AUTOINSIDE Ausgabe 9 – September 2020
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REIFEN & RÄDER<br />
Outsourcing und das Zentralisieren von<br />
Leistungen sparen immer auch Kosten ein.<br />
Ist das für Pirelli keine Option?<br />
Das ist eine berechtigte Frage. Die Organisation<br />
eines Unternehmens ist immer auch eine<br />
Kostenfrage. Ich bin aber der Meinung, dass<br />
einem Unternehmen weit grössere Aufwendungen<br />
entstehen, wenn es nicht mehr marktgerecht<br />
funktioniert. Uns ist die Nähe zu unseren<br />
Kunden sehr wichtig. Die Schweiz ist auch<br />
im Reifenmarkt ein Sonderfall. Man beneidet<br />
uns europaweit um unseren Fahrzeugpark. Es<br />
gibt kein Land mit einer vergleichbaren Dichte<br />
an Prestige- und Premiumfahrzeugen. Der<br />
Konzern lässt uns die nötige Freiheit, durch<br />
die wir uns stets erfolgreich auf die Marktbedürfnisse<br />
einlassen und wichtige Massnahmen<br />
entwickeln können.<br />
Sie haben vorhin Ihren Start während<br />
Covid-19 erwähnt. Welchen Einfluss hat<br />
die Pandemie konkret auf die Zahlen von<br />
Pirelli Schweiz?<br />
Wir starteten ausgesprochen stark ins Jahr<br />
<strong>2020</strong>. Corona versetzte aber natürlich auch<br />
Pirelli einen Dämpfer. Erstaunlich aus unserer<br />
Sicht war, dass die Auswirkungen geringer<br />
ausfielen, als wir es anhand von Erkenntnissen<br />
aus China erwartet hatten. Wir passten<br />
unseren Jahresplan an. Dank dem Einsatz<br />
unserer Mannschaft und unseren Händlern<br />
konnten wir aber zufriedenstellende Monate<br />
April und Mai verzeichnen. Für die Winterreifensaison<br />
haben wir ambitionierte Ziele innerhalb<br />
der aussergewöhnlichen Umstände und<br />
sind motiviert, diese zu erreichen.<br />
Seit Jahren schwinden die Margen der<br />
Schweizer Garagisten im Handel mit Neuwagen.<br />
Wie sieht das bei den Reifen aus?<br />
Der Garagist sollte keinen Margenverlust haben.<br />
Im Gegenteil: Durch die immer grösseren<br />
Dimensionen hat er faktisch eine Margengarantie.<br />
Was er aber dabei berücksichtigen<br />
muss: Es gibt auf der einen Seite das Produkt<br />
und auf der anderen Seite die Dienstleistung;<br />
und beides hat seinen Preis. Diese Preise muss<br />
ein Garagist klar definieren und abgrenzen.<br />
Die Montage eines 18-Zoll-Reifens ist aufwendiger<br />
als jene eines 15-Zoll-Reifens. Wenn er<br />
sauber kalkuliert, dann hat er punkto Marge<br />
nichts zu befürchten.<br />
Italien stand während Wochen komplett<br />
still. Welche Auswirkungen hatte dies auf<br />
die Verfügbarkeit seitens Pirelli?<br />
Natürlich kann man eine Produktionsanlage<br />
nicht stilllegen und plötzlich den Schalter einfach<br />
wieder umlegen. Pirelli produzierte daher<br />
im Frühjahr nicht die gesamte Produktepalette<br />
für das Sommerreifengeschäft, sondern<br />
musste das Sortiment aus Kapazitätsgründen<br />
straffen. Wir nahmen dies zum Anlass, frühzeitig<br />
mit der Winterkampagne zu starten,<br />
und signalisierten somit unseren Kunden und<br />
Partnern, dass wir im Winter wieder die bestmögliche<br />
Verfügbarkeit ermöglichen können.<br />
Die traditionelle «Pirelli Night» wurde noch<br />
vor Corona abgesagt. Welche Möglichkeiten<br />
werden Sie nutzen, um mit Ihren wichtigsten<br />
Kunden in Kontakt zu bleiben?<br />
Dank starken Kommunikations- und Marketingmassnahmen<br />
haben wir viele Möglichkeiten.<br />
Trotz diverser Eventabsagen ist die<br />
Marke Pirelli auf dem Markt präsent. Sei es<br />
durch starke Engagements wie in der Formel 1<br />
oder neuerdings als Ausrüster der Rallye-<br />
Weltmeisterschaft WRC sowie auch als Sponsor<br />
der kommenden Ski-WM 2021 in Cortina<br />
d’Ampezzo. Zudem sind wir auf dem Markt<br />
mit unseren Beratern sehr aktiv und setzen<br />
digitale Kanäle vermehrt ein, um den Kundenkontakt<br />
hochzuhalten. Nachdem nun<br />
die Eventeinschränkungen etwas gelockert<br />
wurden, planen wir auch kleinere, dezentrale<br />
Kunden-Incentives, um den persönlichen Austausch<br />
mit unseren Händlern zu fördern.<br />
Wenn wir jetzt von Pirelli-Kunden sprechen,<br />
meinen wir den Garagisten und Reifenhändler.<br />
Das Marketing von Pirelli zielt jedoch<br />
auch auf den Autobesitzer als Endkunden<br />
ab. Welches Segment ist als Absatztreiber<br />
wichtiger? Der Garagist, der dem Kunden<br />
Pirelli empfiehlt, oder der Endkunde, der<br />
dem Garagisten sagt, dass er einen Pirelli-<br />
Reifen will?<br />
Unsere primäre Zielgruppe ist der Händler,<br />
aber es braucht auch den Endkonsumenten.<br />
Unsere Marketingmassnahmen zielen<br />
darauf ab, den Händler bestmöglich im Abverkauf<br />
zu unterstützen und eine natürliche<br />
Nachfrage nach Pirelli-Reifen zu generieren.<br />
Dazu gibt es verschiedene Mittel. Ein starkes<br />
Werkzeug dazu ist der «P Zero Club». Unsere<br />
Händler können ihren Kunden eine 24-monatige<br />
Reifenversicherung weitergeben und im<br />
Winter sogar eine Vignette offerieren. Zudem<br />
ist es unser Ziel, dem Händler und Endkunden<br />
zu verdeutlichen, dass Pirelli für jedes<br />
Fahrzeug den richtigen Reifen anbietet. Ein<br />
markierter und homologierter Reifen ist quasi<br />
der Massanzug für das Fahrzeug. Ein weiterer<br />
wichtiger Aspekt ist unsere Position als<br />
Marktleader in der Erstausrüstung. Das führt<br />
im Aftermarket zu einem Nachfragesog.<br />
Sie sind seit 16 Jahren bei Pirelli tätig,<br />
kennen den Laden in- und auswendig.<br />
Was wollen oder müssen Sie als Schweiz-<br />
Chef verändern?<br />
Veränderungen gehören zu unserem Alltag.<br />
Wir werden uns dem Markt anpassen und uns<br />
stetig verändern, damit wir innovativ und aktiv<br />
bleiben: Sei es in der Beratungstätigkeit,<br />
in der Verfügbarkeit oder der Digitalisierung.<br />
Zudem nimmt die Komplexität stetig zu. In<br />
einem Reifen steckt sehr viel Technologie.<br />
Ich denke beispielsweise an Runflat-Reifen,<br />
an Noise-Cancelling-Systeme, welche die Geräusche<br />
im Fahrzeuginnern reduzieren, oder<br />
an unsere «Elect»-Reifen für Elektrofahrzeuge.<br />
Die Aufgabe besteht darin, dem Handel diese<br />
Komplexität zu vermitteln und ihn zu unterstützen,<br />
damit dieser wiederum seine Kunden<br />
gut beraten kann. Aber es gibt keinen Grund,<br />
jetzt «den ganzen Laden auf den Kopf zu stellen».<br />
Meine Vorgänger haben schliesslich vieles<br />
richtig gemacht und Pirelli in der Schweiz<br />
gut aufgestellt. <<br />
Weitere Infos unter:<br />
pirelli.ch<br />
<strong>AUTOINSIDE</strong> | <strong>September</strong> <strong>2020</strong> 15