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Biologische Arbeitsstoffe in Archiven

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124<br />

Biostoffe<br />

<strong>Biologische</strong> <strong>Arbeitsstoffe</strong> <strong>in</strong> <strong>Archiven</strong><br />

Gefährdungsbeurteilung und Schutzmaßnahmen mithilfe der TRBA 240<br />

H. P. Neuheuser, E. Wenzel<br />

Zusammenfassung Der Beitrag gibt e<strong>in</strong>en Überblick über das Vorkommen von<br />

biologischen <strong>Arbeitsstoffe</strong>n <strong>in</strong> <strong>Archiven</strong>. Untersuchungen zeigten gesundheitliche<br />

Gefährdungen, hauptsächlich durch Schimmelpilzbefall hervorgerufen.<br />

Ursachen dafür bestehen <strong>in</strong> baulichen Unzulänglichkeiten (Gebäudenässe)<br />

und <strong>in</strong> raumklimatischen Verhältnissen, die das Wachstum und die Entwicklung<br />

von Schimmelpilzen fördern. Die Gefährdung kann durch E<strong>in</strong>haltung von<br />

Arbeitsschutzmaßnahmen nach den Technischen Regeln für <strong>Biologische</strong><br />

<strong>Arbeitsstoffe</strong> TRBA 240 m<strong>in</strong>imiert werden.<br />

Biological agents <strong>in</strong> archives – Risk assessment<br />

and protective measures accord<strong>in</strong>g to TRBA 240<br />

Abstract The article gives a survey of biological agents <strong>in</strong> archives. Investi -<br />

gations showed risks to health, ma<strong>in</strong>ly by contam<strong>in</strong>ation with fungi. The<br />

causes are damages of the build<strong>in</strong>gs (e. g. humidity <strong>in</strong> the walls) and climatic<br />

<strong>in</strong>door conditions, which support growth and development of fungi. It is<br />

possible to m<strong>in</strong>imize the risks by realiz<strong>in</strong>g the measures accord<strong>in</strong>g to the<br />

Technical rules for biological agents TRBA 240 concern<strong>in</strong>g the safety and<br />

health protection at work.<br />

1 Die TRBA 240 als Grundsatzpapier<br />

Das Vorkommen „biologischer <strong>Arbeitsstoffe</strong>“ (Bild 1) ist den<br />

im Archivwesen Verantwortung Tragenden bereits aus Zeiten<br />

vor dieser Begriffsprägung, d. h. vor Erlass der Biostoffverordnung<br />

(BioStoffV) von 1999 bekannt, zumal die mit<br />

Archivgut (e<strong>in</strong>schließlich Landkarten, technischen und<br />

künstlerischen Zeichnungen, Musiknoten etc.) arbeitenden<br />

Beschäftigten über e<strong>in</strong>schlägige Gesundheitsbee<strong>in</strong>träch -<br />

Bild 1. Kontam<strong>in</strong>iertes Archivmaterial, hier e<strong>in</strong>e mit Schimmelpilz befallene<br />

Verwaltungsakte.<br />

Dr. Hanns Peter Neuheuser,<br />

Rhe<strong>in</strong>isches Archiv- und Museumsamt, Pulheim.<br />

Elke Wenzel,<br />

Thür<strong>in</strong>ger Landesamt für Soziales und Familie, Suhl.<br />

tigungen und über e<strong>in</strong>en arbeitsplatzbed<strong>in</strong>gten E<strong>in</strong>fluss<br />

klagten.<br />

Die spontanen Äußerungen der betroffenen Beschäftigten<br />

waren wenig differenziert. Die gesundheitlichen Bee<strong>in</strong>trächtigungen<br />

waren zunächst nur schlecht von Erkältungskrankheiten<br />

zu unterscheiden, ebenso formulierten die Beschäftigten<br />

nur vage Aussagen über mögliche Ursachen im<br />

Umfeld von „Staub, Schmutz und Schimmel“. Wurden anfangs<br />

nur vere<strong>in</strong>zelte mikrobiologische und allergologische<br />

Untersuchungen angestrengt (so etwa <strong>in</strong> nordrhe<strong>in</strong>-westfälischen<br />

Kulturdienststellen), so konnte <strong>in</strong> den 90er-Jahren<br />

e<strong>in</strong>e Integrierung dieser Erkenntnisse <strong>in</strong> die Zuständigkeit<br />

und Systematik des Arbeitsschutzes erreicht werden – so<br />

etwa die Initiative des Landes Thür<strong>in</strong>gen. Erst durch das Zusammenwirken<br />

des Archivwesens mit anderen, nämlich<br />

mediz<strong>in</strong>ischen und mikrobiologischen Diszipl<strong>in</strong>en sowie<br />

der Arbeitswissenschaft, der Bauphysik, der Klimatechnik<br />

etc. konnte e<strong>in</strong> Instrumentarium geschaffen werden, um die<br />

Wirkungsfaktoren von biologischen <strong>Arbeitsstoffe</strong>n im<br />

Archivwesen zu identifizieren und angemessene Präventivmaßnahmen<br />

vorzuschlagen. Aufgrund dieses Erkenntnisfortschritts<br />

war es möglich, die Technischen Regeln für <strong>Biologische</strong><br />

<strong>Arbeitsstoffe</strong> TRBA 240 über „Schutzmaßnahmen<br />

bei Tätigkeiten mit mikrobiell kontam<strong>in</strong>iertem Archivgut“<br />

zu entwickeln [1].<br />

Der „Arbeitskreis Archive“ des Ausschusses für <strong>Biologische</strong><br />

<strong>Arbeitsstoffe</strong> (ABAS) des Bundesm<strong>in</strong>isteriums für Wirtschaft<br />

und Arbeit (BMWA) erarbeitete diese TRBA, die durch den<br />

ABAS beschlossen, im März 2003 im Bundesarbeitsblatt veröffentlicht<br />

und somit <strong>in</strong> Kraft gesetzt wurde. Sie f<strong>in</strong>det bei<br />

Tätigkeiten mit mikrobiell kontam<strong>in</strong>iertem Archivgut Anwendung,<br />

die nach § 2 BioStoffV den nicht gezielten Tätigkeiten<br />

mit biologischen <strong>Arbeitsstoffe</strong>n zuzuordnen s<strong>in</strong>d.<br />

Unter dem Begriff Archive wurden auch Zwischenarchive<br />

und (Alt)registraturen, die Schriftgut nur befristet verwahren,<br />

subsumiert. Der Begriff wurde bewusst weit ausgelegt,<br />

um auch faktische Archive, die – übrigens zunehmend –<br />

nicht mehr diese Bezeichnung tragen (z. B. historisches Zentrum,<br />

Dokumentationsstelle etc.), und adm<strong>in</strong>istrative Archive<br />

(z. B. Grundbuchämter oder andere Register- und Bearbeitungsstellen<br />

<strong>in</strong> Gerichten, Banken und Versicherungen<br />

und dergleichen) <strong>in</strong> die Anwendbarkeit der Regelungen e<strong>in</strong>zubeziehen.<br />

Die TRBA 240, die zwischen mikrobiologischen, allergologischen,<br />

arbeitsmediz<strong>in</strong>ischen, arbeitsschutzrechtlichen und<br />

archivfachlichen Positionen vermittelt, gibt den aktuellen<br />

Stand von Wissenschaft und Technik wieder. Demnach ist<br />

für Beschäftigte beim Umgang mit Archivgut unter Zugrundelegung<br />

des Kontam<strong>in</strong>ationsbegriffes nach § 2 Abs. 6 Bio-<br />

StoffV nicht mit gesundheitlichen Gefährdungen zu rechnen,<br />

wenn Archivgut sachgerecht unter geeigneten bau -<br />

lichen und raumklimatischen Bed<strong>in</strong>gungen gelagert und bearbeitet<br />

wird. Allgeme<strong>in</strong> gilt: Bauliche Unzulänglichkeiten,<br />

wie beispielsweise Gebäudenässe (siehe Bild 2), Wärme -<br />

brücken und undichte Dächer, dadurch bed<strong>in</strong>gte zu hohe<br />

Gefahrstoffe - Re<strong>in</strong>haltung der Luft 64 (2004) Nr. 3 - März


Bild 2. Kontam<strong>in</strong>ierter Archivraum, hier e<strong>in</strong>e mit Schimmelpilz befallene Wand<br />

<strong>in</strong> unmittelbarer Umgebung von Archivgut.<br />

Raumtemperaturen und Luftfeuchten sowie e<strong>in</strong> vernachlässigtes<br />

Re<strong>in</strong>igungsregime können zu massiven Wachstums-<br />

und Vermehrungsprozessen von Mikroorganismen, hauptsächlich<br />

Schimmelpilzen, <strong>in</strong> <strong>Archiven</strong> führen. Weiterh<strong>in</strong><br />

kann ggf. das Vorkommen von Hefen, Bakterien und Viren<br />

nicht ausgeschlossen werden. Oft gelangen biologische<br />

<strong>Arbeitsstoffe</strong> durch die Übernahme bereits kontam<strong>in</strong>ierten<br />

Archivgutes <strong>in</strong> Archive.<br />

2 Ermittlung der <strong>in</strong> <strong>Archiven</strong> vorkommenden<br />

biologischen <strong>Arbeitsstoffe</strong> im Rahmen der Informationsbeschaffung<br />

nach § 5 BioStoffV<br />

Bei Tätigkeiten mit kontam<strong>in</strong>iertem Archivgut s<strong>in</strong>d unter<br />

anderem Informationen über die Identität, die E<strong>in</strong>stufung<br />

und das Infektionspotenzial der vorkommenden biologischen<br />

<strong>Arbeitsstoffe</strong> sowie die von ihnen ausgehenden sensibilisierenden<br />

und toxischen Wirkungen zu ermitteln.<br />

2.1 Ergebnisse messtechnischer Untersuchungen<br />

Messtechnische Untersuchungen zur Überprüfung der Arbeitsbed<strong>in</strong>gungen<br />

<strong>in</strong> <strong>Archiven</strong> wurden beispielsweise <strong>in</strong><br />

Nordrhe<strong>in</strong>-Westfalen durch die Gesellschaft für angewandte<br />

und experimentelle Allergieforschung (GAF) [2], <strong>in</strong> Thür<strong>in</strong>gen<br />

durch die Fa. Agrar- und Umweltanalytik (AUA) <strong>in</strong> Verb<strong>in</strong>dung<br />

mit e<strong>in</strong>er Schwerpunktaktion des Landesamtes für<br />

Soziales und Familie, Abteilung 2 Arbeitsschutz und Arbeitsmediz<strong>in</strong><br />

[3], und <strong>in</strong> Baden-Württemberg durch das Landesgesundheitsamt<br />

(LGA) durchgeführt [4].<br />

In der Thür<strong>in</strong>ger Untersuchung kontam<strong>in</strong>ierter Archive [3]<br />

erfolgte die Bestimmung von Schimmelpilzen <strong>in</strong> der Luft am<br />

Arbeitsplatz mittels Membranfiltermethode nach dem <strong>in</strong> der<br />

BIA-Arbeitsmappe ausgewiesenen Messverfahren 9420 [5]<br />

<strong>in</strong> Verb<strong>in</strong>dung mit den <strong>in</strong> der TRBA 405 [6] ausgewiesenen<br />

Messstrategien Nr. 6.6 zur Bestimmung von Schichtmittelwerten<br />

und Nr. 6.4 zum Nachweis von Expositionsspitzen. Es<br />

konnten Schichtmittelwerte für Schimmelpilze von 2·10² bis<br />

1,2·10 5 KBE/m³ im Verhältnis zu Außenluftwerten mit Konzentrationen<br />

zwischen 2·10² bis 4·10³ KBE/m³ ermittelt werden<br />

(KBE, Kolonie bildende E<strong>in</strong>heiten). Personengetragene<br />

Messungen beim üblichen Umgang mit Archivgut und<br />

Messungen unter „Worst-case“-Bed<strong>in</strong>gungen wurden zur<br />

Erfassung von Expositionsverhältnissen durchgeführt.<br />

64 (2004) Nr. 3 - März<br />

Biostoffe<br />

Durch Messungen unter „Worst-case“-Bed<strong>in</strong>gungen, bei<br />

denen e<strong>in</strong> Messkopf stationär <strong>in</strong> 1,50 m Höhe zwischen Regalen<br />

mit stark verstaubtem, zum Teil auch sichtbar verschimmeltem<br />

Archivgut <strong>in</strong>stalliert und über dem Messkopf e<strong>in</strong>e<br />

beliebige Akte aus dem Regal entnommen wurde, konnte<br />

der Anstieg der Schimmelpilzkonzentrationen um bis zu<br />

zwei Zehnerpotenzen <strong>in</strong>nerhalb von 10 s im unmittelbaren<br />

Umfeld der Emissionsquelle <strong>in</strong> <strong>Archiven</strong> mit äußerlich sichtbaren<br />

Mängeln belegt werden. Über die Messungen wurde<br />

1999 ausführlich <strong>in</strong> dieser Zeitschrift berichtet [3].<br />

Aus allen zur Verfügung stehenden Messergebnissen [2; 3; 7;<br />

8] war ersichtlich, dass <strong>in</strong> <strong>Archiven</strong> bei bauseitig verursachter<br />

Gebäudenässe mit relativen Luftfeuchten > 50 % und zu<br />

hohen Raumtemperaturen > 18 °C gesundheitlich bedenk -<br />

liche Konzentrationen an Schimmelpilzsporen nachge -<br />

wiesen werden konnten. Weitere Ursachen für Schimmelpilzbefall<br />

s<strong>in</strong>d durch organisatorische Mängel im Betrieb der<br />

Archive gegeben.<br />

Im Rahmen der mikrobiologischen Untersuchungen wurden<br />

<strong>in</strong> <strong>Archiven</strong> hauptsächlich Schimmelpilze der Risikogruppe<br />

1, wie z. B. Vertreter der Gattungen Penicillium,<br />

Alternaria, Mucor und Aspergillus, nachgewiesen [2; 3; 8]. Als<br />

e<strong>in</strong> Vertreter der Risikogruppe 2 mit <strong>in</strong>fektiöser Wirkung<br />

wurde nur Aspergillus fumigatus ermittelt. Aus dieser Sicht<br />

ist das Potenzial für Infektionen durch Schimmelpilze <strong>in</strong><br />

<strong>Archiven</strong> von untergeordneter Bedeutung; sie ersche<strong>in</strong>en<br />

nur möglich, wenn bei Beschäftigten bereits e<strong>in</strong>e allgeme<strong>in</strong>e<br />

Schwächung des Immunsystems durch andere schwere Erkrankungen<br />

oder durch e<strong>in</strong>e dauerhafte oder zeitweise<br />

sonstige Immunsupprimierung vorliegt [9]. Schimmelpilze<br />

verfügen aber über e<strong>in</strong> bedeutendes sensibilisierendes<br />

Potenzial, das durch an Schimmelpilzsporen oder Schimmelpilzfäden<br />

(Myzel) gebundene Allergene verursacht wird.<br />

Aufgrund des nachgewiesenen Pilzbefalls bei unsachge -<br />

mäßer Lagerung von Archivgut <strong>in</strong> Verb<strong>in</strong>dung mit Gebäude -<br />

nässe und problematischem Raumklima können Beschäftigte<br />

<strong>in</strong> <strong>Archiven</strong> deshalb berufsbed<strong>in</strong>gt an e<strong>in</strong>er Allergie erkranken.<br />

Bei längerem <strong>in</strong>tensiven Kontakt mit Schimmel -<br />

pilzen <strong>in</strong> hoher Konzentration, besonders bei vorliegender<br />

Atopie, können auch schwer wiegende allergische Erkrankungen<br />

nicht ausgeschlossen werden. Schimmelpilze können<br />

auch Mykotox<strong>in</strong>e bilden; diesbezügliche Erkrankungen<br />

s<strong>in</strong>d aufgrund der dafür notwendigen hohen Sporenkonzentrationen<br />

ab 10 8 bis 10 9 KBE/m 3 <strong>in</strong> <strong>Archiven</strong> unwahrsche<strong>in</strong>lich.<br />

2.2 Mögliches Vorkommen weiterer biologischer <strong>Arbeitsstoffe</strong><br />

bei Tätigkeiten mit kontam<strong>in</strong>iertem Archivgut<br />

Neben Schimmelpilzen müssen auch andere biologische<br />

<strong>Arbeitsstoffe</strong>, die durch Nager oder Vögel <strong>in</strong> Archive e<strong>in</strong>getragen<br />

werden, bei der Beurteilung möglicher Gefährdungen<br />

bei Tätigkeiten mit kontam<strong>in</strong>iertem Archivgut berücksichtigt<br />

werden. E<strong>in</strong> konkreter Nachweis von Erkrankungen<br />

durch Mikroorganismen <strong>in</strong> Verb<strong>in</strong>dung mit der Besiedlung<br />

von <strong>Archiven</strong> durch Nager und Vögel wurde bis jetzt noch<br />

nicht geführt. In <strong>Archiven</strong> und <strong>in</strong>sbesondere <strong>in</strong> Kellergeschossen<br />

situierten Lagerräumen kann es aber zu e<strong>in</strong>er<br />

Ansiedlung von Nagetieren kommen, was auch durch den<br />

nicht unbekannten Fall von Mäusefraß am Archivgut belegt<br />

werden kann. Werden Archive oder Lagerräume auf<br />

Dachböden, u. U. mit Dachschäden, angelegt, ist mit der Besiedlung<br />

durch Vögel, hauptsächlich durch Tauben, zu rechnen.<br />

Nach § 5 BioStoffV können bei der Durchführung der<br />

Gefahrstoffe - Re<strong>in</strong>haltung der Luft<br />

125


126<br />

Biostoffe<br />

Gefährdungsbeurteilung Erfahrungen aus vergleichbaren<br />

Tätigkeiten, Belastungs- und Expositionsssituationen und<br />

Krankheitsgeschehen artverwandter Branchen oder Tätigkeiten<br />

übertragen werden. In diesem Zusammenhang soll<br />

auf Veröffentlichungen von Albrecht und Kämpfer [10; 11],<br />

die sich u. a. mit Gesundheitsgefährdungen durch Taubenkot<br />

bei Re<strong>in</strong>igungsarbeiten auf verunre<strong>in</strong>igten Dachböden<br />

ause<strong>in</strong>ander setzen, verwiesen werden. Nager und Vögel<br />

(Tauben) können Mikroorganismen ausscheiden. Zu nennen<br />

wären bei den Nagern z. B. Hantaviren (der Stamm<br />

Puumala) und das Virus der lymphozytären Choriomen<strong>in</strong>gitis<br />

(LCMV), weiterh<strong>in</strong> Leptospira <strong>in</strong>terrogans. Bei dem auf<br />

e<strong>in</strong>em Dachboden e<strong>in</strong>gerichteten Archivgutlager kann es<br />

bei e<strong>in</strong>em undichten Dach zu e<strong>in</strong>er Verschmutzung von<br />

Archivgut mit Vogelkot kommen. Durch Vogelkot oder damit<br />

kontam<strong>in</strong>ierten Staub ist e<strong>in</strong>e Exposition gegenüber<br />

Mikroorganismen, wie z. B. aviären Chlamydienstämmen,<br />

Vertretern von Enterobacteriaceae, Cryptococcus neo -<br />

formans und Candida albicans, möglich. Dabei handelt es<br />

sich um biologische <strong>Arbeitsstoffe</strong>, die hauptsächlich <strong>in</strong> die<br />

Risikogruppe 2, aber auch <strong>in</strong> die Risikogruppe 3, legal e<strong>in</strong>gestuft<br />

wurden.<br />

Um praktikable Schutzmaßnahmen, die der Gefährdung am<br />

Ort entsprechen, ableiten zu können, ist es <strong>in</strong> solchen Fällen<br />

erforderlich, die Expositionsverhältnisse abzuschätzen, die<br />

sich <strong>in</strong> der Anzahl der angesiedelten Tiere und <strong>in</strong> dem daraus<br />

resultierenden Grad der Verschmutzung des Archivguts<br />

und der E<strong>in</strong>richtungsgegenstände widerspiegeln könnte. In<br />

diesem S<strong>in</strong>n können Schutzmaßnahmen, die bei der Re<strong>in</strong>igung<br />

von Dachböden Anwendung fanden, auf die dort erforderliche<br />

Grobre<strong>in</strong>igung von <strong>Archiven</strong> übertragen werden.<br />

Zur persönlichen Schutzausrüstung werden <strong>in</strong> der<br />

TRBA 240 [1] unter Punkt 5.3 „Organisatorische Schutzmaßnahmen/Re<strong>in</strong>igung“<br />

Ausführungen getroffen. Grundsätzlich<br />

ist durch geeignete Maßnahmen e<strong>in</strong>er Bioaerosol -<br />

bildung vorzubeugen und der Kontakt zu den biologischen<br />

<strong>Arbeitsstoffe</strong>n so weit wie möglich zu m<strong>in</strong>imieren. Nagetiere<br />

oder Vögel s<strong>in</strong>d aus den Archivräumen auszuschließen. Da<br />

stark durch Tierkot verschmutztes Archivgut nicht die Regel<br />

se<strong>in</strong> dürfte, ist e<strong>in</strong>zuschätzen, dass Infektionen durch im<br />

Tierkot vorkommende Erreger oder über Parasiten (Milben,<br />

Flöhe, Zecken) sehr selten vorkommen dürften.<br />

3 Auftreten von gefährdenden Tätigkeiten<br />

für Beschäftigte <strong>in</strong> <strong>Archiven</strong><br />

In Archivräumen werden – von wenigen Ausnahmen <strong>in</strong><br />

Werkstätten abgesehen – vorwiegend nicht gezielte Tätigkeiten<br />

mit biologischen <strong>Arbeitsstoffe</strong>n durchgeführt und die<br />

Kontakte mit biologischen <strong>Arbeitsstoffe</strong>n nicht gesucht, sondern<br />

<strong>in</strong> Kauf genommen. Diese obligatorischen Archivarbeiten<br />

umfassen beispielsweise die Übernahme des Archivgutes,<br />

die Aussonderung (Kassation), das Re<strong>in</strong>igen, das Dekontam<strong>in</strong>ieren,<br />

das Verwahren (Lagern) und Erhalten, das<br />

Verfilmen, Bewerten, Erschließen, Ausheben und Rücklegen<br />

(Reponieren), Nutzbarmachen (Zur-Verfügung-Stellen) und<br />

Erforschen (Auswerten) von kontam<strong>in</strong>iertem Archivgut. Zu<br />

nicht gezielten Tätigkeiten mit biologischen <strong>Arbeitsstoffe</strong>n<br />

<strong>in</strong> <strong>Archiven</strong> zählen auch Transport-, Re<strong>in</strong>igungs- und Bestandserhaltungstätigkeiten.<br />

E<strong>in</strong>e Aufnahme der diskutierten biologischen <strong>Arbeitsstoffe</strong><br />

kann <strong>in</strong>folge Bioaerosolbildung über die Atemwege, aber<br />

auch über exponierte Haut sowie oral erfolgen. Als gefährdende<br />

archivarische Tätigkeiten s<strong>in</strong>d solche mit direktem<br />

Hautkontakt und erhöhter Aerosolbildung zu werten, wie<br />

etwa folgende:<br />

● erstmalige Besichtigung und anfängliche Arbeiten an<br />

e<strong>in</strong>em noch unbekannten Archivbestand, etwa <strong>in</strong> ursprünglicher<br />

Verwahrungssituation,<br />

● Übernahme des belasteten Archivguts, Erschließung, Verpackung,<br />

Transport vom/zum Magaz<strong>in</strong>,<br />

● Durchführung der Kassation bei als m<strong>in</strong>derwertig erkanntem,<br />

jedoch belastetem Material, Schreddern dieses Materials,<br />

● Re<strong>in</strong>igung von mit biologischen <strong>Arbeitsstoffe</strong>n belastetem<br />

Archivgut,<br />

● Bestandserhaltungsmaßnahmen an belastetem Archivgut<br />

<strong>in</strong> feuchtem oder noch ungere<strong>in</strong>igtem Zustand,<br />

● Verfilmung und Digitalisierung des belasteten Archivguts,<br />

● Re<strong>in</strong>igung von Räumen (samt Mobiliar), die belastetes<br />

Archivgut enthalten oder vor kurzem enthalten haben,<br />

● Entnahme von Materialproben und Kultivierung von<br />

Mikroorganismen,<br />

● Prüfung, Wartung oder Instandsetzung von lüftungstechnischen<br />

Anlagen <strong>in</strong> <strong>Archiven</strong> (Luftentfeuchter, Abzügen<br />

oder raumlufttechnische (RLT-)Anlagen, Auswechslung der<br />

Filter).<br />

4 Mögliche Krankheitsgeschehen<br />

Mögliche Gesundheitsgefährdungen durch Schimmelpilzkontam<strong>in</strong>ationen<br />

s<strong>in</strong>d seit e<strong>in</strong>igen Jahren genauer erforscht.<br />

Die gesundheitlichen Wirkungen von Schimmelpilzen lassen<br />

sich <strong>in</strong> Schimmelpilz<strong>in</strong>fektionen, die schwerpunktmäßig<br />

fast ausschließlich bei dauerhaft oder zeitweise immun -<br />

supprimierten Personen auftreten, <strong>in</strong> allergische Erkrankungen,<br />

wie Atemwegserkrankungen und Hautreizungen,<br />

sowie <strong>in</strong> toxische Reaktionen differenzieren. Dieser komplexe<br />

Sachverhalt wurde <strong>in</strong> Studien, u. a. <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em nordrhe<strong>in</strong>westfälischem<br />

Forschungsprojekt unter Federführung der<br />

Archivberatungsstelle Rhe<strong>in</strong>land, heute Rhe<strong>in</strong>isches Archiv-<br />

und Museumsamt, untersucht [2; 8]. Im Ergebnis wurde festgestellt,<br />

dass 32 % der zunächst <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er Fragebogenaktion<br />

befragten und dann z. T. ärztlich untersuchten Bediensteten<br />

allergisch belastet waren und sich größtenteils <strong>in</strong> ärztlicher<br />

Behandlung befanden. In der Reihenfolge der festgestellten<br />

Häufigkeit ergaben sich <strong>in</strong>sbesondere folgende Krankheitsbilder:<br />

Ekzem (64 %), Rh<strong>in</strong>itis (57 %), Enterocolitis (44 %),<br />

Konjunktivitis (36 %) und Asthma bronchiale (35 %). Neben<br />

den typischen Diagnosen von Haut- und Atemwegsent -<br />

zündungen sowie B<strong>in</strong>dehautentzündungen traten auch<br />

Darmerkrankungen vermehrt auf. Die kl<strong>in</strong>ischen Untersuchungen<br />

ergaben durchweg latente Kausalzusammenhänge,<br />

d. h. Verstärkungen der Symptome bei der Exposition<br />

gegenüber Archivgut und Abkl<strong>in</strong>gen der Symptome z. B.<br />

nach dem Wochenende oder im Urlaub. Außerhalb des<br />

direkten E<strong>in</strong>flusses von biologischen <strong>Arbeitsstoffe</strong>n wurde<br />

noch e<strong>in</strong>e zusätzliche Sensibilisierung der Betroffenen für<br />

die Allergieerreger der Hausstaubmilben (ca. 27 %) festgestellt,<br />

obwohl hier die ortsbezogene Kausalität mit dem<br />

Arbeitsplatz nur schwer herzustellen ist. Mehr als 30 % der<br />

Betroffenen unterlag e<strong>in</strong>er permanenten Medikation mit<br />

Cortisonpräparaten, mehr als 10 % anderer Betroffener nahmen<br />

dauerhaft weitere antiallergisch wirksame Arzneimittel<br />

zu sich.<br />

Gefahrstoffe - Re<strong>in</strong>haltung der Luft 64 (2004) Nr. 3 - März


Insgesamt waren bei den Archivbeschäftigten signifikant<br />

häufiger typische allergische Krankheitsbilder anzutreffen<br />

als im Durchschnitt der Gesamtbevölkerung. Die se<strong>in</strong>erzeit<br />

<strong>in</strong> Nordrhe<strong>in</strong>-Westfalen angestellten kl<strong>in</strong>ischen Individualuntersuchungen<br />

werden durch aktuellere Daten unmittelbar<br />

gestützt, obwohl e<strong>in</strong> direkter Vergleich unzulässig wäre:<br />

So hat e<strong>in</strong>e Statistik des Wissenschaftlichen Instituts der<br />

AOK (WIdO) für das Jahr 2001 festgestellt, dass <strong>in</strong> 17,7 % der<br />

für Arbeitsunfähigkeitstage dokumentierten Diagnosen<br />

unter Beschäftigten <strong>in</strong> <strong>Archiven</strong>, Bibliotheken und Museen<br />

Atemwegserkrankungen angegeben wurden, während diese<br />

Diagnose unter der Gesamtzahl der AOK-Versicherten<br />

lediglich 13,5 % ausmachen. Die hohe Rate muss als auf -<br />

fällig angesehen werden, zumal dieser Berufsstand nicht als<br />

besonders zu Erkrankungen neigend angesehen wird (z. B.<br />

nur 8,3 % mit der Diagnose Verletzungen im Gegensatz zu<br />

14 % unter allen AOK-Versicherten). Leider s<strong>in</strong>d die erfassten<br />

Daten <strong>in</strong> Bezug auf unsere engere Fragestellung der biologischen<br />

<strong>Arbeitsstoffe</strong> nicht genügend spezifiziert, um e<strong>in</strong>e<br />

genauere Auswertung zu erlauben; auch fehlt es an e<strong>in</strong>er<br />

Differenzierung im H<strong>in</strong>blick auf die unterschiedlichen Gefährdungsbereiche<br />

(Tätigkeiten, Aufnahmepfade etc.) und<br />

andere e<strong>in</strong>schlägig diagnostizierte Symptome.<br />

Zu wenig erforscht, <strong>in</strong> diesem Zusammenhang jedoch m<strong>in</strong>destens<br />

erwähnenswert, ist die Problematik e<strong>in</strong>er Gesundheitsgefährdung<br />

durch Stäube allgeme<strong>in</strong>, die Archivgut anhaften<br />

und u. a. mechanische Reizungen des Inhalationstraktes<br />

hervorrufen und ebenso biogenes Material be<strong>in</strong>halten<br />

können.<br />

Der Umfang ernsthafter gesundheitlicher Beschwerden bei<br />

Beschäftigten durch Kontakt mit kontam<strong>in</strong>iertem Archivgut<br />

erfordert somit auf der Grundlage des Arbeitsschutzgesetzes<br />

(ArbSchG) und der BioStoffV, die Gesundheitsrisiken durch<br />

biologische <strong>Arbeitsstoffe</strong> systematisch zu ermitteln, um nunmehr<br />

auf der Grundlage der neuen TRBA 240 [1] geeignete<br />

Maßnahmen zum Schutz der Sicherheit und Gesundheit der<br />

Beschäftigten ergreifen zu können.<br />

5 Durchführung der Gefährdungsbeurteilung nach<br />

BioStoffV mithilfe der TRBA 240<br />

Die bereits nach § 5 ArbSchG vorgeschriebene Gefährdungsbeurteilung<br />

ist beim Umgang mit mikrobiell kontam<strong>in</strong>iertem<br />

Archivgut durch e<strong>in</strong>e Gefährdungsbeurteilung nach § 7<br />

BioStoffV zu ergänzen. Die TRBA 240 [1] stellt diesbezüglich<br />

e<strong>in</strong>e Konkretisierung dar. Nicht gezielte Tätigkeiten mit biologischen<br />

<strong>Arbeitsstoffe</strong>n <strong>in</strong> <strong>Archiven</strong> s<strong>in</strong>d nach der Gesamtbeurteilung<br />

der Infektionsgefährdung auf der Grundlage der<br />

BioStoffV <strong>in</strong> der Regel der Schutzstufe 1 zuzuordnen. Ist aber<br />

beispielsweise e<strong>in</strong>e massive Exposition gegenüber Mikro -<br />

organismen durch Vogelkot [10; 11] nicht auszuschließen,<br />

kann sich aus Art, Ausmaß und Dauer der Exposition der Beschäftigten<br />

<strong>in</strong> E<strong>in</strong>zelfällen e<strong>in</strong>e höhere Infektionsgefährdung<br />

ergeben, die folglich zu e<strong>in</strong>er Zuordnung <strong>in</strong> e<strong>in</strong>e höhere<br />

Schutzstufe, <strong>in</strong> der Regel die Schutz stufe 2, führen wird.<br />

Neben möglichen Infektionen s<strong>in</strong>d sensibilisierende oder<br />

toxische Wirkungen der biologischen <strong>Arbeitsstoffe</strong>, hauptsächlich<br />

verursacht durch Schimmelpilze, zu berücksichtigen.<br />

Auch h<strong>in</strong>sichtlich dieser Wirkungen s<strong>in</strong>d die Exposi -<br />

tionsverhältnisse, denen die Beschäftigten ausgesetzt s<strong>in</strong>d,<br />

<strong>in</strong> Abhängigkeit von den im Archiv durchzuführenden Tätigkeiten<br />

zu ermitteln.<br />

64 (2004) Nr. 3 - März<br />

6 Schutzmaßnahmen nach TRBA 240<br />

Biostoffe<br />

Nach dem Ergebnis der Gefährdungsbeurteilung s<strong>in</strong>d durch<br />

den Arbeitgeber erforderliche Schutzmaßnahmen nach § 7<br />

BioStoffV festzulegen. Durch die TRBA 240 [1] wird dem Arbeitgeber<br />

e<strong>in</strong>e Handlungsanleitung übergeben, mit deren<br />

Hilfe er mögliche gesundheitliche Gefährdungen bei Tätigkeiten<br />

mit mikrobiell kontam<strong>in</strong>iertem Archivgut beurteilen<br />

sowie erforderliche Schutzmaßnahmen ableiten und umsetzen<br />

kann. Mit der Umsetzung dieser Maßnahmen ist davon<br />

auszugehen, dass die Anforderungen der BioStoffV realisiert<br />

wurden. Von den Regelungen der TRBA 240 kann im E<strong>in</strong>zelfall<br />

auf der Grundlage der Gefährdungsbeurteilung abge -<br />

wichen werden, wenn die Sicherheit und die Gesundheit der<br />

Beschäftigten durch gleichwertige Schutzmaßnahmen gewährleistet<br />

werden. Die Gleichwertigkeit des Schutzniveaus<br />

ist auf Verlangen der zuständigen Arbeitsschutzbehörde<br />

nachzuweisen. Grundsätzlich hat die Anwendung technischer<br />

Schutzmaßnahmen Vorrang vor dem E<strong>in</strong>satz organisatorischer<br />

Maßnahmen. Nur wenn technische und organisatorische<br />

Schutzmaßnahmen nicht zur Erreichung des<br />

Schutzzieles ausreichen, ist persönliche Schutzausrüstung<br />

wie z. B. Atemschutz zu tragen.<br />

6.1 Technische Schutzmaßnahmen<br />

Wachstums- und Vermehrungsprozessen von Mikroorganismen<br />

s<strong>in</strong>d durch e<strong>in</strong>e entsprechende Raumgestaltung und<br />

die Optimierung der raumklimatischen Bed<strong>in</strong>gungen vorzubeugen.<br />

Archive s<strong>in</strong>d h<strong>in</strong>sichtlich ihrer baulichen Beschaffenheit<br />

und ihrer E<strong>in</strong>richtung so auszustatten, dass das<br />

Vorkommen von biologischen <strong>Arbeitsstoffe</strong>n m<strong>in</strong>imiert<br />

wird. Bauliche Vertiefungen und Ecken, Durchlässe, Rohre<br />

und Leitungen, textile Bespannungen, offenporiges Holz<br />

und andere poröse Oberflächen, die die Ablagerung von biologischen<br />

<strong>Arbeitsstoffe</strong>n (z. B. Pilzsporen) begünstigen, s<strong>in</strong>d<br />

zu vermeiden. Wände und Böden, aber auch Oberflächen<br />

wie die der Regalsysteme, sollen leicht zu re<strong>in</strong>igen se<strong>in</strong>.<br />

Zur Schaffung optimaler raumklimatischer Bed<strong>in</strong>gungen ist<br />

<strong>in</strong> <strong>Archiven</strong> die regelmäßige Messung der Raumtemperatur<br />

und der relativen Luftfeuchte erforderlich. Die Optimierung<br />

des Raumklimas wird <strong>in</strong> Magaz<strong>in</strong>en bei folgenden Para -<br />

metern erreicht:<br />

● Raumtemperatur: 18 ± 1 °C,<br />

● relative Luftfeuchte: 50 ± 5 %.<br />

Bei Überschreitung dieser Werte können sie <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em ersten<br />

Schritt über das Heizungs- und Lüftungsregime abgesenkt<br />

werden. E<strong>in</strong>e wesentliche Verbesserung der raumklimatischen<br />

Parameter kann durch den E<strong>in</strong>bau e<strong>in</strong>er geeigneten<br />

RLT-Anlage erzielt werden. Sie muss entsprechend den o. g.<br />

Parametern e<strong>in</strong>gestellt und ihre e<strong>in</strong>wandfreie technische<br />

Funktion durch regelmäßige Prüfung und Wartung [12] erhalten<br />

werden. Sie ist durch Fachpersonal jährlich auf h<strong>in</strong>reichendes<br />

Rückhaltevermögen von biologischen <strong>Arbeitsstoffe</strong>n<br />

zu prüfen und zu warten (vgl. VDI 6022 mit Check -<br />

liste). Der Austrag von biologischen <strong>Arbeitsstoffe</strong>n <strong>in</strong> andere<br />

Arbeitsräume und -bereiche kann durch E<strong>in</strong>bau, regelmäßigen<br />

Wechsel und fachgerechte Entsorgung von Hochleistungsschwebstofffiltern<br />

wirksam unterbunden werden. In<br />

natürlich belüfteten Räumen kann der Betrieb e<strong>in</strong>es Entfeuchtungsgerätes<br />

mit geeignetem Luftfiltersystem zur<br />

Optimierung der relativen Luftfeuchte beitragen. E<strong>in</strong>e ausreichende<br />

Durchlüftung der Räume wird auch durch die<br />

zweckmäßige Anordnung der Regale zu den Fenstern<br />

Gefahrstoffe - Re<strong>in</strong>haltung der Luft<br />

127


128<br />

Biostoffe<br />

unterstützt. Zur Erreichung der genannten<br />

technischen Parameter kann ggf. e<strong>in</strong>e<br />

bauliche Sanierung der Gebäudesubstanz<br />

gegen Gebäudenässe erforderlich se<strong>in</strong>.<br />

Zur Nutzung vor Arbeitspausen und am<br />

Arbeitsende ist den Beschäftigten e<strong>in</strong> mit<br />

e<strong>in</strong>em geeigneten Händedes<strong>in</strong>fektionsmittel<br />

(z. B. flüssige Des<strong>in</strong>fektionslösungen<br />

auf alkoholischer Wirkstoffbasis <strong>in</strong><br />

Verb<strong>in</strong>dung mit quaternären Verb<strong>in</strong>dungen<br />

[7]), immer mit Hautre<strong>in</strong>igungs-,<br />

Hautschutz- und Hautpflegemitteln sowie<br />

E<strong>in</strong>malhandtüchern ausgestatteter Handwaschplatz<br />

e<strong>in</strong>zurichten.<br />

Werden regelmäßig Tätigkeiten mit starker<br />

Aerosolbildung ausgeübt, s<strong>in</strong>d jährlich<br />

geprüfte und gewartete Absaugvorrichtungen<br />

mit geeigneten Filtersystemen,<br />

z. B. mikrobiologische Sicherheitswerkbänke<br />

(MSW) der Klasse I, die den<br />

Personenschutz durch e<strong>in</strong>en nach <strong>in</strong>nen<br />

gerichteten Luftstrom durch die Arbeitsöffnung<br />

garantieren, zu <strong>in</strong>stallieren [13].<br />

Auch Sicherheitswerkbänke der Klasse II<br />

können Personenschutz garantieren. Bei<br />

diesen typischerweise <strong>in</strong> Umluft betriebenen<br />

Sicherheitswerkbänken wird der Personenschutz<br />

durch die Luftbarriere an der<br />

Arbeitsöffnung erreicht. Beim Betrieb<br />

e<strong>in</strong>er Sicherheitswerkbank der Klasse II<br />

dürfen Luftschlitze <strong>in</strong> ke<strong>in</strong>em Fall durch<br />

das e<strong>in</strong>gebrachte Archivgut abgedeckt<br />

werden. Der Luftstrom e<strong>in</strong>er solchen<br />

Sicherheitswerkbank kann durch größere<br />

e<strong>in</strong>gebrachte Gegenstände erheblich gestört und die Schutzfunktion<br />

h<strong>in</strong>sichtlich des Personenschutzes stark bee<strong>in</strong>trächtigt<br />

werden. Vor dem Kauf e<strong>in</strong>es Gerätes ist e<strong>in</strong>e Beratung<br />

durch den Hersteller unter dem Aspekt der geplanten<br />

Nutzung empfehlenswert.<br />

6.2 Organisatorische Schutzmaßnahmen<br />

Die TRBA 240 [1] be<strong>in</strong>haltet organisatorische Schutzmaßnahmen,<br />

die schon aus früheren landesweiten Richtl<strong>in</strong>ien<br />

und Empfehlungen bekannt waren, so etwa die<br />

● Reduktion der Zahl der Beschäftigten, die gefährdende<br />

Tätigkeiten mit mikrobiell kontam<strong>in</strong>iertem Archivgut ausüben,<br />

● M<strong>in</strong>imierung der zeitlichen Dauer dieser Tätigkeiten auf<br />

e<strong>in</strong> M<strong>in</strong>destmaß,<br />

● getrennte Aufbewahrung von Straßen- und Schutzkleidung,<br />

● Bereitstellung von persönlicher Schutzausrüstung (PSA,<br />

siehe Tabelle) durch den Arbeitgeber, e<strong>in</strong>schließlich der<br />

regelmäßigen Re<strong>in</strong>igung und Instandsetzung,<br />

● visuelle Kontrolle von Archivbeständen bei E<strong>in</strong>gang und<br />

während der Archivierung und ggf. e<strong>in</strong>e Bestimmung der<br />

Oberflächenfeuchte des Archivguts,<br />

● Beschränkung des <strong>in</strong>nerbetrieblichen Transports von kontam<strong>in</strong>iertem<br />

Archivgut auf e<strong>in</strong> M<strong>in</strong>destmaß und die Durchführung<br />

<strong>in</strong> geeigneten geschlossenen, des<strong>in</strong>fizierbaren<br />

Transportbehältern,<br />

● regelmäßige, am besten wöchentliche und nicht staubende<br />

Re<strong>in</strong>igung der Archivräume (bei feuchter Re<strong>in</strong>igung ist auf<br />

Persönliche Schutzausrüstung (PSA) im Umgang mit mikrobiell kontam<strong>in</strong>iertem Archivgut.<br />

Tätigkeit Persönliche Schutzausrüstung<br />

Erste Grobre<strong>in</strong>igung massiv kontam<strong>in</strong>ierter<br />

Archivräume und des Archivgutes<br />

Ergänzung der PSA bei Belastung mit Tauben-<br />

oder Nagetierkot oder toten Tieren<br />

⇒ E<strong>in</strong>weganzüge mit eng anliegendem<br />

Kapuzenteil (Haarschutz)<br />

⇒ personengebundene, dicht sitzende<br />

Halbmasken m<strong>in</strong>destens mit<br />

Partikelfi lter der Klasse P2<br />

⇒ Partikel fi ltrierende Halbmasken<br />

m<strong>in</strong>destens FFP2 mit Ausatemventil<br />

⇒ Schutzhandschuhe wie z. B.<br />

Nitrilhandschuhe<br />

⇒ Anstelle von P2 Atemschutz der Klasse<br />

P3 oder FFP3<br />

⇒ Ergänzung der Schutzkleidung durch<br />

Füßl<strong>in</strong>ge<br />

Raumre<strong>in</strong>igung ⇒ Geeigneter Schutzkittel<br />

⇒ Schutzhandschuhe<br />

Tätigkeiten mit Hautkontakt mit kontam<strong>in</strong>iertem<br />

Archivgut oder Aerosolbildung von<br />

mikrobiell kontam<strong>in</strong>ierten Stäuben<br />

⇒ beim Abbürsten von schimmelpilzhaltigem<br />

Staub<br />

⇒ beim Transport und Verpacken stark<br />

kontam<strong>in</strong>ierten Materials<br />

⇒ beim Verfi lmen/Digitalisieren oder<br />

bei der Feuchtbehandlung von<br />

⇒ Schutzkittel (langer Arm, am Kragen<br />

geschlossen)<br />

⇒ Schutzhandschuhe<br />

⇒ personengebundene, dicht sitzende<br />

Halbmasken m<strong>in</strong>destens mit Partikelfi<br />

lter der Klasse P2 oder Partikel<br />

fi ltrierenden Halbmasken m<strong>in</strong>destens<br />

FFP2 mit Ausatemventil<br />

kontam<strong>in</strong>iertem Material<br />

Vernichtung von Material durch Schreddern ⇒ E<strong>in</strong>weganzüge mit Kapuzenteil<br />

⇒ personengebundene, dicht sitzende<br />

Halbmasken Klasse P2<br />

⇒ Schutzhandschuhe<br />

die Gefahr e<strong>in</strong>er Erhöhung der Luftfeuchte zu achten) und<br />

erforderlichenfalls die Des<strong>in</strong>fektion aller Oberflächen (Fußboden,<br />

Regale, Geräte, Tische u. a.) unter Tragen von geeigneter<br />

persönlicher Schutzausrüstung. Aldehydfreie Flächendes<strong>in</strong>fektionsmittellösungen,<br />

speziell aus quaternären<br />

oder amphoteren Verb<strong>in</strong>dungen sowie Perverb<strong>in</strong>dungen außer<br />

Peressigsäure, s<strong>in</strong>d wegen ihrer Wirksamkeit gegen<br />

Schimmelpilze zu bevorzugen [1; 14].<br />

Ferner untersagt die TRBA 240 [1] <strong>in</strong> allen Räumen, <strong>in</strong> denen<br />

Archivgut gelagert und bearbeitet wird (z. B. auch <strong>in</strong> Magaz<strong>in</strong>en,<br />

Werkstätten), die Nahrungsaufnahme und verweist<br />

auf die Aufenthaltsräume. Zudem verbietet sie <strong>in</strong> Magaz<strong>in</strong>räumen<br />

und Werkstätten wegen der Kontam<strong>in</strong>ationsgefahr<br />

durch Erde und wegen der Erhöhung der Luftfeuchte das<br />

Halten von Pflanzen.<br />

Die nach § 12 BioStoffV zu erstellende Betriebsanweisung<br />

hat <strong>in</strong>sbesondere Regelungen zu Wirkungen der biologischen<br />

<strong>Arbeitsstoffe</strong>, möglichen Gesundheitsgefahren, Anweisungen<br />

über das Verhalten der Beschäftigten bei Tätigkeiten<br />

mit biologischen <strong>Arbeitsstoffe</strong>n und über die notwendigen<br />

Schutzmaßnahmen e<strong>in</strong>schließlich der Informationen<br />

zur Ersten Hilfe zu enthalten. Im Bedarfsfall ist sie durch e<strong>in</strong>en<br />

Hygieneplan zu ergänzen. Als Vorlage zur Unterweisung<br />

der Beschäftigten, e<strong>in</strong>schließlich der Handwerker und des<br />

Re<strong>in</strong>igungspersonals, ist die Betriebsanweisung vor Aufnahme<br />

der Tätigkeiten und danach regelmäßig (jährlich) anzuwenden.<br />

Alle Beschäftigten, auch Mitarbeiter von Fremdfirmen,<br />

s<strong>in</strong>d über die bei ihren Tätigkeiten mit mikrobiell kontam<strong>in</strong>iertem<br />

Archivgut auftretenden Gefahren und die<br />

Gefahrstoffe - Re<strong>in</strong>haltung der Luft 64 (2004) Nr. 3 - März


erforderlichen Schutzmaßnahmen auf den Arbeitsplatz bezogen<br />

zu unterweisen.<br />

Die angemessene Beachtung der TRBA 240 [1] kann somit zu<br />

e<strong>in</strong>er Überprüfung der gesamten Arbeitsabläufe <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em<br />

Archiv führen. Insbesondere sollten alle Tätigkeiten im Zusammenhang<br />

mit kontam<strong>in</strong>iertem Material optimiert werden.<br />

In vielen Fällen wird e<strong>in</strong>e Reduktion der Gefährdung<br />

bereits durch organisatorische Maßnahmen (z. B. durch die<br />

getrennte Lagerung kontam<strong>in</strong>ierter von nicht kontam<strong>in</strong>ierten<br />

Archivbeständen <strong>in</strong> so genannten Schwarz-Weiß-Bereichen)<br />

erzielt.<br />

6.3 Dekontam<strong>in</strong>ation von mikrobiell kontam<strong>in</strong>iertem Archivgut<br />

Kontam<strong>in</strong>ierte Objekte müssen behandelt werden, bevor Beschäftigte<br />

mit ihnen <strong>in</strong>nerhalb der üblichen Arbeitsabläufe<br />

umgehen bzw. die endgültige E<strong>in</strong>lagerung <strong>in</strong>s Magaz<strong>in</strong> –<br />

und der dort erfolgenden weiteren Kontam<strong>in</strong>ation noch<br />

nicht belasteten Materials – erfolgt.<br />

Die Dekontam<strong>in</strong>ation kontam<strong>in</strong>ierter Objekte ist erforderlich,<br />

um Beschäftigte beim Umgang mit kontam<strong>in</strong>iertem<br />

Archivgut vor gesundheitlichen Gefährdungen zu schützen.<br />

Bei Dekontam<strong>in</strong>ationsmaßnahmen ist geeigneter techni -<br />

scher Arbeitsschutz (z. B. Absaugvorrichtungen mit geeigneten<br />

Filtersystemen) und das Tragen von persönlicher<br />

Schutzausrüstung notwendig. Feuchtes kontam<strong>in</strong>iertes Archivgut<br />

aus Papier mit e<strong>in</strong>em Wassergehalt von mehr als<br />

10 % Oberflächenfeuchte muss isoliert von anderem Schriftgut<br />

<strong>in</strong> kühler trockener Atmosphäre bis auf maximal 10 %<br />

Oberflächenfeuchte getrocknet werden. Beim Erreichen<br />

niedrigerer Werte ist mit Materialschäden zu rechnen. Am<br />

Archivgut bef<strong>in</strong>dliche Kontam<strong>in</strong>ationen, z. B. loser oder<br />

leicht anhaftender Schimmel, s<strong>in</strong>d nach der Trocknung so<br />

gut wie möglich mechanisch zu entfernen. Kontam<strong>in</strong>iertes<br />

Archivgut ist durch die Re<strong>in</strong>igung zu entstauben. Zum Beispiel<br />

können auch Staubsauger mit Filter der Verwendungskategorie<br />

K1/K2 oder der Staubklasse H nach EU-E<strong>in</strong>teilung<br />

genutzt werden.<br />

Nur <strong>in</strong> Sonderfällen ist e<strong>in</strong>e Sterilisation trockenen Archivguts<br />

durch Bestrahlung mit Cobalt 60 oder – unter Inkaufnahme<br />

weiterer möglicher Gesundheitsgefahren – Begasung<br />

mit Ethylenoxid durch Fachfirmen mit entsprechender<br />

Sachkunde zu vertreten. Allergene und toxische Wirkungen<br />

der biologischen <strong>Arbeitsstoffe</strong> bleiben auch nach erfolgter<br />

Sterilisation erhalten. Nach der Sterilisation ist e<strong>in</strong>e manu -<br />

elle Entfernung der abgetöteten biologischen <strong>Arbeitsstoffe</strong>,<br />

ebenfalls unter Anwendung technischer Schutzmaßnahmen,<br />

erforderlich, um diese Wirkungen soweit wie möglich<br />

zu m<strong>in</strong>imieren.<br />

6.4 Arbeitsmediz<strong>in</strong>ische Vorsorge<br />

Arbeitsmediz<strong>in</strong>ische Vorsorgeuntersuchungen nach § 15 Absatz<br />

1 und 2 BioStoffV s<strong>in</strong>d auf die Infektionsgefährdung abgestellt<br />

und kommen daher für Beschäftigte, die Tätigkeiten<br />

mit mikrobiell kontam<strong>in</strong>iertem Archivgut durchführen, <strong>in</strong><br />

der Regel nicht zum Tragen, da bei diesen Tätigkeiten hauptsächlich<br />

die sensibilisierenden und toxischen Wirkungen<br />

der biologischen <strong>Arbeitsstoffe</strong>, z. B. der Schimmelpilze, im<br />

Vordergrund stehen.<br />

Bestehen bei Beschäftigten arbeitsplatzbezogene Beschwerden<br />

beim Umgang mit Archivgut (Niesreiz, Fließschnupfen,<br />

Husten, Kurzatmigkeit, Haut- und Augenrötung, Fieber,<br />

Müdigkeit), die durch ihre spezielle Intensität oder Ausprä-<br />

64 (2004) Nr. 3 - März<br />

Biostoffe<br />

gung auf e<strong>in</strong>e Erkrankung (Allergie, toxisches Syndrom)<br />

h<strong>in</strong> deuten, hat der Arbeitgeber ihnen unverzüglich arbeitsmediz<strong>in</strong>ische<br />

Vorsorgeuntersuchungen nach § 15 Absatz 3<br />

der BioStoffV anzubieten. Die Beschäftigten s<strong>in</strong>d dann nach<br />

den Berufsgenossenschaftlichen Grundsätzen für Arbeitsmediz<strong>in</strong>ische<br />

Vorsorgeuntersuchungen [15] G 23 (Obstruktive<br />

Atemwegserkrankungen) und G 24 (Hauterkrankungen,<br />

mit Ausnahme von Hautkrebs) untersuchen zu lassen. Wird<br />

e<strong>in</strong>e Infektionskrankheit, begründet durch den mikrobiellen<br />

Nachweis biologischer <strong>Arbeitsstoffe</strong>, vermutet, kann auch<br />

e<strong>in</strong>e arbeitsmediz<strong>in</strong>ische Untersuchung nach dem Grundsatz<br />

G 42 (Infektionskrankheiten) notwendig se<strong>in</strong>.<br />

Ist von den Beschäftigten personengebundener Atemschutz<br />

zu tragen, muss e<strong>in</strong>e arbeitsmediz<strong>in</strong>ische Untersuchung<br />

nach G 26 (Atemschutzgeräte) veranlasst werden.<br />

7 Die Notwendigkeit der Durchführung von Messungen<br />

im Archiv<br />

Die Überprüfung des Vorkommens luftgetragener Mikroorganismen<br />

<strong>in</strong> der Luft am Arbeitsplatz kann zur Kontrolle der<br />

Raumluftqualität (z. B. nach Havariefällen bei Wasserschäden)<br />

und von technischen Maßnahmen (z. B. bei der Kontam<strong>in</strong>ation<br />

e<strong>in</strong>er RLT-Anlage) notwendig se<strong>in</strong>. Messungen<br />

s<strong>in</strong>d gemäß TRBA 405 [6] und des <strong>in</strong> der BIA-Arbeitsmappe<br />

ausgewiesenen Messverfahrens 9420 [5] durchzuführen.<br />

Messungen und mediz<strong>in</strong>ische Untersuchungen [2; 3] be -<br />

legen, dass bei Tätigkeiten mit mikrobiell kontam<strong>in</strong>iertem<br />

Archivgut <strong>in</strong> den Archivräumen e<strong>in</strong>e erhöhte Gefährdung<br />

für die menschliche Gesundheit besteht.<br />

Neben der Ermittlung von Schichtmittelwerten s<strong>in</strong>d Expositionsmessungen<br />

zur Beurteilung der gesundheitlichen Gefährdungen<br />

erforderlich.<br />

Zur besseren Beurteilung von gesundheitlichen Gefährdungen<br />

empfiehlt sich auch e<strong>in</strong>e Differenzierung der Schimmelpilze<br />

und Quantifizierungen <strong>in</strong> KBE/m 3 . H<strong>in</strong>sichtlich der<br />

Infektionsgefährdung ist die Gattung Aspergillus besonders<br />

zu beachten. Aspergillus-Sporen s<strong>in</strong>d mit e<strong>in</strong>em Durch -<br />

messer von < 5 µm alveolengängig und besitzen e<strong>in</strong> besonders<br />

langes Schwebvermögen. Aspergillus fumigatus konnte<br />

sowohl <strong>in</strong> der Raumluft von <strong>Archiven</strong> als auch <strong>in</strong> Materialproben<br />

nachgewiesen werden. Da Aspergillus fumigatus<br />

e<strong>in</strong>e Infektionskrankheit, die Aspergillose, <strong>in</strong>halativ bed<strong>in</strong>gt<br />

verursachen kann, besitzt dieser Schimmelpilz h<strong>in</strong>sichtlich<br />

der Durchführung mikrobiologischer Messungen e<strong>in</strong>e besondere<br />

mediz<strong>in</strong>ische Relevanz.<br />

Bei der Auswahl von Messmethoden ist zu beachten, dass es<br />

sich grundsätzlich um validierte Verfahren handelt.<br />

Neben den mikrobiologischen und den raumklimatischen<br />

Messungen stellt möglicherweise die Messung der Ober -<br />

flächenfeuchte, welche die Korrelation zwischen dem<br />

Feuchtegehalt des Archivguts und der Umgebungsluft ausdrückt,<br />

die effektivste Erhebung dar, um die Gefahr e<strong>in</strong>er<br />

vielleicht erst beg<strong>in</strong>nenden Schimmelpilzansiedlung zu erkennen.<br />

8 Zusammenfassung<br />

Die TRBA 240 stellt e<strong>in</strong> wichtiges Hilfsmittel des Arbeitsschutzes<br />

zur Verm<strong>in</strong>derung der Gesundheitsgefahren durch<br />

mikrobiell kontam<strong>in</strong>iertes Archivgut dar. Sie lenkt den Blick<br />

Gefahrstoffe - Re<strong>in</strong>haltung der Luft<br />

129


130<br />

auf e<strong>in</strong> bislang vom Arbeitsschutz weitgehend vernach -<br />

lässigtes Berufsfeld, erwartet jedoch auch e<strong>in</strong>e Mitarbeit<br />

vonseiten der dort tätigen E<strong>in</strong>richtungen und Beschäftigten.<br />

Innerhalb der bereits zahlreichen Standards und Normen im<br />

Literatur<br />

[1] Technische Regeln für <strong>Biologische</strong> <strong>Arbeitsstoffe</strong>: Schutzmaßnahmen bei<br />

Tätigkeiten mit mikrobiell kontam<strong>in</strong>iertem Archivgut (TRBA 240). Ausgabe<br />

März 2003. BArbBl. (2003) Nr. 3, S. 60.<br />

[2] Neuheuser, H. P.; Schata, M.: Gesundheitsvorsorge <strong>in</strong> <strong>Archiven</strong>:<br />

Zur Gefährdung durch Schimmelpilz-Kontam<strong>in</strong>ation im Umgang mit<br />

Archivgut. Der Archivar 47 (1994), S. 120-128.<br />

[3] Riege, F.; Wenzel, E.; Eversmann, F.: Schimmelpilzbefall <strong>in</strong> Thür<strong>in</strong>ger<br />

<strong>Archiven</strong>, Depots und Magaz<strong>in</strong>en. Exposition am Arbeitsplatz, Prophylaxe,<br />

Beseitigung. Gefahrstoffe – Re<strong>in</strong>halt. Luft 59 (1999) Nr. 4,<br />

S. 123–131.<br />

[4] Grüner, Ch.; Gabrio, Th.; Haberditzl, A.: Schimmelpilzbelastung <strong>in</strong><br />

<strong>Archiven</strong>. In: Kongressbericht „Schimmel – Gefahr für Mensch und<br />

Kulturgut“ (<strong>in</strong> Vorbereitung).<br />

[5] Verfahren zur Bestimmung der Schimmelpilzkonzentration <strong>in</strong> der Luft<br />

am Arbeitsplatz (Kennzahl 9420). In: BIA-Arbeitsmappe Messung von<br />

Gefahrstoffen. 30. Lfg. IV/03. Hrsg.: Berufsgenossenschaftliches Institut<br />

für Arbeitsschutz – BIA, Sankt August<strong>in</strong>. Bielefeld: Erich Schmidt<br />

1989 – Losebl.-Ausg.<br />

[6] Technische Regeln für <strong>Biologische</strong> <strong>Arbeitsstoffe</strong>: Anwendung von Messverfahren<br />

und technischen Kontrollwerten für luftgetragene biologische<br />

<strong>Arbeitsstoffe</strong> (TRBA 405). Ausgabe Mai 2001. BArbBl. (2001) Nr. 5,<br />

S. 58-61; zul. geänd. BArbBl. (2003) Nr. 3, S. 59-60.<br />

[7] Hödl, I.: Mikroorganismen auf Papier. Prophylaktische Konservierung,<br />

Identifizierung, Des<strong>in</strong>fektion und Restaurierung. In: Prepr<strong>in</strong>ts. Hrsg.: Internationale<br />

Arbeitsgeme<strong>in</strong>schaft der Archiv-, Bibliotheks- und Graphikrestauratoren,<br />

Tüb<strong>in</strong>gen 1995, S. 181-193.<br />

[8] Neuheuser, H. P.: Gesundheitsvorsorge gegen Schimmelpilzkontam<strong>in</strong>ation<br />

<strong>in</strong> Archiv, Bibliothek, Museum und Verwaltung. Problematik,<br />

Technik und Recht<br />

Aus der Regelungsarbeit der EU<br />

Neue Richtl<strong>in</strong>ien zu Gefahrstoffen am Arbeitsplatz<br />

In den Amtsblättern der Europäischen Union s<strong>in</strong>d folgende<br />

Regelungen zu Gefahrstoffen veröffentlicht worden:<br />

Mitteilung der Kommission im Rahmen der Umsetzung<br />

der Richtl<strong>in</strong>ie 2002/61/EG des Europäischen Parlaments<br />

und des Rates vom 19. Juli 2002 zur neunzehnten Änderung<br />

der Richtl<strong>in</strong>ie 76/769/EWG des Rates für Beschränkungen<br />

des Inverkehrbr<strong>in</strong>gens und der Verwendung gewisser<br />

gefährlicher Stoffe und Zubereitungen (Azofarbstoffe)<br />

(2003/C 214/02)<br />

weiteren Umfeld von „Staub, Schmutz und Schimmel“ [16]<br />

geht sie über E<strong>in</strong>zelaussagen h<strong>in</strong>aus und fungiert <strong>in</strong>soweit<br />

koord<strong>in</strong>ierend. Ferner nimmt sie e<strong>in</strong>e Interpretation der<br />

BioStoffV vor und trägt zu ihrer Weiterentwicklung bei.<br />

Empfehlungen, künftige Aufgaben. Bibliothek <strong>in</strong> Forsch. u. Prax. (1996)<br />

Nr. 20, S. 194-215.<br />

[9] Vgl. die Schilderung e<strong>in</strong>es E<strong>in</strong>zelfalls bei H.-D. Neumann.: Mögliche<br />

Gesundheitsrisiken durch Kontakt mit Schimmelpilzen <strong>in</strong> <strong>Archiven</strong>.<br />

Fallbeispiel und Schutzmaßnahmen. Gesundheitsschutz aktuell. Das<br />

Magaz<strong>in</strong> für den kommunalen Arbeitsplatz <strong>in</strong> Westfalen-Lippe (2003)<br />

Nr. 1, S. 3-9.<br />

[10] Albrecht, A.; Kämpfer, P.: Belastung von Arbeitnehmern durch Taubenkot<br />

– Teil 1: Literaturübersicht. Gefahrstoffe – Re<strong>in</strong>halt. Luft 61 (2001)<br />

Nr. 3, S. 91-99.<br />

[11] Albrecht, A.; Kämpfer, P.: Belastung von Arbeitnehmern durch Taubenkot<br />

– Teil 2: Messung luftgetragener Mikroorganismen. Gefahrstoffe –<br />

Re<strong>in</strong>halt. Luft 63 (2003) Nr. 1/2, S. 15-23.<br />

[12] DIN 1946: Raumlufttechnik, Term<strong>in</strong>ologie und graphische Symbole<br />

(VDI-Lüftungsregeln). Berl<strong>in</strong>: Beuth 1988.<br />

[13] DIN EN 12469: Leistungskriterien für mikrobiologische Sicherheitswerkbänke.<br />

Berl<strong>in</strong>: Beuth 2000.<br />

[14] Wallhäuser, K. H.: Praxis der Sterilisation, Des<strong>in</strong>fektion, Konservierung.<br />

5. Aufl. S. 395. Georg Thieme 1995.<br />

[15] Berufsgenossenschaftliche Grundsätze: Berufsgenossenschaftliche<br />

arbeitsmediz<strong>in</strong>ische Vorsorgeuntersuchungen (BGG 904). Stuttgart:<br />

Gentner, <strong>in</strong> der jeweils aktuellen Fassung.<br />

[16] Neuheuser, H. P.: Standards und Normen im Umfeld von Staubexposi -<br />

tion und Schimmelpilzkontam<strong>in</strong>ation <strong>in</strong> <strong>Archiven</strong>, Bibliotheken und<br />

Museen. Bibliotheksdienst 34 (2000), S. 1168-1181. Vgl. auch: Neuheuser,<br />

H. P.: Checkliste Staub, Schmutz, Schimmel <strong>in</strong> <strong>Archiven</strong>, Bibliotheken<br />

und Museen. Bibliotheksdienst 36 (2002), S. 1228-1242.<br />

Anhang I Nr. 43 der EG-Verbotsrichtl<strong>in</strong>ie 76/769/EWG enthält<br />

Verbote für Azofarbstoffe, die durch reduktive Spaltung<br />

von Azogruppen krebserzeugende aromatische Am<strong>in</strong>e freisetzen<br />

können, <strong>in</strong> Bekleidung und Textilien, die mit der<br />

menschlichen Haut <strong>in</strong> Berührung kommen können. Zur<br />

Prüfung von Textilien, ob diese den Anforderungen der<br />

Richtl<strong>in</strong>ie entsprechen, f<strong>in</strong>den harmonisierte europäische<br />

Normen Anwendung, die <strong>in</strong> dieser Veröffentlichung mit ihrem<br />

Titel und den Bezugsdaten veröffentlicht s<strong>in</strong>d.<br />

ABl. EU Nr. C 214 vom 9. September 2003, S. 2.<br />

Dr. rer. nat. Ulrich Welzbacher,<br />

Berufsgenossenschaftliche Zentrale für Sicherheit und Gesundheit –<br />

BGZ, Sankt August<strong>in</strong>.<br />

Gefahrstoffe - Re<strong>in</strong>haltung der Luft 64 (2004) Nr. 3 - März

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