DGL-Mitteilungen I/2004 - Weißensee-Verlag GbR
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Seite 31<br />
<strong>DGL</strong>-<strong>Mitteilungen</strong> I/<strong>2004</strong><br />
tumsraten der Daphnien bis über 0,2 pro Tag). Dieser Effekt wurde in meiner ersten diesbezüglichen<br />
Publikation (Verh. Internat. Vereinig. Limnol. 13, 1958, 617-623 ) als „Klarwasserstadium“<br />
bezeichnet. Die in diesem Zusammenhang erforderliche Direktzählung der Bakterien auf dem<br />
Objektträger (mit einer selbst geätzten 1 cm 2 -Fläche) wurde zunächst mit im Vakuum bei 60°C<br />
eingeengten formolfixierten Wasserproben nach einer Karbolerythrosin-Färbung durchgeführt, bald<br />
darauf auf den mittlerweile von Sartorius produzierten Membranfiltern Tb2 (zum Nachweis von<br />
Tbc-Erregern). Deren Eignung für die Zählung von Wasserbakterien war kurz zuvor von H.<br />
Jannasch bestätigt worden, der damals noch nicht in Woods Hole, sondern an der limnologischen<br />
Flußstation Freudenthal an der Werra arbeitete.<br />
H.- J. Elster verfolgte, obwohl damals alles im Banne der seit 1952 möglichen Messung der planktischen<br />
Primärproduktion mittels 14 C-Markierung stand, die Arbeiten über die Filterwirkung der<br />
Daphnien in Dorfteichen mit großem Interesse und gab später dem damaligen Doktoranden W.<br />
Lampert die Aufgabe, den jahreszeitlichen Plankton-Massenwechsel im Bodensee zu untersuchen,<br />
und zwar mit der Zielstellung, auch dort nach einem „Klarwasserstadium“ Ausschau zu halten.<br />
Diese Aufgabe wurde bekanntlich sehr erfolgreich gelöst.<br />
Meine Dissertation („Die biologische Selbstreinigung in Abwasserteichen“, 1957) wurde von A.<br />
Wetzel betreut, ebenso die Untersuchungen für eine Habilitationsschrift („Limnologie extrem nährstoffreicher<br />
Flachgewässer“, 1964). Ich war nach dem Diplom zunächst als Assistent von Wetzel<br />
am Zoologischen Institut angestellt, danach wurde mir die Leitung der angegliederten „Abteilung<br />
für Trink-, Brauch- und Abwasserbiologie“ übertragen. In der Forschung befasste ich mich damals<br />
u.a. mit dem Einfluss von Planktonorganismen auf ihr Milieu. So konnte in „Mini-Planktontürmen“<br />
(oben schwach geheizt, unten gekühlt) gezeigt werden, daß Daphnienschwärme Homothermie<br />
erzeugten, während sich in der Kontrolle eine sehr scharfe thermische Schichtung ausbildete (Int.<br />
Rev. Hydrobiol. 46 (1961), 115-129). Anschließend beschäftigte ich mich u.a. mit dem Einfluss der<br />
Verweilzeit des Wassers auf das Phytoplanktonwachstum. Die neu erkannte Bedeutung der Verlustprozesse<br />
(neben dem Gefressenwerden noch vor allem Ausdünnung und Sedimentation) verschaffte<br />
mir 1970 die Chance, an einem Symposium „Wax and wane of phytoplankton populations“<br />
in Ambleside teilnehmen und dort u.a. mit J. W. G. Lund und C.S Reynolds diskutieren zu können.<br />
Ich wurde in Leipzig 1966 zum Dozenten berufen und 1968 nach Dresden als Professor und Leiter<br />
des „Bereichs Hydrobiologie“ der neu gegründeten „Sektion Wasserwesen“ an der Fakultät Bau-,<br />
Wasser-, Forstwesen der Technischen Universität. Für die Ausbildung von Diplombiologen im<br />
Fach Hydrobiologie standen (einschl. der Diplomarbeit) drei volle Studienjahre zur Verfügung, das<br />
Grundstudium Biologie der späteren Dresdener Absolventen wurde in Berlin, Leipzig oder Rostock<br />
absolviert. Als ebenso wichtig wie die Fachausbildung für Biologen (auch in nicht-biologischen<br />
Fächern!) erwiesen sich in Dresden hydrobiologische Vorlesungen und Kurse für Studierende der<br />
Wasserwirtschaft und des Wasserbaues (Grundstudium: Bauingenieurwesen), der Hydrologie (mit<br />
eigenem Grundstudium) sowie der Spezialisierungsrichtung Wasserchemie. Die Interdisziplinarität<br />
der Sektion Wasserwesen schuf ein günstiges Klima für die Entwicklung mathematischer Modelle<br />
von Stoffumsetzungen in Gewässer-Ökosystemen und wasserwirtschaftlichen Anlagen, z. B. Abwasserteichen.<br />
In diesem Zusammenhang wurden auch grundsätzliche Probleme der Maßstabsübertragung<br />
aus biologischen Labormodellen in den großtechnischen bzw. den Gewässer-Maßstab<br />
bearbeitet.<br />
Seit 1971 bin ich Mitglied der Sächsischen Akademie der Wissenschaften (SAW), und von 1978<br />
bis 2000 hatte ich die Leitung des SAW-Langfrist-Forschungsvorhabens „Limnologie von Talsperren“.<br />
Ich befasste mich u.a. mit der Leistungsfähigkeit künstlicher Gewässer als Reaktoren, der Abschätzung<br />
der Obergrenze der in Gewässern möglichen Phytoplanktonproduktion (gemeinsam mit<br />
H. Baumert), mit der Seen- Eutrophierung, den Belastbarkeitsgrenzen und den Möglichkeiten einer<br />
Regenerierung von geschädigten Gewässern. In diesem Zusammenhang wurden auch Stabilitäts-<br />
Probleme von eutrophen Flachgewässern einschl. Mehrfach-Stabilität bearbeitet (Developments in<br />
Hydrobiology 2 (1980), 235-247). In den letzten 18 Jahren beschäftigte ich mich u.a. mit der Gütebewirtschaftung<br />
von Standgewässern in warmen Klimaten und mit Sedimenten von Talsperren.<br />
Zu meinen langjährigen Förderern gehören außer den bereits Genannten (und neben weiteren)<br />
auch R.A. Vollenweider, H. Löffler, R. G. Wetzel, A. Duncan und A. Hillbricht-Ilkowska. Ich war (vor<br />
1990) über zwei Wahlperioden einer der beiden Vizepräsidenten der International Association of<br />
Limnology (SIL), über fast 3 Jahrzehnte einer der Herausgeber der „International Review of Hydrobiology“<br />
und erhielt 1987 die höchste Auszeichnung der SIL, die Naumann-Thienemann-Medaille,<br />
verliehen.