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Programmheft (PDF) herunterladen - Musikhochschule Stuttgart

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Stimmungen<br />

Unsere Psyche ist in einer Stimmung; sie kann auch verstimmt sein. Das musikalische<br />

Tonsystem hat eine Stimmung – diese scheint aber auf den ersten Blick auf einer ganz<br />

anderen Grundlage zu stehen als die Stimmung der menschlichen Seele. Sie ist nämlich<br />

im Allgemeinen mathematisch definiert. Bei der menschlichen Seele kann eine<br />

Stimmung düster, dunkel oder trüb sein – und sie kann sich aufhellen, leuchten, glänzen.<br />

Es ist kein Zufall, dass all diese Begriffe mit Licht zu tun haben. Farbe, die aus der<br />

Gesamtheit des Lichts heraus gebrochene Welle, führt uns in den Bereich der Musik. Es<br />

ist nicht nur so, dass Klangfarbe in der physikalischen Realität der Musik von<br />

überragend allumfassender Bedeutung ist; auch der Begriff Farbe selbst steht seit dem<br />

Altertum („Chroma“) als Synonym für die kleine Veränderung einer Tonstufe, den<br />

chromatischen Schritt.<br />

Die Musiktheorie kennt eine Vielzahl unterschiedlicher Stimmungen, die z.B. einen<br />

chromatischen Schritt jeweils unterschiedlich definieren. In der Praxis kann sich die<br />

Musik sehr genau in der Stimmung des Tonsystem bewegen – oder sie fließt frei um die<br />

theoretisch gültigen Tonstufen herum. In jedem Fall ist das Tonsystem mit seiner<br />

Stimmung ein wichtiger Teil der musikalischen Sprache - und es ist sehr lohnend, die<br />

der jeweiligen Stimmung zugrundeliegende mathematische Grundlage genau zu<br />

untersuchen.<br />

Wir sollten aber nicht vergessen, dass der individuelle Ausdruck der einzelnen Klänge<br />

dieses Gerüst erst färbt, um der musikalischen Linie individuelle Gestalt zu geben. Also<br />

suchen wir die Querverbindung in alle Bereiche der Musik, suchen nach Gründen für<br />

die Unterschiede zwischen den Stimmungen, beschäftigen wir uns mit dem realen Klang<br />

und der kompositorischen Idee – beides Dinge, die oft in einem Spannungsfeld zur<br />

theoretisch postulierten Stimmung des Tonsystems stehen.<br />

Wir haben in der westlichen Musik seit dem 19. Jahrhundert eine relativ stabile<br />

Situation. Eine in Harmonie und Kontrapunkt hochentwickelte Sprache bedurfte eines<br />

neutralen und transponierbaren Stimmungssystems – und genau dafür hat sich die<br />

wohltemperierte 12-tönige Stimmung als sehr geeignet erwiesen. Die Instrumente<br />

wurden genau für dieses Stimmungssystem optimiert. Die Töne eines modernen<br />

Konzertflügels sind gegeneinander gut ausbalanciert gerade dadurch, dass sie einzeln<br />

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