AUTOINSIDE Ausgabe 9 – September 2020

REIFEN & RÄDER
Zahlreiche Hersteller experimentieren mit
neuen Materialien als Kautschuk-Ersatz:
russischer Löwenzahn etwa oder der Guayule-
Strauch. Wo steht Nexen im Bereich
Nachhaltigkeit?
Auch Nexen Tire arbeitet an alternativen Materialien.
Es geht hierbei um biologisch abbaubare,
rezyklierbare, nachhaltige und nachwachsende
Rohstoffe. Ein Fokus in unserer
Forschung besteht in der Entwicklung von
Ersatz von Mineralöl durch Pflanzenöle. Wir
arbeiten zusätzlich an Laufflächenmischungen
mit deutlich höherer Laufleistung, um
die Feinstaubbelastung durch Abrieb zu reduzieren.
Ein weiteres Forschungsprojekt ist
das Recycling von Reifen, um Altreifen oder
einzelne Bestandteile wiederzuverwerten.
Wie wichtig ist Nachhaltigkeit für den Endkunden?
Will der nicht in erster Linie ein
kostengünstiges, leistungsfähiges Produkt?
Es ist Aufgabe der Reifenhersteller, die Nachhaltigkeit
zu forcieren. Leistungsfähigkeit und
Nachhaltigkeit schliessen einander ja nicht
aus. Hierzu ist jedoch eine intensive Grundlagenforschung
notwendig. Das schliesst auch
die Zusammenarbeit mit externen Partnern
wie zum Beispiel Instituten verschiedener Universitäten
und Hochschulen ein.
Der deutsche ADAC und auch der Schweizer
TCS testen jedes Jahr Sommer- und Winterreifen.
Wie wichtig sind diese «Schulnoten»
für Sie als Ingenieur?
Diese Tests spiegeln den Markt und die Leistungsfähigkeit
der einzelnen Produkte sehr
gut wider. Für jeden Reifenhersteller ist ein gutes
Ergebnis in diesen Tests wichtig. Vor allem
wird die Reifenindustrie stets gefordert, ihre
Produkte kontinuierlich weiterzuentwickeln,
um wettbewerbsfähig zu bleiben.
Haben diese Bewertungen einen reellen
Einfluss auf Ihre Arbeit?
Diese Bewertungen haben durchaus Einfluss
auf unsere Arbeit. Wir schauen uns die Ergebnisse
der Tests von Fachzeitschriften sehr
genau an. Nässeeigenschaften spielen in den
Tests von Fachzeitschriften eine sehr grosse
Rolle. Somit haben die Ergebnisse einen gewissen
Anteil an der Definition der Entwicklungsziele
bei einer Produktneuentwicklung für das
Ersatzgeschäft. Bei einer Entwicklung für die
Erstausrüstung werden die Entwicklungsziele
vom jeweiligen Fahrzeughersteller festgelegt.
Wieso entwickelt ein koreanischer Hersteller
wie Nexen eigentlich in Deutschland?
Wir entwickeln Reifen in Deutschland, um
nahe am Kunden zu sein – das ist der Endverbraucher
und sind die Fahrzeughersteller. Mit
diesen haben wir einen engen, regelmässigen
Austausch. Dazu haben wir ein Entwicklungsteam
in unserem neuen europäischen Entwicklungszentrum
in der Nähe von Frankfurt
am Main mit jahrzehntelanger Erfahrung mit
unseren Kunden. Produziert werden die Reifen
in unserer neuen Fabrik in Tschechien.
Winterreifen sind in einem Land wie
der Schweiz sehr wichtig. Wohin geht
die Entwicklung in diesem Segment?
Winterreifen sind in der Entwicklung noch
komplexer als Sommerreifen. Es müssen
noch mehr Anforderungen, die teilweise
Zielkonflikte darstellen, erfüllt werden.
Bei Winterreifen wird der Fokus auch weiterhin
auf Schnee- und Nässeeigenschaften
liegen. Aber auch hier spielt der Rollwiderstand
eine grosse Rolle. Wenn man
auf die Entwicklung der letzten zehn bis
15 Jahre zurückschaut, erkennt man, dass
die Schwächen früherer Winterreifen – wie
Laufleistung, Geräusch und Rollwiderstand
– gänzlich eliminiert sind. Der Trend wird
weiterhin zu Ultra-High-Performance-Winterreifen
und SUV-Winterreifen in grossen
Zollgrössen gehen.
Sie waren lange Jahre im Motorsport
engagiert. Inwiefern helfen Ihnen diese
Erfahrungen in Ihrer heutigen Tätigkeit?
Eine Tätigkeit im Motorsport fördert die Flexibilität.
Man muss sich schnell auf neue Situationen
und Herausforderungen einstellen
können. Im Motorsport ist die Zeit immer
knapp. Deshalb muss man schnell reagieren.
Die Arbeitsweise im Motorsport hilft
auch bei der Herangehensweise in anderen
Arbeitsfeldern.
Die Elektromobilität hat Auswirkungen auf
das Design von Reifen. Werden Sie auch für
autonome Fahrzeuge neue Reifentypen entwickeln
müssen oder spielt das keine Rolle?
Die Reifenanforderungen der Zukunft werden
bestimmt durch Elektromobilität, CO 2
-
Reduktion, Veränderung der individuellen
Mobilitätskonzepte – zum Beispiel Teilen
statt Besitzen – und Autonomes Fahren. Hier
ist der intelligente Reifen gefordert. Der Reifen
informiert und warnt gegebenenfalls den
Fahrer bezüglich Verschleiss, Fahrbahnzustand,
Aquaplaninggefahr … Der Flottenmanager
von Carsharingflotten wird über den
Reifenzustand und den allfälligen Reifenersatz
informiert. Ganz sicher werden sich
auch die Entwicklungsziele der Fahrzeughersteller
durch autonomes Fahren verändern.
Das Fahrzeug kann die Fahrweise dem Reifen
anpassen.
Wieso soll der Garagist seinem Kunden
einen Nexen-Reifen empfehlen?
Mit Nexen-Reifen kauft der Kunde sehr gute
Qualität, entwickelt in Deutschland und produziert
in Europa. Unsere Produkte sind auf
höchstem Performance-Level. Dies wird bestätigt
durch gute Ergebnisse in Tests von
Fachzeitschriften und durch Auswahl von
Nexen Tire als Entwicklungspartner der
Automobilindustrie. Hier liefern wir OEM-
Technologie auf höchstem Niveau, was durch
die Herstellerfreigabe zum Beispiel bei Porsche
bestätigt wird. <
Weitere Infos unter:
nexentire.com
autotechnik.ch
AUTOINSIDE | September 2020 13