WIR LIEBEN WOHNEN! - Kristina Raderschad
WIR LIEBEN WOHNEN! - Kristina Raderschad
WIR LIEBEN WOHNEN! - Kristina Raderschad
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DeutschlanD 4,30 ¤ | Österreich 4,80 ¤ | november 2010 www.schoener-wohnen.De<br />
Wir lieben Wohnen!<br />
50 Jahre schöner Wohnen – das grosse Jubiläumsheft
haus des jahres<br />
iris Kappler<br />
160 SCHOENER-<strong>WOHNEN</strong>·DE 11|2010<br />
Kimberly<br />
luKe<br />
laurin<br />
1.<br />
Preis<br />
Joe Kappler<br />
Glück Die Kapplers wohnen schon seit<br />
Jahren in Kißlegg, nun bereits im zweiten<br />
Haus – und sind mittlerweile zu fünft<br />
heimat Mit ihrem neuen Haus bekennt<br />
sich die Familie zur Moderne: Dachüberstand<br />
ja, Jodelarchitektur nein<br />
Holz, ganz klar<br />
Das Holzhaus der Kapplers im Allgäuer Kißlegg<br />
fügt sich harmonisch in sein ländliches Umfeld ein<br />
und ist der beste Beweis dafür, wie modern<br />
und geradlinig man Tradition interpretieren kann
162 SCHOENER-<strong>WOHNEN</strong>·DE 11|2010<br />
1<br />
4<br />
2<br />
1 Gemütlich Die Familiencouch<br />
steht im Wohnzimmer zwischen<br />
Fernsehecke und Kamin<br />
2 schwebend Die Stufen sind<br />
in der Wand verankert und mit<br />
massivem Ahorn ummantelt<br />
3 romantisch Bad, Schlaf- und<br />
Kinderzimmer im Obergeschoss<br />
öffnen sich zum Balkon<br />
4 entrückt Tochter Kimberly hat<br />
sich das große Endzimmer<br />
mit Eckverglasung eingerichtet<br />
5 unterhaltsam Die Kinder<br />
haben oben eine halboffene<br />
Spiel- und Fernsehecke<br />
6 Luxuriös Entlang des gesamten<br />
Obergeschosses verläuft<br />
vor den Zimmern eine breite,<br />
vielseitig nutzbare Loggia<br />
5 6<br />
3<br />
Platz &<br />
licHt
164 SCHOENER-<strong>WOHNEN</strong>·DE 11|2010<br />
gestern<br />
& Heute<br />
handwerk Tisch und Küche sind<br />
vom Schreiner angefertigt. Auch<br />
der Tunnelkamin im Hintergrund ist<br />
eine Sonderanfertigung
aumteiler Ess- und<br />
Wohnbereich werden<br />
von einem sogenannten<br />
Tunnelkamin geteilt, der<br />
beidseitig einsehbar ist<br />
herzstück Mittelpunkt<br />
des Kappler’schen<br />
Familienlebens ist der<br />
80 m² große Koch-,<br />
Ess- und Wohnraum,<br />
ausgelegt mit Ulme<br />
166 SCHOENER-<strong>WOHNEN</strong>·DE 11|2010<br />
luftig<br />
& leicHt<br />
kapplers führen ein offenes Haus – immer<br />
kommt oder geht einer, ständig ist etwas los:<br />
Sohn Laurin flitzt zum Spielen nach draußen,<br />
eine Freundin von Iris Kappler schaut bei<br />
Baby Luke vorbei, Vater Joe kommt kurz<br />
zum Mittagessen und holt sich bei der Gelegenheit noch<br />
die Unterlagen für die nächste Baustelle aus dem Büro.<br />
Zu köstlichen Kässpätzle („mit Eiern von unseren eigenen<br />
Hühnern“) versammeln sich alle um den großen Esstisch,<br />
aber wenn es auf der Terrasse vorm Haus Kaffee und Kuchen<br />
gibt, sind Joe und Laurin schon wieder verschwunden,<br />
dafür gesellt sich ein Freund von Tochter Kimberly hinzu.<br />
Wie gut, dass das neue Haus der Kapplers gleich drei Türen<br />
hat, über die sich praktisch der gesamte Wohnbereich mit<br />
Küche und Esstisch im Erdgeschoss nach draußen öffnet.<br />
Der offizielle Hauseingang führt in den Flur und weiter ins<br />
angrenzende Büro, wo auch schon mal Kunden der Landschaftsgärtnerei,<br />
die Joe Kappler betreibt, reinschauen. Vom<br />
Essbereich aus und neben der Küchenzeile gehen außerdem<br />
zwei Glastüren auf die Terrassen und in den Garten<br />
vor und hinter dem Haus. Der fließende Übergang zwischen<br />
drinnen und draußen, die Inszenierung des Gartens<br />
als Verlängerung des Wohnraums – und Visitenkarte des<br />
Gartenbaubetriebs – sowie die gerahmten Ausblicke aus<br />
allen Räumen des Hauses ins Grüne waren die Kernthemen<br />
des Entwurfs, für den die Kapplers Architekt Daniel Sauter<br />
aus Bregenz hinzuzogen. Dessen Bau für einen Bekannten<br />
aus Kißlegg hatte ihnen sehr gut gefallen – vor allem die<br />
Art und Weise, wie er die unmittelbare Umgebung ihres<br />
Grundstücks in seinen Entwurf einbezog. Die Umsetzung<br />
unterstützten die Kapplers mit viel Eigenleistung – vom<br />
Aushub über den Innenausbau bis hin zur Imprägnierung<br />
der Fassadenverkleidung aus Weißtanne.<br />
Küche, esstisch ScHrEinErEi EBE BarhocKer, KorBsessel iKEA esstischstühle<br />
privAT esstischleuchten („SupErgiu FLuO“) LucEpLAn sofa üBEr MOEBEL-STuMpp<br />
tunnelKamin/raumteiler gScHWEnD Küchenarmatur BLAncO sanitärarmaturen<br />
HAnSgrOHE parKett pArKETT-STiEHLE GartenmöBel nOBLESSE<br />
iNfORmatiONEN am HEftENDE<br />
Das gefällt uns<br />
traDition trifft MoDerne<br />
Dem Architekten Daniel Sauter ist mit seinem Entwurf eine<br />
moderne Interpretation der für die Region typischen<br />
Hausform gelungen: Er übersetzt das traditionelle Allgäuer<br />
Holzhaus in ein Familiendomizil des 21.Jahrhunderts.<br />
freirauM für fünf<br />
Drei Kinderzimmer, drei Bäder, Elternschlafzimmer, Büro,<br />
offene Küche, Essbereich, großzügiger Wohnraum mit<br />
Kamin, ausreichend Stauraum plus Platz für das Klavier –<br />
all das wurde auf 200 Quadratmetern untergebracht.<br />
garten als WoHnziMMer<br />
Zwei Holzterrassen vor und hinter dem Haus, eine Lounge<br />
mit gemütlichen Outdoor-Sofas, ein hauslanger Balkon im<br />
Obergeschoss sowie eine große Spielwiese verlängern den<br />
Wohnraum großzügig nach draußen. Glastüren verbinden<br />
die Küche und den Essbereich mit dem Garten.<br />
q
Daten&fakten<br />
architekt Daniel Sauter,<br />
KM-Architektur, Bregenz<br />
Bauweise Holzrahmenbau<br />
in vorfertigung, Ziegel<br />
heizung Wärmepumpe mit<br />
Fußbodenheizung<br />
endenergiebedarf 18 kWh/m²/Jahr<br />
Primärenergiebedarf<br />
55 kWh/m²/Jahr<br />
Wohnfläche 200 m²<br />
Grundstücksgröße 900 m²<br />
Bauzeit 10/07 bis 04/08<br />
Grundstückskosten 110 000 Euro<br />
Baukosten (brutto) 1500 Euro/m²<br />
Der BauPlan<br />
„größtmöglicher naturbezug bei<br />
Wahrung der gemütlichkeit“ hieß<br />
der Auftrag an den Architekten.<br />
Mit einem Wechsel von überdachungen<br />
und verglasungen gelang<br />
beides: die Öffnung nach draußen<br />
und die intimität im innern<br />
alle infos koMPakt<br />
Draussen<br />
WoHnen<br />
sonnenseite Nach Süden sind die langen,<br />
großen Fensterflächen oben vom Dachüberstand,<br />
unten vom Boden der Loggia<br />
beschattet – konstruktiver Sonnenschutz<br />
Grundrisse Im Erdgeschoss ist neben<br />
Küche und Wohnraum auch das Büro von<br />
Joe Kappler untergebracht. Oben haben<br />
sowohl die Eltern wie die Kinder ihr Reich<br />
20,50 m 8,70 m<br />
17 m<br />
17 m<br />
17 m<br />
m<br />
7<br />
,<br />
8<br />
Obergeschoss<br />
Erdgeschoss<br />
m<br />
0<br />
5<br />
,<br />
0<br />
2<br />
Lounge-Zone Große<br />
Sofas und Sessel thronen<br />
abgerückt vom Haus auf<br />
einem Sichtbetonpodest<br />
168 SCHOENER-<strong>WOHNEN</strong>·DE 11|2010<br />
11|2010 SCHOENER-<strong>WOHNEN</strong>·DE 169
haus des jahres<br />
würfelsPiel<br />
Oberhalb von Montabaur steht ein weißer Kubus,<br />
den sich eine Bauherrengemeinschaft teilt:<br />
Single, Paar und Familie leben unter einem Dach –<br />
und doch hat jede Partei ihr ganz eigenes Reich<br />
170 SCHOENER-<strong>WOHNEN</strong>·DE 11|2010<br />
wohnung 1<br />
wohnung 3<br />
wohnung 2<br />
2.<br />
Preis<br />
wohnung 1<br />
andreas schwickert<br />
ute schwickert<br />
Laurenz<br />
Mehrparteien-haus Drei hochkarätige Wohnungen<br />
befinden sich in dem weißen Kubus in Montabaur<br />
architekt Andreas Schwickert bewohnt mit seiner<br />
Familie eine 200 m² große Maisonette mit Garten
tonangebend:<br />
weiss und holz<br />
Konsequent<br />
gestalten: Kamin,<br />
Sofa, Couchtisch<br />
und Teppich spielen<br />
mit dem Reiz des<br />
rechten Winkels<br />
172 SCHOENER-<strong>WOHNEN</strong>·DE 11|2010<br />
allraum<br />
Die obere Etage<br />
der Schwickerts<br />
besteht aus einem<br />
großen Raum<br />
plus Entree, WC und<br />
Speisekammer<br />
Maßarbeit<br />
Die weiße Küche hat<br />
Architekt Schwickert<br />
entworfen. Druckmagnetschnäpper<br />
öffnen die Türen<br />
11|2010 SCHOENER-<strong>WOHNEN</strong>·DE 173
174 SCHOENER-<strong>WOHNEN</strong>·DE 11|2010<br />
wohnung 3<br />
BarBara korte<br />
ganz oben<br />
Als cooles Penthouse für<br />
zwei krönt das Dachgeschoss<br />
den Mehrparteien-Bau<br />
Zauberei Der Kamin, der Strahlungs-<br />
und Strömungswärme erzeugt, fasziniert<br />
beim Essen wie beim Entspannen
176 SCHOENER-<strong>WOHNEN</strong>·DE 11|2010<br />
klare<br />
sache<br />
architektur Architektin Barbara Korte<br />
liebt den klaren Raum, eingerichtet mit<br />
Ikonen wie der Corbusier-Liege<br />
aussichtsreich Eckverglasungen lösen<br />
optisch die Raumproportionen auf und<br />
steigern das Gefühl, draußen zu leben
178 SCHOENER-<strong>WOHNEN</strong>·DE 11|2010<br />
grosse<br />
ruhe<br />
Intimität Ein zarter Fadenvorhang<br />
trennt WC und Bidet vom Bad ab<br />
Loggia Große Schiebetüren öffnen<br />
Küche und Essbereich nach draußen<br />
endlich raus aus der Mietwohnung und in den<br />
eigenen vier Wänden leben – diesen Traum<br />
träumten Andreas und Ute Schwickert, Utes<br />
Bruder Christian Wagner sowie Andreas’<br />
Architektenkollegin Barbara Korte und ihr<br />
Mann Jürgen. Sie alle wohnten in und um Montabaur<br />
und wollten gern am Rande des Westerwalds bleiben. Allerdings<br />
hatte jeder von ihnen seine ganz eigene Vorstellung:<br />
Schwickerts wollten ein Haus mit Garten und Spielfläche<br />
für Söhnchen Laurenz, Christian Wagner eine Singlewohnung<br />
mit Balkon, und die Kortes träumten von einem<br />
Penthouse mit Dachterrasse. Als schließlich ein 1000 Quadratmeter<br />
großes Grundstück an einem Südwesthang<br />
oberhalb der Stadt zum Verkauf stand, startete man das<br />
Thema Hausbau gemeinsam – als Bauherrengemeinschaft.<br />
„Im Verbund tun sich eine ganze Reihe angenehmer<br />
Symbioseeffekte auf“, so Andreas Schwickert, der als Architekt<br />
den Entwurf lieferte. „Nicht allein die Investitionen für<br />
Grundstück und Bau werden geteilt, auch laufende Kosten<br />
etwa für Heizung oder Gebäudeversicherung.“ In dem geradlinigen<br />
Haus, das hinter seiner homogenen Fassade drei<br />
Häuser vereint – nämlich die gewünscht individuellen und<br />
unterschiedlich großen Wohneinheiten für Single, Paar und<br />
Familie mit jeweils eigenem Zugang –, lebt nun jede Partei<br />
für sich und doch in Nähe und Nachbarschaft. Gehen Ute<br />
und Andreas ins Kino, passen die anderen auf Laurenz auf;<br />
werfen Kortes den Grill an, treffen sich alle auf der Dachterrasse.<br />
„Natürlich spart man als Bauherrengemeinschaft<br />
Kosten“, sagt Barbara Korte, die als Architektin ihr Penthouse<br />
selbst geplant hat. „Aber vor allem ist es viel schöner,<br />
Leute im Haus zu haben, als allein zu wohnen.“<br />
Wohnung SchWickert: Sofa SLIWInSKI couchtiSche üBER von BERGh InnEnAuSBAu<br />
Stehleuchte FoSCARInI liege CASSInA teppich TuFT-TEppICh AuS DER SChönER<br />
WohnEn-KoLLEKTIon küche, eSStiSch, Sideboard SChREInEREI hILFERT Stühle<br />
ThonET eichendielen pARADoR auSSenmöbel ZEBRA gartenStühle IKEA Wohnung<br />
korte: eSStiSch hoLZKunST pönnIGhAuS Stühle, liege CASSInA Sofa RoLF BEnZ<br />
couchtiSch ChRISTInE KRönCKE eichendielen pARADoR auSSenmöbel ZEBRA<br />
iNfORmatiONEN am HEftENDE<br />
das gefällt uns<br />
glück, geteilt durch drei<br />
Baugemeinschaften wie diese machen nicht nur in der Stadt<br />
Schule, wo Bauland rar und teuer ist – auch in ländlichen<br />
Gebieten teilt man gern Kosten für Grundstück, Bau und<br />
Energie. Und natürlich das Glück, Eigentümer zu sein.<br />
komPakt, nicht klotzig<br />
Drei Häuser sind ein Haus – mit insgesamt 450 Quadratmetern<br />
Wohnfläche, drei Zugängen, drei Terrassen und drei<br />
Garagen. Dennoch erscheint das Gebäude nicht deplatziert,<br />
sondern fügt sich harmonisch zwischen seine Nachbarn ein.<br />
streng, nicht simPel<br />
Weiß, kantig und schlicht, wirkt der strenge Baukörper<br />
dennoch spannungsreich. Eine lebendige Fassadengestaltung<br />
mit Aufbrüchen, Versprüngen und unterschiedlichen<br />
Fensterformaten lockert die klare Formensprache auf.<br />
q
hausversammlung Wenn es<br />
mal wieder etwas zu feiern<br />
gibt, wird auf der Dachterrasse<br />
der Kortes angestoßen<br />
180 SCHOENER-<strong>WOHNEN</strong>·DE 11|2010<br />
17,<br />
60<br />
m<br />
17,60 m<br />
Dachgeschoss<br />
16,40 m<br />
hochgefühl<br />
Grundrisse Im Erdgeschoss treffen sich die<br />
obere Etage der Maisonette Schwickert und<br />
die Singlewohnung Wagner. Hier befinden sich<br />
auch alle drei Eingänge und die der Garage<br />
nebeneinander. Die gesamte Dachterrasse<br />
gehört zur Wohnung Korte. Im Untergeschoss<br />
befinden sich vier Wohn- und Schlafräume,<br />
der Hauswirtschaftsraum, Dusch- und<br />
Vollbad und die Ankleide der Schwickerts<br />
alle infos komPakt<br />
17,<br />
60<br />
m<br />
Erdgeschoss<br />
12,40 m<br />
untergeschoss<br />
12,<br />
40<br />
m<br />
16,40 m<br />
16,40 m<br />
16,40 m<br />
16,40 m<br />
daten&fakten<br />
architekt Andreas M. Schwickert<br />
Bauweise Beton, Leichtbeton,<br />
porenbetonsteine<br />
heizung Gasbrennwert mit<br />
Fußbodenheizung<br />
Primärenergiebedarf<br />
60 kWh/m²/Jahr<br />
Wohnfläche 465 m²<br />
Grundstücksgröße 963 m²<br />
Bauzeit 07/08 bis 08/09<br />
Baukosten (brutto) 1720 Euro/m²<br />
der bauPlan<br />
Drei parteien mit unterschiedlichen<br />
Ansprüchen und separaten<br />
Eingängen in einem homogenen,<br />
spannenden Baukörper unterzubringen<br />
– haus Schwickert/<br />
Wagner/Korte bedeutete vor<br />
allem, drei Wohnungen so über<br />
drei Etagen in- und miteinander<br />
zu verschränken, dass sich<br />
niemand benachteiligt fühlt<br />
dachgeschoss<br />
11|2010 SCHOENER-<strong>WOHNEN</strong>·DE 181
Haus des JaHres<br />
roland HeSS<br />
3.<br />
Preis<br />
Sylvia HeSS<br />
Frieda<br />
Purismus Decken in rohem Sichtbeton,<br />
Küchenfronten ohne Griffe, Boden<br />
geweißt – Familie Hess liebt es reduziert<br />
Quader Der feinfugige Flachdachbau<br />
mit Fassadenverkleidung aus Faserzement-<br />
Platten wirkt sowohl kompakt wie filigran<br />
einfach schön<br />
Familie Hess aus Leutkirch hat mit 195 000 Euro<br />
ein Haus gebaut, das nicht nur nach viel mehr<br />
aussieht, sondern auch jungen Familien Mut macht:<br />
Ein tolles Zuhause muss nicht die Welt kosten!<br />
11|2010 SCHOENER-<strong>WOHNEN</strong>·DE 183
184 SCHOENER-<strong>WOHNEN</strong>·DE 11|2010<br />
1<br />
4<br />
2<br />
üPPig<br />
& Pur<br />
1 Grünanlage Das Wohnzimmer<br />
öffnet sich übereck zur unver-<br />
baubaren Natur drum herum<br />
2 Kunst Im ganzen Haus finden<br />
sich Bilder des Hausherrn;<br />
auch der Kopf im Wohnzimmer<br />
3 Kunstschleuse Auch im Gang<br />
zwischen Wohnzimmer und Küche<br />
hängen Werke von Roland Hess<br />
4 Lieblingsplatz Das Küchenfenster<br />
ist so niedrig und tief,<br />
dass es einen Sitzraum bildet<br />
5 retro-design Das Betthaupt<br />
besteht aus einer mit 70er-Jahre-<br />
Stoff bespannten Spanplatte<br />
6 aufgang Von Kopf bis Fuß auf<br />
Treppe eingestellt. Einbauspots<br />
geben von seitlich unten Licht<br />
5 6<br />
3
Trick Schiebetür und Wand zum<br />
Flur sind schwarz, das gibt dem Raum<br />
Tiefe und macht die Tür unsichtbar<br />
Weiss liebt<br />
schWarz<br />
186 SCHOENER-<strong>WOHNEN</strong>·DE 11|2010 11|2010 SCHOENER-<strong>WOHNEN</strong>·DE 187
188 SCHOENER-<strong>WOHNEN</strong>·DE 11|2010<br />
uf dem Papier hatten Sylvia<br />
und Roland Hess ihr Traumhaus<br />
längst gebaut. „Un-<br />
sere Freunde haben uns<br />
allerdings für verrückt<br />
erklärt, als sie unsere Skizzen von einem<br />
Haus mit Flachdach und großen Fenstern,<br />
mit offener Wohnküche, Büro,<br />
Kinderzimmer, Gästezimmer und zwei<br />
Bädern sahen“, erzählt Roland und lacht.<br />
„Niemals könnten wir ein solches Projekt<br />
mit unserem vergleichsweise schmalen<br />
Budget realisieren, meinten sie.“<br />
Doch der Künstler und seine Frau, eine<br />
Grafikdesignerin, hielten an ihrer Idee<br />
eines ambitionierten Eigenheims mit Anleihen<br />
an die Architektur der 70er Jahre<br />
fest. Und fanden nach langer Suche ein<br />
bezahlbares Grundstück in ihrer Heimatgemeinde<br />
im Allgäu. 355 Quadratmeter<br />
klein, schmal wie ein Handtuch und in<br />
architektur<br />
Auch die Küche folgt<br />
dem durchgehenden<br />
architektonischen<br />
Gestaltungsmerkmal<br />
des Hauses, dem<br />
liegenden Rechteck<br />
kreatives<br />
sParen<br />
a<br />
zweiter Reihe gelegen, grenzt das auf den<br />
ersten Blick unattraktive Bauland rückwärtig<br />
an ein Naturschutzgebiet mit Badesee.<br />
Dieser unverbaubare Blick ins Grüne<br />
wurde zum Ausgangspunkt der Planung,<br />
die ihr Freund und Architekt Luis Ziller<br />
(31) aus Wildon in Österreich übernahm.<br />
Das Wohnzimmer öffnet sich über<br />
große Glasflächen nach draußen, auch<br />
zum kleinen Garten mit Terrasse hin gibt<br />
es bodentiefe Fenster sowie einen Ausguck<br />
mit extratiefer Laibung, der zum Lieblingsplatz<br />
von Töchterchen Frieda (5)<br />
avanciert ist. Zu den dicht angrenzenden<br />
Nachbarn hin gibt sich das Haus dagegen<br />
eher verschlossen: Schmale horizontale<br />
Fenster mit hoher Brüstung schirmen<br />
Kinderzimmer, Gästezimmer, Bad und<br />
Küche ab. Da ein Baubudget von maximal<br />
200 000 Euro inklusive Einbauten auf<br />
keinen Fall überschritten werden durfte,<br />
Das gefällt uns<br />
lebensqualität<br />
Viel Raum, viel Licht und eine große<br />
Portion Wohnlichkeit – die Hessens haben<br />
bewiesen, dass man auch mit wenig<br />
Geld schön bauen und allen Bedürfnissen<br />
einer Familie gerecht werden kann.<br />
gesamtkunstWerk<br />
Architektur und Einrichtung des Hauses<br />
genügen einem hohen gestalterischen<br />
Anspruch und ergeben ein stimmi-<br />
ges Ganzes. Skulpturen, Gemälde und<br />
Drucke fügen sich gekonnt ein.<br />
unDerstatement<br />
Beton statt Putz unter der Decke, Lärche<br />
statt Eiche auf dem Boden, Fugen<br />
statt Fußleisten – Hessens verzichteten<br />
auf Standards und schufen eine persönliche<br />
Note, die auch noch Geld spart.<br />
kulissenzauber<br />
Die Hausverkleidung aus Faserzement<br />
wirkt zeitlos-edel wie eine Naturstein-<br />
Fassade. Die witterungsfesten Platten<br />
sind langlebig und kostengünstig.<br />
erfanden Architekt und Bauherren<br />
gemeinsam eine Reihe kreativer Sparmaßnahmen,<br />
die kurioserweise dem<br />
Ganzen eher gutgetan hat. Der als<br />
Kellerersatz nötige 40 Quadratmeter<br />
große Lager- und Technikraum gliedert<br />
das Erdgeschoss clever in Wohnküche<br />
und Wohnzimmer. Die rohen Betondecken<br />
und Treppenstufen sowie die<br />
einfachen, von Roland und Sylvia Hess<br />
eigenhändig im ganzen Haus verlegten<br />
Lärchendielen sehen richtig gut aus.<br />
Und auch die Faserzement-Fassade mit<br />
ihrem feinen Fugenmuster veredelt den<br />
Quader auf verblüffende Weise.<br />
Küche „ATRium“ üBER DELTA möBEL/LEuTKiRcH esstisch,<br />
BarhocKer, stühle, hi-fi-MöBel iKEA liege cASSiNA<br />
sofa, leuchten, geschirrschranK, Drahtstühle,<br />
hocKer (schlafziMMer) pRiVAT holzsKulptur FRANz<br />
KuSSAuER gipsKöpfe DApHNE KERBER foto (treppenaufgang)<br />
HENRy LiNDER Malerei RoLAND HESS fliesen (BaD)<br />
GRESpANiA üBER JAAx-FLiESEN faserzeMent-fassaDe<br />
ETERNiT lärchenDielen BERTHoLD<br />
iNfORmatiONEN am HEftENDE<br />
q
11,20 m<br />
11,20 m<br />
alle infos komPakt<br />
schön<br />
einfach<br />
Längsausrichtung Der knapp 16 Meter<br />
lange Quader folgt in seiner Grundfläche<br />
der Grundstücksform. Waagerechte<br />
Fenster betonen die Länge, senkrechte<br />
Fassadenplatten die Höhe des Baus<br />
Grundriss Das Erdgeschoss bildet nach<br />
hinten Entree und Lagerraum aus – ein<br />
eingeschossiger Anbau. Zum Garten hin<br />
öffnen sich alle Wohnräume mit Fenstern<br />
m<br />
0<br />
Erdgeschoss<br />
6<br />
,<br />
5<br />
1<br />
15,60 m<br />
Weite Alles ist sparsam<br />
möbliert: Sofa, Liege, Pflanze<br />
– im Wohnzimmer ist Luft<br />
zum Kuscheln und Tuscheln<br />
190 SCHOENER-<strong>WOHNEN</strong>·DE 11|2010<br />
6,20 m<br />
6,20 m<br />
m<br />
0<br />
6<br />
obergeschoss<br />
,<br />
5<br />
1<br />
Daten&fakten<br />
architekt Luis ziller (Dipl.<br />
Dipl.-ing.), Wildon/österreich<br />
Bauweise isolier-ziegelmauerwerk<br />
mit Faserzement-Verkleidung<br />
Heizung Gasbrennwert mit<br />
durchgehender Fußbodenheizung<br />
Heizwärmebedarf<br />
42 kWh/m²/Jahr<br />
Primärenergiebedarf<br />
59 kWh/m²/Jahr<br />
Wohnfläche 180 m² (140 + 40 m²)<br />
Grundstücksgröße 355 m²<br />
Bauzeit 03/08 bis 01/09<br />
Grundstückskosten 62 000 Euro<br />
Baukosten (brutto) 1083 Euro/m²<br />
Der bauPlan<br />
Wenig Geld kreativ umgesetzt:<br />
einfacher Baukörper, mauerwerk<br />
mit integrierter Dämmung, preiswerte<br />
Fassade, Sichtbetondecken,<br />
selbst verlegter Holzboden –<br />
purismus, der auch gut aussieht<br />
11|2010 SCHOENER-<strong>WOHNEN</strong>·DE 191
Sonder-<br />
PreiS<br />
Mühle Modern<br />
Die Mühle aus dem 18. Jahrhundert klappert schon lange<br />
nicht mehr. Jetzt aber hat Familie Feuser mit einer<br />
mutigen Modernisierung frischen Wind und viel Licht in<br />
das historische Gemäuer an der Bergstraße gebracht<br />
Denkmalschutz Die Fassade der Mühle<br />
blieb bis auf die Türöffnung zur Terrasse<br />
(rechts) durch den Umbau unangetastet<br />
Erleuchtung Fenster und Oberlicht in<br />
Dach und Decke lassen heute Tageslicht<br />
in den einst düsteren Gebäudekern<br />
Janis<br />
anton<br />
annika FeuseR<br />
Haus DEs JaHrEs<br />
Roland FeuseR<br />
11|2010 SCHOENER-<strong>WOHNEN</strong>·DE 193
erSt Mühle,<br />
dann loft<br />
Zentrum Mittelpunkt ist der offene Wohnbereich<br />
mit Küche, Esstisch und Zugang<br />
zum Garten. Über die Räder lief früher ein<br />
Seilzug, durch die Decke fällt Tageslicht 11|2010 SCHOENER-<strong>WOHNEN</strong>·DE 195
1 Öffnung Der Zugang zur<br />
Terrasse (links) wurde<br />
mit Schiebetüren vergrößert<br />
2 Weite Klavier und Sofa<br />
stehen links des Esstischs, die<br />
Glastür führt auf die Terrasse<br />
3 Freiraum Janis (8) und<br />
Johanna planen den<br />
nächsten Baumhausbau<br />
196 SCHOENER-<strong>WOHNEN</strong>·DE 11|2010<br />
endlich<br />
licht<br />
1<br />
2<br />
3<br />
11|2010 SCHOENER-<strong>WOHNEN</strong>·DE 197
1 stimmung Gelb und Lehm<br />
holen Wärme in Annikas Osteopathie-Praxis<br />
im Erdgeschoss<br />
2 speicher Die Stampflehmwand<br />
neben der Treppe speichert<br />
Wärme und Feuchtigkeit<br />
3 Freunde Janis’ liebster<br />
Mitbewohner: Labrador Anton<br />
4 Kontrast Uriges, stabilisiertes<br />
Gebälk trifft im Kinderzimmer<br />
auf grün lackierte Boxen<br />
1<br />
3<br />
2<br />
4<br />
Schön<br />
offen<br />
198 SCHOENER-<strong>WOHNEN</strong>·DE 11|2010 11|2010 SCHOENER-<strong>WOHNEN</strong>·DE 199
farBe<br />
Satt<br />
1<br />
3<br />
2<br />
4<br />
1 Bett Die Schlafnische ist<br />
mit pinkfarbenem Filz bezogen<br />
und außen gelb gestrichen<br />
2 Elternbad Natursteine,<br />
Ziegel, Glas und Weißflächen<br />
(Spachteltechnik) bilden ein<br />
großzügiges, einzigartiges Bad<br />
3 Durchgang Eine Ankleide verbindet<br />
Bad und Schlafzimmer<br />
4 Kinderbad Pink (lackiertes<br />
Glas) und Rot (Wandfarbe) bringen<br />
Janis’ Bad zum Leuchten<br />
fast 200 Jahre lang diente es als Gerber- und<br />
Walkmühle, seit 1924 wurde das Gebäude<br />
zwischen Nieder-Beerbach und Eberstadt im<br />
Odenwald auch als Gastwirtschaft genutzt,<br />
und in den 80er Jahren bauten die Erben Teile<br />
des ehemaligen Handwerksbetriebs zum Wohnhaus aus.<br />
Als vor einigen Jahren die folgende Generation, Annika<br />
und Roland Feuser mit ihrem Sohn Janis, einzog, war schnell<br />
klar, dass bald auch die nächste bauliche Veränderung anstehen<br />
würde. „Wir wünschten uns deutlich mehr Licht<br />
und Offenheit“, erzählt Annika Feuser, deren Eltern in der<br />
Zwischenzeit nach nebenan in das renovierte Stallgebäude<br />
gezogen waren. Erst dachten sie, es sei schon viel damit gewonnen,<br />
die Küche einfach eine Etage höher zu holen,<br />
damit Koch-, Ess- und Wohnbereich enger zusammenrücken<br />
und ein Zugang zum Garten entsteht. Doch die Feusers<br />
engagierten die Darmstädter Architektin Anja Thede – und<br />
aus dem scheinbar harmlosen Küchenumbau wurde „eine<br />
lange Kette von Ereignissen, die schließlich in der Komplettrenovierung<br />
mündete“, sagt Annika Feuser.<br />
Anja Thede, die bereits einige denkmalgeschützte Stadthäuser<br />
und alte Fabrikgebäude saniert hatte, überzeugte<br />
Feusers, das Gebäude über ein verbreitertes Treppenhaus<br />
im Kern und ein Panoramafenster zur Terrasse zu öffnen<br />
und über ein zusätzliches Atelierfenster im Dach mehr<br />
Tageslicht ins Haus zu holen. Sie kombinierte kräftige<br />
Farben mit den alten Mauern, Stahl und Glas mit geölten<br />
Dielen. Einzigartige Elemente der historischen Architektur<br />
wie Mühlräder, Balken und Seilzüge sollten unbedingt<br />
erhalten bleiben. Gekonnt hat die Architektin sie in ihrem<br />
modernen Wohnkonzept in Szene gesetzt, das das Alte<br />
würdigt und durch Neues sensibel ergänzt.<br />
Küche Bulthaup esstisch, Bett Ikea stühle tonon pendelleuchte schröder<br />
sofa GervasonI Beistelltische studIo domo WaschBecKen catalano armaturen<br />
steInBerG BadeWanne hoesch glasaBtrennung/Beschläge Glaser/aGape<br />
terrassenliege FermoB terrassenmöBel extremIs filz (elternBett) Johanna<br />
daImer (FarBton nr. 211) spachteltechniK terrastone mosaiKfliesen lamxon<br />
WandfarBen polychromIe le corBusIer üBer kt.color Wandpoesie holst desIGn<br />
iNfORmatiONEN am HEftENDE<br />
daS gefällt unS<br />
BeStand in Szene Setzen<br />
Markante Bauteile der alten Architektur wie das Mühlrad,<br />
das Gebälk, Lastenkräne und Seilzüge wurden beim Umbau<br />
als ästhetische Elemente in das neue Raumgefüge eingebettet<br />
und so spektakulär in Szene gesetzt.<br />
licht inS hauS holen<br />
Dreh- und Angelpunkt der Renovierung war das Belichtungskonzept.<br />
Der verbreiterte Treppenaufgang, der jetzt<br />
in einem gläsernen Podest unter neuen Atelierfenstern im<br />
Dach mündet, belichtet den gesamten Gebäudekern.<br />
farBe inS SPiel Bringen<br />
Architektin Thede lieferte ein ausgeklügeltes Farbkonzept:<br />
Rustikale Backsteinmauern und Holzbalken ergänzte sie<br />
mit leuchtend-warmen Lieblingsfarben der Bauherrin.<br />
200 SCHOENER-<strong>WOHNEN</strong>·DE 11|2010 11|2010 SCHOENER-<strong>WOHNEN</strong>·DE 201<br />
q
daten & fakten<br />
architektin, Farbkonzept<br />
anja thede, darmstadt<br />
Bauweise naturstein- und<br />
Ziegelmauerwerk, stampflehm,<br />
Gipskarton und stahlbauelemente<br />
Heizung Gasbrennwert<br />
mit radiatoren<br />
Endenergiebedarf (heizung/<br />
Warmwasser) 86 kWh/m²/Jahr<br />
Primärenergiebedarf<br />
102 kWh/m²/Jahr<br />
Wohnfläche 256 m²<br />
Grundstücksgröße 1820 m²<br />
Bauzeit 08/08 bis 07/09<br />
Baukosten (brutto) 1875 euro/m²<br />
der BauPlan<br />
das alte, dunkle und verwinkelte<br />
mühlenhaus sollte unten eine<br />
osteopathie-praxis und oben lichte,<br />
offene Wohnräume bekommen.<br />
der denkmalschutz erlaubte nur<br />
wenige öffnungen nach draußen<br />
202 SCHOENER-<strong>WOHNEN</strong>·DE 11|2010<br />
alle infoS koMPakt<br />
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13,20 m<br />
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13,40 m<br />
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obergeschoss dachgeschoss<br />
erdgeschoss<br />
wieder-<br />
BeleBt<br />
Entkernung Die drei Etagen der Feusers<br />
waren früher das Mühlenhaus und machen<br />
etwa ein Fünftel des Gesamtvolumens<br />
aus. Über ein großes Dachfenster flutet<br />
nun Licht in das neu konzipierte Treppenhaus<br />
des Gebäudekerns und bringt<br />
mehr Helligkeit ins Innere. Holzeinbauten<br />
wurden durch Stahl und Glas ersetzt,<br />
Butzenscheiben ausgewechselt<br />
Familiensitz Bruder, eltern<br />
und tanten wohnen nebenan im<br />
alten stall, unten und im dach