BEIM DBV GING ES DRUNTER UND DRüBER - BoxSport
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Beim <strong>DBV</strong> ging es Drunter unD DrüBer<br />
Kyas stürzt Schupp –<br />
Strickrodt kündigt<br />
Waren Forschbach<br />
und ranze<br />
die drahtzieher?<br />
W as<br />
ist nur mit dem Deutschen<br />
Boxsport-Verband<br />
(<strong>DBV</strong>) los? Das fragt sich<br />
derzeit mancher Beobachter<br />
kopfschüttelnd. Den Pleite-<br />
Gerüchten folgten erste Sanierungsansätze.<br />
Doch dann wurde<br />
beim jüngsten Wahlkongress<br />
in Gifhorn Friedrich Schupp<br />
(Bad Säckingen/Baden) nach<br />
einer nur zweijährigen Amtszeit<br />
als ehrenamtlicher Präsident in<br />
geheimer Wahl von Jürgen Kyas<br />
(Lengerich/ Niedersachsen) abgelöst.<br />
Und nur einen Tag später<br />
nahm auch noch der in die Problematik<br />
schon eingearbeitete<br />
hauptamtliche Sportdirektor<br />
Dr. Horst-Peter Strickrodt kurz<br />
vor Ablauf der Probezeit von<br />
sich aus seinen Hut.<br />
Und das, obwohl die Bezahlung<br />
nicht schlecht gewesen sein soll<br />
und das Vorstandsteam um Kyas<br />
durchaus wollte, dass Strickrodt<br />
weitermacht. Denn der hatte offensichtlich<br />
auch aus Sicht der<br />
neuen Führungsriege ordentliche<br />
Arbeit geleistet. Außerdem<br />
war der Bielefelder Jurist erst im<br />
Januar dieses Jahres für einen<br />
der beiden von Ex-Chefbundestrainer<br />
Helmut Ranze jahrelang<br />
in Personalunion ausgeübten<br />
Posten eingestellt worden.<br />
Dass Strickrodts Abgang nach<br />
dem Führungswechsel jedoch<br />
„absehbar“ war, meint Olaf<br />
Schatta, Kampfrichter-Obmann<br />
in Strickrodts Landesverband<br />
Westfalen: Es soll schon im Vorfeld<br />
zu „Diskrepanzen zwischen<br />
den Gewählten und dem Sportdirektor“<br />
gekommen sein. „Herr<br />
Strickrodt kommt offenbar mit<br />
der neuen Mannschaft nicht<br />
48 <strong>BoxSport</strong><br />
zurecht“, glaubt auch der gestürzte<br />
Ex-Boss Schupp. Strickrodt<br />
selbst erklärte aus dem<br />
Urlaubsort: „Ich möchte zurzeit<br />
keine Erklärung abgeben.“<br />
Für Schupp steht fest: „Mit dem<br />
Abgang von Herrn Strickrodt<br />
ist viel verloren gegangen.“ Der<br />
Ex-Sportdirektor habe nämlich<br />
nicht nur kompetent, sondern<br />
auch geradlinig agiert: Das habe<br />
jedoch einigen im Verband<br />
nicht gepasst. Überhaupt wurde<br />
in Gifhorn, so empfand es<br />
Schupp, „das korrekte Vorgehen<br />
abgestraft“. Denn er, Schupp,<br />
habe den „Wildwuchs im Verband<br />
lichten“ wollen: „Die eingetretene<br />
Überschuldung habe<br />
doch nicht ich, sondern meine<br />
Vorgänger zu verantworten“,<br />
klagt Schupp an.<br />
„Der geschäftsführende Vorstand<br />
ist immer über alles informiert<br />
gewesen“, betont Schupp<br />
und meint damit auch den bisherigenBreitensport-Vizepräsidenten<br />
Heinz-Günter Deuster<br />
(Bayern), der künftig im neuen<br />
Vorstand für den Leistungsport<br />
zuständig ist, welches zuvor<br />
Gestern noch auf stolzen Rossen,<br />
heute in die Brust geschossen: Ex-<br />
Präsident Friedrich Schupp. Rechts:<br />
sein Vorgänger Paul Forschbach,<br />
den er als Drahtzieher seines<br />
Sturzes vermutet<br />
wiederum der Verantwortungsbereich<br />
des nun frisch gebackenen<br />
Finanzchefs Hermann<br />
Sauer (Hessen) war. Zur Erläuterung:<br />
Kyas gehörte als Sportwart<br />
nur zum erweiterten Vorstand.<br />
Immerhin gilt der gelernte Banker<br />
Sauer als Finanzfachmann,<br />
ganz im Gegensatz zu seinem<br />
Vorgänger.<br />
Schupps „Finanz-Vize“ Heinrich<br />
Karsten aus Westfalen war<br />
eine Woche vor dem Kongress<br />
von seinem Amt zurückgetreten<br />
und erschien in Gifhorn nicht.<br />
„Das war ungeschickt“, räumt<br />
Schupp ein. Und ihm ist klar,<br />
dass er somit auch den Kopf für<br />
Karsten hinhalten musste. Der<br />
Gelsenkirchener war nach dem<br />
Kongress verreist und ebenfalls<br />
nicht erreichbar.<br />
Ex-Chef Schupp übt aber auch<br />
Selbstkritik: „Zum Repräsentieren<br />
bin ich nicht geboren. Es<br />
war aber bei meiner Wahl 2007<br />
allen klar, dass ich eher ein ruhiger<br />
und sachlich veranlagter<br />
Arbeiter bin.“ Dass er bei der<br />
jüngsten WM und den Spielen<br />
von Peking bewusst nicht per-<br />
sönlich Flagge auf der internationalen<br />
Bühne gezeigt habe,<br />
sei auch der finanziellen Lage<br />
geschuldet gewesen. Schupps<br />
Meinung: „Man muss mit<br />
gutem Beispiel vorangehen,<br />
wenn man Geld sparen will.“ Er<br />
räumt außerdem ein, dass einige<br />
sauer seien, weil er die jüngste<br />
Jugend-DM in Wolfsburg nicht<br />
beehrt habe.<br />
Schupp ist sich gleichzeitig aber<br />
sicher, dass viele an der Basis in<br />
den Landesverbänden zu den<br />
Entscheidungen stehen, die er<br />
angeblich stets in Absprache<br />
mit dem geschäftsführenden<br />
Vorstand getroffen haben will.<br />
Beispielsweise auch jene, den<br />
damaligen Chefbundestrainer<br />
und Sportdirektor Helmut<br />
Ranze zu entmachten. Deshalb<br />
glaubt Schupp, dass Ranze und<br />
der frühere <strong>DBV</strong>-Präsident Paul<br />
Forschbach (2001 bis 2007) mit<br />
hinter seinem Sturz stecken.<br />
„Die Überschuldung wäre immer<br />
schlimmer geworden, wenn<br />
wir nichts getan hätten. Wir haben<br />
es angeleiert, die Pleite zu<br />
verhindern“, nimmt Schupp für
Der neue <strong>DBV</strong>-Vorstand: v. l. Alexander Mazur, Thomas Kross, Heinz-Günter Deuster, Hans-Peter Miesner, Paul Forschbach, Hans-Werner<br />
Stryak, Karl Heinz Nitzsche, Jürgen Kyas, Hermann Sauer, Werner Kranz, Erich Dreke, Klaus Beckmann (nicht im Foto Angelika Fischer)<br />
sich und Strickrodt in Anspruch. Wie<br />
berichtet, hatten nach bekannt werden<br />
einer möglichen Planinsolvenz<br />
einige Landesverbände, das <strong>DBV</strong>-Kuratorium<br />
sowie dem olympischen Boxen<br />
eng verbundene Privatpersonen befristete<br />
Bürgschaften übernommen.<br />
Für rund 80 000 Euro mehr im ordentlichen<br />
<strong>DBV</strong>-Haushalt sorgt zudem die<br />
beim Kongress beschlossene Verdoppelung<br />
der von den rund 800 Vereinen<br />
an den <strong>DBV</strong> zu entrichtenden Jahresbeiträge<br />
(200 statt bislang nur 100 Euro).<br />
Prompt wird zwar hinter vorgehaltener<br />
Hand schon wieder kolportiert,<br />
dass angeblich einige Vereine murren<br />
sollen über die zusätzliche Belastung.<br />
Doch „eine akute Insolvenz des <strong>DBV</strong><br />
konnte abgewendet werden“, wie Mi-<br />
chael Schirp vom Deutschen Olympischen<br />
Sportbund (DOSB) in Frankfurt<br />
bestätigt.<br />
„Die Liquidität musste rasch wieder<br />
hergestellt werden, um zu verhindern,<br />
dass es an den Olympiastützpunkten<br />
und Leistungszentren zu Schäden für<br />
die Sportler kommt“, führt der DOSB-<br />
Sprecher den Ernst der Lage aus. Der<br />
Vorstandswechsel ist für den DOSB<br />
dabei nicht relevant: Das sei allenfalls<br />
„schade, aber ob es die alten oder neue<br />
Leute sind: Sie waren alle gleichermaßen<br />
gezwungen, entsprechend zu<br />
reagieren“. Laut Kyas hat das Bundesinnenministerium<br />
den mittlerweile<br />
vorgelegten Sanierungsplan voll<br />
akzeptiert.<br />
Peter Jaschke<br />
Peter Strickrodt widmet sich nach seinem Rücktritt wieder der Jugendarbeit<br />
ehrungen Beim<br />
49. <strong>DBV</strong>-Kongress<br />
Was gab es sonst noch beim 49. Kongress des Boxverbands,<br />
der zum dritten Mal in Gifhorn tagte? Bei den<br />
Wahlen des erweiterten Vorstands setzte sich in geheimer<br />
Abstimmung Karl-Heinz Nitzsche (Mecklenburg-Vorpommern)<br />
als <strong>DBV</strong>-Sportwart und somit Kyas-Nachfolger überraschend<br />
gegen den pensionierten Ex-Bundestrainer Adolf<br />
Angrick (Berlin) durch. Ebenso zur Kampfabstimmung<br />
kam es bei der Wahl des Kampfrichter-Obmannes: Dabei<br />
löste Erich Dreke (Niederrhein) den bisherigen Amtsinhaber<br />
Peter Milord (Mecklenburg-Vorpommern) ab.<br />
Es gab auch Auszeichnungen: Ehrenvorstandsmitglied<br />
und Ex-Präsident Paul Forschbach überreichte die <strong>DBV</strong>-<br />
Verdienstnadel in Gold an Helmut Ranze, dem Ende Juni<br />
auch das Bundesverdienstkreuz verliehen wurde, sowie<br />
Hans-Peter Miesner. Ex-Chefbundestrainer Ranze habe<br />
sich, so formuliert es <strong>DBV</strong>-Pressewart Alexander Mazur,<br />
Jahrzehnte lang in führenden Funktionen um die positive<br />
Entwicklung des Boxsportes bemüht und dabei große Erfolge<br />
erzielt.<br />
Der Berliner Miesner, einst der jüngste Präsident eines<br />
deutschen Landesverbandes, bekleidete auch bedeutende<br />
Funktionen beim <strong>DBV</strong>, wie bis heute das Amt des<br />
Vorsitzenden des Sportgerichts. Das nächste Großereignis<br />
steht für Miesner schon bevor, nämlich die 87. Deutschen<br />
Männermeisterschaften vom 27. bis 31. Oktober in Berlin.<br />
Der neue geschäftsführende Vorstand des <strong>DBV</strong>:<br />
• Präsident: Jürgen Kyas (Niedersachsen)<br />
• Vize Finanzen: Hermann Sauer (Hessen)<br />
• Vize Leistungssport: Heinz-Günter Deuster (Bayern)<br />
• Vize Recht: Klaus Beckmann (Niederrhein)<br />
• Vize Breitensport u. Vertreter der Landesverbände:<br />
Werner Kranz (Baden)<br />
Der neue erweiterte Verbandsvorstand:<br />
• Sportwart: Karl-Heinz Nitzsche (Mecklenburg-Vorpommern)<br />
• Kampfrichter-Obmann: Erich Dreke (Niederrhein)<br />
• Vors. des Sportgerichts: Hans-Peter Miesner (Berlin)<br />
• Liga-Obmann: Hans-Werner Stryak (Niederrhein)<br />
• Vors. der Ärztekommission: Angelika Fischer (Mecklenburg-Vorpommern)<br />
• Jugendwart: Thomas Kross (Mecklenburg-Vorpommern)<br />
• Pressewart: Alexander Mazur (Württemberg)<br />
<strong>BoxSport</strong> 49