Discover Sudan Unterrichtsmaterialien Klasse 7-13

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22.12.2012 Aufrufe

Unterrichtsbaustein 1 I Flüchtlinge Arbeitsblatt 1.4b Eine Schule in der Wüste Autorin: Claudia Steiner Eine Schule in der Wüste Fast 40 Schüler sitzen im Halbdunkel ihres Klassenraums und mustern uns neugierig. Durch das Schilfdach fällt diffuses Sonnenlicht. Als sich unsere Augen an das wenige Licht gewöhnt haben, sehen wir, dass die Jungen auf der einen und die Mädchen auf der anderen Seite des Raumes sitzen. Alle haben Schuluniformen an. Auf den Schulbänken liegen Schreibhefte. Schulbücher suchen wir vergebens. Die nackten Wände aus Lehmsteinen haben keine Fenster, dafür prangt hier und dort ein Loch. Die Tafel steht auf einem Stuhl. Es ist heiß wie in einem Backofen. Die Schule liegt mitten im Flüchtlingscamp Jabarona in der Nähe von Khartoum. Sicherlich nicht das, was wir in Deutschland als “gute Lernatmosphäre“ bezeichnen würden. Joseph Obura hat uns hergebracht. Er ist Pfarrer in Jabarona. Die Schule, die zur Gemeinde gehört, ist eine der wenigen in ganz Jabarona. Es ist eine Primary School, eine Volksschule bis zum achten Schuljahr, wie es sie früher auch in Deutschland gab. Die Schüler lernen gerne. Sie kommen sogar in den Ferien. Jeden Vormittag sitzen gut 250 Mädchen und Jungen zwischen 6 und 16 Jahren unter dem Grasdach und büffeln. „Ich will möglichst viel lernen, bevor wir zurück in unser Heimatdorf im Südsudan gehen“, sagt Naomi, 13 Jahre. „Hier im Lager gibt es sonst nichts zu tun“, meint der 16-jährige Lawrence, „da komme ich lieber hier in die Schule und übe für die nächsten Prüfungen“. Beide sind in Jabarona geboren, weit weg von der Heimat ihrer Eltern, dem Südsudan. Sie haben das Land nie gesehen, sondern sind hier im Staub von Jabarona aufgewachsen, inmitten von zwei Millionen anderen Bürgerkriegsflüchtlingen aus dem Süden. Hier ist es anders als im lebendigen Süden. Stille ruht über dem Land, kein Lufthauch geht. Es ist, als würden alle auf etwas warten. Nach unserem Schulbesuch fahren wir weiter. Hütten aus zerfetzten Plastikbahnen und Stoffresten wechseln sich mit Häusern aus getrockneten Lehmsteinen ab. Vor einem solchen Haus halten wir. Hier wohnt die Familie von Joseph Obura. Seine Schwester und seine Schwägerin sitzen im Hof und waschen Wäsche. Kinder kommen angelaufen und bestaunen uns. Fremde sind hier eine Attraktion. Im Innern des Lehmhauses ist es erstaunlich kühl für einen Tag mit über 52 Grad in der Sonne, die mittags senkrecht steht, so dass nirgendwo Schatten herrscht. Offen gestanden sind wir froh, wieder zurück nach Khartoum fahren zu können. Auf der Rückfahrt sehen wir eine Köhlerei: Holzkohle liegt zum Verkauf aus. In der Wüste gibt es nichts außer Sand und Sonne. Eselskarren mit Wassertanks kreuzen unseren Weg. Wasser, Brennmaterial und Lebensmittel sind teuer. Ein Kanister von 20 Litern muss oft einen Tag lang für eine achtköpfige Familie reichen, Waschen und Kochen inklusive. Geld verdienen ist schwer, denn Arbeit im Camp ist rar. Viele versuchen ihr Glück mit Gelegenheitsarbeiten im 20 Kilometer entfernten Zentrum von Khartoum. Die meisten Lagerbewohner träumen von der Rückkehr in ihre Heimat, so wie John Lemor. Der 23-jährige ist Lehrer an der Volksschule von Joseph Obura. „Ich würde am liebsten sofort gehen, aber wovon soll ich die weite Fahrt bezahlen?“, sagt er. Die hohen Kosten und die Unsicherheit, noch mal ganz bei Null anzufangen, halten viele Flüchtlinge davon ab, sich wirklich in den Süden aufzumachen. Die Zukunftsaussichten im Lager sind nicht rosig, aber man kann sie wenigstens einschätzen. Von insgesamt viereinhalb Millionen Flüchtlingen sind bisher erst zwei Millionen in den Südsudan zurück gekehrt. Damit sich auch der Rest auf den Weg macht, sind Hilfe bei der Rückkehr und der schnelle Aufbau von Dörfern, Straßen, Schulen und Krankenstationen im Süden nötig. Dann gehören die staubigen, trostlosen Camps in der Backofen-Wüste vor Khartoum hoffentlich bald der Vergangenheit an. www.discover-sudan.de © UNTERRICHTSMATERIAL DER DON BOSCO AKTION »DISCOVER SUDAN« 16

Unterrichtsbaustein 1 I Flüchtlinge Arbeitsblatt 1.6c Friedensgebet Bitte um Menschlichkeit Wir bitten dich mit der Kirche im Sudan: Wir erheben unsere Augen und Hände zum Himmel. Herr, wir bitten nicht um den Himmel. Wir bitten um Nahrung um Frieden und Gleichheit, um Liebe und Solidarität unter den Menschen hier auf Erden. Herr, jetzt hast du uns verwirrt. Es ist schwierig, dich zu finden, denn du bist zu uns gekommen und hast dein Ebenbild auf jedes menschliche Antlitz gedrückt. Warum aber zeigen diese Gesichter immer nur Konflikte, Hass und Selbstsucht? Herr, gib allen Menschen ihre Menschlichkeit zurück! Gabriel Zubeir Wako, Erzbischof von Khartoum, Sudan www.discover-sudan.de © UNTERRICHTSMATERIAL DER DON BOSCO AKTION »DISCOVER SUDAN« 17

Unterrichtsbaustein 1 I Flüchtlinge<br />

Arbeitsblatt 1.4b<br />

Eine Schule in der Wüste Autorin: Claudia Steiner<br />

Eine Schule in der Wüste<br />

Fast 40 Schüler sitzen im Halbdunkel ihres <strong>Klasse</strong>nraums und mustern uns neugierig. Durch<br />

das Schilfdach fällt diffuses Sonnenlicht. Als sich unsere Augen an das wenige Licht gewöhnt<br />

haben, sehen wir, dass die Jungen auf der einen und die Mädchen auf der anderen Seite des<br />

Raumes sitzen. Alle haben Schuluniformen an. Auf den Schulbänken liegen Schreibhefte.<br />

Schulbücher suchen wir vergebens. Die nackten Wände aus Lehmsteinen haben keine<br />

Fenster, dafür prangt hier und dort ein Loch. Die Tafel steht auf einem Stuhl. Es ist heiß wie<br />

in einem Backofen. Die Schule liegt mitten im Flüchtlingscamp Jabarona in der Nähe von<br />

Khartoum. Sicherlich nicht das, was wir in Deutschland als “gute Lernatmosphäre“ bezeichnen<br />

würden.<br />

Joseph Obura hat uns hergebracht. Er ist Pfarrer in Jabarona. Die Schule, die zur Gemeinde<br />

gehört, ist eine der wenigen in ganz Jabarona. Es ist eine Primary School, eine Volksschule<br />

bis zum achten Schuljahr, wie es sie früher auch in Deutschland gab.<br />

Die Schüler lernen gerne. Sie kommen sogar in den Ferien. Jeden Vormittag sitzen gut 250<br />

Mädchen und Jungen zwischen 6 und 16 Jahren unter dem Grasdach und büffeln. „Ich will<br />

möglichst viel lernen, bevor wir zurück in unser Heimatdorf im Südsudan gehen“, sagt Naomi,<br />

<strong>13</strong> Jahre. „Hier im Lager gibt es sonst nichts zu tun“, meint der 16-jährige Lawrence, „da<br />

komme ich lieber hier in die Schule und übe für die nächsten Prüfungen“.<br />

Beide sind in Jabarona geboren, weit weg von der Heimat ihrer Eltern, dem Südsudan. Sie haben<br />

das Land nie gesehen, sondern sind hier im Staub von Jabarona aufgewachsen, inmitten<br />

von zwei Millionen anderen Bürgerkriegsflüchtlingen aus dem Süden. Hier ist es anders als<br />

im lebendigen Süden. Stille ruht über dem Land, kein Lufthauch geht. Es ist, als würden alle<br />

auf etwas warten.<br />

Nach unserem Schulbesuch fahren wir weiter. Hütten aus zerfetzten Plastikbahnen und<br />

Stoffresten wechseln sich mit Häusern aus getrockneten Lehmsteinen ab. Vor einem solchen<br />

Haus halten wir. Hier wohnt die Familie von Joseph Obura. Seine Schwester und seine<br />

Schwägerin sitzen im Hof und waschen Wäsche. Kinder kommen angelaufen und bestaunen<br />

uns. Fremde sind hier eine Attraktion. Im Innern des Lehmhauses ist es erstaunlich kühl für<br />

einen Tag mit über 52 Grad in der Sonne, die mittags senkrecht steht, so dass nirgendwo<br />

Schatten herrscht. Offen gestanden sind wir froh, wieder zurück nach Khartoum fahren zu<br />

können.<br />

Auf der Rückfahrt sehen wir eine Köhlerei: Holzkohle liegt zum Verkauf aus. In der Wüste gibt<br />

es nichts außer Sand und Sonne. Eselskarren mit Wassertanks kreuzen unseren Weg. Wasser,<br />

Brennmaterial und Lebensmittel sind teuer. Ein Kanister von 20 Litern muss oft einen Tag<br />

lang für eine achtköpfige Familie reichen, Waschen und Kochen inklusive. Geld verdienen ist<br />

schwer, denn Arbeit im Camp ist rar. Viele versuchen ihr Glück mit Gelegenheitsarbeiten im<br />

20 Kilometer entfernten Zentrum von Khartoum.<br />

Die meisten Lagerbewohner träumen von der Rückkehr in ihre Heimat, so wie John Lemor.<br />

Der 23-jährige ist Lehrer an der Volksschule von Joseph Obura. „Ich würde am liebsten sofort<br />

gehen, aber wovon soll ich die weite Fahrt bezahlen?“, sagt er. Die hohen Kosten und die Unsicherheit,<br />

noch mal ganz bei Null anzufangen, halten viele Flüchtlinge davon ab, sich wirklich<br />

in den Süden aufzumachen. Die Zukunftsaussichten im Lager sind nicht rosig, aber man kann<br />

sie wenigstens einschätzen.<br />

Von insgesamt viereinhalb Millionen Flüchtlingen sind bisher erst zwei Millionen in den Südsudan<br />

zurück gekehrt. Damit sich auch der Rest auf den Weg macht, sind Hilfe bei der Rückkehr<br />

und der schnelle Aufbau von Dörfern, Straßen, Schulen und Krankenstationen im Süden<br />

nötig. Dann gehören die staubigen, trostlosen Camps in der Backofen-Wüste vor Khartoum<br />

hoffentlich bald der Vergangenheit an.<br />

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