Programmheft - Karlsruhe
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dem Niveau von „She loves you, yeah,<br />
yeah, yeah“ oder „I can’t get no satisfaction“,<br />
aber Dylan war der erste echte Poet<br />
des Rock. Er ist ja auch seit Jahren immer<br />
wieder für den Literaturnobelpreis im Gespräch.<br />
Er hat als erster die Songtexte auf<br />
das LP-Cover gedruckt, und als alle anderen<br />
das auch gemacht haben, hat er es<br />
wieder gelassen und stattdessen Gedichte<br />
draufgeschrieben.<br />
Er hat übrigens auch das erste Doppelalbum<br />
des Rock herausgebracht, Blonde On<br />
Blonde, und den ersten Musikclip, Subterranean<br />
homesick Blues, wo er unglaublich<br />
schnell singt und den Text quasi als Untertitel<br />
auf Karteikarten analog einblendet.<br />
zugleich steht der avantgardist Dylan in<br />
einer großen dichterischen Tradition …<br />
Er hat unglaublich viel gelesen und zitiert,<br />
Shakespeare, Rimbaud, Brecht, die Beat-<br />
Poeten Jack Kerouac und Allen Ginsberg.<br />
Er hat sogar ein Album nur mit Zitaten<br />
herausgebracht, mit dem treffenden Titel<br />
Theft. Dylan hatte mit allem zu tun, womit<br />
ich mich auch gern beschäftige, das habe<br />
ich in meiner Recherche herausgefunden.<br />
Und wie bringst Du diese schillernde figur<br />
auf die Theaterbühne?<br />
Als Motto habe ich mir einen Satz vorgenommen,<br />
den Dylan von seinem großen<br />
Vorbild Woody Guthrie gehört hat: „Life<br />
is a carnival“. Das Leben ist ein Spiel mit<br />
wechselnden Verkleidungen, mit Masken.<br />
Dylan tritt bei jedem Konzert als ein anderer<br />
auf, singt mit fünf Stimmen, hat fünfzehn<br />
Namen und Identitäten. Und trotzdem<br />
hat er sich nie verbiegen lassen.<br />
Ich bin froh, dass wir auf der großen Drehbühne<br />
in <strong>Karlsruhe</strong> mit vielen Kostümen<br />
spielen können, mit Lichteffekten, unglaublichen<br />
Requisiten und lauter multitalentierten<br />
Musikern.<br />
Dein Stück hat drei Ebenen …<br />
Zunächst sind da die Songs. Ich habe meine<br />
Lieblingssongs genommen, The Times<br />
They are a-changin’ zum Beispiel und sie<br />
für die Band und die Schauspieler, die alle<br />
auch Instrumente spielen, neu arrangiert.<br />
Dann gibt es ein paar Lieder, die mussten<br />
rein, zum Beispiel Blowin‘ in The wind<br />
oder like a Rolling Stone. Und dann habe<br />
ich überlegt, mit welchen Liedern ich etwas<br />
erzählen kann. Zum Beispiel Romance<br />
in Durango, das Lied wollte ich unbedingt<br />
einmal spielen. Wir haben es gegen Ende<br />
des Stückes eingebaut, um den verletzlichen,<br />
den gescheiterten Dylan zu zeigen.<br />
Die Songs führen wir aber nicht chronologisch<br />
auf, sondern thematisch geordnet.<br />
Ich habe Szenen aus dem Leben Dylans<br />
dazugeschrieben, von 1961 bis heute,<br />
die zu den Songs passen. Und ich habe<br />
mehrere Original-Interviews eingebaut.<br />
Die dritte Ebene ist die amerikanische<br />
Zeitgeschichte, die Dylan ja immer wieder<br />
kommentiert hat und deren Teil er war<br />
und ist. Auf die Idee bin ich gekommen,<br />
als ich las, dass Dylan 1963 beim Marsch<br />
auf Washington zusammen mit Joan Baez<br />
aufgetreten ist, kurz nach der Rede von<br />
Martin Luther King: „I have a dream …“<br />
Wir zeigen Deine musikalische Biografie<br />
in einer Spielzeit mit dem motto „von helden“.<br />
was für ein held ist Dylan für Dich?<br />
Für alle Liedermacher ist Bob Dylan ein<br />
großes Vorbild, und allen anderen hat Bob<br />
Dylan mit seinen Songs eine Stimme gegeben,<br />
einen Vers. Er hat sich einen Reim<br />
auf die Welt gemacht, immer im Gegensatz<br />
zum Mainstream. Insofern ist er der ideale<br />
Antiheld. Er hat mal gesagt, dass er<br />
gern verschwindet. „Aufmerksamkeit zu<br />
erregen kann eine Belastung sein. Jesus<br />
wurde gekreuzigt, weil er Aufmerksamkeit<br />
erregt hat.“<br />
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