong> Arbeitsunterlagen<br />

Beispiel 2: Der Meister als Leiter e<strong>in</strong>er Fertigung, <strong>in</strong> <strong>der</strong> überwiegend <strong>in</strong> Kle<strong>in</strong>serie o<strong>der</strong> E<strong>in</strong>zelherstellung<br />

Gleitr<strong>in</strong>ge produziert wer<strong>den</strong>.<br />

Zur Rolle des Meisters bei <strong>der</strong> Firma Burgmann gehören zum Zeitpunkt <strong>der</strong> Erkundung (2001)<br />

folgende Punkte:<br />

- Durchführung von Kapazitätsplanung<br />

- Logistik sämtlicher Betriebsmittel <strong>in</strong> <strong>der</strong> Abteilung, logistisch s<strong>in</strong>nvolle Durchsteuerung von<br />

Aufträgen und Neuentwicklungen durch die Abteilung<br />

- Betreuung von Mitarbeitern, Mitwirkung und -entscheidung bei <strong>der</strong> Auswahl, Ausbildung und<br />

Personalentwicklung<br />

- Abklärungen zwischen Konstruktion und Fertigung<br />

- Konstruktion von Spannvorrichtungen<br />

- Teilnahme an <strong>in</strong>ternen und externen Problemlösungen<br />

- Durchführung von Kostenvergleichsrechnungen bei Neuentwicklungen<br />

- Planung und Durchführung von Investitionen<br />

- Durchführung von Bestellungen / Betriebsmitteln<br />

- Erstellung von Aktennotizen und <strong>in</strong>ternen Mitteilungen<br />

- Durchführung von Arbeiten am PC<br />

- <strong>der</strong> Meister ist Gleitzeitbeauftragter se<strong>in</strong>er Abteilung


Beispiel 3: Der Meister als Leiter e<strong>in</strong>er Instandhaltungsabteilung, die <strong>in</strong>nerhalb e<strong>in</strong>es Stahlwerkes<br />

auf dem gesamten Gelände Inspektionen, Wartungsarbeiten und Reparaturen durchführt.<br />

Der Meister bei <strong>der</strong> Dill<strong>in</strong>ger Hütte hat zum Zeitpunkt <strong>der</strong> Erkundung (1999) im Kern folgende<br />

Aufgaben:<br />

- Planung <strong>der</strong> Arbeitsprogramme für die Instandhaltung e<strong>in</strong>schließlich <strong>der</strong> akuten Aufträge<br />

- E<strong>in</strong>planung <strong>der</strong> 40 Mitarbeiter und Organisation von <strong>der</strong>en Anwesenheit<br />

- Beratung <strong>der</strong> Auftraggeber über Konstruktionsteile und Reparatur- bzw. Neuanschaffung<br />

- Beratung bei <strong>der</strong> Vergabe von Neubauaufträgen<br />

- Festlegung <strong>der</strong> kle<strong>in</strong>eren Partnerfirmen und Bewertung des erfor<strong>der</strong>lichen Aufwandes<br />

- Ansprechpartner für die e<strong>in</strong>geglie<strong>der</strong>te Arbeitsvorbereitung<br />

- Erstellung von Skizzen für Neuanfertigungen<br />

- Führung <strong>der</strong> Tagesmeldungen und <strong>der</strong> Listen mit Tagestätigkeiten<br />

- <strong>der</strong> Meister wirkt ggf. auch als kapazitativer Puffer für operativen E<strong>in</strong>satz<br />

Der Meister muss Arbeiten mit <strong>der</strong> EDV durchführen, etwa für die Auftragsverwaltung, die Bearbeitung<br />

von Zeichnungen, <strong>den</strong> Datenaustausch. Computerkenntnisse s<strong>in</strong>d daher unerlässlich.<br />

Beispiel 4: Der Meister als Leiter e<strong>in</strong>er Produktionsl<strong>in</strong>ie<br />

Der Meister <strong>der</strong> Fischkonservenfabrik Heymann & Co. GmbH ist zum Zeitpunkt <strong>der</strong> Erkundung<br />

(2002) verantwortlich für die gesamten Produktionsl<strong>in</strong>ien 1-10. Weiterh<strong>in</strong> entfallen Aufsicht und<br />

Kontrollaufgaben auf die Bereiche Technische Abteilung, Betriebslabor, Masch<strong>in</strong>enbedienung,<br />

Falzkontrolle, Magaz<strong>in</strong>, Verpackung, Kühlhaus, Wasseraufbereitung und Autoklaven. Der Meister<br />

muss e<strong>in</strong>erseits mit <strong>den</strong> verschie<strong>den</strong>en abteilungszuständigen Mitarbeitern kommunizieren<br />

und an<strong>der</strong>seits bei Engpässen möglichst sofort <strong>den</strong> Fertigungsablauf anpassen. Dazu ist e<strong>in</strong>e gute<br />

Personalführung (teamorientiert) notwendig. Desgleichen ist <strong>der</strong> Meister gegenüber <strong>der</strong> Geschäftsleitung<br />

für die ordnungsgemäße Produktion verantwortlich. Er hat dabei genügend Freiheiten,<br />

um auch z.B. Verbesserungsvorschläge zu überlegen und mit schlüssiger Begründung bei<br />

<strong>der</strong> Geschäftsleitung durchzusetzen. Bei E<strong>in</strong>richtearbeiten (z.B. des Tablomats) hat <strong>der</strong> Meister<br />

zum e<strong>in</strong>en die Aufgabe, <strong>den</strong> Ingenieuren beratend und unterstützend zur Seite zu stehen, zum<br />

an<strong>der</strong>en aber auch die Pflicht, die an<strong>der</strong>en Produktionsbereiche nicht zu vernachlässigen. Aus<br />

<strong>der</strong> Vielzahl von Aufgaben s<strong>in</strong>d noch hervorzuheben:<br />

- Überwachung <strong>der</strong> Produktionsl<strong>in</strong>ien und <strong>der</strong> Verpackung<br />

- Kommunikation und Zusammenarbeit mit Geschäftsleiter und Zulieferbetrieben<br />

- Personalführung<br />

- E<strong>in</strong>flussnahme auf Personalentscheidungen<br />

- E<strong>in</strong>satz des Personals<br />

- Fortbildung und Weiterbildung <strong>der</strong> Mitarbeiter<br />

- Organisation kurzfristigen Ersatzes für kranke Arbeitnehmer<br />

- Sicherstellung <strong>der</strong> E<strong>in</strong>haltung <strong>der</strong> Arbeitssicherheit<br />

- Zusammenarbeit mit dem Betriebsrat<br />

- Neue Arbeitsabläufe organisieren und vorschlagen<br />

- Fehlersuche und Fehlervermeidung (FMEA) <strong>in</strong> allen Fertigungsl<strong>in</strong>ien<br />

- Bei Stillstän<strong>den</strong> für Ersatzl<strong>in</strong>ien sorgen<br />

- Kurzfristiges organisieren von Mehrarbeit<br />

- Qualitätsprüfungen<br />

- Instandhaltungsaufgaben<br />

Beispiel 5: Der Meister als Leiter e<strong>in</strong>er Montagel<strong>in</strong>ie<br />

Der Tätigkeitsbereich des Meisters <strong>in</strong> <strong>der</strong> Achslenkermontage bei TRW umfasst zum Zeitpunkt<br />

<strong>der</strong> Erkundung (2002) folgende Aufgaben:<br />

27


28<br />

Handlungsbereich Technik:<br />

- Sicherung <strong>der</strong> Betriebsbereitschaft <strong>der</strong> Alfa-Montage-L<strong>in</strong>ie,<br />

- Sicherung <strong>der</strong> Produktqualität und <strong>der</strong> term<strong>in</strong>gerechten Lieferung,<br />

- Prozessoptimierung / Verbesserung von Abläufen,<br />

- Erkennen und Analysieren von Störfaktoren und Problemquellen,<br />

- Erarbeitung von Problemlösungen,<br />

- SPC- Statistische-Prozess-Steuerung.<br />

Handlungsbereich Organisation / Disposition:<br />

- Bedarfsgerechte Steuerung <strong>der</strong> vorliegen<strong>den</strong> Aufträge / Masch<strong>in</strong>en-, Montagezellenbelegung,<br />

- Prüfung <strong>der</strong> Verfügbarkeit von Produktkomponenten,<br />

- Verän<strong>der</strong>ung von Fertigungsprioritäten aufgrund verän<strong>der</strong>ter Kun<strong>den</strong>anfor<strong>der</strong>ungen sowie<br />

bei nicht vorhan<strong>den</strong>en Komponenten,<br />

- Auftragsdisposition bei Kapazitätsengpässen,<br />

- Kontrolle <strong>der</strong> Auftragsbearbeitung / Sicherung <strong>der</strong> Auftragserfüllung,<br />

- Prüfung von Än<strong>der</strong>ungsanzeigen und Korrektur <strong>der</strong> Fertigungsunterlagen,<br />

- Kosten- / Budgetkontrolle.<br />

Handlungsbereich Führung:<br />

- Wirtschaftlicher E<strong>in</strong>satz <strong>der</strong> unterstellten Mitarbeiter / Schichte<strong>in</strong>teilung,<br />

- Urlaubsplanung,<br />

- Motivation und Betreuung <strong>der</strong> Mitarbeiter,<br />

- För<strong>der</strong>ung <strong>der</strong> Leistungsfähigkeit und <strong>der</strong> Weiterbildung <strong>der</strong> Mitarbeiter,<br />

- Führen von Beurteilungs- und Entwicklungsgesprächen e<strong>in</strong>schließlich Zielvere<strong>in</strong>barung, Kontrolle<br />

<strong>der</strong> Zielerreichung,<br />

- Führen von sonstigen notwendigen Mitarbeitergesprächen (Beratung, Anerkennung und Kritik,<br />

Konflikte, Wi<strong>der</strong>stände, Probleme),<br />

- För<strong>der</strong>ung <strong>der</strong> Teamarbeit und <strong>der</strong> Zusammenarbeit mit an<strong>der</strong>en Bereichen,<br />

- Gewährleistung <strong>der</strong> Arbeitssicherheit,<br />

- Sicherung von Ordnung und Sauberkeit im Betrieb.<br />

Beispiel 6: Der Meister als Leiter <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er Prozessfertigung<br />

Der Meisterbereich ist zum Zeitpunkt <strong>der</strong> Erkundung (2001) als Bereich des Schichtleiters def<strong>in</strong>iert.<br />

<strong>Die</strong>ser ist für drei Druckmasch<strong>in</strong>en zuständig. <strong>Die</strong> Schicht umfasst etwa 15 Mitarbeiter, es<br />

arbeiten <strong>in</strong> je<strong>der</strong> <strong>der</strong> 4 Schichtgruppen je 4 Mitarbeiter und e<strong>in</strong> Masch<strong>in</strong>enführer an <strong>der</strong> Druckmasch<strong>in</strong>e..<br />

<strong>Die</strong> Schichtleiter s<strong>in</strong>d dem Werksleiter unterstellt, sie s<strong>in</strong>d ihren Masch<strong>in</strong>enführern,<br />

<strong>den</strong> Facharbeitern und <strong>den</strong> angelernten Kräften diszipl<strong>in</strong>arisch übergeordnet. Auftrag <strong>der</strong> Meister<br />

ist es, die Abteilung technisch, organisatorisch und wirtschaftlich zu führen.<br />

Zur Rolle des Meisters gehören folgende Punkte:<br />

- Sicherstellung e<strong>in</strong>er kont<strong>in</strong>uierlichen Produktion<br />

- Abstimmung zwischen se<strong>in</strong>em Bereich und <strong>den</strong> umliegen<strong>den</strong> Abteilungen (Segmenten)<br />

- Führung se<strong>in</strong>er Mitarbeiter<br />

- Laufende Verbesserung <strong>der</strong> Leistungen des von ihm geleiteten Bereiches<br />

<strong>Die</strong> Schichtleiterposition verlangt folgende Kenntnisse:<br />

- Fachkompetenz: Masch<strong>in</strong>enkenntnisse, Grundkenntnisse <strong>der</strong> Verfahrenstechnik, Produktkenntnisse<br />

- Soziale Kompetenz: aktive Kommunikation, Durchsetzungsvermögen, Vorbildfunktion, Führung<br />

- Metho<strong>den</strong>kompetenz: Information, Ablauforganisation, Zielsetzung, kont<strong>in</strong>uierliche Verbesserung


Generell ist davon auszugehen, dass <strong>der</strong> Schichtleiter ausgezeichnete Kenntnisse <strong>in</strong> Bezug auf<br />

die <strong>in</strong> se<strong>in</strong>em Bereich laufen<strong>den</strong> Druckmasch<strong>in</strong>en besitzt. <strong>Die</strong> durch die Führungsposition h<strong>in</strong>zukommen<strong>den</strong><br />

Anfor<strong>der</strong>ungen <strong>in</strong> <strong>der</strong> Organisation und <strong>der</strong> Führung von Personal bedürfen <strong>der</strong><br />

beson<strong>der</strong>en Entwicklung. Hier wird die professionelle Durchführung von Gesprächen als beson<strong>der</strong>er<br />

Kompetenzbereich hervorgehoben.<br />

Beispiel 7: Der Meister als Leiter <strong>der</strong> Endabnahme <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er Serienmontage<br />

Nachfolgend wird die Position des Meisters <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er Serienmontage vorgestellt. <strong>Die</strong> Positionsbeschreibung<br />

ist verbun<strong>den</strong> mit <strong>der</strong> Erläuterung e<strong>in</strong>er typischen Aufgabe, die sich auf die Organisation<br />

e<strong>in</strong>es Son<strong>der</strong>e<strong>in</strong>satzes bezieht.<br />

Das Beispiel e<strong>in</strong>er Aufgabe aus <strong>der</strong> Firma MAN Nutzfahrzeuge ist auf <strong>den</strong> folgen<strong>den</strong> Seiten dokumentiert.<br />

29


30<br />

Abbildung 8: Beispiel aus <strong>den</strong> betrieblichen Aufgabenstellungen: MAN Nutzfahrzeuge München<br />

(1): Beschreibung <strong>der</strong> Aufgaben e<strong>in</strong>es aktiven <strong>Industriemeister</strong>s


Abbildung 9: MAN Nutzfahrzeuge München (2): Beschreibung <strong>der</strong> Aufgaben e<strong>in</strong>es aktiven <strong>Industriemeister</strong>s<br />

und se<strong>in</strong>es Bereiches<br />

31


32<br />

Abbildung 10: MAN Nutzfahrzeuge München (3): Beschreibung <strong>der</strong> Aufgaben e<strong>in</strong>es aktiven <strong>Industriemeister</strong>s<br />

und e<strong>in</strong>er ausgewählten aktuellen Aufgabe


Abbildung 11: MAN Nutzfahrzeuge München (4): Beschreibung e<strong>in</strong>er ausgewählten aktuellen<br />

Aufgabe des <strong>Industriemeister</strong>s<br />

33


34<br />

1.2.6 Betriebliche Personalpolitiken und <strong>Industriemeister</strong><br />

Betriebliche Personalpolitiken im Bereich des unteren und mittleren Managements vor dem H<strong>in</strong>tergrund<br />

verän<strong>der</strong>ter Arbeitsmarktbed<strong>in</strong>gungen waren Gegenstand e<strong>in</strong>er weiteren Untersuchung<br />

61 . Mit Blick auf die Verän<strong>der</strong>ungsten<strong>den</strong>zen <strong>in</strong> <strong>der</strong> Entwicklung des Meisternachwuchses<br />

wird als e<strong>in</strong>e wesentliche Bestimmungsgröße für die Zukunft des Meisters se<strong>in</strong>e Reproduktion <strong>in</strong><br />

quantitativer und qualitativer H<strong>in</strong>sicht thematisiert. <strong>Die</strong> festgestellten zahlenmäßigen „Meisterüberhänge“<br />

<strong>der</strong> letzen Jahre resultierten zum e<strong>in</strong>en aus e<strong>in</strong>er Reduktion <strong>der</strong> betrieblichen Rekrutierungspolitik<br />

und zum an<strong>der</strong>en aus e<strong>in</strong>em massiven Anstieg <strong>der</strong> Teilnahme an Weiterbildungstätigkeiten<br />

und Meisterausbildungslehrgängen bis 1993. <strong>Die</strong> Teilnehmer <strong>der</strong> Lehrgänge sahen <strong>in</strong><br />

<strong>der</strong> Mitwirkung ke<strong>in</strong>e ausschließliche Vorbereitung auf die Meisterposition mehr, son<strong>der</strong>n eher<br />

e<strong>in</strong>en Nachweis des eigenen Engagements für <strong>den</strong> Betrieb, um „irgendwie weiterzukommen“<br />

o<strong>der</strong> sich zum<strong>in</strong>dest <strong>den</strong> Arbeitsplatz zu sichern 62 .<br />

Auf <strong>der</strong> an<strong>der</strong>en Seite verstärkten viele Bildungse<strong>in</strong>richtungen ihre Angebote, um möglichst viele<br />

Interessenten zu erreichen. Gleichzeitig wur<strong>den</strong> im Zuge <strong>der</strong> Neustrukturierung <strong>der</strong> <strong>Metall</strong>- und<br />

Elektroberufe neue qualifizierte Ausbildungsmöglichkeiten geschaffen. Ab 1993 entstand dann<br />

e<strong>in</strong> Rückgang <strong>der</strong> Meisterfortbildung. Für <strong>den</strong> quantitativen E<strong>in</strong>bruch wer<strong>den</strong> mehrere Ursachen<br />

gesehen. Dazu gehört das S<strong>in</strong>ken <strong>der</strong> Aufstiegswahrsche<strong>in</strong>lichkeit, die zunehmende Belastung <strong>in</strong><br />

<strong>der</strong> Arbeit, <strong>der</strong> als befriedigt geltende Nachholbedarf sowie die s<strong>in</strong>kende Zahl junger Facharbeiter,<br />

zudem die Auslagerung von Fertigungsteilen und die Krise <strong>der</strong> jeweils vorherrschen<strong>den</strong><br />

Branche. Seitens <strong>der</strong> Lehrgangsträger wurde die Ten<strong>den</strong>z zum Rückgang durch verschärfte Konkurrenz<br />

an Angeboten bekräftigt 63 . <strong>Die</strong> als Reaktion <strong>der</strong> Bildungsträger e<strong>in</strong>geleiteten Maßnahmen<br />

zielten hauptsächlich auf die Stabilisierung <strong>der</strong> Teilnehmerzahlen. Der E<strong>in</strong>nahmenausfall<br />

wurde über zusätzliche Meisterfortbildungsangebote kompensiert, etwa <strong>den</strong> technischen Betriebs-<br />

o<strong>der</strong> Fachwirt.<br />

<strong>Die</strong>se Entwicklungen haben <strong>in</strong> <strong>den</strong> 1990er Jahren zusammen mit dem Beschäftigungsproblem<br />

zu e<strong>in</strong>em „Phänomen e<strong>in</strong>er Krise <strong>der</strong> Meisterausbildung“ geführt, die qualitative und quantitative<br />

Auswirkungen hat, z.B. die Lockerung <strong>der</strong> Selektionskriterien und e<strong>in</strong>en s<strong>in</strong>ken<strong>den</strong> Status <strong>der</strong><br />

Meisterausbildung 64 . Innerbetrieblich ließen sich auf analytischer Ebene drei Wi<strong>der</strong>sprüche <strong>in</strong> <strong>den</strong><br />

betrieblichen Politiken feststellen.<br />

Der erste Wi<strong>der</strong>spruch drückte sich <strong>in</strong> dem Festhalten am Qualifikationstyp des Meisters aus, <strong>der</strong><br />

nicht mit e<strong>in</strong>er längerfristigen Absicherung von qualifiziertem Meisternachwuchs komb<strong>in</strong>iert<br />

wird. <strong>Die</strong>s zeigte sich unter an<strong>der</strong>em im Abbau von unteren Führungsebenen und Führungspositionen<br />

unterhalb <strong>der</strong> Meisterebene. Damit wurde die Möglichkeit zum Erwerb von Führungserfahrungen<br />

ausgehöhlt. Zum an<strong>der</strong>en gab es e<strong>in</strong>en massiven Aufstiegsstau für Arbeitskräfte mit<br />

Meisterbrief.<br />

E<strong>in</strong> zweiter Wi<strong>der</strong>spruch trat als gleichzeitiger Stärkung und Schwächung <strong>der</strong> Qualifikation des<br />

Meisters zutage. <strong>Die</strong> Funktion des Meisters wurde sowohl im Bereich <strong>der</strong> Sozial- und Führungskompetenz<br />

wie auch <strong>in</strong> planerischen, organisatorischen, betriebswirtschaftlichen und technischen<br />

Aufgaben gestärkt. Gleichzeitig wurde die Chance zur E<strong>in</strong>arbeitung und Qualifizierung <strong>in</strong><br />

/ für Führungspositionen mit dem Wegfall von Vorarbeiterpositionen verr<strong>in</strong>gert. Durch e<strong>in</strong>e häufig<br />

stattf<strong>in</strong><strong>den</strong>de Beschränkung <strong>der</strong> Weiterbildung auf Themen <strong>der</strong> Sozialkompetenz wur<strong>den</strong><br />

zudem die technischen Qualifikationen vernachlässigt 65 .<br />

E<strong>in</strong> dritter Wi<strong>der</strong>spruch richtete sich auf <strong>den</strong> Status des Meisters, <strong>der</strong> zugleich gestärkt und geschwächt<br />

wurde. Der Status des Meisters erfuhr e<strong>in</strong>erseits e<strong>in</strong>e Stärkung durch e<strong>in</strong> Kompetenzprofil,<br />

das ihm anspruchsvollere Aufgaben zukommen lässt und weniger anspruchsvollere Aufgaben<br />

auf Facharbeiter bzw. Gruppensprecher verlagert. An<strong>der</strong>erseits wurde se<strong>in</strong> Status geschwächt,<br />

<strong>in</strong>dem er kaum Unterstützung seitens des Managements im Umstrukturierungsprozess<br />

erhält, se<strong>in</strong> i<strong>den</strong>titätsstiften<strong>der</strong> Titel an<strong>der</strong>e betriebliche Bezeichnungen erhält - z.B. Supervisor,<br />

Fertigungsgruppenleiter, etc. – und letztlich Ingenieure o<strong>der</strong> Techniker an se<strong>in</strong>e Stelle gesetzt<br />

wer<strong>den</strong> 66 .


<strong>Die</strong> Qualifizierung von <strong>Industriemeister</strong>n <strong>in</strong> neuen Formen <strong>der</strong> Arbeitsorganisation steht zwischen<br />

neuer <strong>Industriemeister</strong>prüfung und dem persönlichen und betrieblichen Bedarf 67 . Aus Sicht<br />

<strong>der</strong> Autoren (1996) müssen geeignete Qualifizierungskonzepte für <strong>Industriemeister</strong> nicht nur für<br />

<strong>den</strong> erfahrungsorientierten, <strong>in</strong>dividuellen Lernprozess geeignet se<strong>in</strong>, son<strong>der</strong>n, aufgrund <strong>der</strong> zunehmend<br />

turbulenteren Umwelten, auch e<strong>in</strong>en Beitrag zum organisationalen Lernen br<strong>in</strong>gen<br />

können. Gefor<strong>der</strong>t wird e<strong>in</strong>e systemisch ganzheitliche Fachkompetenz und e<strong>in</strong>er aus mehreren<br />

Modulen bestehen<strong>den</strong> überfachlichen Kompetenz des Meisters.<br />

Fachkompetenz wird hier bezogen auf das technische, organisatorische und personale Funktionieren<br />

<strong>der</strong> Produktion. Das Unternehmen wird als e<strong>in</strong> sozio-technisches System mit <strong>den</strong> Bestandteilen<br />

Technik / Organisation / Mensch betrachtet 68 . <strong>Die</strong> Fachkompetenz besteht dar<strong>in</strong>, Kenntnisse,<br />

Bedeutung und Zusammenwirken <strong>der</strong> Teilsysteme zu kennen und diese <strong>in</strong> <strong>den</strong> anstehen<strong>den</strong><br />

Problemlösungen adäquat bee<strong>in</strong>flussen zu können. <strong>Die</strong>se Fachkompetenz kann z.B. über Planspiele<br />

vermittelt wer<strong>den</strong>. Über sie wird auch deutlich, dass e<strong>in</strong>e strikte Trennung von fachlichen<br />

und überfachlichen Anfor<strong>der</strong>ungen nicht mehr möglich ist. Überfachliches Lernen umschließt die<br />

Verb<strong>in</strong>dung von Metho<strong>den</strong>-, Innovations-, Entscheidungs-, sozialer und kommunikativer Kompetenz<br />

69 . <strong>Die</strong> Vermittlung dieser Kompetenzbereiche verläuft parallel mit <strong>der</strong> Bearbeitung konkreter<br />

Problemvarianten an Beispielen.<br />

<strong>Die</strong> Ergebnisse e<strong>in</strong>er weiteren Untersuchung zur Qualifikation und Qualifizierung des mittleren /<br />

unteren Managements wollen die Schwerpunkte <strong>der</strong> Qualifizierungserfor<strong>der</strong>nisse <strong>der</strong> kommen<strong>den</strong><br />

Jahre anzeigen und e<strong>in</strong>e Orientierung für die Entwicklung bedarfsorientierter und praxisnaher<br />

Qualifizierungskonzepte geben 70 . Zentrale Aufgabenfel<strong>der</strong> des unteren / mittleren Managements<br />

be<strong>in</strong>halten die Arbeitsvorbereitung, die Fertigungssteuerung, die Qualitätssicherung und<br />

die Personalführung. <strong>Die</strong> Ergebnisse <strong>der</strong> Untersuchung zeigen im Jahr 1996, dass <strong>der</strong>en Stellenwert<br />

und das dazugehörige Wissen zur Betriebsorganisation <strong>in</strong> <strong>den</strong> nächsten Jahren noch zunehmen<br />

wird. Dabei s<strong>in</strong>d Kenntnisse über Anlagen und Masch<strong>in</strong>en von untergeordneter Bedeutung,<br />

bei Verfahrens- und Produktionskenntnissen genügen Basiskompetenzen. Im Bereich <strong>der</strong><br />

neuen Aufgabenfel<strong>der</strong>, wie Qualitätssicherung, rechnergestützter Datenverarbeitung und -<br />

übertragung sowie Kostenrechnung besteht dagegen erheblicher Qualifizierungsbedarf. Dom<strong>in</strong>ierend<br />

s<strong>in</strong>d gemäß <strong>der</strong> Untersuchungsergebnisse die Aufgaben bezüglich <strong>der</strong> Personalführung,<br />

es gehe um die Nutzung des Mitarbeiterpotentiales. <strong>Die</strong> Führungskräfte seien zu befähigen, die<br />

autonome Flexibilität <strong>der</strong> Gruppe zu entwickeln und e<strong>in</strong>en kont<strong>in</strong>uierlichen Verbesserungsprozess<br />

<strong>in</strong> Gang zu halten 71 .<br />

1.2.7 Weiterbildung von <strong>Industriemeister</strong>n<br />

Wie Praxiserfahrungen gezeigt hätten, so stellt e<strong>in</strong>e weitere Untersuchung für 1996 dar 72 , reiche<br />

<strong>der</strong> Besuch von außerbetrieblich angebotenen Sem<strong>in</strong>aren zur Vermittlung von Sozial- und Metho<strong>den</strong>kompetenz<br />

nicht aus. <strong>Die</strong> neuen Meister müssten zusätzlich <strong>in</strong> e<strong>in</strong>en begleiten<strong>den</strong> und<br />

umfassen<strong>den</strong> Prozess (sozialen) Lernens e<strong>in</strong>gebun<strong>den</strong> se<strong>in</strong>. Wissensvermittlung sollte hierfür <strong>in</strong><br />

dem Betrieb dauerhaft verankert se<strong>in</strong>. Erfor<strong>der</strong>lich seien neue Formen, Metho<strong>den</strong> und Institutionen<br />

des sozialen Lernens auf <strong>der</strong> betrieblichen Ebene, <strong>in</strong> <strong>den</strong>en Führungskräfte praxisnah lernen<br />

können. <strong>Die</strong> Grundlagen, die e<strong>in</strong> Meister aus se<strong>in</strong>er traditionellen Meisterposition mitbr<strong>in</strong>gt, erweisen<br />

sich <strong>in</strong> diesem Prozess als se<strong>in</strong>e Stärken, auf <strong>den</strong>en er langfristig gesehen aufbauen kann.<br />

<strong>Die</strong>se Grundlagen bestehen aus fachlicher, kommunikativer und vermitteln<strong>der</strong> Kompetenz.<br />

<strong>Die</strong> „Macht“ des Meisters im Umstrukturierungsprozess werde noch häufig unterschätzt. Gel<strong>in</strong>ge<br />

es nicht, se<strong>in</strong>e Akzeptanz und Unterstützung für die E<strong>in</strong>führung neuer Organisationskonzepte<br />

zu erlangen, so sei mit (massiven) Wi<strong>der</strong>stän<strong>den</strong> zu rechnen. Oftmals gehe <strong>der</strong> Fokus zunächst<br />

und verstärkt auf die Dynamik des Gruppenprozesses, während <strong>der</strong> Meister ke<strong>in</strong>e analoge<br />

Betreuung erfahre. Ebenso werde vom Meister e<strong>in</strong> verän<strong>der</strong>ter Führungsstil erwartet, <strong>der</strong> aber<br />

oftmals seitens se<strong>in</strong>er Vorgesetzten ihm gegenüber nicht gelebt wird. D.h., <strong>der</strong> Meister habe auf<br />

<strong>der</strong> e<strong>in</strong>en Seite neue Anfor<strong>der</strong>ungen zu erfüllen und müsse dies an<strong>der</strong>erseits unter für ihn<br />

gleichbleiben<strong>den</strong> Anweisungsstrukturen tun. Das Herauslösen aus jahrelang e<strong>in</strong>geübten Handlungsmustern<br />

verstärke die Schwierigkeit, mit <strong>der</strong> neuen <strong>Situation</strong> klar zu kommen. Hierfür wer-<br />

35


36<br />

de Zeit und kont<strong>in</strong>uierliches E<strong>in</strong>üben neuer Handlungsmuster benötigt, die wie<strong>der</strong>um e<strong>in</strong>er Unterstützung<br />

bedürfen. E<strong>in</strong>e wesentliche Voraussetzung im Umstrukturierungsprozess sei e<strong>in</strong> umfassen<strong>der</strong><br />

Kommunikationsfluss, <strong>der</strong> alle betroffenen Bereiche und Ebenen e<strong>in</strong>b<strong>in</strong>det. Nur auf<br />

diesem Weg sei e<strong>in</strong> effizientes Umsetzen und kont<strong>in</strong>uierliches Aufgreifen von Problemfel<strong>der</strong>n<br />

möglich 73 .<br />

Mehrere Szenarien zukünftiger Meisterrollen wer<strong>den</strong> <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er weiteren Untersuchung vorgestellt<br />

74 . <strong>Die</strong> Verb<strong>in</strong>dung von zunehmen<strong>der</strong> Verantwortung und zugleich abnehmen<strong>der</strong> Weisungsbefugnis<br />

br<strong>in</strong>gt e<strong>in</strong>erseits <strong>den</strong> Qualifikationstypus des „Coach“ hervor, <strong>der</strong> <strong>in</strong> Konkurrenz<br />

mit Vorarbeitern und qualifizierten Facharbeitern steht, an<strong>der</strong>erseits <strong>den</strong> „Fachexperte“, <strong>der</strong> <strong>in</strong><br />

Konkurrenz zu Technikern und Spezialisten steht. <strong>Die</strong> Bewertung <strong>der</strong> Untersuchen<strong>den</strong> erklärt<br />

<strong>den</strong> Coach als aus betriebswirtschaftlicher Sicht wünschenswert, da er billiger als e<strong>in</strong> vollwertiger<br />

Meister sei. Aus persönlicher Sicht <strong>der</strong> Betroffenen hänge die Wünschbarkeit des Szenarios von<br />

<strong>in</strong>dividuellen Voraussetzungen und Wertvorstellungen ab. Der Fachexperte wird aus betriebswirtschaftlicher<br />

Sicht dann für wünschenswert gehalten, wenn die Kompetenz <strong>in</strong> <strong>der</strong> Fertigung<br />

gehalten wer<strong>den</strong> soll. Das könnte für ältere Meister jedoch <strong>in</strong> <strong>der</strong> Konsequenz e<strong>in</strong>en „Karriereknick“<br />

bedeuten.<br />

Das Szenario e<strong>in</strong>er Verb<strong>in</strong>dung von zunehmen<strong>der</strong> Verantwortung und zugleich zunehmen<strong>der</strong><br />

Weisungsbefugnis basiert auf verschie<strong>den</strong>en Entstehungsbed<strong>in</strong>gungen. Dazu gehören betriebswirtschaftliche<br />

Rationalisierungsstrategien und die Verlagerung von Verantwortung auf untere<br />

Hierarchieebenen trotz <strong>der</strong> stabilen Vorstellung von hierarchischen Notwendigkeiten. <strong>Die</strong> E<strong>in</strong>führung<br />

von Gruppenarbeit und die Globalisierung <strong>der</strong> Märkte wer<strong>den</strong> als Entstehungsgründe mit<br />

dem Druck durch technologische Innovationen verbun<strong>den</strong>. Der entstehende Qualifikationstypus<br />

ist zu markieren als <strong>Industriemeister</strong> mit betriebswirtschaftlicher Zusatzqualifikation bzw. als<br />

Handwerksmeister. <strong>Die</strong>se Rolle konkurriert mit <strong>den</strong> Wirtschafts<strong>in</strong>genieuren und Betriebswirten.<br />

E<strong>in</strong> drittes Szenario ist geprägt durch abnehmende Verantwortung bei zugleich zunehmen<strong>der</strong><br />

Weisungsbefugnis. Der Meister ist dann e<strong>in</strong> „Lückenbüßer unter verschärften Bed<strong>in</strong>gungen“,<br />

<strong>der</strong> engeren Term<strong>in</strong>- und Kostenvorgaben ausgesetzt wird und diesen Druck durch umfassende<br />

Anordnungsbefugnis und autoritär geführten Personale<strong>in</strong>satz kompensiert.<br />

<strong>Die</strong> verschie<strong>den</strong>en Entstehungsbed<strong>in</strong>gungen s<strong>in</strong>d gekennzeichnet durch e<strong>in</strong>e Arbeitsorganisation,<br />

<strong>in</strong>nerhalb <strong>der</strong>er standardisierte Abläufe ohne Handlungsspielraum vorherrschen, niedrige<br />

Qualifikationen abgefor<strong>der</strong>t wer<strong>den</strong> und e<strong>in</strong>e hohe Fluktuation <strong>der</strong> Belegschaft existiert. <strong>Die</strong>se<br />

Merkmale treffen auf Massenproduktion und tayloristische Betriebsstruktur beson<strong>der</strong>s zu. Der<br />

Qualifikationstypus basiert auf generalisiertem Fachwissen und ausgeprägtem Organisationsvermögen.<br />

Schließlich führt das vierte Szenario mit abnehmen<strong>der</strong> Verantwortung bei zugleich abnehmen<strong>der</strong><br />

Weisungsbefugnis zur Ten<strong>den</strong>z <strong>in</strong> <strong>den</strong> „meisterlosen Betrieb“. Entstehungsbed<strong>in</strong>gungen<br />

setzen sich aus fortgesetzter Rationalisierung, Gruppenarbeit, Teilhabe hochqualifizierter<br />

Facharbeiter, nicht zeitgemäß ausgebildeten Meistern und e<strong>in</strong>er als Facharbeiter-Struktur zu bezeichneten<br />

Grundcharakteristik <strong>der</strong> Qualifikation <strong>in</strong> <strong>den</strong> Betrieben zusammen.<br />

H<strong>in</strong>sichtlich <strong>der</strong> Qualifizierung sehen die Autoren 1996 die Anfor<strong>der</strong>ung nach e<strong>in</strong>er stärkeren<br />

Modularisierung und Projektorientierung <strong>in</strong> <strong>der</strong> Meisterausbildung sowie nach Fortbildungsangebote,<br />

die auch nach <strong>der</strong> Meisterausbildung greifen. <strong>Die</strong> traditionelle Stärke des Meisters zwischen<br />

theoretischer und praktischer Erfahrung sollte bestehen bleiben.<br />

Den neuen Anfor<strong>der</strong>ungen konnten die bisherigen Vorbereitungslehrgänge auf die Meisterprüfung<br />

und auch die Form <strong>der</strong> Prüfung bis zur Neuordnung 1997 selbst nicht gerecht mehr wer<strong>den</strong>.<br />

Im Vor<strong>der</strong>grund stan<strong>den</strong> hier technisches Wissen und Kompetenzen, die sich auf die überkommene<br />

Rolle des Meisters beziehen. Traditionell sah man <strong>den</strong> <strong>Industriemeister</strong> als auf mittlerer<br />

Ebene Vorgesetzten <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er streng geordneten, betrieblichen Hierarchie. Se<strong>in</strong> Handeln war<br />

gekennzeichnet durch zahlreiche direkte Anweisungen an die ihm unterstellten Personen. <strong>Die</strong>se<br />

Arbeitstypik war bereits 1996 kaum noch vorzuf<strong>in</strong><strong>den</strong>.<br />

Auch wenn die Wandlungsprozesse <strong>der</strong> Rolle des Meisters nicht abgeschlossen s<strong>in</strong>d, war bereits<br />

1996 erkennbar, dass <strong>der</strong> Meister se<strong>in</strong>e Aufgabe als <strong>in</strong> erster L<strong>in</strong>ie fachlich Vorgesetzter verliert.


Er wurde zum "Coach" eigenverantwortlich handeln<strong>der</strong> Teams. Für diese nicht e<strong>in</strong>deutig def<strong>in</strong>ierte<br />

Rolle waren neue Kompetenzen erfor<strong>der</strong>lich.<br />

Sie wur<strong>den</strong> mit dem Neuordnungsverfahren aufgegriffen und von <strong>der</strong> Struktur her gestaltet. <strong>Die</strong><br />

strukturellen Ansätze des abgeschlossenen Neuordnungsverfahrens wur<strong>den</strong> im Rahmen von Innovationsprojekten<br />

aufgegriffen und praktisch umgesetzt. Es g<strong>in</strong>g dabei um die Integration <strong>in</strong><br />

die Praxis <strong>der</strong> Vorbereitungslehrgänge, um die neuen Handlungsanfor<strong>der</strong>ungen und -<br />

kompetenzen tatsächlich erlernbar zu machen. <strong>Die</strong> seither praktizierten Prüfungsverfahren erfassen<br />

und beurteilen zunehmend diese neuen Kompetenzbereiche.<br />

Im Kern <strong>der</strong> neuen Verordnung steht e<strong>in</strong> verän<strong>der</strong>tes Prüfungskonzept. Es enthält explizit die<br />

For<strong>der</strong>ung des Nachweises beruflicher Handlungskompetenz, nicht <strong>in</strong> erster L<strong>in</strong>ie <strong>den</strong> Nachweis<br />

separierten Fachwissens75 . <strong>Die</strong> neue Prüfungsverordnung erzw<strong>in</strong>gt <strong>den</strong> Praxisbezug. Sie ist nicht<br />

fachsystematisch organisiert, son<strong>der</strong>n geht von betrieblichen Problemen und Aufgaben aus. <strong>Die</strong>ses<br />

wird beson<strong>der</strong>s im Prüfungsteil "Handlungsspezifische Qualifikationen" deutlich, <strong>der</strong> <strong>den</strong><br />

Kern <strong>der</strong> <strong>Industriemeister</strong>prüfung nach 1997 darstellt. Von nun an bearbeitet <strong>der</strong> Prüfungsteilnehmer<br />

<strong>Situation</strong>saufgaben schriftlich und führt e<strong>in</strong> situationsbezogenes Fachgespräch.<br />

Im Bereich <strong>der</strong> <strong>Industriemeister</strong>reform gelten situationsorientierte Aufgaben <strong>in</strong> <strong>der</strong> Prüfung und<br />

entsprechend auch im Lernprozess als Notwendigkeit: "Der Praxisbezug <strong>der</strong> Aufgabenstellung<br />

dient dazu, dass technische, naturwissenschaftliche, ökonomische o<strong>der</strong> auch soziale Sachverhalte,<br />

e<strong>in</strong>gebun<strong>den</strong> <strong>in</strong> betriebliche Problemlagen, nicht vone<strong>in</strong>an<strong>der</strong> isoliert, son<strong>der</strong>n <strong>in</strong> ihrer gegenseitigen<br />

Abhängigkeit und Bed<strong>in</strong>gtheit gesehen wer<strong>den</strong>“ 76 . <strong>Die</strong> <strong>Situation</strong>saufgaben beziehen<br />

betriebliche Handlungsbereiche <strong>in</strong>tegrativ e<strong>in</strong>. Sie stammen aus unterschiedlichen betrieblichen<br />

Funktionsfel<strong>der</strong>n. Das verän<strong>der</strong>te Berufsprofil und die Neukonzeption <strong>der</strong> Abschlussprüfung ziehen<br />

e<strong>in</strong>e grundlegende Verän<strong>der</strong>ung <strong>der</strong> Ausbildung und Prüfungsvorbereitung nach sich. Der<br />

fächerorientierte, schulische Qualifizierungsansatz ist als überholt anzusehen. <strong>Die</strong> Verwertbarkeit<br />

<strong>der</strong> vor <strong>der</strong> Neuordnung durchgeführten Meisterlehrgänge bezüglich <strong>der</strong> Anwendbarkeit des im<br />

Unterricht Behandelten <strong>in</strong> <strong>der</strong> Praxis galt als ger<strong>in</strong>g. Trotzdem gab es bis zuletzt relativ hohe Absolventenzahlen.<br />

Weiterh<strong>in</strong> besteht e<strong>in</strong>e große Bedeutung für die abschlussorientierte Aufstiegsfortbildung von<br />

gewerblich-technischen Facharbeitern77 . E<strong>in</strong>e Aufwertung des Abschlusses durch das Aus- und<br />

Fortbildungs-För<strong>der</strong>ungsgesetz (AFBG), aber auch e<strong>in</strong>e <strong>in</strong>haltliche Mo<strong>der</strong>nisierung wurde nachgezogen.<br />

<strong>Die</strong> neue Rechtsverordnung zum "Geprüften <strong>Industriemeister</strong> - <strong>Metall</strong>" 78 stellte nur e<strong>in</strong>en<br />

Schritt auf dem Weg zu e<strong>in</strong>er mo<strong>der</strong>nen Meister-Qualifizierung dar. Ihre Umsetzung <strong>in</strong> die<br />

Weiterbildungspraxis (entsprechende Lehrgänge und Prüfungen) wurde entwickelt und erprobt,<br />

sie bef<strong>in</strong>det sich <strong>in</strong> <strong>der</strong> praktischen Verbreitung..<br />

1.2.8 Konsequenzen aus <strong>den</strong> Untersuchungen zum <strong>Industriemeister</strong><br />

Im Zusammenhang <strong>der</strong> laufen<strong>den</strong> Verän<strong>der</strong>ungen <strong>in</strong> <strong>den</strong> Unternehmen behält die eigenverantwortlich<br />

ausgeführte, gewerblich-technische Facharbeit im Verhältnis zu <strong>den</strong> übergeordneten<br />

Ebenen im Betrieb ihre Bedeutung. Durch <strong>den</strong> E<strong>in</strong>satz und die Diffusion neuer Informations- und<br />

Kommunikationstechnologien <strong>in</strong> <strong>der</strong> betrieblichen Praxis auf allen Berufs- und Hierarchieebenen<br />

wer<strong>den</strong> die direkten Verb<strong>in</strong>dungen zwischen <strong>den</strong> betrieblichen Bereichen <strong>in</strong>tensiviert und ausgebaut:<br />

<strong>der</strong> "direkte Draht" überbrückt die bisherigen Trenngräben und Schnittstellen; so kommunizieren<br />

die Fertigungsmitarbeiter direkt mit <strong>den</strong> Instandhaltern über betriebliche Kommunikationssysteme,<br />

etwa das betriebs<strong>in</strong>terne Netzwerk 79 , die durchführen<strong>den</strong> Fachkräfte vor Ort halten<br />

im Moment des Bedarfes Rücksprache mit <strong>den</strong> planen<strong>den</strong> Technikern und Konstrukteuren.<br />

Indirekte Bereiche erhalten so auch die Rolle des <strong>Die</strong>nstleisters <strong>in</strong> <strong>der</strong> konkreten Arbeitssituation<br />

80 .<br />

Der Abbau von Hierarchieebenen <strong>in</strong> <strong>den</strong> Unternehmen vollzieht sich beson<strong>der</strong>s stark im unteren<br />

und mittleren Management 81 : geht <strong>der</strong> Ingenieur bzw. <strong>der</strong> betriebliche Arbeitsplaner direkt <strong>in</strong> die<br />

Werkstatt und verständigt sich mit dem Facharbeiter, entsteht e<strong>in</strong> enger unmittelbarer Kontakt<br />

zwischen Hochschulabsolventen und im dualen System <strong>der</strong> Berufsausbildung qualifiziertem Personal.<br />

In <strong>der</strong> arbeitsbezogenen Gedankenwelt des Ingenieurs wer<strong>den</strong> die Anliegen <strong>der</strong> Fachkräf-<br />

37


38<br />

te stärker berücksichtigt. In <strong>der</strong> Sprache <strong>der</strong> Fachkräfte f<strong>in</strong><strong>den</strong> <strong>in</strong>genieurmäßige Ausdrucksformen<br />

Zugang. Beide Gruppen ziehen Vorteile aus <strong>der</strong> direkten Kommunikation. Verschie<strong>den</strong>e <strong>in</strong>direkte<br />

Bereiche wie die Instandhaltung o<strong>der</strong> die Qualitätssicherung wer<strong>den</strong> re<strong>in</strong>tegriert 82 , sowohl<br />

räumlich als auch arbeits<strong>in</strong>haltlich: die Fachkräfte aus diesen bislang abgetrennten Abteilungen<br />

wer<strong>den</strong> organisatorisch wie<strong>der</strong> <strong>der</strong> direkten produzieren<strong>den</strong> Unternehmense<strong>in</strong>heit zugeordnet,<br />

ggf. wer<strong>den</strong> auch die Tätigkeits<strong>in</strong>halte (z.B. messen, prüfen, protokollieren) mit <strong>den</strong> herstellen<strong>den</strong><br />

Tätigkeiten (drehen, fräsen, programmieren etc.) verbun<strong>den</strong>; verän<strong>der</strong>te Arbeitsbeziehungen<br />

und Rollenverteilungen entstehen, <strong>in</strong> <strong>den</strong>en sich die tradierten Zuständigkeits- und<br />

Kompetenzverhältnisse noch nicht neu herauskristallisiert haben.<br />

In <strong>der</strong> sich ausweiten<strong>den</strong> Gruppenarbeit wird Eigenverantwortlichkeit im Team übernommen,<br />

um dezentrale und flexible Entscheidungen zu ermöglichen: die alltäglichen und gewöhnlichen<br />

Arbeitsabläufe wer<strong>den</strong> so organisiert, dass sie ohne Anweisung bzw. Kontrolle durch Vorgesetzte<br />

von <strong>den</strong> Ausführen<strong>den</strong> selbst reguliert wer<strong>den</strong>; <strong>der</strong> Zugriff des Meisters auf <strong>den</strong> e<strong>in</strong>zelnen<br />

Facharbeiter verläuft über die Gruppe bzw. ggf. <strong>den</strong> gewählten o<strong>der</strong> benannten Gruppensprecher;<br />

die Fachkräfte übernehmen Aufgaben <strong>der</strong> Steuerung ihres Arbeitssystems, auch Führungsaufgaben,<br />

wie die Integration neuer Mitarbeiter und <strong>der</strong> Kapazitätsabgleich mit an<strong>der</strong>en Gruppen,<br />

wer<strong>den</strong> zum Teil <strong>in</strong> die Gruppe h<strong>in</strong>e<strong>in</strong> dezentralisiert 83 .<br />

Innerhalb komplexer wer<strong>den</strong><strong>der</strong> Arbeits- und Techniksysteme erlangen Fachexperten e<strong>in</strong>en<br />

Kompetenzvorsprung vor betrieblichen Vorgesetzten: während <strong>der</strong> Meister <strong>in</strong> zurückliegen<strong>den</strong><br />

Zeiten weitgehend alle <strong>in</strong> se<strong>in</strong>em Bereich verwendeten Anlagen selber beherrschte, s<strong>in</strong>d ihm<br />

heute oftmals viele Masch<strong>in</strong>en und Technologien fremd; die Fachkräfte spezialisieren sich auf<br />

diese Anlagen, seien es Schweißmasch<strong>in</strong>en, Laser, Handhabungsroboter o<strong>der</strong> 3D-<br />

Messmasch<strong>in</strong>en; die Tätigkeitsstrukturen, <strong>in</strong> <strong>den</strong>en koord<strong>in</strong>ierende Leitung und spezialisierte<br />

Facharbeit zusammenwirken, führen zu Abgrenzungen zwischen fachlichem Expertentum und<br />

Führungskompetenz 84 . Bereichsübergreifende Kooperationen zwischen E<strong>in</strong>kauf, Entwicklung,<br />

Fertigung, Montage, Lager und Verkauf begrün<strong>den</strong> neue Organisationsstrukturen, <strong>in</strong> <strong>den</strong>en das<br />

auftragsbezogene Zusammenwirken zwischen Facharbeitern und Angestellten verschie<strong>den</strong>er Bereiche<br />

enger wird; so stimmen die Fachkräfte E<strong>in</strong>zelheiten im Auftragsablauf direkt ab und gehen<br />

nicht mehr über <strong>den</strong> Hierarchieweg. Zusätzlich s<strong>in</strong>d die alltäglichen Kontakte <strong>in</strong>tensiviert<br />

und normalisiert. 85<br />

Im Zuge des Wandels entstehen neue betriebliche Laufbahnwege zwischen Facharbeiter- und<br />

Ingenieurebene, mittels <strong>der</strong>er auch Alternativen zur Meisterposition gesucht wer<strong>den</strong> 86 . Weiterh<strong>in</strong><br />

gibt es e<strong>in</strong>e Zahl von formal anerkannten Meistern im "Wartestand", auf Facharbeitsplätzen 87 .<br />

<strong>Die</strong> Aufstiegsperspektive „Meisterposition“ im Berufsverlauf nach e<strong>in</strong>er gewerblich-technischen<br />

Ausbildung ist <strong>in</strong> zahlreichen Betrieben nicht mehr <strong>in</strong> <strong>der</strong> bisherigen Form vorhan<strong>den</strong> und verbreitet.<br />

Besitzstandswahrung bisheriger Meister und Aufwertung <strong>der</strong> Facharbeit bedeutet also<br />

nicht zugleich e<strong>in</strong>e Sicherung weiterer Aufstiegsperspektiven, <strong>den</strong>n die bisherigen Meister besetzen<br />

die weniger wer<strong>den</strong><strong>den</strong> Meisterpositionen und die aufgewerteten Facharbeiter s<strong>in</strong>d <strong>in</strong><br />

Gruppen organisiert, aus <strong>den</strong>en sich auch die leistungsstarke Fachkraft kaum emporarbeiten<br />

kann (und soll). <strong>Die</strong> im Zuge <strong>der</strong> neuen Organisationsformen <strong>der</strong> Arbeit entstan<strong>den</strong>e Anfor<strong>der</strong>ung<br />

an Facharbeiter und Wertschätzung <strong>der</strong> Facharbeit steht vor e<strong>in</strong>em Dilemma, wenn überkommene<br />

Mittel <strong>der</strong> längerfristigen Belohnung nicht mehr <strong>in</strong> Form von def<strong>in</strong>itiven Beför<strong>der</strong>ungen<br />

e<strong>in</strong>gesetzt wer<strong>den</strong> können (weil diese Positionen re<strong>in</strong>tegriert o<strong>der</strong> dezentralisiert wur<strong>den</strong>),<br />

obwohl die erfolgreiche Erfüllung hoher Anfor<strong>der</strong>ungen auch mit e<strong>in</strong>er prestigebezogenen Bekundung<br />

von Wertschätzung honoriert wer<strong>den</strong> sollte.<br />

<strong>Die</strong> Aufgaben des <strong>Industriemeister</strong>s im Betrieb s<strong>in</strong>d e<strong>in</strong>e breit gestreute Sammlung aus <strong>den</strong> regionalen,<br />

größen- und branchenbezogenen E<strong>in</strong>satzfel<strong>der</strong>n von <strong>Industriemeister</strong>n. Sie arbeiten <strong>in</strong><br />

<strong>der</strong> Stahlherstellung, im Anlagenbau, <strong>in</strong> <strong>der</strong> Kraftfahrzeugmontage, <strong>in</strong> Werkzeugbau o<strong>der</strong> PVC-<br />

Folienproduktion, <strong>in</strong> <strong>der</strong> Leiterplattenmontage, im Son<strong>der</strong>masch<strong>in</strong>enbau und im Schiffbau. Zu<br />

<strong>den</strong> Produkten gehören Wasserzähler, Spritzgussmasch<strong>in</strong>en, Flaschenre<strong>in</strong>igungsanlagen, Gleitr<strong>in</strong>ge,<br />

Zugmasch<strong>in</strong>en, Motoren o<strong>der</strong> Zyl<strong>in</strong><strong>der</strong>. Das E<strong>in</strong>satzfeld <strong>der</strong> <strong>Industriemeister</strong> <strong>Metall</strong> ist sehr<br />

vielfältig. Im Zuge <strong>der</strong> Verordnung wur<strong>den</strong> die Funktionsfel<strong>der</strong> Fertigung, Montage und Betriebserhaltung<br />

def<strong>in</strong>iert. Zusätzlich gelten die Handlungsbereiche Technik, Organisation und


Personal / Führung. <strong>Die</strong> Experten für die konkrete Ausprägung dieser Begriffe s<strong>in</strong>d die aktuell <strong>in</strong><br />

<strong>Industriemeister</strong>funktion tätigen Personen und <strong>der</strong>en Vorgesetzte. Sie liefern jeweils umfassende<br />

Aufgabenprofile <strong>der</strong> Position und dar<strong>in</strong> ausgewählte Aufgabenstellungen, die als angemessene<br />

und zeitgemäße Arbeits<strong>in</strong>halte für Meister e<strong>in</strong>geschätzt wer<strong>den</strong>. Aus ihnen gehen Beispiele für<br />

<strong>Situation</strong>saufgaben hervor, wie sie <strong>in</strong> <strong>der</strong> Prüfung vorkommen könnten, und zum an<strong>der</strong>en <strong>Situation</strong>sbeschreibungen,<br />

die sich als Grundlagen für <strong>den</strong> Unterricht im Lehrgang eignen.<br />

Generell ist <strong>der</strong> <strong>Industriemeister</strong> nicht mehr <strong>der</strong> traditionsverbun<strong>den</strong>e, hierarchisch festgelegte<br />

Bewahrer e<strong>in</strong>es laufen<strong>den</strong> Systems, son<strong>der</strong>n <strong>der</strong> Organisator und Impulsgeber dynamischer E<strong>in</strong>heiten<br />

<strong>in</strong> e<strong>in</strong>em vernetzten Umfeld.<br />

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