Hidden Champion aus dem Triestingtal - in der Berndorf AG

Hidden Champion aus dem Triestingtal - in der Berndorf AG Hidden Champion aus dem Triestingtal - in der Berndorf AG

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06 Der 1958 geborene Steirer Peter Pichler begann seine Karriere – nach einem BWL-Studium an der Universität Graz und der Promotion an der Universität Wien – bei der Chase Manhattan Bank in Wien. 1990 wechselte er in den Vorstand der Berndorf AG, wo er 2008 Norbert Zimmermann als Vorstandsvorsitzender folgte. Peter Pichler ist verheiratet und Vater von drei Töchtern. corporAID Magazin März | April 2012 FoToS: MIhAI M. MITreA

06<br />

Der 1958 geborene Steirer Peter Pichler begann se<strong>in</strong>e<br />

Karriere – nach e<strong>in</strong>em BWL-Studium an <strong>der</strong> Universität<br />

Graz und <strong>der</strong> Promotion an <strong>der</strong> Universität Wien – bei <strong>der</strong><br />

Chase Manhattan Bank <strong>in</strong> Wien. 1990 wechselte er <strong>in</strong> den<br />

Vorstand <strong>der</strong> <strong>Berndorf</strong> <strong>AG</strong>, wo er 2008 Norbert Zimmermann<br />

als Vorstandsvorsitzen<strong>der</strong> folgte. Peter Pichler ist<br />

verheiratet und Vater von drei Töchtern.<br />

corporAID Magaz<strong>in</strong> März | April 2012<br />

FoToS: MIhAI M. MITreA


Interview<br />

hidden champion<br />

<strong>aus</strong> <strong>dem</strong> triest<strong>in</strong>gtal<br />

<strong>Berndorf</strong> ist e<strong>in</strong>e österreichische Erfolgsstory, die auf handfesten Tatsachen beruht. Was<br />

Nachhaltigkeit für die global tätige Gruppe heißt und welche zentrale Rolle ihr zukommt,<br />

erklärt CEO Peter Pichler im corporAID-Interview. Das GesPräch führte BernharD WeBer.<br />

corPoraiD: Als CEO e<strong>in</strong>es Industrieunternehmens<br />

müssen Sie sich<br />

<strong>in</strong> den vergangenen Jahren wie <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er<br />

Hochschaubahn gefühlt haben.<br />

Pichler: Die vergangenen Jahre<br />

waren tatsächlich nichts für schwache<br />

Nerven. Das kann man <strong>aus</strong> Lehrbüchern<br />

nicht wirklich erfahren, das<br />

muss man erleben. Im Vorstand war<br />

uns allerd<strong>in</strong>gs immer schon klar,<br />

dass die Bäume nicht <strong>in</strong> den Himmel<br />

wachsen. 2007 machten wir im<br />

Unternehmen e<strong>in</strong>e Geschäftsführer-<br />

Kl<strong>aus</strong>ur, bei <strong>der</strong> wir Krisenszenarien<br />

besprachen. Dadurch hatten<br />

wir Konzepte <strong>in</strong> <strong>der</strong> Schublade, die<br />

wir her<strong>aus</strong>holen konnten, als unsere<br />

Umsätze <strong>in</strong> Summe um 25 Prozent<br />

e<strong>in</strong>brachen und e<strong>in</strong>ige unserer<br />

Firmen sogar mit E<strong>in</strong>bußen bis zu<br />

50 Prozent konfrontiert waren. Die<br />

Konzepte waren nicht alle fertig,<br />

waren auch nicht alle die richtigen,<br />

aber sie waren e<strong>in</strong>e wichtige Vor<strong>aus</strong>setzung,<br />

um <strong>in</strong> dieser Phase <strong>der</strong><br />

extremen Verunsicherung Ruhe zu<br />

bewahren.<br />

Wir s<strong>in</strong>d ohne Verluste durch das<br />

Jahr 2009 – das war das schwierigste<br />

Jahr für uns – durchgekommen.<br />

Dann hat e<strong>in</strong> Aufschwung begonnen,<br />

dessen Vehemenz uns wie<strong>der</strong>um<br />

überrascht hat. Die Verän<strong>der</strong>ungen<br />

<strong>in</strong> <strong>der</strong> Kapazitätsbereitsstellung<br />

waren dramatisch. Innerhalb e<strong>in</strong>es<br />

Jahres g<strong>in</strong>gen wir von Kurzarbeit<br />

und Mitarbeiterabbau zu Mitarbeiteraufbau<br />

und Überstunden über.<br />

Das g<strong>in</strong>g, weil wir <strong>in</strong> <strong>der</strong> Phase des<br />

Abschwungs zwar Personal reduzieren<br />

mussten, dabei aber darauf<br />

achteten, bei den Facharbeitern und<br />

Ingenieuren nicht die Know-how-<br />

Träger zu verlieren.<br />

Was waren Ihre Learn<strong>in</strong>gs <strong>aus</strong><br />

den vergangenen drei Jahren?<br />

Pichler: Wir können jetzt nach<br />

dieser Megakrise sagen, dass sich<br />

unser Geschäftsmodell bewährt hat.<br />

Wir s<strong>in</strong>d nie e<strong>in</strong>en wilden Wachstumskurs<br />

gefahren. Wir haben nur<br />

Firmen gekauft, die wir uns auch<br />

leisten konnten, ohne uns zu stark<br />

zu verschulden. Wir waren immer<br />

langfristig und <strong>in</strong> Nischenmärkten<br />

unterwegs. Mit dieser Strategie<br />

waren wir gut aufgestellt und nicht<br />

sehr verwundbar.<br />

Wir werden aber <strong>in</strong> Zukunft<br />

mehr denn je mit schnell wechselnden<br />

Szenarien leben müssen. Wer<br />

weiß, was uns Griechenland und<br />

Portugal morgen br<strong>in</strong>gen. Wir haben<br />

bei <strong>Berndorf</strong> gelernt, Gas zu geben<br />

und gleichzeitig immer bremsbereit<br />

zu fahren. Das heißt konkret,<br />

dass wir durch die Krise e<strong>in</strong>e höhere<br />

Bereitschaft an den Tag legen,<br />

zu h<strong>in</strong>terfragen, was wir effizienter<br />

und schneller machen können.<br />

Das heißt, Sie s<strong>in</strong>d auch gut gerüstet<br />

für e<strong>in</strong>e nächste Krise?<br />

Pichler: Wenn es jetzt möglicherweise,<br />

<strong>aus</strong>gehend von <strong>der</strong> Staatsschuldenkrise,<br />

noch e<strong>in</strong>en weiteren<br />

großflächigen E<strong>in</strong>bruch gibt, dann<br />

wage ich ke<strong>in</strong>e Prognosen. Aber<br />

2011 war e<strong>in</strong> sehr starkes Jahr, wir<br />

nehmen volle Auftragsbücher mit<br />

<strong>in</strong>s neue Jahr und auch im Jänner<br />

waren die Auftragse<strong>in</strong>gänge hoch.<br />

Wir haben im vergangenen Jahr<br />

mit Stoba Präzisionstechnik, e<strong>in</strong>em<br />

mittelständischen Automobilzulie-<br />

ferer <strong>aus</strong> Baden-Württemberg, e<strong>in</strong><br />

vielversprechendes Technologieunternehmen<br />

gekauft. Wir s<strong>in</strong>d sicher<br />

auch im Krisenmanagement besser<br />

geworden. Ich sehe <strong>Berndorf</strong> daher<br />

tatsächlich gut gerüstet.<br />

Allgeme<strong>in</strong> kann man sagen, die<br />

Industrie hat die Krise relativ gut<br />

überstanden, hat die richtigen Maßnahmen<br />

getroffen und ist wesentlich<br />

gestärkt <strong>aus</strong> <strong>dem</strong> Tal 2009 her<strong>aus</strong>gegangen.<br />

Bei <strong>Berndorf</strong> könnten<br />

wir heute auch e<strong>in</strong>en zwischenzeitlichen<br />

E<strong>in</strong>bruch des Geschäfts um<br />

30 Prozent managen.<br />

Sie bezeichnen <strong>Berndorf</strong> als e<strong>in</strong>en<br />

„<strong>Hidden</strong> <strong>Champion</strong>“. S<strong>in</strong>d Wirtschaft<br />

und Wachstum <strong>in</strong> Österreich<br />

etwas, das man verstecken muss?<br />

Pichler: Der Zugang zu Erfolg,<br />

Gew<strong>in</strong>n, Dividende ist <strong>in</strong> Mitteleuropa<br />

immer schon an<strong>der</strong>s gewesen<br />

als <strong>in</strong> den angloamerikanischen<br />

Län<strong>der</strong>n. Ich habe aber den E<strong>in</strong>druck,<br />

dass das Unternehmertum<br />

an Attraktivität und Reputation gewonnen<br />

hat. Dazu haben bestimmt<br />

Pr<strong>in</strong>tmedien beigetragen, die auch<br />

positive Stories über Unternehmer<br />

br<strong>in</strong>gen o<strong>der</strong> diverse Preise <strong>aus</strong>schreiben<br />

wie das Wirtschaftsblatt.<br />

Es wird zwar noch immer unqualifiziert<br />

geschimpft und <strong>in</strong> den Schulen<br />

den K<strong>in</strong><strong>der</strong>n erzählt, dass das nur<br />

negativ ist, wenn Rauchfänge <strong>in</strong> <strong>der</strong><br />

Gegend herumstehen. Aber die Industrie<br />

ist <strong>in</strong> Österreich nicht mehr<br />

so verpönt wie früher.<br />

Den Begriff des „<strong>Hidden</strong> <strong>Champion</strong>s“<br />

habe ich von Hermann Simon<br />

übernommen, e<strong>in</strong>em Unternehmensberater,Wirtschaftspro-<br />

▶<br />

Wir haben<br />

bei <strong>Berndorf</strong><br />

gelernt, Gas<br />

zu geben<br />

und gleichzeitig<br />

immer<br />

bremsbereit<br />

zu fahren.<br />

Peter Pichler<br />

corporAID Magaz<strong>in</strong> März | April 2012 07


Um Investitionen<br />

zu<br />

tätigen und<br />

Arbeitsplätze<br />

zu halten,<br />

muss <strong>der</strong><br />

Umsatz<br />

wachsen.<br />

Das geht<br />

nur über<br />

pfiffigere<br />

Produkte und<br />

neue Absatzmärkte.<br />

Peter Pichler<br />

fessor und Buchautor, den ich bei<br />

e<strong>in</strong>em Vortrag e<strong>in</strong>mal persönlich<br />

kennenlernte. Er versteht darunter<br />

mittelständische Unternehmen<br />

mit e<strong>in</strong>er <strong>aus</strong>geprägten Kultur, die<br />

gut bezahlte Arbeitsplätze schaffen<br />

und bei Mitarbeitern und Kunden<br />

hoch im Kurs stehen. Sie verkaufen<br />

Produkte <strong>in</strong> die ganze Welt, s<strong>in</strong>d zuh<strong>aus</strong>e<br />

aber weitgehend unbekannt.<br />

Diese Charakterisierung trifft auf<br />

<strong>Berndorf</strong> sehr genau zu. Unser <strong>Berndorf</strong>-Band<br />

beispielsweise, das wir<br />

hier am Standort produzieren, ist <strong>in</strong><br />

bestimmten Industrien weltweit e<strong>in</strong><br />

Begriff. Da kennen es alle Firmen.<br />

Wenn Sie aber hier nur im Nachbarort<br />

fragen, f<strong>in</strong>den Sie kaum jemanden<br />

mehr, <strong>der</strong> es kennt.<br />

Durch die Wirtschaftskrise hat<br />

sich die Kritik an e<strong>in</strong>er wachstumsorientierten<br />

Wirtschaftspolitik verstärkt.<br />

Wie sehen Sie diese Kritik?<br />

Pichler: Die Krise hat uns gezeigt,<br />

dass e<strong>in</strong> Wachstum, das auf<br />

niedrigen Z<strong>in</strong>sen und Verschuldung<br />

basiert, langfristig nicht gesund ist.<br />

Auf <strong>der</strong> an<strong>der</strong>en Seite s<strong>in</strong>d natürlich<br />

Unternehmen auf Wachstum<br />

getrimmt. Um Investitionen<br />

zu tätigen und Arbeitsplätze<br />

zu halten, muss <strong>der</strong><br />

Umsatz wachsen. Das<br />

geht nur über pfiffigere<br />

Produkte und neue<br />

Absatzmärkte. Wegen<br />

<strong>der</strong> Auswüchse <strong>in</strong><br />

<strong>der</strong> F<strong>in</strong>anz<strong>in</strong>dustrie<br />

darf man nicht gleich<br />

Marktwirtschaft und<br />

Unternehmertum <strong>in</strong><br />

Das Unternehmen<br />

Frage stellen. Unser Wohlstand basiert<br />

auf Wettbewerb, <strong>der</strong> wie<strong>der</strong>um<br />

gewisse Rahmenbed<strong>in</strong>gungen<br />

braucht. Der <strong>in</strong>ternationale Wettbewerb<br />

hat uns <strong>in</strong> Österreich sehr gut<br />

getan, ohne Globalisierung wären<br />

wir wohl nicht mehr da, wo wir jetzt<br />

s<strong>in</strong>d, nämlich im <strong>Triest<strong>in</strong>gtal</strong>. Und<br />

auch bei <strong>der</strong> Kritik am Euro sollte<br />

man nicht übersehen, wie sehr wir<br />

hierzulande von den Produktivitätsfortschritten<br />

bei quasi fixen Wechselkursen<br />

profitiert haben.<br />

Wie sieht nachhaltiges Wachstum<br />

bei <strong>Berndorf</strong> <strong>aus</strong>?<br />

Pichler: Wir s<strong>in</strong>d e<strong>in</strong>e mittelständische<br />

Gruppe, die Firmen hält<br />

und auch immer wie<strong>der</strong> welche zukauft.<br />

Wir <strong>in</strong>vestieren aber nicht <strong>in</strong><br />

Firmen, um sie dann gleich wie<strong>der</strong><br />

abzustoßen, son<strong>der</strong>n um auch <strong>in</strong><br />

zehn Jahren glücklicher Eigentümer<br />

dieser Unternehmen zu se<strong>in</strong>.<br />

Als wir hier vor mehr als 20 Jahren<br />

<strong>Berndorf</strong> übernommen haben,<br />

waren es <strong>in</strong>sgesamt sieben Firmen.<br />

Da waren drei dabei, die <strong>in</strong> unserer<br />

Struktur nicht lebensfähig waren<br />

und die wir daher verkauft haben.<br />

Die an<strong>der</strong>en nahmen e<strong>in</strong>e gute Entwicklung,<br />

die machen uns auch heute<br />

noch viel Freude.<br />

In e<strong>in</strong>em Rhythmus von etwa drei<br />

bis vier Jahren haben wir dann immer<br />

wie<strong>der</strong> e<strong>in</strong>e neue Firmengruppe<br />

dazu genommen, von denen wir<br />

ke<strong>in</strong>e e<strong>in</strong>zige wie<strong>der</strong> verkauft haben.<br />

Unser Konzept ist kaufen und<br />

langfristig entwickeln. Wir s<strong>in</strong>d daher<br />

an Cashflow und Dividenden <strong>in</strong>teressiert,<br />

aber nicht exit-orientiert.<br />

<strong>Berndorf</strong> aG<br />

Die <strong>Berndorf</strong> <strong>AG</strong> ist e<strong>in</strong>e hold<strong>in</strong>g von mehr<br />

als 60 Industriegesellschaften mit<br />

den Schwerpunkten Werkzeugbau,<br />

Prozess- und oberflächentechnik,<br />

Wärmebehandlung, Bä<strong>der</strong>bau und<br />

Verfahrenstechnik. Sie beschäftigt<br />

<strong>in</strong>sgesamt 2.500 Mitarbeiter <strong>in</strong><br />

mehr als 20 Län<strong>der</strong>n. Der Umsatz<br />

<strong>der</strong> 1988 durch e<strong>in</strong> Management-<br />

Buy-out entstandenen Gruppe<br />

stieg 2011 auf 530 Mio. euro –<br />

gegenüber 375 Mio. euro 2010. Die<br />

exportquote liegt bei 90 Prozent.<br />

Wir geben viel Geld <strong>aus</strong>, um e<strong>in</strong> Unternehmen<br />

besser und wettbewerbsfähiger<br />

zu machen. Dar<strong>in</strong> besteht<br />

unser hauptsächlicher Anspruch <strong>in</strong><br />

puncto Nachhaltigkeit. Nachhaltigkeit<br />

bedeutet zu<strong>dem</strong>, dass wir bei<br />

<strong>der</strong> Akquisition und beim Reeng<strong>in</strong>eer<strong>in</strong>g<br />

von Unternehmen sehr<br />

genau darauf achten, was mit den<br />

Stakehol<strong>der</strong>n des Unternehmens<br />

passiert, vor allem mit den Kunden<br />

und den Mitarbeitern. Wenn wir<br />

bei e<strong>in</strong>em Unternehmen e<strong>in</strong>steigen,<br />

fühlen wir uns verantwortlich.<br />

Wie gel<strong>in</strong>gt es, die <strong>Berndorf</strong>-<br />

Kultur auf neue Unternehmen zu<br />

übertragen?<br />

Pichler: <strong>Berndorf</strong> war früher e<strong>in</strong><br />

verstaatlichtes, sehr hierarchisches<br />

Unternehmen mit viel Angst und<br />

Misstrauen und e<strong>in</strong>igen an<strong>der</strong>en<br />

Eigenheiten. Norbert Zimmermann,<br />

<strong>der</strong> vor 25 Jahren den Management-<br />

Buy-out auf die Reihe gebracht hat,<br />

hat auch e<strong>in</strong>en Kulturwandel <strong>in</strong><br />

die Wege geleitet. Die Kultur, die <strong>in</strong><br />

<strong>Berndorf</strong> seither entstanden ist, ist<br />

e<strong>in</strong>e Mischung <strong>aus</strong> guter K<strong>in</strong><strong>der</strong>stube<br />

und Freude an <strong>der</strong> Arbeit, die<br />

entsteht, wenn Wertschätzung da ist.<br />

Wertschätzung hat dabei e<strong>in</strong>e emotionale<br />

Komponente, die sehr stark<br />

e<strong>in</strong>e Frage des Umgangstons ist.<br />

Wertschätzung hat natürlich auch<br />

e<strong>in</strong>e f<strong>in</strong>anzielle Komponente. Wir<br />

leisten für Extra-Arbeit auch Extra-<br />

Bezahlung und bieten Mitarbeitern<br />

auf breiter Ebene Beteiligungen an.<br />

Die Übertragung dieser Kultur<br />

auf neue Unternehmen dauert<br />

manchmal über zehn Jahre. Wir<br />

ProDUktion <strong>in</strong> <strong>Berndorf</strong>, <strong>Triest<strong>in</strong>gtal</strong><br />

corporAID Magaz<strong>in</strong> März | April 2012<br />

FoToS: MIhAI M. MITreA


Peter Pichler ist auf die Kont<strong>in</strong>uität <strong>der</strong> Unternehmensphilosophie bedacht.<br />

agieren dabei nicht zentralistisch.<br />

Unternehmen, die wir übernehmen,<br />

behalten ihren Namen und<br />

im Pr<strong>in</strong>zip auch ihre Tradition. Es<br />

geht darum, die Führungskräfte<br />

dieser Unternehmen an unsere<br />

Kultur heranzuführen. Außer<strong>dem</strong><br />

setzen wir auf Führungskräftetra<strong>in</strong><strong>in</strong>gs,<br />

die hier <strong>in</strong> <strong>Berndorf</strong> stattf<strong>in</strong>den.<br />

Da kommen rund 15 Leute<br />

dreimal im Jahr für e<strong>in</strong> paar Tage<br />

zusammen. Dabei geht’s nicht um<br />

fachliche, technische D<strong>in</strong>ge, son<strong>der</strong>n<br />

um Führungsthemen. Wie<br />

führe ich mich selbst? Wie führe<br />

ich e<strong>in</strong>e Gruppe, e<strong>in</strong>e Organisation?<br />

Diese Tagungen s<strong>in</strong>d e<strong>in</strong> wichtiger<br />

Trigger für den Transfer unserer<br />

Kultur. Hier entsteht auch e<strong>in</strong><br />

Zusammengehörigkeitsgefühl.<br />

Wo sehen Sie Ihre zukünftigen<br />

Wachstumsmärkte?<br />

Pichler: Unser Wachstum kommt<br />

<strong>in</strong> erster L<strong>in</strong>ie <strong>aus</strong> Län<strong>der</strong>n außerhalb<br />

<strong>der</strong> EU und <strong>der</strong> USA. Die Dynamik<br />

<strong>in</strong> Ch<strong>in</strong>a ist enorm. Unser<br />

Unternehmen Aichel<strong>in</strong>, das Wärmebehandlungsanlagen<br />

baut, hat vor e<strong>in</strong>igen<br />

Jahren die Leitgesellschaft von<br />

Stuttgart nach Mödl<strong>in</strong>g verlagert,<br />

gleichzeitig wurden die Aktivitäten<br />

<strong>in</strong> Ch<strong>in</strong>a verstärkt – heute macht<br />

Beij<strong>in</strong>g doppelt so viel Umsatz wie<br />

Mödl<strong>in</strong>g und für den ch<strong>in</strong>esischen<br />

Markt werden drei o<strong>der</strong> vier mal so<br />

viele Anlagen gebaut wie für ganz<br />

Europa. Daneben gibt es Standorte<br />

<strong>in</strong> Indien und Brasilien, die immer<br />

mehr Bedeutung bekommen werden.<br />

Auch Afrika kommt langsam<br />

auf das Radar, wenn man sieht, welche<br />

Wachstumsraten <strong>in</strong> e<strong>in</strong>zelnen<br />

Län<strong>der</strong>n möglich s<strong>in</strong>d. Wir haben<br />

e<strong>in</strong>ige Kunden <strong>in</strong> Afrika. Es wird<br />

wahrsche<strong>in</strong>lich noch etwas dauern,<br />

bis wir vor <strong>der</strong> Entscheidung stehen,<br />

dort zu <strong>in</strong>vestieren. Unsere geographische<br />

Expansion ist aber jedenfalls<br />

noch lange nicht abgeschlossen,<br />

ich b<strong>in</strong> schon gespannt, wo wir neue<br />

Betriebe gründen werden.<br />

Heißt Expansion langfristig auch<br />

Fertigung vor Ort?<br />

Pichler: Wir s<strong>in</strong>d e<strong>in</strong>e Gruppe<br />

von zehn verschiedenen Firmen, die<br />

<strong>in</strong> ganz unterschiedlichen Bereichen<br />

tätig s<strong>in</strong>d. Jede Firma <strong>in</strong> <strong>der</strong> Gruppe<br />

hat e<strong>in</strong>e etwas an<strong>der</strong>e Strategie und<br />

jede expandiert nach ihrem eigenen<br />

Rhythmus. Grundsätzlich gilt, dass<br />

die Firmen ihre Kunden weltweit<br />

suchen, das richtige Tim<strong>in</strong>g bei den<br />

e<strong>in</strong>zelnen Schritten <strong>der</strong> Internationalisierung<br />

ist dabei entscheidend.<br />

Wenn <strong>der</strong> Bedarf da ist, starten wir<br />

e<strong>in</strong>e lokale Produktion. Wir haben<br />

<strong>in</strong> verschiedenen Märkten viel Erfahrung<br />

gesammelt, haben also das<br />

Know-how dafür. Lokal zu produzieren<br />

rechnet sich bei entsprechen<strong>der</strong><br />

Nachfrage, und es ist auch e<strong>in</strong>e Frage<br />

<strong>der</strong> Fairness gegenüber den Menschen<br />

dort.<br />

Welche Rolle haben Unternehmen<br />

für die Schaffung von<br />

Wohlstand <strong>in</strong> Schwellen- und<br />

Entwicklungslän<strong>der</strong>n?<br />

Pichler: Wir gehen <strong>in</strong> e<strong>in</strong> Land,<br />

weil wir e<strong>in</strong> Geschäft sehen, meist,<br />

weil wir unseren <strong>in</strong>ternationalen<br />

Kunden folgen. Das ist <strong>der</strong> Grund,<br />

warum wir <strong>in</strong> Indien, Ch<strong>in</strong>a o<strong>der</strong><br />

Brasilien s<strong>in</strong>d. Dass wir durch unser<br />

Engagement dort e<strong>in</strong>en Beitrag zur<br />

gesellschaftlichen Entwicklung leisten,<br />

sehe ich sozusagen als Neben-<br />

produkt. Wir legen hohe Standards<br />

an, was etwa Umweltschutzfragen<br />

o<strong>der</strong> Arbeitsplatzsicherheit betrifft.<br />

Wir arbeiten <strong>in</strong> Indien mit denselben<br />

Standards wie im <strong>Triest<strong>in</strong>gtal</strong>,<br />

nicht <strong>aus</strong> <strong>dem</strong> Gedanken <strong>der</strong> Entwicklungshilfe<br />

her<strong>aus</strong>, wohl aber <strong>in</strong><br />

<strong>der</strong> Überzeugung, dadurch das Land<br />

weiter zu br<strong>in</strong>gen. Es gibt auch Hilfsprojekte,<br />

die wir unterstützen. Die<br />

Firma Pengg, bei <strong>der</strong> wir mit knapp<br />

50 Prozent beteiligt s<strong>in</strong>d, kooperiert<br />

bei e<strong>in</strong>em solchen Hilfsprojekt <strong>in</strong><br />

Ranchi bei Kalkutta auch mit <strong>der</strong><br />

österreichischen Entwicklungszusammenarbeit.<br />

Der Beitrag zur Entwicklung<br />

vor Ort motiviert uns und<br />

ergibt sich notwendiger Weise, wenn<br />

wir unseren Job gut machen, ist aber<br />

nicht <strong>der</strong> Grund, warum wir <strong>in</strong>vestieren<br />

und unser Bus<strong>in</strong>ess betreiben.<br />

Wie sieht es bei Ihnen mit Corporate<br />

Social Responsibility CSR <strong>aus</strong>?<br />

Pichler: Je<strong>der</strong> macht CSR <strong>in</strong> se<strong>in</strong>em<br />

Wirkungsbereich. Wir haben<br />

ke<strong>in</strong>e eigene Abteilung dafür, fahren<br />

ke<strong>in</strong> großes Programm und publizieren<br />

auch ke<strong>in</strong>e Broschüren dazu. Um<br />

im Umfeld des Unternehmens bei<br />

Notfällen Hilfe anbieten zu können,<br />

haben wir die <strong>Berndorf</strong>-Stiftung, die<br />

mit 24 Prozent an <strong>der</strong> <strong>Berndorf</strong> <strong>AG</strong><br />

beteiligt ist und die Dividendene<strong>in</strong>nahmen<br />

für philanthropische Zwecke<br />

verwendet. Neben den Hilfsleistungen<br />

<strong>in</strong> Notfällen, die vor allem<br />

Mitarbeiter und ihre Familien betreffen,<br />

för<strong>der</strong>t die Stiftung – oft unter<br />

Beteiligung unserer Firmen und<br />

auch <strong>der</strong> Mitarbeiter – sportliche,<br />

kulturelle und wissenschaftliche<br />

Leistungen. Wir unterstützten etwa<br />

den Aufbau des Instituts für Entrepreneurship<br />

an <strong>der</strong> Wirtschaftsuniversität<br />

Wien o<strong>der</strong> e<strong>in</strong>e Stiftungsprofessur<br />

an e<strong>in</strong>er Fachhochschule.<br />

Vielen Dank für das Gespräch! ◆<br />

Lokal zu<br />

produzieren<br />

rechnet sich<br />

bei entsprechen<strong>der</strong><br />

Nachfrage,<br />

und es ist<br />

auch e<strong>in</strong>e<br />

Frage <strong>der</strong><br />

Fairness gegenüber<br />

den<br />

Menschen<br />

dort.<br />

Peter Pichler<br />

Peter Pichler<br />

im Gespräch mit<br />

Bernhard Weber<br />

corporAID Magaz<strong>in</strong> März | April 2012 09

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