Discover Sudan Unterrichtsmaterialien Klasse 7-13
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Unterrichtsbaustein 2 I Vorgeschichte und Hintergründe<br />
Arbeitsblatt 2.6<br />
Der Bürgerkrieg im <strong>Sudan</strong>:<br />
Europäisches Erbe Autor: Benedict Steilmann<br />
Der zweite Bürgerkrieg im südlichen <strong>Sudan</strong> hat 21<br />
Jahre gedauert, von 1983 bis 2005. Einige behaupten,<br />
das sei nur die Fortsetzung des ersten Bürgerkriegs<br />
gewesen, der 1955, kurz vor der Unabhängigkeit<br />
des <strong>Sudan</strong>s von England, begonnen und bis<br />
1972 gedauert hat. Seit es den Staat <strong>Sudan</strong> gibt,<br />
herrscht dort also länger Krieg als Frieden.<br />
Der Streit begann noch in der Endphase der Kolo-<br />
nialzeit. Der heutige <strong>Sudan</strong> war um 1900 noch eine<br />
Kolonie, die offiziell unter gemeinsamer Verwaltung<br />
von Großbritannien und Ägypten stand. Tatsächlich<br />
waren jedoch die Engländer die eigentlichen Herr-<br />
scher. In den 1930er Jahren wurde im Süden die<br />
sogenannte „Southern Policy“ betrieben, die<br />
faktisch eine Trennung zwischen dem Nord- und<br />
dem Südsudan zur Folge hatte, ganz so, wie es die<br />
Verhältnisse heute widerspiegeln: der muslimischarabisch<br />
geprägte Norden und der Süden, wo<br />
Animisten (Anhänger von Naturreligionen) und<br />
Christen leben.<br />
Die Briten begannen im nördlichen <strong>Sudan</strong> mit dem<br />
Anbau von Baumwolle. Die großen Plantagen lagen<br />
am Nil, weil Baumwolle besonders viel Wasser<br />
braucht. Die langjährige monokulturelle Bewirtschaftung<br />
führte zu massiven Umweltschäden.<br />
Außerdem vernachlässigten die Briten den Anbau<br />
von Getreide, das deswegen zu teuren Preisen<br />
importiert werden musste. Armut war die Folge.<br />
Die Menschen im Nordsudan gerieten in immer<br />
stärkere Abhängigkeit von der Baumwolle.<br />
Wegen des wirtschaftlichen Schwerpunktes im<br />
Norden entwickelten die Briten dort wirtschaftliche<br />
und politische Infrastruktur, das heißt sie bauten<br />
Straßen, führten Verwaltungseinheiten ein und<br />
bauten mit Port <strong>Sudan</strong> sogar einen Seehafen am<br />
Roten Meer. Den Süden beließen sie so, wie er<br />
war: Hier gab es weder Straßen noch Schulen.<br />
Man wolle die kulturelle Eigenständigkeit des<br />
Südens bewahren, hieß es. Tatsächlich wollten<br />
die Briten verhindern, dass sich die Bevölkerung<br />
beider Kolonieteile gegen sie verbündete. Deswegen<br />
wurde das schon weit verbreitete Arabisch<br />
im Süden verboten, ebenso arabische Kleidung.<br />
Die neue Amtssprache war Englisch. Den Schulunterricht<br />
führten christliche Missionare durch.<br />
Muslimische Schulen wurden geschlossen. Eine<br />
politische und kulturelle Einheit des <strong>Sudan</strong> konnte<br />
so nicht mehr entstehen.<br />
Als in den 1940ern viele europäische Kolonialmächte<br />
anfingen, ihren Rückzug aus den afrikanischen<br />
Kolonien vorzubereiten, begannen die<br />
Engländer damit zuerst nur im Norden. Erst sehr<br />
spät entschieden sie sich, aus dem Norden mit<br />
seinen klaren Verwaltungsstrukturen und dem<br />
dörflichen, ursprünglichen Süden eine politische<br />
Einheit zu machen. Als das Land 1956 in die Unabhängigkeit<br />
entlassen wurde, waren nur sechs von<br />
insgesamt 800 Stellen in der Verwaltung mit Südsudanesen<br />
besetzt. Es gab im ganzen Südsudan<br />
nicht mehr Menschen, die für eine solche Aufgabe<br />
ausgebildet waren.<br />
Die neue Regierung in Khartoum konnte aus dem<br />
neuen Vielvölkerstaat <strong>Sudan</strong> mit fast 600 Völker<br />
keine Einheit machen. Noch vor der Unabhängigkeit<br />
erhoben sich Truppenverbände im Süden und<br />
begannen den ersten Bürgerkrieg, weil sie politische<br />
und wirtschaftliche Benachteiligung fürchteten.<br />
Der Krieg endete 1972 mit einem Friedensabkommen,<br />
dass dem Süden eine Teilautonomie<br />
zusicherte. Wirtschaftliche Förderung, Straßenbau<br />
und Bildungssysteme blieben dem Süden jedoch<br />
weiterhin verwehrt. Das Verhältnis zwischen Nord<br />
und Süd blieb kritisch.<br />
Der zweite Bürgerkrieg begann, als Präsident<br />
Numeiri 1983 das Friedensabkommen aufkündigte.<br />
Numeiri strebte nach Kontrolle über den<br />
Süden, weil dort 1979 Erdöl entdeckt worden war.<br />
Unter Führung von Oberst John Garang eröffnete<br />
die neugegründete <strong>Sudan</strong>ese People’s Liberation<br />
Army die Kämpfe.<br />
Die Kriege wurden auf beiden Seiten sehr grausam<br />
geführt. Im ersten Krieg starben eine halbe Million<br />
Menschen, im zweiten fielen oder verhungerten<br />
zwei Millionen. 4,5 Millionen Menschen sind vor<br />
dem Krieg innerhalb des Landes oder ins Ausland<br />
geflohen. 2005 unterschrieben die Rebellen des<br />
Südens und die Regierung ein Friedensabkommen.<br />
Das besagt, dass 2009 Wahlen abgehalten<br />
werden sollen, nach denen alle politischen Ämter<br />
im Norden wie im Süden neu besetzt werden.<br />
2011 soll die Bevölkerung des Südens über ihre<br />
Zukunft abstimmen. Es steht zur Debatte, ob der<br />
Süden dem <strong>Sudan</strong> angeschlossen bleibt oder zu<br />
einem eigenen Staat wird.<br />
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