-flip_joker_2020-09
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6 KULTUR JOKER Theater
Möchtegern-Ganove trifft auf Königin der Einbrecher
Das Theater Harrys Depot spielt als Sommerstück die Gaunerkomödie „Celine“
THEATER KULTUR JOKER 7
DIE SCHÖNEN
MUSIKTHEATER IM E-WERK
MIT
ABSTAND
DAS
Die Spielzeit mit Highlights
19.09. - 12.12.2020
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Erst nicht, dann doch, aber
leider nur ganz kurz: Gerade
mal sieben Vorstellungen des
diesjährigen Sommerstücks
konnte das Ensemble von Barbara
Zimmermanns Theater
Harrys Depot in der Spechtpassage
spielen. Allesamt waren
sie ausverkauft – wobei das bei
sehr luftiger Bestuhlung (mit
knapp fünfzig Plätzen nicht
einmal die Hälfte des sonstigen
Angebots) nicht ausreichend
die Theaterkasse füllte. Sollte
die Pandemie auch im Herbst
noch aktuelle Abstands- und
Hygieneregeln nötig machen,
sieht Freiburgs kleinstes Theater
schweren Zeiten entgegen,
wird sich der Spielbetrieb
doch kaum lohnen. Immerhin
ist eine neue Belüftungsanlage
beantragt, denn ins Exil möchte
man nicht. Doch jetzt ist
erst mal Sommer und für das
ausgehungerte Premierenpublikum
gibt es achtzig Minuten
Spiel und Spaß! Geplant hatte
Regisseurin Barbara Zimmermann
eigentlich ein größeres
Stück, doch Lockdown und
strenge Probeauflagen zwangen
sie zur Kursänderung. Ein
Fehler war das nicht, im Gegenteil:
Die Gaunerkomödie
„Celine“ ist spritzig und witzig,
Cornelia Schmidt in der Hauptrolle
spielt fantastisch und ist
damit eine Glücks-Besetzung
für das 1977 entstandene Stück
der französischen Film-und
Theaterschauspielerin Maria
Pacôme, die sich hier ihre Paraderolle
selbst auf den Leib
schrieb.
Dabei inszeniert Barbara
Zimmermann wieder mit leichter
Hand und sehr genauem
Blick bezüglich Sprache und
Timing, vor allem lässt sie ihren
jungen Spielerinnen und
Spielern viel Luft für Clownerie
und Expressivität. Bei
hohem Tempo und pointierten
Ping-Pong-Dialogen wird die
kleine Bühne so zum Dreh-und
Angelpunkt vielfältiger Turbulenzen.
Mit Perrine Martin
(Natascha) und Janosch Grötz
(Guillaume) sind außerdem
gleich zwei Debütanten von
der Schauspielschule im E-
Werk dabei, harmonisch fügen
sie sich in das energiegeladene
Ensemble.
Es beginnt mit einem Möchtegern-Ganoven
mit Dackelblick
und albernem Faschings-Cape
(Kostüme: Katja Weeke), der
am falschen Ende des Dorfes
in eine Luxusvilla eingestiegen
ist und nun ausgerechnet
der Königin der Einbrecher
vor die Füße stolpert. Ein paar
gemeinsame Cognacs später ist
klar: Dieser Guillaume ist zwar
nicht die hellste Kerze auf der
Torte und „ganz frisch dabei“,
Das freche Power-Frauenteam
Foto: promo
hat in puncto krimineller Energie
aber eine natürliche Begabung.
Die resolute Madame
Celine jedenfalls langweilt sich
schon viel zu lange, ihr eigener
Sohn Pierre (Francesco Riera)
ist als Versicherungsagent in
Sachen Einbrüche und Diebstähle
eine Enttäuschung. Und
so beschließt sie zusammen mit
der Haushälterin Anna (Mia
Sanner) „Wir behalten ihn“ und
nimmt das blauäugige Schlitzohr
in die Lehre.
Bis Guillaumes wirkliches
Talent entdeckt wird und damit
eine Steilvorlage für den
großen Coup, bleibt Raum für
lustige Lektionen á la My Fair
Lady. Dabei agieren Cornelia
Schmidt und Mia Sanner als
freches Power-Frauenteam,
an dem man seine Freude hat.
Sie sind das Herz des Stückes:
Ganz melodramatische, ungestüme
Diva die eine, die andere
treue, taffe und eigenwillige
Freundin zum Pferdestehlen.
Blitzschnell spielen sich die
beiden die Bälle zu und wickeln
ihren neuen Mitbewohner
genauso um den Finger
wie den angereisten Sohn. Der
hat allerdings mit seiner Freundin
Natascha ( Perrine Martin)
eine adäquate Gegnerin auf
Rache-Feldzug im Gepäck...
Fünf exzentrische Figuren in
zunehmend delikaten Verstrickungen,
dazu ein krimineller
Hintergrund – eine lustigleichte
Sommerkomödie, deren
Unterhaltungswert weniger im
Plot als in den Interaktionen
liegt.
Weitere Aufführungen:
17./18./29. September sowie
1./2./3./4. Oktober, jeweils
19.30 Uhr openir vor der
Zehntscheune im Schloss Ebnet,
bei schlechtem Wetter in
der Scheune. Marion Klötzer
WOCHENMARKT
MI + SA | WALDKIRCH
FR | KOLLNAU
W W W . W E R B E G E M E I N S C H A F T - W A L D K I R C H . D E
Fräulein Julies Gang zum Schafott
Sommer-Open-Air der Immoralisten mit Strindbergs Drama „Fräulein Julie“
Man kann bestehende Vorlagen
umwerten, ja, soll es vielleicht
sogar; zumal in Zeiten
von Corona, wenn es dabei
um die Liebe geht. So beginnt
denn diese Theaterkritik
mit dem Schlussbild, das bei
Manuel Kreitmeier – anders
als in August Strindbergs
Beziehungsdrama „Fräulein
Julie“ von 1888 – nicht in den
vermeintlich unvermeidlichen
Selbstmord Julies mündet, sondern
das Stück mit der innigtragischen
Umarmung beider
Liebenden in eine Art Endlosschleife
überführt.
Das hat, so sind sich Regisseur
Kreitmeier und Florian
Wetter, der das Stück ins Deutsche
übertrug, einig, schon
auch mit der gegenwärtigen
Corona-Krise zu tun; lautet
deren Maxime doch ‚Distanz’,
indes sie Nähe behördlich verbietet.
Doch zeige sich diese
wachsende Distanz zwischen
den Menschen in vielfältiger
Weise. So haben sich die früheren
Grenzen der Standesunterschiede
längst auf den
ganzen Globus übertragen,
wo sie zwischen den „Erste“,
„Zweite“ und „Dritte“ genannten
Welten züngeln.
Damit zurück zum Drama:
Während einer Mittsommernachtsfeier
sitzen die junge
Gräfin Julie (Chris Meiser)
und der Diener Jean (Jochen
Kruß) in der Küche. Diese ist
das Reich von Jeans Verlobter
Kristin (Markus Schlüter), der
Köchin des Hauses. Julie jedenfalls
hat hier nichts verloren,
überschreitet diese Grenze
jedoch umso lustvoller. Wiewohl
aus einer völlig anderen
Welt kommend, öffnet sie sich
dem Untergebenen mehr und
mehr, bis sie sich ihre Träume
anvertrauen und gierig übereinander
herfallen.
Von jetzt an steht für Beide
alles Bestehende in Frage.
Während Jean jedoch nicht
nur ihre Attraktivität, sondern
auch den gesellschaftlichen
Aufstieg im Blick hat, verschreibt
sich Julie seiner Welt
aus einer großen Lebens- und
Liebessehnsucht heraus. Beide
ändern ihre Richtung, und die
große Kunst läge nun darin,
sich in der Mitte zu treffen und
nicht aneinander vorbeizugleiten.
Doch während er gen oben
strebt, fällt sie ins Bodenlose –
musikalisch untermalt mit dem
„Gang zum Schafott“ aus Berlioz’
Symphonie fantastique.
Wenn Kreitmeier am Ende
daraus eine Liebesumarmung
geriert, so setzt er damit ein
Zeichen, diese bei Strindberg
aufgeworfene Distanz wenn
nicht zu überwinden, so doch
in ihrem Wesen zu erkennen
und dadurch dauerhaft zu entkräften.
„Vielleicht gibt’s im
Grund keinen so großen Unterschied
zwischen Mensch
und Mensch, wie man glaubt“,
sinniert Jean über die „Vorurteile,
die man uns von klein
auf lehrt.“ Seine überaus
schwierige Partie, gespickt
Chris Meiser als Fräulein Julie Foto: Manuel Kreitmeier
mit fortwährenden Brüchen
zwischen Würde und Demut,
findet in Jochen Kruß ihre absolut
adäquate Entsprechung;
so glaubhaft gelingen ihm
diese Wechsel vom selbstbewussten
Dienstboten zum liebeskranken
Devoten. Wie sich
auch Chris Meißer mit ihrer
Julie als eine unglaublich intensive,
dem hohen Anspruch
ihrer Rolle überaus gerecht
werdende Mimin zeigt. Desgleichen
Markus Schlüter, der
mit Kristin in eine Frauenrolle
schlüpft, die man besser und
biederer kaum spielen könnte.
Dieses Traumtrio zaubert im
Gewerbehof ein Sommer-
Open-Air auf die Bühne,
welches man sich aus vielerlei
Gründen nicht entgehen lassen
sollte.
Bis 12. September. Mehr
unter www.immoralisten.de,
Karten über Reservix und BZ-
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Friederike Zimmermann
Jazz
www.jazzfestival-freiburg.de