AUTOINSIDE Ausgabe 9 – September 2020
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POLITIK & RECHT<br />
CO 2<br />
-Sanktionen<br />
Wer soll das bezahlen?<br />
78,1 Millionen Franken CO 2<br />
-Sanktionen mussten die Schweizer Auto-Importeure für die 2019 eingeführten<br />
Personenwagen bezahlen. Eine happige Summe, die sich ganz unterschiedlich verteilt und für <strong>2020</strong> noch höher<br />
ausfallen dürfte. Jürg A. Stettler<br />
Insgesamt 79 beim Bundesamt für Energie<br />
(BFE) registrierte Grossimporteure sowie<br />
Kleinimporteure mit Einzelabrechnungen<br />
müssen für die 2019 importierten Personenwagen<br />
CO 2<br />
-Sanktionen in der Höhe von 78,1<br />
Millionen Franken entrichten. Der Grund:<br />
Die spezifische CO 2<br />
-Zielvorgaben der jeweiligen<br />
Neuwagenflotten wurden nicht eingehalten.<br />
Die Abrechnung für weitere sechs Grossimporteure<br />
ist noch nicht mal abgeschlossen.<br />
Am härtesten trafen die Sanktionen die<br />
Amag, Porsche und Mercedes-Benz Schweiz.<br />
Sie müssen für ihre 118 880 im vergangenen<br />
Jahr importierten Fahrzeuge fast 65 Millionen<br />
Franken und somit 83 Prozent der gesamten<br />
CO 2<br />
-Pönale an den Bund überweisen.<br />
Happig auch die Strafe für die kleine japanische<br />
Marke Mazda: Sein Schweizer Importeur<br />
muss über 7,4 Millionen Franken berappen.<br />
Das sind durchschnittlich 1232,10<br />
Franken pro verkauftem Auto. Aber auch<br />
Ford und Maserati müssen noch Millionenbeträge<br />
entrichten, die <strong>–</strong> ein schwacher Trost<br />
<strong>–</strong> immerhin dem Nationalstrassen- und Agglomerationsverkehrsfonds<br />
(NAF) zufliessen.<br />
Die Politik bejubelt zwar Elektro-, Hybridund<br />
Plug-in-Hybrid-Fahrzeuge, doch bei der<br />
Mehrheit der Schweizer Kunden stehen diese<br />
Antriebsvarianten noch nicht auf dem Einkaufszettel,<br />
wenn sie sich nach einem Neuwagen<br />
umsehen. Zudem liegt der Anteil an<br />
Autos mit durstigerem Allradantrieb bei uns<br />
klar über 50 Prozent. Die Verkäufe der sparsamen<br />
Diesel sind weiter auf dem Sinkflug.<br />
Dies schmerzt Schweizer Importeure umso<br />
mehr, weil sie die CO 2<br />
-Zielvorgaben allein erreichen<br />
müssen. In der EU dagegen werden<br />
die Flottenwerte pro Marke über alle Mitgliedsstaaten<br />
berechnet <strong>–</strong> sogar die Nicht-EU-<br />
Länder Norwegen und Island lassen sich anrechnen.<br />
Kleinwagen in Italien und Spanien<br />
gleichen so höhere Emissionen von SUV und<br />
Allradfahrzeugen in anderen Ländern wie<br />
etwa Schweden aus.<br />
Die CO 2<br />
-Emissionen der Neuwagen in der Schweiz und im Fürstentum Liechtenstein sinken zwar seit Jahren, liegen<br />
aber dennoch über den Zielwerten des Bundes. Das hat massive Sanktionen zur Folge. Quelle: Istock<br />
Die Importeursvereinigung Auto-Schweiz<br />
fordert daher das Parlament auf, mit der geplanten<br />
Totalrevision des CO 2<br />
-Gesetzes nach<br />
<strong>2020</strong> sicher keine Abschwächungen der bereits<br />
vom Bundesrat verabschiedeten Einführungsmodalitäten<br />
für die neuen Zielwerte<br />
vorzunehmen. Die Importeure haben Bundesrat<br />
und BFE ausserdem vorgeschlagen,<br />
dass die Schweiz bei den CO 2<br />
-Emissionen<br />
nicht als Insel, sondern als Teil der EU gelten<br />
soll. Dieses Andocken an die CO 2<br />
-Vorschriften<br />
der EU wurde jedoch abgelehnt, weil die<br />
Schweiz eine Vorreiterrolle einnehmen soll.<br />
Morten Hannesbo, Amag-CEO und Vizepräsident<br />
von Auto-Schweiz, erklärt dazu gegenüber<br />
der Denkfabrik Avenir Suisse: «Die<br />
Politik fordert, dass wir die Ziele schneller<br />
erreichen als alle anderen, ohne Rücksicht auf<br />
die Wirtschaft und Bevölkerung. Die Schweiz<br />
konnte sich das lange leisten. Die Frage ist,<br />
ob das auch in Zukunft noch der Fall ist. Wir<br />
haben die Finanzkrise erlebt, jetzt stecken<br />
wir in der Corona-Krise. Solche Krisen sind<br />
teuer und haben vielen KMU das Leben sehr<br />
schwer gemacht.»<br />
Auch punkto Konsequenzen dieser millionenteuren<br />
CO 2<br />
-Sanktionen nimmt Hannesbo<br />
im Interview kein Blatt vor den Mund und<br />
macht klar: «Die ganze Branche wird nicht<br />
darum herumkommen, mit tieferen Margen<br />
und höheren Preisen das Geld irgendwie<br />
wieder hereinzubekommen, soweit es<br />
geht. Es gibt keinen anderen Weg.» Und dieser<br />
Weg dürfte noch steiniger werden. Denn<br />
viele Modelle, die den Importeuren helfen<br />
könnten, die für <strong>2020</strong> nochmals klar strengeren<br />
gewordenen CO 2<br />
-Flottenwerte zu senken,<br />
sind wegen der Corona-Krise aktuell gar<br />
nicht lieferbar. <<br />
Weitere Infos unter:<br />
bfe.admin.ch<br />
50 <strong>September</strong> <strong>2020</strong> | <strong>AUTOINSIDE</strong>